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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 31.01.2002
Aktenzeichen: 2 W 3/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 6
Der Streitwert einer Auflassungsklage richtet sich grundsätzlich nach dem Verkehrswert des Grundstücks, auch wenn der Wert der eingewandten Gegenrechte erheblich geringer ist.
Oberlandesgericht Stuttgart - 2. Zivilsenat - Beschluss

Geschäftsnummer: 2 W 3/02

vom 31.1.2002

In Sachen

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung

des Vors. Richters am Oberlandesgericht Dr. Lütje, des Richters am Oberlandesgericht Holzer, des Richters am Oberlandesgericht Oechsner

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beklagten gegen den Abhilfebeschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 20.11.2001 wird zurückgewiesen.

Beschwerdewert: bis 7.000,00 €

Gründe:

I.

Die Beschwerde ist zulässig, der Sache nach ohne Erfolg.

1.

a) Bei der auf Auflassung gerichteten Klage gilt grundsätzlich gemäß § 6 ZPO als Gegenstandswert der Verkehrswert des Grundstücks (BGH NJW-RR 01, 518; Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 3, 16 "Auflassung"; Musielak/Smid, ZPO, 2. Aufl. [2000], § 3, 22 "Auflassung"; Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., § 3, 18). Dies gilt auch bei einer Leistungsverweigerung. Auch insoweit ist nicht der Wert der Einwendung oder geringeren Gegenforderung maßgebend (OLG München NJW-RR 98, 142, 143; Celle OLG-Report 99, 200 = KostRspr § 6 ZPO Nr. 161; Jena OLG-Report 98, 350, 351; OLG Stuttgart AnwBl 82, 528, 529; Thomas/Putzo a.a.O. § 6, 2; MK/Schwerdtfeger, ZPO, 2. Aufl. [2000], § 3, 35 und § 6, 13; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl. [2002], § 6, 2 "Auflassung" und 6; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21. Aufl., § 6, 15; OLG Karlsruhe JurBüro 88, 1551, 1552 [aber nur, wenn Gegenforderung mindestens 1/4 des Verkehrswertes des Grundstücks erreicht]; a.A., nämlich ausschlaggebend nur die Bemessung der Gegenforderung, wenn deren wirtschaftlicher Wert geringer ist: Schleswig OLG-Report 98, 156; OLG Frankfurt NJW-RR 96, 636; OLG Braunschweig NJW 73, 1982, 1983; Zöller/Herget a.a.O. § 3, 16 "Auflassung"; Musielak/Smid a.a.O. 22 "Auflassung"; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rdn. 342 und 351 [Ausnahme, wenn nur minimale Gegenforderung]).

b) Nur dies gewährleistet die mit § 6 ZPO bezweckte berechenbare und einheitliche Bewertungspraxis (MK/Schwerdtfeger a.a.O. § 3, 35) und trägt dem Grundsatz Rechnung, dass es bei einer auf Auflassung gerichteten Klage gemäß § 6 ZPO auf den Verkehrswert des Grundstücks ankommt (BGH NJW-RR 01, 518) und dass im Streitwertrecht Einwendungen und Gegenrechte unberücksichtigt zu bleiben haben (MK/Schwerdtfeger a.a.O. 35; Stein/Jonas/Roth a.a.O. § 6, 15; vgl. auch BGH JZ 96, 636).

2.

a) Eine Korrektur dieser Wertung erfordert auch nicht die Entscheidung BVerfG NJW-RR 00, 946 (ihm für alle vergleichbaren Fallkonstellationen folgend OLG Celle NJW-RR 01, 712). Das BVerfG hat darin aber ausdrücklich offen gelassen, ob die Streitwertfestsetzung bei der - dort - Klage auf Erteilung einer Löschungsbewilligung für Sicherungshypotheken stets unzulässig sei, welche nach § 6 S. 1 ZPO nur auf den Nennwert der zu Grunde liegenden Forderung abstelle, auch wenn diese Forderung nicht mehr (voll) valutiert sei. Es hat (nur) den Grundsatz aufgestellt, dass der Justizgewährungsanspruch der kostenbelasteten beklagten Partei im Zivilprozess verletzt sei, wenn durch Festsetzung des Streitwertes weit über dem wirtschaftlichen Wert des Verfahrens bereits die Kosten einer Gerichtsinstanz ihr wirtschaftliches Interesse an einer Rechtsverteidigung übersteigen (ebenso OLG Celle a.a.O. 712).

b) Diese Fallgestaltung liegt hier nicht vor. Der Beklagte berühmte sich nach und nach unterschiedlicher Gegenrechte, welche die Parteien und das Landgericht im ersten Streitwertbeschluss übereinstimmend mit 40.000,00 DM bewertet haben. Bei einem vor Festlegung der Verteidigungsposition vom Beklagten ebenfalls in Betracht zu ziehenden Verlust des Rechtsstreits hatte er Kosten und Gebühren in Höhe von ca. 29.000,00 DM bei einem ausschließlich am Grundstückswert ausgerichteten Streitwert ins Kalkül zu ziehen. Schon darin scheint auf, dass eine Verletzung des vom BVerfG aufgestellten Grundsatzes nicht vorliegt. Zudem ist bei der vorliegenden Konstellation nicht zu verkennen, dass es anders als bei der Löschung von Grundpfandrechten nicht um die Beseitigung von die wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks hindernden Belastungen geht, sondern darum, durch Auflassung überhaupt erst in die Eigentümerstellung zu rücken und damit ein vielfach rechtlich gesichertes absolutes Recht zu erlangen. Im Übrigen erscheint auch der Beklagte jedenfalls bei der hier vorliegenden Fallkonstellation nicht in so hohem Maße durch Eingriff in Streitwertregeln schutzwürdig, da er das Kostenrisiko ungeachtet des Streitwertes von vornherein abfangen kann, indem er den uneingeschränkt geltend gemachten Auflassungsanspruch gemäß § 93 ZPO sofort anerkennt in Gestalt einer Zug-um-Zug-Fassung, welche seine beanspruchten Gegenrechte aufnimmt und genau bezeichnet. Sind seine Einwendungen im Ergebnis unberechtigt, so hat er das volle Kostenrisiko nicht gescheut, sind diese berechtigt, so hat er das Kostenrisiko und sein wirtschaftliches Anliegen in Übereinstimmung gebracht.

II.

Eine Kostenentscheidung ist nicht gefordert, da im Streitwertbeschwerdeverfahren eine Kostenerstattung nicht stattfindet.

Der Beschwerdewert hat den Unterschied in der Kostenbelastung nach einerseits festgelegtem und andererseits vom Beklagten erstrebten Gegenstandswert aufzunehmen.

Ende der Entscheidung

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