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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Urteil verkündet am 18.09.2001
Aktenzeichen: 8 UF 234/00
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 56 I |
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am: 18. September 2001
In der Familiensache
hat der 1. Senat für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Lassen, den Richter am Oberlandesgericht Jacobsen und den Richter am Amtsgericht Dr. von Krog auf die mündliche Verhandlung vom 4. September 2001 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Norderstedt vom 13. Dezember 2000 dahin abgeändert, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt den Beklagten, ihren Ehemann, auf Trennungsunterhalt seit Mai 1999 in Anspruch. Die Parteien haben sich im November 1997 getrennt. Die gemeinsamen Kinder der Parteien, geboren,, geboren am, leben beim Beklagten.
Das Familiengericht hat die Klage auf Trennungsunterhalt von insgesamt 1647 DM (1315 DM Elementarunterhalt und 332 DM Vorsorgeunterhalt) abgewiesen und dazu ausgeführt, der Beklagte sei nicht in der Lage, Trennungsunterhalt zu zahlen. Seine Einkünfte seien zu einem Drittel anrechnungsfrei, weil von ihm wegen der Betreuung der beiden gemeinsamen minderjährigen Kinder eine Erwerbstätigkeit nicht verlangt werden könne. Nach Abzug der Betreuungskosten und weiterer Belastungen verbleibe ein bereinigtes Einkommen, das "weit unterhalb der Selbstbedarfsgrenze" liege.
Mit der Berufung wendet sich die Klägerin, die auch im Berufungsrechtszug nichts zum Grund ihrer Bedürftigkeit vorträgt, gegen die Berechnung des unterhaltsbedeutsamen Einkommens des Beklagten.
Sie beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie monatlichen Unterhalt von 850 DM ab Mai 1999 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Er trägt vor, die Beklagte könne sich, sollte sie gesund sein, durch eigenes Einkommen unterhalten. Im Falle einer krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit sei sie gehalten, einen Rentenantrag zu stellen.
Der Senat hat, nachdem sich Anhaltspunkte für eine Prozessunfähigkeit der Klägerin ergeben hatten, die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zur Frage der Geschäfts- bzw. Prozessunfähigkeit der Klägerin beschlossen. Die Klägerin hat es jedoch abgelehnt, sich von dem Sachverständigen untersuchen zu lassen und erklärt, sie gehe nicht zu Gutachtern; bei der angeordneten Beweiserhebung handele es sich um Nötigung. Daraufhin hat der Sachverständige die übersandten Akten unverrichteter Dinge zurückgeschickt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin führt dazu, dass die Klage wegen fehlender Prozessfähigkeit der Klägerin als unzulässig abgewiesen wird.
1. Die fehlende Prozessfähigkeit der Klägerin (dazu unter 2.) macht ihre Berufung nicht unzulässig. Zwar ist für die Zulässigkeit einer Berufung grundsätzlich die Prozessfähigkeit des Berufungsklägers als Prozesshandlungsvoraussetzung erforderlich. Im Interesse eines vollständigen Rechtschutzes muss jedoch auch der Prozessunfähige die Möglichkeit haben, durch die höhere Instanz überprüfen zu lassen, ob er zu Recht als prozessfähig oder prozessunfähig behandelt worden ist. Dieser Gesichtspunkt der Schutzbedürftigkeit des Prozessunfähigen hat auch Bedeutung, wenn sich eine Partei wie im Streitfall gegen ein Sachurteil wendet und eine andere, ihrem Antrag entsprechende Sachentscheidung erstrebt. Nur so kann verhindert werden, dass ein gegen den Prozessunfähigen ergangenes, an einem Verfahrensverstoß leidendes Urteil rechtskräftig wird (vgl. zu allem BGH NJW 2000, 289 ff. (291)).
2. Die Klage ist unzulässig, weil die Klägerin prozessunfähig ist und es damit an einer Prozessvoraussetzung fehlt. Den Mangel der Prozessfähigkeit hat das Gericht nach § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigen.
Nach dem fehlenden Vortrag der Klägerin zum Grund ihrer Unterhaltsbedürftigkeit, nach der keine sachlichen Gründe mitteilenden Ablehnung der Einrichtung einer Betreuung für die Betroffene (Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 23. Februar 2001, 107 XVII H 36701) sowie aufgrund des persönlichen Eindrucks im Termin vom 29. Mai 2001 bestanden ernsthafte Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin. Die Prozessfähigkeit fehlt einer Partei, soweit diese nicht in der Lage ist, sich durch Verträge zu verpflichten (§ 52 ZPO). An dieser Geschäftsfähigkeit wiederum mangelt es, wenn die Partei sich in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand der krankhaften Störung der Geistestätigkeit befindet und dieser Zustand nicht nur vorübergehender Natur ist (§ 104 Nr. 2 BGB). Wegen dieser Bedenken ordnete der Senat durch Beschluss vom 19. Juni 2001 die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens an zu der Frage, ob die Klägerin geschäftsfähig ist und, falls dieses nicht der Fall sein sollte, wann die Geschäftsunfähigkeit eingetreten ist. Das Sachverständigengutachten konnte nicht eingeholt werden, weil die Klägerin die Begutachtung ablehnte und in diesem Zusammenhang von Nötigung sprach. Weitere Äußerungen der Klägerin nach Erlass des Beweisbeschlusses lassen jedoch keinen Zweifel an ihrer Prozessunfähigkeit. So schickte sie z. B. die ihr übersandte Abschrift des Beweisbeschlusses vom 19. Juni 2001 zurück mit den Aufschriften "Dienstaufsichtsbeschwerde" und "Nötigung". Am 24. Juli 2001 rief sie bei dem Richter am Oberlandesgericht Jacobsen an und hinterließ auf dessen Anrufbeantworter eine verwirrte Erklärung, in der sie unter anderem äußerte, "es würden mich 80 Richter bedrohen". In einem handschriftlichen Schreiben an das Amtsgericht Norderstedt vom 23. August 2001 hat die Klägerin Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben gegen "Frau Richterin Morik wegen Versuch von Rechtsbeugungsstützung". In jenem Schreiben behauptet sie außerdem, ihr Ehemann sei wahnsinnig, wovon, wie sich der Senat bei der persönlichen Anhörung der Parteien am 29. Mai 2001 überzeugt hat, keine Rede sein kann. In der mündlichen Verhandlung vom 4. September 2001 erklärte die Klägerin mehrfach, sie wolle überhaupt keinen Trennungsunterhalt haben und das gesamte Verfahren sei "Rechtsbeugung ersten Grades". Aus allem ergibt sich, dass die Klägerin verworren und widersprüchlich handelt und in der Wahnvorstellung befangen ist, die Gerichte und andere staatliche Stellen, darunter auch das Jugendamt, würden sie verfolgen und ihr die Durchsetzung ihrer Rechte verwehren. Die Klägerin ist nicht mehr in der Lage, die Wirklichkeit unverzerrt wahrzunehmen, ebenso wenig, ihre Krankheit und ihre Hilfsbedürftigkeit zu erkennen. Ihr fehlt mithin die Geschäfts- und Prozessfähigkeit, so dass die Klage als unzulässig abzuweisen ist (vgl. BGH a. a. O.).
3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 ZPO.
Ende der Entscheidung
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