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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 24.03.2000
Aktenzeichen: 2 Verg 2/99
Rechtsgebiete: GWB, BRAO, BORA, VwVfG ba-wü, LKrO ba-wü, KrWAbfG


Vorschriften:

GWB § 97
GWB § 107 III
GWB § 116
GWB § 117
GWB § 123
GWB § 126
GWB § 128
BRAO § 43 a
BORA § 3
VwVfG ba-wü § 20
LKrO ba-wü § 14
KrWAbfG § 3
KrWAbfG § 15
KrWAbfG § 16
Sofortige Beschwerde im Vergabeverfahren, Anwendung des § 107 III GBW in Altverfahren, Doppelmandat an Rechtsanwalt als Vergabemangel

Ein Verstoß gegen die Ordnungsvorschrift des § 117 IV GWB hat auf die Wirksamkeit der sofortigen Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer keinen Einfluß.

Die Erklärung, die sofortige Beschwerde wäre zunächst lediglich vorsorglich zur Wahrung der Frist eingelegt, ihre Durchführung sei von der Entscheidung des hinter der Beschwerdeführerin stehenden politischen Gremiums abhängig und der Senat solle zunächst keine kostenauslösenden Maßnahmen treffen, ist keine unzulässige Bedingung der sofortigen Beschwerde.

In einem vor dem 01.01.1999 eingeleiteten, aber erst danach beendeten Vergabeverfahren sind Anträge an die Vergabekammer nach § 107 III GBW unzulässig, wenn im Vergabeverfahren erkennbare oder positiv erkannte Verstöße gegen Vergabevorschriften nicht unverzüglich nach dem 01.01.1999 gerügt worden sind. Eine Rüge erst nach Ablauf von drei Monaten ist nicht mehr unverzüglich.

Es verstößt weder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen das Diskriminierungsverbot noch gegen das Transparenzgebot nach § 97 I, 11 GWB bzw. § 2 Nr. 2 VOL/A, wenn die Vergabestelle im Vergabeverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten wird, der einen Mitbieter in einem imissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vertritt, sofern in beiden Verfahren nicht derselbe Sachverhalt von Bedeutung sein kann, so dass der Ausgang des einen Verfahrens ohne Einfluß auf das andere Verfahren ist.

Die Nachprüfung der Vergabe ist auf solche Verstöße beschränkt, bei denen die konkrete Möglichkeit besteht, dass sie für die Bewertung eines Angebots bzw. für die konkrete Vergabeentscheidung ursächlich geworden sind.


Geschäftsnummer: 2 Verg 2/99 1 VÜ 7/99 Vergabeüberwachungsausschuß Baden-Württemberg

Oberlandesgericht Stuttgart - Vergabesenat -

Beschluss

In Sachen

verkündet am: 24. März 2000

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Weber, JOS'in

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart als Vergabesenat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Februar 2000 unter Mitwirkung

des Vors. Richters am OLG Dr. Lütje,

des Richters am OLG Dr. Müller und

des Richters am OLG Holzer

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird die Entscheidung des Vergabeüberwachungsausschusses des Landes Baden-Württemberg vom 28.05.1999 - 1 VÜ 7/99 - betr. das Vergabeverfahren "Behandlung und Entsorgung von Restabfall der Landkreise und" insgesamt aufgehoben.

2. Die Nachprüfungsanträge der Antragstellerin werden zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens vor dem Vergabeüberwachungsausschuss und in der Beschwerdeinstanz hat die Antragstellerin zu tragen.

4. Die Antragstellerin ist verpflichtet, die notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin und der beiden Beigeladenen vor dem Vergabeüberwachungsausschuss und in der Beschwerdeinstanz zu tragen.

5. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4 Mio. DM festgesetzt.

Gründe:

1.

Die Beschwerdeführerin, Antragsgegnerin im nach § 102 GWB vorausgegangenen Nachprüfungsverfahren vor dem Vergabeüberwachungsausschuss des Landes Baden-Württemberg (VÜA), ist Vergabesteile eines Vergabeverfahrens, das die Behandlung und Entsorgung des in den Landkreisen anfallenden Restabfalls zum Gegenstand hat. Sie ist eine von beiden Landkreisen unter je hälftiger Beteiligung gegründete GmbH, mit der die beiden Landkreise ihre gesetzliche Aufgabe bei der Abfallentsorgung befolgen. Zu vergeben sind Leistungen, die überwiegend Dienstleistungscharakter haben und auf die Dauer von max. 25 Jahren angelegt sind, bei einem Auftragsvolumen von ca. 20 Mio. DM pro Jahr.

2.

Die Beschwerdeführerin hat das Vergabeverfahren nach öffentlichem Aufruf im Verhandlungsverfahren nach Abschnitt 2 der VOL/A betrieben. Die Angebotsfrist lief bis 02.10.1998, die Zuschlagsfrist endete am 30.06.1999. Aufgrund des Leistungsverzeichnisses und eines Vertragsentwurfs haben insgesamt 9 Bieter Angebote eingereicht, darunter die Beschwerdegegnerin, Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren, und die beiden Beigeladenen, zum einen ein Konsortium (bestehend aus den Firmen E (jetzt: T, s. Bl. 87 f) und T ) und zum andern der Verband Kehrichtverbrennungsanlage T Die Firma E beabsichtigt, die Genehmigung für eine am Standort Heilbronn zu errichtende Verbrennungsanlage zu beantragen. Für dieses Genehmigungsverfahren hat sie sich durch die Anwaltssozietät Prof. D beraten lassen.

3.

Die Beschwerdegegnerin, ein Unternehmen der R, hat auf der Grundlage eines sog. Verbundkonzeptes (Zerlegung des Abfalls in 4 Fraktionen als Brennstoff, thermischer Behandlung zuzuführende Stoffe, FEINE-Metalle und Deponien zuzuführende Inertien; s. Stoffstromdiagramm Anl. zum Angebot) ein Hauptangebot und vier Nebenangebote eingereicht. Bestandteil ihres Angebotes war u.a. die mechanische Aufbereitung/Sortierung in einer noch zu errichtenden Anlage. Die Beschwerdeführerin hat Erörterungstermine, auch mit der Beschwerdegegnerin, durchgeführt. In Sitzungen des Aufsichtsrates der Beschwerdeführerin vom 19.02. und 17.03.1999 wurde die Beurteilung der Bieterangebote vorbereitet. In der Auswertung der Angebote (Bl. 352 ff, 384 ff) wurde den Angeboten der beiden Beigeladenen und der Fa. O der Vorzug gegeben (s. Bl. 342 m. Bl. 409). Danach wurden weitere Verhandlungen über diese Angebote geführt.

Für die Vorbereitung der Ausschreibung und für die Auswertung der Angebote hat sich die Beschwerdeführerin der Dienste des technischen Beratungsbüros S bedient. Dieses Büro wurde von der Anwaltssozietät Prof. D. (Rechtsanwältin Dr. V) rechtlich beraten. Die Rechtsanwältin war auch in den Aufsichtsratssitzungen zugegen. Dieselbe Anwaltssozietät war von der Fa. E zur Rechtsberatung betr. ein Genehmigungsverfahren für eine Müllverbrennungsanlage am Standort Heilbronn eingeschaltet.

Mit Schreiben vom 31.03.1999 hat die Beschwerdegegnerin gegenüber der Beschwerdeführerin erstmals Vergabeverstöße gerügt. Am 12.04.1999 hat sie den VÜA angerufen, weil sie sich durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften in ihren Rechten verletzt und drohendem Schaden ausgesetzt sah. Wegen der Einzelheiten der damals dort erhobenen Rügen (falsches Vergabeverfahren, ungenügende Leistungsbeschreibung, fehlerhafte Bewertung ihres Angebotes) wird auf die Darstellung im angefochtenen Beschluss des VÜA verwiesen. Mit Schriftsatz vom 03.05.1999 hat die Beschwerdegegnerin des weiteren gegenüber dem VÜA gerügt, es liege auch ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot wegen des Doppelmandates der Anwaltssozietät Prof. D für einerseits die Vergabestelle/Beschwerdeführerin und andererseits die Bieterin Fa. E vor. Von diesem Sachverhalt habe sie erst durch die Akteneinsicht am 30.04.1999 Kenntnis erlangt.

4.

Die Beschwerdeführerin hat gegenüber dem VÜA geltend gemacht, die Rüge der Beschwerdegegnerin vom 12.04.1999 sei zu spät erhoben; die gerügten Fehler seien schon 1998 aus der Leistungsbeschreibung und aus den Verhandlungen erkennbar gewesen; die Beschwerdegegnerin habe ihre Rüge aus taktischer Überlegung zurückgehalten und erst erhoben, als sie erkannt habe, dass sie den Zuschlag nicht erhalten werde. Die gewählte Verfahrensart hat die Beschwerdeführerin als zulässig und sachgerecht verteidigt; den Vorwurf unzulässiger Wertungskriterien hat sie zurückgewiesen; die Doppelvertretung ihres Beratungsbüros S und der Firma E durch dieselbe Anwaltssozietät habe auf die Chancengleichheit keinerlei Einfluss gehabt, zumal die Realisierbarkeit der in Heilbronn beabsichtigten E-Anlage für die Vergabe keine Rolle gespielt habe.

5.

Der VÜA hat mit Beschluss vom 28.05.1999 die Beschwerdeführerin/Antragsgegnerin/Vergabestelle verpflichtet, das Vergabeverfahren aufzuheben, und ihr die Kosten des Verfahrens nebst den Auslagen der Beschwerdegegnerin/Antragstellerin auferlegt. Der VÜA hat im wesentlichen ausgeführt:

Die Antragstellerin/Beschwerdegegnerin sei antragsbefugt. Ihre Rüge von Verstößen sei nicht verspätet erhoben. Zwar hätten gem. § 107 III 1 GWB auch schon 1998 vorgekommene Verstöße unverzüglich nach Inkrafttreten des geänderten GWB gerügt werden müssen, dies jedoch nur, sofern die Verstöße tatsächlich erkannt worden seien. Jedoch liege hier durchaus nahe, dass die Antragstellerin/Beschwerdegegnerin sich mit der Rechtmäßigkeit der Vergabe erst befasst habe, nachdem sie ihre Chancenlosigkeit erkannt habe; zudem seien die Rügen unmittelbar nach anwaltlicher Beratung erfolgt.

Der Antrag sei auch begründet. Dies zwar nicht wegen der Wahl eines falschen Vergabeverfahrens, da hier wegen der Komplexität der Ausschreibung gem. § 3 a Nr. 1 Abs. 4 lit. c VOL/A eine Ausnahme vom Vorrang des offenen Verfahrens eingreife. Nicht zu beanstanden seien auch die Leistungsbeschreibung und die den Bietern abverlangten Sicherheiten. Jedoch liege ein Vergabefehler darin, dass die Anwaltssozietät Prof. D sowohl für die Vergabestelle als auch für die Fa. E beratend tätig gewesen sei. Es sei unschädlich, dass dieser Fehler erst im laufenden Nachprüfungsverfahren gerügt werde, denn die Antragstellerin habe dies erst nach gewährter Akteneinsicht erkennen können. Diese Doppelvertretung bedeute eine Gefährdung der Chancengleichheit der Bieter, da die Anwaltssozietät sich in einem Interessenkonflikt befunden habe. Die Beratung des Büros oder Vergabestelle einerseits und der Bieterin Fa. E in deren Genehmigungsverfahren für die für ihr Bieterangebot notwendige Anlage in Heilbronn andererseits reiche aus, da die Realisierbarkeit dieser Anlage ein maßgebliches Kriterium für die Angebotsbewertung in der Aufsichtsratssitzung vom 19.02.1999 gewesen sei. Die Berührungspunkte des Vergabeverfahrens und des Anlage-Genehmigungsverfahrens seien so eng, dass die Gefahr bestehe, dass die Beratung nicht in absoluter Neutralität erfolgt sei. Misstrauen in die Objektivität werde auch dadurch genährt, dass eine Diskriminierung darin liege, dass Bieter (hier Fa. E) schon bei bloßer Absicht der Errichtung einer Anlage zugelassen werden, während Nutzer einer Fremdanlage bereits verbindliche Verträge mit der Fremdanlage vorlegen müssten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschlussbegründung Anl. 1 Bezug genommen.

6.

Die Vergabestelle/Beschwerdeführerin hat nach Zugang dieses Beschlusses am 01.06.1999 am 11.06.1999 Beschwerde eingelegt. Sie hat dabei erklärt, die Beschwerde werde "zunächst lediglich vorsorglich zur Wahrung der Frist" eingelegt, der Senat werde gebeten, "die sofortige Beschwerde zunächst liegen zu lassen, insbesondere keine kostenauslösenden Maßnahmen zu treffen. Die Beschwerdeführerin muß noch die endgültige Entscheidung über die Einlegung der sofortigen Beschwerde bei dem für sie zuständigen politischen Gremium abwarten. Dies ist leider erst im Laufe der übernächsten Woche möglich" (vgl. Bl. 2). In der gleichzeitig eingereichten Beschwerdebegründung hat die Vergabestelle/Beschwerdeführerin folgende Anträge angekündigt:

1. der Beschwerdeführerin gem. § 121 Abs. 1 S. 1 bzw. S. 2 GWB unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde bzw. unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen sowie des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluß des Vergabeverfahrens den weiteren Fortgang des Vergabeverfahrens und den Zuschlag zu gestatten,

2. die Entscheidung des Vergabeüberwachungsausschusses des Landes Baden-Württemberg beim Landesgewerbeamt Baden-Württemberg, 1. Kammer, vom 28, 05,1999 insoweit aufheben, als die Beschwerdeführerin durch die Entscheidung verpflichtet wird, das Vergabeverfahren "Behandlung und Entsorgung von Restabfall der Landkreise" wegen Verstößen gegen das dem Vergaberecht zugrunde liegende Diskriminierungsverbot, gegen das Gebot der Chancengleichheit und gegen das Gebot eines transparenten Verfahrens aufzuheben,

3. in der Sache selbst zu entscheiden, ggf. die Verpflichtung des Vergabeüberwachungsausschusses des Landes Baden-Württemberg beim Landesgewerbeamt Baden-Württemberg, 1. Kammer, auszusprechen, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Vergabesenats über die Sache erneut zu entscheiden,

4. festzustellen, daß die Beschwerdegegnerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat,

5. festzustellen, daß die Beschwerdegegnerin die der Beschwerdeführerin erwachsenden Kosten zu erstatten hat.

Mit weiterem Schriftsatz vom 22.06.1999 (Bl. 61) hat die Beschwerdeführerin "um Durchführung des Beschwerdeverfahrens" gebeten, nachdem nunmehr die politischen Gremien so entschieden hätten.

Den Antrag Ziff. 1 auf Gestattung des Fortgangs des Vergabeverfahrens/Zuschlags hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 06.07.1999 (Bl. 76/77) zurückgenommen (weitere Klarstellung s. Schriftsatz vom 22.07.1999, Bl. 85/86).

Zur Begründung ihrer Beschwerde führt die Vergabestelle im wesentlichen aus (Bl. 3-54):

Ihre Beschwerde sei zulässig. Sie sei keinesfalls unter einer Bedingung erhoben, sondern lediglich sei es darum gegangen, dass vor Entscheidung des politischen Gremiums keine kostenauslösenden Maßnahmen durch den Senat getroffen werden.

Ihre Beschwerde sei auch begründet: Die Rügen der Beschwerdegegnerin seien nicht rechtzeitig erhoben. Die Unverzüglichkeit i.S.d. § 107 III GWB gestatte keine Überlegungsfrist. Der VÜA habe unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz nicht geprüft, wann die Beschwerdegegnerin die behaupteten Verstöße erkannt habe, insbesondere wann sie einen Rechtsanwalt beigezogen habe. Außerdem könne die Inanspruchnahme von Anwaltshilfe nicht allein maßgeblich sein. Entscheidend sei der Zeitpunkt der tatsächlichen eigenen Erkenntnis von Vergabeverstößen, da es hier um den Schutz der Vergabestelle vor taktischem Rügeverhalten gehe. Auch hierzu habe der VÜA keine Ermittlungen angestellt. Im Laufe des Vergabeverfahrens habe die Beschwerdegegnerin ihr gegenüber keinerlei Rügen erhoben.

Zu Unrecht habe der VÜA die Beratungstätigkeit der Anwaltssozietät Prof. D für einerseits die Vergabestelle im Vergabeverfahren und für andererseits die Beigeladene in deren Genehmigungsverfahren als eine Verletzung der Chancengleichheit gewertet. Hier habe kein Interessenkonflikt des RA-Büros vorgelegen. Die Verbote nach §§ 43 a IV BRAO, 3 BerufsO seien mangels Identität der Sachverhalte nicht tangiert. Tatsächlich habe der VÜA auch keinen Interessenkonflikt feststellen können. Seine Wertung, dass die Berührungspunkte beider Verfahren dicht beieinander lägen, sei falsch, denn beim Angebot der Fa. E sei nicht der Standort Heilbronn genannt und dieser Standort sei auch kein Kriterium der Vergabe, da auch ein anderer Standort möglich sei. Im Genehmigungsverfahren finde keine Bedarfsprüfung statt; deshalb bestehe keinerlei Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren.

Unbegründet seien auch die vom VÜA angeführten Verstöße gegen. das Diskriminierungsverbot. Die gezielte Zulassung von "Errichtern" sei sachgerecht. Auch die Beschwerdegegnerin sei "Errichterin" einer Anlage bzw. wolle sich einer solchen bedienen. Falsch sei die Wertung, dass die Unterscheidung zwischen Errichtern und anderen Bietern, die Vertragsabschlüsse vorlegen müssten, nicht objektiv sei. Ein Errichter müsse den Genehmigungsantrag bis Ende 2000 nachweisen, andernfalls ein Rücktrittsrecht und ein Schadensersatzanspruch des Auftraggebers entstehe. Der Errichter müsse außerdem eine Bürgschaft vorlegen. Die allgemeine Bereitschaft eines Errichters reiche daher gerade nicht aus; auch insoweit habe der VÜA nicht hinreichend ermittelt. Die Verpflichtung zur Vorlage von Verträgen mit Abnehmern sei ebenfalls sachgerecht, da nur dann die Entsorgungssicherheit gewährleistet sei. Maßgeblich für die negative Bewertung des Angebotes der Beschwerdegegnerin seien mehrfache Verstöße gegen die Ausschreibungsbedingungen gewesen (Einzelheiten Bl. 42 ff), insbes. wolle die Beschwerdegegnerin ausschreibungswidrig Subunternehmer einschalten und/oder nur unzureichend gesicherte Abnahmeverträge vorlegen. Auch habe die Beschwerdegegnerin nicht das günstigste Angebot eingereicht.

Nicht haltbar sei die Ansicht des VÜA, dass die Beschwerdegegnerin wegen der zweifachen Beratungstätigkeit der Anwaltssozietät Prof. D gegenüber anderen Bietern mit gleichem Angebot diskriminiert sei. Unklar bleibe der Beschluss des VÜA im Hinblick darauf, welche Rechte der Beschwerdegegnerin i.S.d. § 97 VII GWB verletzt sein sollen. Der Beschluss spreche nur vom "Anschein" von Verstößen, es sei aber nicht erkennbar, worin Diskriminierungen der Beschwerdegegnerin liegen sollen. Tatbestände der §§ 20, 21 VwVfG oder 14 LKrO seien nicht erfüllt und jedwede denkbare Kausalität der Doppelberatung scheide aus, da jeder andere Rechtsberater das Nebenangebot der Beschwerdegegnerin ebenfalls als nicht gleichwertig beurteilt hätte.

Insgesamt habe der VÜA zum einen den Sachverhalt nicht erforscht und zum andern auf dieser unzureichenden Grundlage keine Feststellungen getroffen. Gleichwohl habe er diese "Annahmen" zum Anlaß genommen, einen Vergabefehler in der Doppeltätigkeit der Anwaltssozietät zu sehen, ohne jedoch konkrete Vorschriften zu nennen, gegen die die Beschwerdeführerin verstoßen habe. Insoweit habe der Ausschuss seinerseits gegen §§ 110 I 1, 114 I 1 und 113 I 1 GWB verstoßen. In Wahrheit habe die Anwaltssozietät Prof. D weder auf die Gestaltung der Ausschreibungsbedingungen Einfluss genommen, noch bei der Auswertung der Angebote mitgewirkt, noch eine Vergabeempfehlung ausgesprochen. Rechtsanwältin Dr. V habe lediglich Rechtsfragen beantwortet- sie habe an zwei Sitzungen des Aufsichtsrates teilgenommen, um dabei auftretende Fragen zu beantworten. Die Beschwerdeführerin verweist auf die Anlagen 19 und 20 und macht diese Stellungnahmen der Anwaltssozietät Prof. D zum Gegenstand ihres Vortrags. Zum Beweis dafür, dass Rechtsanwältin Dr. V nicht beim Leistungsverzeichnis und Pflichtenheft und nicht bei Bietergesprächen mitgewirkt habe, benennt die Beschwerdeführerin mehrere Personen als Zeugen (Bl. 49). Eine Mitwirkung der Rechtsanwältin Dr. V habe lediglich bei der Frage stattgefunden, ob das Nebenangebot der Beschwerdegegnerin gleichwertig sei (vgl. Bl. 50).

7.

Die Beschwerdegegnerin/Antragstellerin beantragt (Bl. 59), die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Sie stellt die Wirksamkeit der Beschwerdeeinlegung in Frage. Die Einlegung sei von der endgültigen Entscheidung des politischen Gremiums abhängig gemacht worden. Da es sich dabei um ein außerprozessuales Ereignis handele, sei die Beschwerdeeinlegung unwirksam und wegen zwischenzeitlichen Fristablaufs sei die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

In der Sache selbst trägt die Beschwerdegegnerin vor (Bl. 142-181):

Die Erhebung ihrer Rüge sei nicht nach § 107 III GWB verspätet. Der maßgebliche Verstoß der Vergabestelle beruhe auf der Doppelberatung durch die Rechtsanwaltskanzlei Prof. D und dies habe man erst nach Akteneinsicht am 30.04.1999 erkannt und sonach gleich am 03.05.1999 gerügt. Erst die damalige Einsichtnahme in die Aufsichtsratsprotokolle vom 19.02. und 17.03. 1999 habe die Doppeltätigkeit der Rechtsanwälte an den Tag gebracht. Eine Vorabrügepflicht i.S.d. § 108 II GWB komme hier nicht zum Zug, da es sich um einen nicht mehr behebbaren Fehler handele. Im übrigen liege die Beweislast für eine unzulässig verzögerte Rüge bei der Beschwerdeführerin.

Zu Recht habe der VÜA in der Doppelberatung einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot gesehen. Die Rechtsanwälte hätten Einfluss auf die Vergabebedingungen, den Ausschluss von Bietern und die Wertung der Bieterangebote gehabt. Rechtsanwältin Dr. V habe auf das Leistungsverzeichnis und die Auswertung der Angebote Einfluss genommen. Entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerin sei die Realisierbarkeit der Anlage der Fa. E sehr wohl ein wichtiges Kriterium der Entscheidung gewesen. Schon die Teilnahme der Rechtsanwältin an den Aufsichtsratssitzungen reiche für eine Besorgnis der mangelnden Unvoreingenommenheit der Vergabestelle aus. Die Doppelberatung sei unmittelbar ausschreibungsrelevant geworden. Die Konfliktlage für die Rechtsanwältin zeige sich daran, dass die Realisierbarkeit der Anlage der Fa. E Gegenstand der Aufsichtsratssitzung gewesen sei. Dies führe dazu, dass ein gleicher Lebenssachverhalt i.S.d. Vorschriften der BRAO vorliege, denn die rechtliche Realisierbarkeit der Anlage sei für beide Beratungstätigkeiten von Belang gewesen. Dass die Beschwerdeführerin selber Bedenken gegen die Doppeltätigkeit der Rechtsanwälte gehabt habe, ergebe sich aus Anl. 18; diese zeige, daß der Landrat des Landkreises um Prüfung gebeten habe, ob ein Interessenkonflikt der Rechtsanwälte vorliegen könne. Dass das Rechtsanwaltsbüro bei der Anfertigung der Leistungsbeschreibung mitgewirkt habe, ergebe sich aus Anl. 20, und die Mitwirkung bei der Auswertung der Angebote werde aus den Protokollen der Aufsichtsratssitzungen deutlich. Damit stehe fest, dass die Mitwirkung der Rechtsanwaltskanzlei bei der Ablehnung des Angebots der Beschwerdegegnerin ursächlich geworden sei, wie im übrigen auch die Weiterverfolgung des Angebotes der Fa. O zeige.

Selbst wenn jedoch die Mitwirkung des Rechtsanwaltsbüros ohne Einfluss gewesen sein sollte, so liege doch ein Verstoß vor. Denn es reiche, wenn an der Vergabeentscheidung Personen mitwirken, die in vertraglichen Beziehungen zu einem Bieter stehen. Nach der Entscheidung des OLG Brandenburg vom 03.08.1999 ergebe sich aus dem Rechtsgedanken des § 20 VwVfG das Unbefangenheitsprinzip, nach welchem schon der böse Schein unabhängig davon ausreiche, ob eine Mitwirkung ursächlich geworden sei (aaO S. 27/28). Entscheidend hierfür sei allein die Sicht des benachteiligten Bieters. Hier sei unstreitig, dass das Rechtsanwaltsbüro eine Doppelberatung vorgenommen habe; auf einen tatsächlichen Interessenkonflikt und dessen tatsächliche Auswirkung komme es dann nicht an.

Im übrigen verweist die Beschwerdegegnerin darauf, dass - entgegen der Ansicht des VÜA - Vergabefehler schon deshalb vorlägen, weil das Verhandlungsverfahren und nicht das offene Verfahren angewendet worden sei, ohne dass dies durch die Ausnahme nach § 3 a Nr. 1 Abs. 4 lit. c VOL/A gerechtfertigt sei. Die von der Vergabestelle gewünschte Technikoffenheit lasse sich durch Nebenangebote oder durch eine funktionale Ausschreibung erreichen. Das offene Verfahren müsse den Vorrang behalten und die Ausnahmen hiervon seien eng zu ziehen. Es sei Aufgabe des künftigen Auftraggebers zu definieren, was ein Bieter zu erbringen habe. Mit ihren Angeboten habe die Beschwerdegegnerin nicht gegen die Ausschreibungsbedingungen verstoßen. In Wahrheit sei ihr Angebot auch das Günstigste gewesen (Einzelheiten Bl. 174 u. Bl. 178).

8.

Die Beigeladenen Ziff. 1 (Konsortium Fa. T (früher E)/Th) beantragen (Bl. 88):

1. die Entscheidung des Vergabeüberwachungsausschusses des Landes Baden-Württemberg beim Landesgewerbeamt Baden-Württemberg, 1. Kammer, vom 28. Mai 1999 (Az.: 1 VÜ 7/99) aufzuheben, soweit die Beschwerdeführerin verpflichtet wird, das Vergabeverfahren "Behandlung und Entsorgung von Restabfällen des" wegen Verstößen gegen das dem Vergaberecht zugrunde liegende Diskriminierungsverbot, gegen das Gebot der Chancengleichheit und gegen das Gebot eines transparenten Verfahrens aufzuheben,

2. festzustellen, daß die Beschwerdegegnerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat,

3. festzustellen, daß die Beschwerdegegnerin die den Beteiligten erwachsenden Kosten zu erstatten hat.

und tragen dazu vor (Bl. 87-115):

Falsch sei die Ansicht der Beschwerdegegnerin, dass die Beschwerde bedingt eingelegt worden sei. Der Hinweis auf die Fristwahrung habe nur bedeutet, dass das Verfahren zunächst nicht mit Kostenfolgen betrieben werden solle.

In der Sache selbst: Der Nachprüfungsantrag der Beschwerdegegnerin sei tatsächlich verspätet gestellt worden. Sie sei mit der Rüge der Vergabeart präkludiert (§ 107 III 2 GWB), denn diese Rügemöglichkeit sei bis zur Abgabefrist erkennbar gewesen, zumal es sich bei der Beschwerdegegnerin um ein in Vergabesachen erfahrenes Unternehmen handele. Trotz Erkennbarkeit bereits im Mai 1998 sei die Rüge erst am 31.03.1999 erhoben worden, sie habe aber sogleich nach dem 01.01.1999 (Inkrafttreten) erhoben werden müssen. Präkludiert sei die Beschwerdegegnerin auch mit ihren weiteren Rügen, denn dabei handele es sich um eine taktische Maßnahme, mit der die Beschwerdegegnerin sich eine zweite Chance verschaffen wolle.

Der Nachprüfungsantrag sei darüberhinaus auch nicht begründet und demgemäß die Beschwerde erfolgreich. Zuzustimmen sei dem VÜA zwar darin, dass mit Recht das Verhandlungsverfahren habe gewählt werden dürfen. Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot liege jedoch nicht vor. Hierfür reiche nicht nur eine Vermutung oder eine bloße Gefährdung aus, sondern bedürfe es der Feststellung, dass tatsächlich eine Wettbewerbsverzerrung vorliege. Daran fehle es, denn weder sei die Ausschreibung noch die Bewertung der Angebote fehlerhaft. Die Verschiedenbehandlung von Errichtern einer Anlage sei wegen der notwendigen Risikoabdeckung sachlich gerechtfertigt, und in die Auswertung sei zu Recht eingeflossen, dass die Beschwerdegegnerin die Vergabebedingungen nicht erfüllt und kein gleichwertiges Nebenangebot eingereicht habe. Deren sog. Verbundkonzept sei unsicher; ihm fehle es an festen Verträgen und ausreichenden Vertragskapazitäten. Die Mitwirkung des Rechtsanwaltsbüros Prof. D habe weder Einfluss auf die Ausschreibung noch auf die Auswertung gehabt. Die Mitwirkung habe sich auf die Prüfung vorgelegter Entsorgungsverträge beschränkt. Im übrigen existiere kein Interessenkonflikt zwischen dem Vergabeverfahren und dem Genehmigungsverfahren für die Anlage. Entscheidender Maßstab seien nicht die §§ 20, 21 VwVfG, sondern die Kriterien des § 14 LKrO, keiner dieser Tatbestände aber sei erfüllt. Zu Unrecht berufe die Beschwerdegegnerin sich auf die Entscheidung des OLG Brandenburg vom 03.08.1999. Die dortige Gleichsetzung von Gleichbehandlungsgebot bzw. Diskriminierungsverbot mit dem Grundsatz der Neutralität sei ebenso falsch wie die Heranziehung des Rechtsgedankens des § 20 VwVfG. Es bedürfe der tatsächlichen Feststellung einer Ungleichbehandlung, die bloße Gefahr hierfür reiche nicht (Verweis auf weitere, von der Ansicht des OLG Brandenburg abweichende Fundstellen Bl. 221). Nach § 97 II GWB solle die Chancengleichheit gewahrt werden. Deren Verletzung aber verlange konkrete Feststellungen, bloßer Mangel an Neutralität genüge nicht. Die Prüfung nach § 14 LKrO ergebe, dass die beratende Rechtsanwältin sogar als Kreistagsmitglied nicht von der Beschlussfassung ausgeschlossen gewesen wäre. Dann aber könnten auch keine Bedenken gegen die Beratung der Beschwerdeführerin bestehen. Auch der Fall einer konfliktträchtigen Vertragsanbahnung während des Vergabeverfahrens liege nicht vor. Die Beratung der Fa. E habe bereits vorher stattgefunden. Bei anderer Betrachtung würde die Mitwirkung von Spezialisten unmöglich gemacht, insbesondere weil man nicht wisse, ob der Mandant sich in einem künftigen Vergabeverfahren bewerben werde.

9.

Die Beigeladene Ziff. 2 (Verband KVA Th) formuliert keinen Antrag. Ihr Vorbringen Bl. 72/73 befasst sich mit Fristfragen im Zusammenhang mit dem (inzwischen zurückgenommenen) Antrag der Beschwerdeführerin nach § 121 I GWB.

10.

Auf die erste mündliche Verhandlung des Senates vom 29.10.1999 (Protokoll Bl. 426/430) erging der Beschluss vom 03.12.1999, mit dem der Beschwerdeführerin aufgegeben wurde, die Akten des Vergabeverfahrens und den von ihr und ihrem Beratungsbüro S geführten Schriftverkehr mit der Anwaltskanzlei Prof. D und Partner vorzulegen. Im Anschluss an die Erfüllung dieser Auflagen haben die Parteien und die beiden Beigeladenen weitere Schriftsätze eingereicht, in denen sie ihre bisherigen Standpunkte wiederholen und bekräftigen (Beschwerdeführerin Bl. 566/587; Beigeladene Ziff. 1 Bl. 612/647; Beigeladene Ziff. 2 Bl. 648/658 und Beschwerdegegnerin Bl. 662 ff).

Die abschließende mündliche Verhandlung vor dem Senat fand am 11.02.2000 statt (Protokoll Bl. 684 ff); die Beteiligten haben ihre bisherigen Anträge wiederholt.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Die vom VÜA für zulässig gehaltene Rüge eines Vergabefehlers wegen Doppelmandates der Anwaltskanzlei Prof. D und Partner ist entgegen der Ansicht des VÜA nicht begründet. Die hier praktizierte Doppelberatung unterfällt keinem Tätigkeitsverbot und sie hat auch nicht ursächlich zu einer Ungleichbehandlung der Antragstellerin in der Bewertung ihres Angebotes geführt. Bezüglich anderer im Nachprüfungsverfahren vor dem VÜA gerügter, von diesem aber verneinter Vergabefehler waren die Rügen der Antragstellerin nach § 107 III GWB bereits nicht zulässig. Auf ihre Begründetheit kommt es daher nicht an. Im Ergebnis ist deshalb der angefochtene Beschluss des VÜA aufzuheben und der dort von der Antragstellerin gestellte Antrag auf Aufhebung des Vergabeverfahrens zurückzuweisen.

1.

Die sofortige Beschwerde richtet sich vorliegend zwar nicht gegen einen Beschluss einer an sich zur Entscheidung berufenen Vergabekammer (§ 114 II GWB), sondern gegen den Beschluss eines VÜA. Dieser war jedoch hier zur Entscheidung über die Nachprüfungsanträge vom 12.04. und 03.05.1999 berufen. Da Baden-Württemberg zum Entscheidungszeitpunkt des angefochtenen Beschlusses (28.05.1999) noch keine Vergabekammer eingerichtet hatte, kam die (im angefochtenen Beschluss S. 8 zitierte) Übergangsregelung des Art. 3 Nr. 3 VgRÄG zum Tragen: Danach entschieden bis zur Einrichtung und Besetzung der Vergabekammern, längstens jedoch bis zum 30.06.1999, die VÜA als Vergabekammern.

2.

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig.

a)

Sie ist statthaft (§ 116 I GWB) und innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 117 I GWB eingelegt (Beschlusszustellung an Beschwerdeführer-Vertreter 01.06.1999, LO Bl. 439; Eingang beim OLG 11.06.1999, Bl. 1).

b)

Die Beschwerde erfüllt auch die inhaltlichen und formalen Anforderungen des § 117 II und III GWB. Die Beschwerdeführerin hat ausweislich des Schriftsatzes der Rechtsanwälte G & Koll. Bl. 58 ff die Beschwerdegegnerin unterrichtet (§ 117 IV GWB). Ob sie auch die anderen Beteiligten (die beiden Beigeladenen, s. §§ 109, 119 GWB) unterrichtet hat, geht zwar aus den Schriftsätzen der Rechtsanwälte M & Koll. Bl. 68 und Rechtsanwälte W & Koll. Bl. 72 nicht hervor. Dass diese Schriftsätze das Aktenzeichen des Senats nennen, beruht vermutlich auf Kenntnis der Verfügung des Vorsitzenden Bl. 62 f. Sollte demnach die Unterrichtung der Beigeladenen durch die Beschwerdeführerin entgegen § 117 IV GWB unterblieben sein, hat das auf die Wirksamkeit der Beschwerde jedoch keine Auswirkung, denn es handelt sich um eine bloße Ordnungsvorschrift zum Zweck der Beschleunigung. Durch die Verfügung des Vorsitzenden und die baldige Reaktion der Beigeladenen ist dem Mangel entgegengewirkt (vgl. Bechtold, GWB, 2. Aufl., § 117 Rz. 5; s. auch OLG Düsseldorf BauR 1999, 751, 754 f.).

c)

Die Wirksamkeit der Beschwerdeeinlegung wird nicht dadurch tangiert, dass die Beschwerde laut Bl. 2 "zunächst lediglich vorsorglich zur Wahrung der Frist... eingelegt" und ihre Durchführung als von der Entscheidung des hinter der Beschwerdeführerin stehenden politischen Gremiums abhängig bezeichnet worden ist. Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin (Bl. 58 ff) sind diese Erklärungen nicht zu verstehen als Einlegung des Rechtsmittels unter einer Bedingung, die in der Tat wegen Bedingungsfeindlichkeit (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 21. Aufl., vgl. § 128 Rz. 20) zur Unwirksamkeit der Beschwerdeeinlegung führen würde. Die Erklärungen ergeben, dass nicht die Einlegung in der Schwebe bleiben sollte, sondern von dem angeführten künftigen Ereignis lediglich die Durchführung der Beschwerde abhängig sein sollte. Die Erklärungen sind nicht anders zu verstehen, als wenn angekündigt worden wäre, dass die Beschwerde bei entsprechender Entscheidung des Gremiums zurückgenommen werde. Der Zusatz belässt es daher bei unbedingter Einlegung, erstellt lediglich eine evtl. Rücknahme in den Raum. Nicht die Einlegung, sondern nur die Rücknahme hing daher von einem ungewissen Ereignis ab.

Dabei verkennt der Senat nicht, dass der erklärte Vorbehalt der Rücknahme überflüssig war, weil eine spätere Rücknahme auch ohne ihn möglich geblieben ist. Jedoch kann man aus der Entbehrlichkeit des Vorbehalts nicht folgern, dass die Einlegung der Beschwerde nur bedingt erfolgt sei. Die Gesamterklärungen der Beschwerdeführerin, insbesondere auch die angesprochene Absicht der Vermeidung von Kosten, können, auch vom Horizont der Beschwerdegegnerin her, nur so ausgelegt werden, dass die Beschwerde jetzt unbedingt eingelegt wird, dass künftig möglicherweise aber die Rücknahme erfolgen wird. Denn ansonsten würde das ausdrücklich erklärte Ziel der Fristwahrung sogleich verfehlt werden, was offenkundig den Willen der Beschwerdeführerin vollkommen missachten würde.

Bei dieser Betrachtung kann entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin (Schriftsatz vom 15.06.1999, S. 3, Bl. 60) auch aus dem Beschleunigungsgebot der §§ 120, 113 GWB kein Schluss auf die Unwirksamkeit der Beschwerdeeinlegung gezogen werden.

3.

Die Beschwerde ist auch begründet.

Der vom VÜA angenommene Vergabefehler, der ihn zur Aufhebung des Vergabeverfahrens geführt hat, besteht nicht. Der Umstand, dass das Anwaltsbüro Prof. D und Partner rechtsberatend sowohl für das technische Beraterbüro der Antragsgegnerin als auch für die Mitbieterin Fa. E in deren Genehmigungsverfahren tätig gewesen ist, begründet entgegen der Ansicht von Antragstellerin und VÜA keinen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot oder gegen das Diskriminierungsverbot. Zwar ist dem angefochtenen Beschluss insoweit zu folgen, dass die Antragstellerin die auf dieses Doppelmandat gestützte Rüge im Nachprüfungsverfahren zulässigerweise erheben konnte. Jedoch ist diese Rüge sachlich nicht begründet, denn die Doppeltätigkeit verstieß weder gegen § 43 a BRAO i.V.m. Vorschriften der BO für Rechtsanwälte noch erfüllte sie einen Tatbestand des § 20 VwVfG oder des § 14 LKrO. Es ist auch nicht ersichtlich, daß die Doppeltätigkeit in irgendeiner Hinsicht ursächlich geworden ist für die Entscheidung der Antragsgegnerin, das Angebot der Antragstellerin aus dem näheren Kreis der für einen Zuschlag in Betracht kommenden Bieter auszuscheiden. Der VÜA hat daher seinen Aufhebungsbeschluss zu Unrecht zum Nachteil der Antragsgegnerin auf diese Doppelberatung gestützt.

a)

Von den von der Antragstellerin erhobenen Rügen vom 31.03., 12.04. und 03.05.1999 war nur die zuletzt genannte Rüge i.S.d. § 107 III GWB rechtzeitig und damit zulässig.

Der VÜA hat - nach insoweit zutreffender und von der Beschwerde unbeanstandeter Feststellung der Antragsbefugnis der Antragstellerin gem. § 107 II GWB - sämtliche Rügen als rechtzeitig erhoben angesehen. Dies wird von der Beschwerde jedenfalls insoweit ohne Erfolg beanstandet, als es die Zulässigkeit der vom VÜA für begründet gehaltenen Rüge des anwaltlichen Doppelmandats betrifft. Diese Rüge war nicht nach § 107 III 1 oder 2 GWB unzulässig. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Rügen anderer - vom VÜA für unbegründet gehaltener - Vergabefehler, ist auf die Ausführungen unten lit. b) zu verweisen.

aa)

Nach § 107 III Satz 1 GWB ist ein Nachprüfungsantrag vor der Vergabekammer unzulässig, wenn der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Gleiches gilt nach Satz 2, wenn Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar waren, nicht spätestens bis zur benannten Frist zur Angebotsabgabe (hier 02.10.1998) gegenüber dem Auftraggeber gerügt worden sind. Sinn beider Präklusionsvorschriften ist es, die Vergabekammer von der Nachprüfung solcher Verstoßfälle zu entlasten, die durch Korrektur des Auftraggebers im Vergabeverfahren erledigt werden können. Die Präklusion nach Satz 1 verlangt Unverzüglichkeit i.S.d. § 121 BGB und positive Kenntnis, während für Satz 2 Erkennbarkeit des Verstoßes aufgrund der Bekanntmachung ausreicht, wofür auf Vorwerfbarkeit gegenüber dem konkreten Antragsteller abzustellen ist (vgl. Bechtold aaO, § 107 Rz. 2, 3), wobei nicht schon bloße Tatsachenkenntnis ausreicht, sondern auch Sicherheit in der rechtlichen Beurteilung als Verstoß vorliegen muß (vgl. BayObLG NWZ 1999, 127).

bb)

Im vorliegenden Fall, wo das Vergabeverfahren schon vor Inkrafttreten des geänderten GWB eingeleitet und die Angebotsfrist ebenfalls schon vor dem 01.01.1999 abgelaufen war, stellt sich zunächst die Frage, ob und inwieweit die Präklusionsvorschriften des § 107 III GWB überhaupt anwendbar sind.

Mit den OLGen Düsseldorf (BauR 1999, 751, 755/756) und Brandenburg (NVwZ 1999, 1142, 1145 re. Sp.) geht der Senat davon aus, daß ein Anspruch des Mitbewerbers auf Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen erst mit der Schaffung des § 97 VII GWB durch das VergRÄndG und mit seinem Inkrafttreten am 01.01.1999 entstanden ist. Erst zu diesem Zeitpunkt, nicht früher, begann die in § 107 III GWB normierte und unter Sanktion gestellte Obliegenheit, einen vorher begangenen und vorher auch schon erkannten Verstoß gegen Vergabevorschriften gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu rügen. Denn es geht bei der Anwendung des § 107 III GWB nicht um den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben, sondern um die besondere gesetzgeberische Konkretisierung dieses Grundsatzes, die in einer Verknüpfung des am 01.01.1999 erst entstandenen Anspruchs (§ 97 VII GWB) und seiner Wahrung einerseits und einer zugleich vom Gesetzgeber geschaffenen und mit der scharfen Sanktion eines Anspruchsverlustes bewehrten Obliegenheit andererseits besteht. Daraus folgt: Solange in einem über den 01.01.1999 hinweg andauernden Vergabeverfahren der Zuschlag, wie hier, noch nicht erteilt ist, kann ein Unternehmen, das i.S.d. § 107 II GWB antragsbefugt ist, wie hier die Beschwerdegegnerin, seinen gerade erst entstandenen Anspruch aus § 97 VII GWB noch mit einem Nachprüfungsantrag geltend machen, muß aber unverzüglich ab dem 01.01.1999 - und grundsätzlich vor dem Nachprüfungsantrag - die bereits im Vergabeverfahren erkannten oder aufgrund der Bekanntmachung des öffentlichen Auftrags erkennbaren Verstöße gegen Vergabevorschriften gegenüber dem Auftraggeber rügen.

Die Lösung liegt daher darin, dass zwar einerseits eine Präklusion nach Satz 2 bei bereits vor Inkrafttreten vollendetem Ablauf der Angebotsfrist unmittelbar nicht zur Anwendung kommen kann (ebenso OLG Düsseldorf BauR 1999, 751, 755/ 756; OLG Brandenburg NVwZ 1999, 1142, 1145 re. Sp.), andererseits jedoch Satz 1 mit Wirkung ab 01.01.1999 eingreift, sodass ab diesem Datum die Pflicht zu unverzüglicher Rüge bestanden hat (vgl. OLG Düsseldorf und OLG Brandenburg aaO und auch BayObLG NVwZ 1999, 1138, 1141 li.Sp.). Jede andere Betrachtung würde zu dem nicht haltbaren Ergebnis führen, dass in Altfällen, d.h. vor dem 01.01.1999 angelaufenen Vergabeverfahren, weitergehende Rügemöglichkeiten eröffnet wären, als das Gesetz sie in § 107 III GWB einräumt.

b)

Daraus folgt für den vorliegenden Fall, bei dem die Angebotsfrist auf 02.10. 1998 festgesetzt war, dass der auf Erkennbarkeit aufgrund der Ausschreibung abstellende Präklusionsfall des § 107 III Satz 2 GWB nicht vor dem 01.01. 1999 zur Anwendung kommen kann, die Antragstellerin aber der Rügefrist nach Satz 1 der Vorschrift mit dem Inkrafttreten des neuen GWB zum 01.01.1999 unmittelbar unterworfen worden ist. Mithin gilt, dass Rügen beim VÜA dann unzulässig waren, wenn die Antragstellerin bereits im Vergabeverfahren erkennbare, erst recht positiv erkannte Verstöße gegenüber dem VÜA nicht unverzüglich nach dem 01.01.1999 gerügt hat.

Auf dieser Grundlage ist festzustellen, daß der VÜA den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin in bezug auf die Rügen vom 31.03. und vom 12.04.1999 zu Recht als unzulässig angesehen hat. Denn die dortigen Beanstandungen hat die Antragstellerin, nachdem sie deren Grundlage erkannt hatte, nicht unverzüglich gerügt. Für die im Schreiben vom 31.03.1999 gerügten Vergabeverstöße kommt es mangels Geltung der Präklusion nach § 107 III Satz 2 GWB zwar nicht darauf an, ob sie möglicherweise bereits aufgrund der Bekanntmachung erkennbar waren. Es ist deshalb auch unerheblich, dass die Begründung des VÜA wenig stichhaltig erscheint, die Antragstellerin habe sich naheliegenderweise mit der Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens erst befaßt, nachdem sie erkannte, dass sie den Zuschlag nicht erhalten soll. Denn die Rügen vom 31.03.1999 (Unzulässigkeit des Verhandlungsverfahrens, Benennung der Zuschlagskriterien, Widersprüchlichkeit des LVZ, unzulässige Bewertungskriterien) heben eher auf Fehler ab, die - wenn denn - bereits aufgrund der Bekanntmachung erkennbar gewesen sind. Jedenfalls aber, und darauf kommt es entscheidend an, hatte die Antragstellerin die am 31.03. 1999 gerügten Verstöße bereits im Vergabeverfahren erkannt. Sie war deshalb ab dem Inkrafttreten des neuen GWB am 01.01.1999 gehalten, diese Beanstandungen "unverzüglich" bei der Antragsgegnerin zu rügen. Mit dem Schreiben vom 31.03.1999 ist dieser Anforderung aber bei weitem nicht mehr genügt. "Unverzüglich" i.S.d. § 107 III Satz 1 GWB bedeutet in Anlehnung an die Definition des § 121 BGB "ohne schuldhaftes Zögern" (vgl. Bechtold aaO, § 107 Rz. 2; ebenso OLG Düsseldorf BauR 1999, 751, 756). Davon kann nach Ablauf von drei Monaten keine Rede mehr sein. Der VÜA hat daher diese im Nachprüfungsantrag vom 12.04.1999 bei ihm erhobenen Rügen zu Recht nicht für zulässig erachtet.

c)

Die Begründetheit der Beschwerde hängt daher allein davon ab, ob die auf die Doppeltätigkeit der Anwaltssozietät Prof. D und Partner gestützte Rüge vom 03.05.1999 zulässig und begründet ist. Nach Ansicht des Senats ist dem VÜA darin zu folgen, dass diese Rüge zwar zulässig war. Sie ist jedoch entgegen der Ansicht des VÜA sachlich nicht begründet.

aa)

Die Rüge wurde vom VÜA zu Recht für zulässig gehalten. Sie wurde mit Schriftsatz der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 03.05.1999 (Bl. 236 d.A. des VÜA) im Nachprüfungsverfahren erhoben. Es steht fest, dass die Antragstellerin erst kurz zuvor, nämlich am 30.04.1999, Akteneinsicht hat nehmen können. Erst dadurch hat sie erstmals Kenntnis vom Doppelmandat erhalten. Die nach § 107 III Satz 1 GWB ab dieser Kenntnis entstandene Obliegenheit zu unverzüglicher Rüge ist gewahrt, denn bei dem dazwischenliegenden Feiertag und Wochenende ist die Rüge mit Schreiben vom 03.05.1999 ohne Zweifel ohne schuldhaftes Zögern erhoben. Mit Recht ist daher der VÜA von der Zulässigkeit dieser Rüge im Nachprüfungsverfahren ausgegangen.

bb)

Die Rüge ist jedoch entgegen der Beurteilung des VÜA sachlich nicht begründet. Das Doppelmandat der Anwaltskanzlei Prof. D und Partner sowohl für das Beratungsbüro der Antragsgegnerin als auch für die Mitbieterin Fa. E in deren Genehmigungsverfahren für eine Müllverbrennungsanlage in Heilbronn begründet keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, das Diskriminierungsverbot oder das Transparenzgebot nach § 97 I, II GWB bzw. § 2 Nr. 2 VOL/A. Die Doppelvertretung erfüllt nicht die Voraussetzungen eines Tätigkeitsverbotes nach § 43 a BRAO. Sie unterfällt auch nicht den Tätigkeitsverboten des § 20 VwVfG oder des § 14 LKrO. Schließlich lässt sich feststellen, dass die Tätigkeit für die Mitbieterin Fa. E keinen irgendwie gearteten Kausalbeitrag geleistet hat, der eine Ungleichbehandlung der Antragstellerin bewirkt hat; eine hypothetische Betrachtung ergibt vielmehr, dass auch ohne die doppelte Beraterfunktion die Bewertung der Angebote nicht anders, insbesondere nicht günstiger für die Antragstellerin hätte ausfallen können.

1.

Der VÜA hat in dem Doppelmandat der Anwaltskanzlei Prof. D und Partner einen Vergabefehler gesehen, weil dadurch die Chancengleichheit unter den Bietern und damit auch diejenige der Beschwerdegegnerin gefährdet worden sei; auch wenn keine Doppelvertretung unmittelbar innerhalb des Vergabeverfahrens vorliege, bestünden doch derart hinreichend enge Berührungspunkte zwischen dem Vergabeverfahren und dem Genehmigungsverfahren der Fa. E, dass ein Interessenkonflikt und seinetwegen die Gefahr bestehe, dass die Beratung nicht in absoluter Neutralität erfolge. Dadurch werde das Vertrauen in einen fairen Wettbewerb nachhaltig zerstört und der Anschein eines Verstoßes gegen Vergabebestimmungen erweckt (s. im einzelnen Beschluß S. 11/12). Dies greift die Beschwerdeführerin mit Erfolg an. Mit dem bloßen Anschein mangelnder Neutralität bei der anwaltlichen Beratung lässt sich vorliegend ein Verstoß gegen die Chancengleichheit, das Diskriminierungsverbot und das Transparenzgebot nicht begründen. Auch ein konkreter Interessenkonflikt des Rechtsberaters mit Auswirkung bei der Ausschreibung oder bei der Auswertung der Bieterangebote zum Nachteil der Antragstellerin hat nicht stattgefunden.

2.

Zwar geht auch der Senat davon aus, dass das Gleichbehandlungsgebot bzw. Diskriminierungsverbot des § 97 II GWB zentrale und elementare Grundsätze des Vergaberechts sind, auf deren Beachtung jeder Teilnehmer einen Rechtsanspruch hat (§ 97 VII GWB). Das Gebot/Verbot bezieht sich auf alle Phasen des Vergabeverfahrens, es gilt nicht nur für den Zuschlag (Bechtold aaO, § 97 Rz. 7, 8). Ungleichbehandlungen sind nur zulässig, sofern sachliche Gründe sie rechtfertigen. Die Rechtfertigung ist stets dann ausgeschlossen, wenn die Ungleichbehandlung aus Verstößen gegen gesetzliche Vorschriften resultiert. Solche Verstöße können im vorliegenden Vergabeverfahren aber nicht festgestellt werden.

3.

Die Rechtsberatertätigkeit der Anwaltssozietät für das von der Beschwerdeführerin eingeschaltete Büro S einerseits und für die im Konsortium auftretende Bieterin Fa. E andererseits begründet keinen von dem Vertretungsverbot des § 43 a IV BRAO oder § 3 BORA erfassten Interessenkonflikt.

Kein Hindernis wäre insoweit allerdings der Umstand, dass nach Behauptung der Beschwerdeführerin für die beiden Mandanten verschiedene Rechtsanwälte der Sozietät tätig gewesen sind. Die Sozietät ist insoweit als Einheit anzusehen.

Das dem Rechtsanwalt auferlegte Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen bezieht sich unmittelbar nur auf den Schutz der Inhaber der betroffenen Interessen, hier also der Beschwerdeführerin einerseits und der Fa. E andererseits. Für das hier zur Debatte stehende Gleichbehandlungsgebot ist diese Konstellation aber auszuweiten und auf die mit der Fa. E um den Zuschlag konkurrierenden Bieter zu erstrecken. Wenn, wie ausgeführt, bei Mitwirkung des Rechtsanwaltes an der Ausschreibung und/oder der Auswertung der Angebote der Konflikt zwischen den Interessen beider Mandanten entsteht, dann kann dieser Konflikt nachteilige Wirkungen nicht nur innerhalb der Interessen der beiden Mandanten haben, sondern sich mittelbar auch auf das Interesse eines insoweit außenstehenden Dritten auswirken. Über den Gleichbehandlungsgrundsatz findet eine Ausdehnung des an sich nur die beiden Mandanten betreffenden Schutzzwecks des Vertretungsverbotes statt. Konkret ist dies dann der Fall, wenn der Rechtsanwalt bei seiner Mitwirkung an der Ausschreibung und/oder der Angebotsauswertung den Interessen des Mitbieter-Mandanten (E) den Vorzug gibt, weil dadurch mittelbar die Gleichbehandlung mit anderen Bietern beeinträchtigt wird.

Gleichwohl liegen auch unter Berücksichtigung dieser Ausweitung die Voraussetzungen des § 43 a IV BRAO hier nicht vor, denn es fehlt an der notwendigen Sachverhaltsidentität und dem Interessenkonflikt:

§ 43 a IV BRAO verbietet dem Rechtsanwalt die Vertretung widerstreitender Interessen. Das konstitutive Merkmal des Interessenkonflikts steht in der vorliegenden Gestaltung nicht allein schon aufgrund des Doppelmandats im Raum. Im Vergabeverfahren bestehen die vom Rechtsanwalt zu wahrenden Interessen der Vergabestelle, hier ihres Beraterbüros, darin, das jeweilige Vergabeziel durchzusetzen und zu einem möglichst günstigen Zuschlag zu kommen. Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren geht es um das Interesse, die Genehmigung unter möglichst geringem Aufwand/geringen Auflagen durchzusetzen. Beide Verfahren haben unmittelbar nichts miteinander zu tun.

Eine Konfliktlage aufgrund widerstreitender Interessen in derselben Rechtssache kann allerdings dann entstehen, wenn zwei Verfahren miteinander in der Weise in Berührung kommen, dass trotz unterschiedlicher Verfahrensarten und Zielrichtungen derselbe Sachverhalt von rechtlicher Bedeutung ist, zumindest sein kann (vgl. Feuerich/Braun, BRAO, 4. Aufl., § 43 a RZ. 63). Die Berührung beider Verfahren besteht dann darin, dass beide vom Rechtsanwalt zu betreuenden Interessen sich dergestalt gegenübertreten, dass jedenfalls theoretisch die Wahrung des einen Interesses der Wahrung des anderen Interesses entgegenläuft. Die Möglichkeit eines solchen Interessenkonflikts setzt voraus, dass beide Verfahren derart voneinander abhängen, dass der Ausgang des einen Verfahrens die Rechtsposition des Mandanten im anderen Verfahren beeinflussen kann. Das wäre hier der Fall, wenn es für das Genehmigungsverfahren im weitesten Sinn relevant wäre, ob Verwendungskapazität für die zur Genehmigung anstehende Anlage zur Verfügung steht, oder umgekehrt es für das Vergabeverfahren relevant wäre, ob ein Bieter für die zur Vertragserfüllung vorgesehene Anlage die erforderlichen Genehmigungen vorweisen kann. In diesem Fall könnte der theoretisch mögliche Interessenkonflikt akut werden, wenn der Rechtsberater an der Ausgestaltung der Ausschreibung oder an der Bewertung der Bieterangebote mitwirkte.

Diese Voraussetzungen sind entgegen der Ansicht der Antragstellerin hier nicht gegeben. für das vorliegende Vergabeverfahren ist es nach den Ausschreibungsbedingungen nicht relevant, ob eine zu errichtende Entsorgungsanlage tatsächlich zur Verfügung steht. Nachzuweisen ist nach dem LVZ S. 13 bis zum 31.12.2000 vom Bieter lediglich, dass er über einen in seinem Eigentum stehenden oder über einen vertraglich abgesicherten Anlagenstandort verfügt und er einen vollständigen Genehmigungsantrag gestellt hat. Darauf, ob der Realisierung an dem vom Bieter genannten Standort evtl. Hindernisse aktuell oder aufgrund künftiger Entscheidungen der Standortkörperschaft entgegenstehen, kommt es nach den Ausschreibungsbedingungen der Antragsgegnerin nicht an. Den Anforderungen der Ausschreibung hält das Angebot der Mitbieterin Fa. E stand. Sie hat sich verpflichtet, die Abfälle in einer zu errichtenden Anlage in Baden-Württemberg zu behandeln. Außerdem ist sie die Verpflichtung eingegangen, der Vergabestellte fristgerecht einen eigenen oder einen vertraglich gesicherten Standort und die Stellung eines vollständigen Genehmigungsantrags nachzuweisen. Damit ergibt sich, dass sowohl Standortwahl als auch Realisierungschancen der Anlage an einem bestimmten Ort für die Bewertung des Angebotes der Beigeladenen Ziff. 1 außer Betracht zu bleiben haben. Damit aber steht zugleich fest, dass die Tätigkeit der Anwaltskanzlei im Genehmigungsverfahren für den Standort, Heilbronn für das Vergabeverfahren keine Rolle gespielt hat und folglich die Beratungstätigkeiten in den beiden Verfahren nicht durch einen identischen Lebenssachverhalt verknüpft sind, der einen nach § 43 a BRAO relevanten Interessenkonflikt begründen könnte. Bei beiden Mandaten handelte es sich nicht nur um unterschiedliche Verfahren, sondern auch i.S.d. anwaltlichen Tätigkeitsverbotes tatsächlich und rechtlich unterschiedliche Rechtsangelegenheiten. In dieser Beurteilung sieht sich der Senat im übrigen durch die Stellungnahme der Rechtsanwaltskammer Stuttgart vom 07.09.1999 (Bl. 536 ff) bestätigt, in der sowohl eine Sachverhaltsidentität als auch ein Interessenkonflikt verneint werden.

Anhaltspunkte für die Erfüllung der Voraussetzungen eines Tätigkeitsverbotes nach § 43 a BRAO ergeben sich auch nicht aus dem Schriftverkehr zwischen dem Anwaltsbüro Prof. D und Partner und dem technischen Beratungsbüro der Antragsgegnerin, der auflagengemäß vorgelegt worden ist. Zwar hat diese Korrespondenz neben vielfacher anderer Thematik zum Gegenstand auch, welche Anforderungen in dem der Ausschreibung beizugebenden Vertragsentwurf für den Fall der Einschaltung einer erst noch zu errichtenden Anlage gestellt werden sollen (s. insoweit Schreiben vom 08.07.1998, S. 8 Ziff. 11; vom 23.07.1998, S. 11 Ziff. 5; vom 22.01.1999, S. 5 Ziff. 11, S. 6 Ziff. 4; vom 18.03.1999 passim betr. Vertragsentwurf der Beigeladenen Ziff. 1). Die Prüfung durch den Senat ergibt jedoch, dass aus den Ratschlägen und Empfehlungen der Anwaltskanzlei gegenüber dem Büro sich nichts ergibt, was man als eine sachlich ungerechtfertigte Bevorzugung der Interessen der Mitbieterin Fa. E werten könnte, durch die die Interessen der Antragstellerin vernachlässigt worden wären. Umgekehrt spricht sogar gegen eine Einflussnahme der Rechtsanwältin zugunsten der Fa. E deren Schreiben vom 08.07.1998, S. 5/6. Dort wird das Beraterbüro der Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass nach dem Entwurf des Abfallwirtschaftsplans Baden-Württemberg die Ausnahmemöglichkeit eröffnet ist, auch Leistungsangebote von Bietern aus der nahegelegenen Schweiz zuzulassen, ohne dass objektiv ersichtlich wäre, wie dadurch die Chancen der Fa. E bzw. des Konsortiums sich verbessert haben könnten.

Gleiches gilt für den von der Rechtsanwältin stammenden Vorschlag in ihrer Stellungnahme zum Entwurf des Ausschreibungstextes und des Vertrages (s. Schreiben vom 23.07.1998, S. 11/12), als § 4 zwei Alternativen für Behandlungsanlagen (existierende oder zu errichtende) einzufügen. Die dort bei der Alternative 2 eingeführten Fristen, Sicherungsmittel und Sanktionen schließen es aus, eine Beeinflussung zugunsten der Fa. E anzunehmen.

4.

Ein Tätigkeitsverbot der Anwaltskanzlei Prof. D und Partner ergibt sich vorliegend auch nicht aus § 20 VwVfG oder § 14 LKrO. § 20 I, V VwVfG ordnet für die diesem Gesetz unterliegenden Verwaltungsverfahren an, dass bestimmte Personen in einem solchen Verfahren für eine Behörde nicht tätig werden dürfen, wenn sie (u.a.) mit einem Verfahrensbeteiligten in einer bestimmten Beziehung stehen. Einem Beteiligten steht dabei gleich, wer durch die Tätigkeit oder Entscheidung einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil erlangen kann (§ 20 I Satz 2 VwVfG). § 14 I, II LKrO ordnet ein an ähnliche Voraussetzungen anknüpfendes Mitwirkungsverbot bei beratender oder entscheidender Tätigkeit an.

Beide Vorschriften greifen im vorliegenden Fall schon ihren Voraussetzungen nach nicht ein. Der Senat kann und will es daher hier dahingestellt sein lassen, ob der Ansicht des OLG Brandenburg (NVwZ 1999, 1142, 1146, Beschluß vorgelegt Bl. 182 ff, S. 27/28) grundsätzlich zu folgen ist, wonach das Gleichbehandlungsgebot des § 97 II GWB stets schon dann verletzt sein soll, wenn aufgrund einer von § 20 I, IV VwVfG erfassten Konstellation, und sei es auch bei bloß vorbereitenden Handlungen, ein Neutralitätsmangel festzustellen ist und die konkrete bloße Möglichkeit besteht, dass ohne ihn die Entscheidung anders ausgefallen wäre. Zweifel an der vom OLG Brandenburg insoweit vertretenen Rechtsansicht ergeben sich insbesondere daraus, dass eine tatsächliche Auswirkung konstitutives Erfordernis eines Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot ist, d. h. ohne tatsächliche nachteilige Auswirkung eine Diskriminierung schon nicht vorliegt, ganz abgesehen davon, dass sie ohnehin nur dann relevant ist, wenn nicht sachlich gerechtfertigte Gründe existieren. Die Zweifel werden noch dadurch verstärkt, dass nach § 107 II GWB die Antragsbefugnis u.a. die Darlegung erfordert, dass durch die behaupteten Vergabeverstöße ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Schon vom tatbestandlichen Ansatz her kann daher das Diskriminierungsverbot des § 97 II GWB nicht ohne weiteres mit dem Neutralitätsprinzip von Ausschließungs- bzw. Befangenheitsvorschriften gleichgesetzt werden. Die Gleichsetzung, insbesondere der damit verbundene Verzicht auf die tatsächliche Kausalität der Verschiedenbehandlung im Einzelfall lässt sich auch nur schwer mit dem wettbewerblichen Ansatz vereinbaren, der Grundlage des Vergaberechts-Änderungsgesetzes gewesen ist (vgl. hierzu die kritische Anmerkung zur Entscheidung des OLG Brandenburg von Neßler NVwZ 1999, 1081 ff, der S. 1083 zusätzlich auch auf die europarechtliche Induzierung des Diskriminierungsverbotes abstellt).

Die Zweifel an der vom OLG Brandenburg vertretenen Verquickung von Gleichbehandlungsgebot und Neutralitäts- und Unbefangenheitsprinzip können aber letztlich offenbleiben. Offenbleiben kann auch, ob, wie die Beigeladene Ziff. 1 unter Hinweis auf Berrisch DB 1999, 1797 f. meint, § 20 VwVfG bereits dadurch gesperrt ist, dass das Vergaberecht in § 97 II GWB und § 2 Nr. 2 VOL/A ausreichende eigene Sicherstellungen der Chancengleichheit bereit hält. Denn jedenfalls sind im vorliegenden Fall im Hinblick auf die gerügte anwaltliche Doppelberatung bereits die in Betracht kommenden Ausschließungstatbestände sowohl des § 20 VwVfG als auch des § 14 LKrO weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwendung erfüllt:

Eine Ausschließung der Anwaltskanzlei nach § 20 I 1 Nr. 5 VwVfG (entsprechend § 14 II Nr. 1 LKrO) kommt nicht in Betracht. Die Kanzlei ist weder bei der Antragstellerin noch bei der Fa. E gegen Entgelt beschäftigt gewesen, denn diese Vorschrift findet nur bei abhängigen Arbeitsverhältnissen, nicht aber bei freiberuflicher Tätigkeit Anwendung (vgl. Kopp, VwVfG, 6. Aufl., § 20 Rn. 21). Selbst wenn man letzteres nicht grundsätzlich ausschließen wollte, so wäre die Anwendung Jedenfalls nur dann gerechtfertigt, wenn das freie Auftragsverhältnis zu einer der abhängigen Tätigkeit vergleichbaren Unselbständigkeit führen würde, was aber bei einem anwaltlichen Beratungsverhältnis nicht angenommen werden kann.

Die Voraussetzungen des § 20 I 2 VwVfG (entsprechend § 14 I LKrO) sind ebenfalls nicht erfüllt. Die Vergabeentscheidung der Antragsgegnerin, wie immer sie ausfallen mag, kann der Anwaltskanzlei keinen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen. Die Kanzlei ist nicht als Berater eines Bieters im Vergabeverfahren aufgetreten. Die Vergabeentscheidung für den einen oder anderen Bieter kann sich deshalb nicht unmittelbar zu einem Vorteil der Kanzlei auswirken. Den Beigeladenen Ziff. 1 ist darin zu folgen, dass ein unmittelbarer Vorteil für die Kanzlei selbst dann nicht eintreten würde, wenn die Vergabestelle/Antragsgegnerin dem Konsortium den Zuschlag erteilen würde und die Fa. E sich zu einem Genehmigungsantrag am Standort Heilbronn entschließen würde. Denn gerade diese noch notwendige Entschließung würde die Unmittelbarkeit unterbrechen.

Schließlich sind auch die Voraussetzungen eines Tätigkeitsverbotes gem. § 20 I 1 Nr. 6 VwVfG (entsprechend § 14 II Nr. 4 LKrO) nicht erfüllt. Für diesen auf Befassung mit Gutachtertätigkeit abstellenden Ausschließungsgrund ist erforderlich, dass es sich um eine Tätigkeit in der Angelegenheit handelt, auf die sich auch das Verwaltungsverfahren bezieht. Ohne solchen konkreten Bezug stellen Gutachten keine Betätigung iS.d. Vorschrift dar (vgl. Kopp aaO, § 20 Rz. 26). Die Anwaltskanzlei ist aber für Fa. E nicht in derselben Rechtssache anderweitig tätig geworden, die Gegenstand der Beratung der Antragsgegnerin bzw. deren technischen Beratungsbüros ist. Sie befasste sich mit Beratung für das Genehmigungsverfahren einer Verbrennungsanlage in Heilbronn. Im vorliegenden Vergabeverfahren entfalten die dort relevanten Fragen ausweislich der bereits oben bei der Erörterung des § 43 a BRAO dargestellten Ausschreibungsbedingungen keine Bedeutung. Da weder die Genehmigung noch die Errichtung der Anlage in Heilbronn Bedingung des möglichen Zuschlags ist, kann die im Vorfeld der Genehmigung entwickelte Beratertätigkeit den missbilligten Tatbeständen nicht zugeordnet werden.

5.

Kommen sonach im Streitfall die strikten, nach Ansicht des OLG Brandenburg aaO nur eingeschränkt kausalitätsabhängigen Neutralitätsvorschriften des VwVfG und auch der LKrO nicht zur Anwendung mit der Folge, dass hier nicht allein schon ein "böser Anschein" einen Gleichbehandlungsverstoß begründen kann, so gelangt der Senat darüberhinaus zur Feststellung, dass die Tätigkeit der Anwaltskanzlei Prof. D und Partner auch tatsächlich für eine Ungleichbehandlung der Antragstellerin nicht ursächlich geworden ist.

Der Senat ist mit dem BayObLG (NVwZ 1999, 1138; s. insoweit auch OLG Brandenburg NVwZ 1999, 1142) der Ansicht, dass die Nachprüfung auf solche Vergabeverstöße beschränkt ist, bei denen die konkrete Möglichkeit besteht, dass sie für die Bewertung eines Angebotes bzw. für die konkrete Vergabeentscheidung ursächlich geworden sind. Der von § 97 VII GWB eingeräumte Rechtsanspruch auf Einhaltung der Vergabevorschriften kann nicht abstrakt und isoliert gesehen werden, sondern muss in eine Gesamtschau mit der Antragsbefugnis gem. § 107 11 Satz 1 und 2 GWB und dem Schadensersatzanspruch nach § 126 GWB eingeordnet werden (BayObLG aaO, 1141). Dies aber führt dazu, dass nur solche Vergabeverstöße sanktioniert werden können, die für die Angebotsbewertung oder die Vergabeentscheidung von Bedeutung sein können.

An dieser Voraussetzung konkret möglicher Kausalität fehlt es hier: Eine hypothetische Betrachtung, bei der das Mandat der Anwaltskanzlei hinweggedacht wird, ergibt, dass die Bewertung des Angebotes der Antragstellerin nicht anders hätte ausfallen können, als sie unter Mitwirkung der Rechtsanwältin Dr. V tatsächlich ausgefallen ist.

Hierfür ist zum einen darauf zu verweisen, dass aus dem auflagengemäß vorgelegten Schriftverkehr der Rechtsanwältin mit der Vergabestelle bzw. deren Beratungsbüro nichts dafür hervorgeht, dass in die Beratung über die Ausschreibungsbedingungen und die Vertragsentwürfe Ratschläge eingeflossen wären, die der Beigeladenen Ziff. 1 bzw. der Fa. E im Hinblick auf die Neuerrichtung einer Anlage einen Vorteil gegenüber anderen Bietern verschafft hätten. Zu Recht verweist die Antragsgegnerin darauf, daß der im Genehmigungsverfahren befindliche Standort Heilbronn der Fa. E nicht Bestandteil von deren Angebot ist, und der Standort Heilbronn auch kein Vergabekriterium ist. Weiter verweist die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerde (Bl. 38 ff) zu Recht darauf, dass die Zulassung von Anlagen-Errichtern als Bieter unter dem Aspekt der Entsorgungssicherheit sachgerecht ist und auch die Antragstellerin eine Errichterin ist bzw. sie sich Errichtern bedienen will. Zu folgen ist der Antragsgegnerin auch darin, dass die im Hinblick auf vorzulegende Abnahmeverträge unterschiedlichen Behandlungen zwischen Errichtern und (zur Vorlage von Verträgen verpflichteten) anderen Bietern ebenfalls unter dem Aspekt der Entsorgungssicherheit, für die nach den Abfallgesetzen die Antragsgegnerin verantwortlich bleibt, sachlich gerechtfertigt ist. Eine Bevorzugung der Errichter liegt darin nicht, denn sie werden im Ausgleich zur Vorlagepflicht der anderen Bieter ihrerseits dadurch belastet, daß sie einen Genehmigungsantrag bis Ende 2000 nachweisen müssen, andernfalls ein Rücktrittsrecht des Auftraggebers und eine Schadensersatzverpflichtung entstehen, und zudem eine Sicherungsbürgschaft vorgelegt werden muß. Das belegt, dass die bloße Bereitschaft zur Anlagenerrichtung gerade nicht ausreicht. Die unterschiedlichen Anforderungen an Bieter, die eine thermische Restbehandlung in existierenden fremden Anlagen vorsehen, und Bietern, die diese Behandlung in einer künftig zu errichtenden Eigenanlage anbieten, sind sachlich gerechtfertigt. Die unterschiedlichen Anforderungen sind aufgrund der unterschiedlichen Risiken erforderlich.

Zum andern fehlt es an einer tatsächlichen, auf Mitwirkung der Rechtsanwältin Dr. V rückführbaren Ungleichbehandlung der Antragstellerin auch deshalb, weil ihr Angebot zu Recht als nicht vergleichbares Nebenangebot eingestuft worden ist. Zwar hat die Rechtsanwältin durch ihre Äußerungen in den Aufsichtsratssitzungen vom 19.02. und 17.03.1999 zu dieser Bewertung beigetragen. Diese Bewertung konnte aber aus Rechtsgründen nicht anders ausfallen. Eine irgendwie geartete Einflussnahme durch zielgerichtete Beratung hat keine Rolle gespielt. Die Bewertung hätte ohne Mitwirkung der Rechtsanwältin oder bei Mitwirkung eines anderen Rechtsberaters nicht anders ausfallen können. Maßgeblich für die Beurteilung als nicht vergleichbares Nebenangebot waren zu Recht folgende Umstände:

Das auf dem sog. Verbundkonzept beruhende Angebot der Antragstellerin deckt nur einen Teil der geforderten Abfallbehandlung ab. Verwertung und Beseitigung der nach der Sortierung entstehenden Fraktionen sind nicht im geforderten, von der Letztverantwortlichkeit der Antragsgegnerin nach §§ 15, 16 KrWAbfG vorgegebenen Umfang gesichert. Für die heizwertreiche Fraktion hat die Antragstellerin mit ihrem Angebot das Schreiben eines Schwesterunternehmens vorgelegt, das keine hinreichende Verbindlichkeit gewährleistet (s. Anl. 3 Bl. 129). Der sodann vorgelegte Vertrag mit Fa. R (Anl. 4 Bl. 131 ff) kann Verwertungssicherheit ebenfalls nicht bieten. Der sicheren Verwertung der heizwertarmen Fraktion durch die KVA Thu steht entgegen, dass diese die Übernahme nur unter Vorbehalt erklärt hatte (s. Schreiben KVA Bl. 659 Ziff. 5), sie inzwischen aber den Weg eines Direktvertrages mit der Antragsgegnerin beschritten hat (s. Verbandsprotokoll Anl. B 3 Bl. 661 Ziff. 7). Die Verwertung der Inertfraktion ist durch die bloß allgemeine Verpflichtung eines weiteren Subunternehmens vom 11.12.1998 ebenfalls nicht ausreichend gesichert.

Insgesamt ergibt sich daher, dass das Nebenangebot der Antragstellerin den Anforderungen der Ausschreibung nicht Stand hält und deshalb zu Recht als nicht vergleichbar eingestuft worden ist. Dieses Ergebnis ist zwingend und steht daher in keinerlei ursächlichem Zusammenhang mit Äußerungen, die die Rechtsanwältin Dr. V in den Aufsichtsratssitzungen der Antragsgegnerin abgegeben haben mag. Auf die Diskussion der Beteiligten darüber, ob die Antragstellerin auch nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat, kommt es daneben nicht weiter an.

6.

Insgesamt kommt der Senat danach zum Ergebnis, daß das Doppelmandat in keiner Weise zu dem behaupteten Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot beigetragen hat. Angesichts dieses Ergebnisses braucht der Senat nicht Stellung zu nehmen zur Ansicht der Beigeladenen Ziff. 2, dass die Rüge des Doppelmandates bereits unzulässig sei, weil sie auf einem "Zufallsfund" (so Bl. 650) beruhe, der der Antragstellerin nur durch eine Akteneinsicht ermöglicht worden sei, die sie aufgrund der unzulässigen Rüge vom 12.04.1999 erhalten habe.

7.

Aus diesen Gründen muß auf die Beschwerde der Vergabestelle/Antragsgegnerin die Entscheidung des VÜA insgesamt aufgehoben werden (§ 123 Satz 1 GWB). Darüberhinaus sind die Nachprüfungsanträge der Antragstellerin zurückzuweisen (§ 123 Satz 2 GWB). Die Feststellung der Kostentragungspflicht der Antragstellerin folgt aus § 128 III Satz 1 GWB (so auch OLG Düsseldorf BauR 1999, 751, 759; zu den maßgeblichen Kostenvorschriften s. auch OLG Celle Beschluß v. 20.10.1999 - 13 Verg 3 und 4/99). Die Verpflichtung der Antragstellerin, die notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin und der beiden Beigeladenen zu tragen, ergibt sich aus § 128 IV Satz 2 GWB. Die Festsetzung des Gegenstandswertes der Beschwerde bemißt sich mit 1120 des 80 Mio. DM betragenden 4-jährigen Auftragswertes der Ausschreibung (s. dazu OLG Celle, Beschluß v. 25.10.1999 - 13 Verg 1/99, wonach die Berechnung entspr. § 1 a Nr. 4 11 VOL/A zu erfolgen hat), mithin 4 Mio. DM.

Ende der Entscheidung

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