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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 26.10.2006
Aktenzeichen: 20 W 14/05
Rechtsgebiete: AktG


Vorschriften:

AktG § 327 a Abs. 1
AktG § 327 b Abs. 1
AktG § 327 f
1. Bei der Bestimmung einer angemessenen Barabfindung für nach §§ 327 a ff. AktG ausgeschlossenen Aktionären sind die Gerichte weder gehalten noch daran gehindert, im Laufe eines Spruchverfahrens geänderte Bewertungsgrundsätze des Instituts der Wirtschaftsprüfer zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S 1) als neuere Erkenntnisquellen für künftige Entwicklungen aus der Sicht des Bewertungsstichtags ergänzend heranzuziehen.

2. Bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes, mit dem im Rahmen der Ertragswertmethode zukünftige Erträge diskontiert werden, geht der Senat aufgrund richterlicher Schätzung nach § 287 ZPO nach derzeitigem Erkenntnisstand von einer Marktrisikoprämie von 4,5% aus. Angesichts zahlreicher allgemein zugänglicher rechts- und wirtschaftswissenschaftlicher Veröffentlichungen ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den in den Kapitalisierungszinssatz einfließenden Parametern Basiszinssatz und Marktrisikoprämie nicht zwingend geboten.


Oberlandesgericht Stuttgart 20. Zivilsenat Beschluss

Geschäftsnummer: 20 W 14/05

26. Oktober 2006

In Sachen

wegen Barabfindung gem. § 327 f Abs. 1 Satz 2 AktG

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung von

Präsident des Oberlandesgerichts Stilz Richter am Oberlandesgericht Dr. Reder Richter am Oberlandesgericht Vatter

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortigen Beschwerden der Antragsteller Ziffer 1, Ziffer 2, Ziffer 6, Ziffer 7, Ziffer 8 und Ziffer 9 wird der Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 23.06.2005 (34 AktE 19/02 KfH) abgeändert.

Die den aufgrund des Übertragungsbeschlusses in der ordentlichen Hauptversammlung der X. AG, F. vom 15.08.2002 ausgeschiedenen Aktionären der X. AG zu gewährende angemessene Barabfindung wird festgesetzt auf insgesamt 5,38 € (5,29 € nach dem Beschluss vom 15.08.2002 sowie weitere 0,09 €) für jede Aktie zuzüglich Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 02.10.2002.

2. Die Antragsgegnerin trägt die in beiden Instanzen entstandenen Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller in erster Instanz. Außergerichtliche Kosten der Beschwerdeführer in zweiter Instanz hat die Antragsgegnerin zur Hälfte zu erstatten.

3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 200.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Spruchverfahren um die Angemessenheit der Barabfindung der gemäß §§ 327 a ff. AktG durch Hauptversammlungsbeschluss vom 15.08.2002 aus der X. AG ausgeschlossenen und mit einem Betrag von 5,29 € je Stückaktie abgefundenen Minderheitsaktionäre.

1.

Die X. AG befasst sich mit der Entwicklung, der Realisierung und dem Vertrieb von Bedienkonzepten, grafischen Benutzeroberflächen und Software für Car-PC-Systeme für Kunden aus der Automobilindustrie. Die 1990 als GmbH gegründete Gesellschaft wurde im Jahr 2000 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt (Eintragung im Handelsregister 25.05.2000), die Aktien waren seit 21.07.2000 am Neuen Markt und ab 01.07.2002 am Geregelten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse notiert. Das Grundkapital zum 15.08.2002 betrug 9.170.000,00 €, von 9.170.000 Stückaktien hielten Minderheitsaktionäre 401.484 Aktien, die übrigen 8.768.516 Aktien (= 95,62%) hielt die Antragsgegnerin als Mehrheitsaktionärin (teilweise direkt, teilweise mittelbar über die A. & B. Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH).

Zwei in der zweiten Hälfte des Jahres 2000 gegründete Tochtergesellschaften, die X.Inc. D., M. und die X. K.K., T., hatten zum Ende des Geschäftsjahres 2001 ihre operative Tätigkeit eingestellt und bestehen nur als Mantelgesellschaften ohne Mitarbeiter fort. Die I. AG, eine weitere 100%ige Tochtergesellschaft, wurde im Juni 2002 auf die X. AG verschmolzen. Am 06.11.2001 schloss die Antragsgegnerin mit der X. AG und deren Tochtergesellschaft I. AG einen Kooperationsvertrag; hierdurch wurden die Personalkapazitäten für Eigenentwicklungs- und Vertriebstätigkeiten nicht mehr selbst genutzt, sondern Dritten, im Wesentlichen der Antragsgegnerin, gegen Entgelt zur Verfügung gestellt.

Nachdem die Antragsgegnerin im Januar 2002 ihre Beteiligung an der X. AG auf 77,46% erhöht hatte, unterbreitete sie am 01.03.2002 den übrigen Aktionären ein Pflichtangebot mit einem Übernahmepreis von 5,29 € je Stückaktie. Nach Ablauf der Annahmefrist hatte sich die Beteiligung der Antragsgegnerin auf insgesamt 95,09% und danach auf 95,62% erhöht. In ihrem Bericht vom 02.07.2002 hat die Antragsgegnerin auf der der Grundlage einer von der Wirtschaftsprüfergesellschaft Dr. E., Dr. S. & Partner vorgenommenen Unternehmensbewertung eine Abfindung von 5,29 € je Stückaktie festgelegt. Mit Prüfbericht vom 02.07.2002 hat die gerichtliche bestellte Prüferin B. Aktiengesellschaft den Abfindungsbetrag als angemessen bestätigt. Der auf der Hauptversammlung vom 15.08.2002 gefasste Beschluss zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre gegen Zahlung einer Abfindung von 5,29 € wurde am 01.10.2002 im Handelsregister eingetragen und am 11.10.2002 im Bundesanzeiger veröffentlicht (Bl. 5).

Im Rahmen des beabsichtigten Ausschlusses der Minderheitsaktionäre wurden die aufgrund eines im Juli 2000 beschlossenen Aktienoptionsplanes und frühestens zum 28.08.2003 ausübbaren Bezugsrechte von Arbeitnehmern und Mitgliedern der Geschäftsführung mit einem Betrag von 2,17 € je Aktie abgefunden.

Der Börsenkurs für Aktien der X. AG bewegte sich im Zeitraum zwischen 02.04.2002 und 01.07.2002 zwischen 4,19 € und 5,30 €, der umsatzgewichtete Durchschnittskurs lag bei 5,00 €.

Ergänzend wird wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten in erster Instanz auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

2.

Das Landgericht hat den bei der B. Aktiengesellschaft tätigen Wirtschaftsprüfer H. als sachverständigen Zeugen in der mündlichen Verhandlung vom 16.02.2004 angehört und eine ergänzende schriftliche Stellungnahme vom 01.04.2004 (Bl. 165 ff.) veranlasst. Durch Beschluss vom 23.06.2005 hat das Landgericht die Anträge auf gerichtliche Festsetzung einer höheren Abfindung als 5,29 € je Stückaktie zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Abfindungsbetrag auf der Basis der Ertragswertmethode zutreffend ermittelt worden sei. Auf den Börsenwert, durch den eine Untergrenze für die Abfindung festgelegt werde, sei nicht zurückzugreifen, weil der Börsenwert im gewichteten Mittel ohnehin unter dem Ertragswert liege.

Bei der Ertragslage der Gesellschaft seien die negativen Ergebnisse für die Jahre 1999, 2000 und 2001 zu berücksichtigen, der Kooperationsvertrag mit der Antragsgegnerin vom November 2001 könne nicht günstiger bewertet werden; es sei den nachvollziehbaren Ausführungen des sachverständigen Zeugen H. zu den künftigen Ertragsprognosen zu folgen, weil dieser Kooperationsvertrag mit einer Frist von sechs Monaten kündbar gewesen sei und deshalb die X. AG auch bei günstiger Marktentwicklung keine höheren Tagessätze für die Überlassung ihrer Softwareingenieure habe durchsetzen können. Aus dem Kooperationsvertrag ergeben sich keine weiteren Synergieeffekte, die über die in die Planung eingeflossenen Synergieeffekte hinausgingen. Eventuelle der Antragsgegnerin als Alleineigentümerin zugute kommende Synergieeffekte nach dem Ausschluss der Minderheitsaktionäre könnten nach dem stand-alone-Prinzip bei der Bemessung der Entschädigung nicht zu Gunsten der Antragsteller berücksichtigt werden. Die Aufwendungen für die künftig geplanten Umsatzsteigerungen seien trotz schwieriger Marktlage ohnehin nicht in gleichem Maße ansteigend in die Planung eingeflossen.

Bei der Abzinsung der zu erwartenden Überschüsse mit Kapitalisierungszinssätzen von 7,80% bzw. 6,80% sei von einem Basiszinssatz von 6% auszugehen, der sich nach der 2-Phasen-Methode aus aktuellen Zinskonditionen öffentlicher Anleihen mit einer Restlaufzeit von bis zu 10 Jahren und für eine zweite Periode aus einem vollständigen Zinszyklus ableite. Eine stichtagsbezogen Rendite sei demgegenüber kurzfristigen Einflüssen und Zufälligkeiten ausgesetzt und deshalb nicht geeignet. Die Marktrisikoprämie sei mit 5% anzusetzen, woraus sich bei einem Beta-Faktor von 1,2 ein Risikozuschlag von 6% ergebe. Der für einen Abschlag bei der Einkommensteuer heranzuziehende Steuersatz sei mit einem Durchschnittssatz von 35% zu pauschalieren. Ab 2005 sei ein Wachstumsabschlag von 1% zugrunde zu legen.

Hieraus ergebe sich ein Ertragswert der Gesellschaft von 13.911.000 € (Anlage 6 des Berichts der Antragsgegnerin). Als Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens sei ein Betrag von 28.853.000 € anzusetzen, hinzu kämen Steuervorteile aus Verlustvorträgen in Höhe von 5.876.000 €, woraus sich entsprechend dem Bericht der Antragsgegnerin ein Unternehmenswert von 48.020.000 € und bei 9.170.000 Aktien ein Betrag von 5,24 € je Aktie ergebe. Die im Hinblick auf die Gleichbehandlung mit Aktionären, die das Pflichtangebot angenommen hatten, gewährte Barabfindung von 5,29 € sei deshalb angemessen.

3.

Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller Ziffer 1, 2, 6, 7, 8 und 9 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie machen hierzu im Wesentlichen folgende Einwendungen gegen den Beschluss des Landgerichts geltend:

a) Die Antragstellerin Ziffer 2 und der Antragsteller Ziffer 7 (Schriftsätze vom 10.10.2005, Bl. 265 ff., vom 21.11.2005, Bl. 317 ff. und vom 22.08.2006, Bl. 400 ff.) sind der Auffassung, dass das Landgericht ohne eigene Überprüfung weitgehend den Feststellungen des Wirtschaftsprüfers H. gefolgt sei, der den Prüfbericht selbst mitverfasst und unterzeichnet habe und deshalb befangen sei. Im Interesse einer neutralen Sachaufklärung sei aber die Beauftragung eines unabhängigen Sachverständigen geboten gewesen. Die Ausführungen des Zeugen H. seien außerdem durch fachliche Defizite geprägt. Bei der Überprüfung der Ertragswerte habe das Landgericht die Verluste in der Vergangenheit zu stark in den Vordergrund gerückt und die Vorteile aus dem Kooperationsvertrag nicht hinreichend berücksichtigt. Synergieeffekte durch den Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären seien zu berücksichtigen, weil das stand-alone-Prinzip betriebswirtschaftlich überholt sei und nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspreche. Die Ausführungen des Landgerichts zum Kapitalisierungszinssatz seien nach dem aktuellen Stand der Kapitalmarktforschung und Unternehmensbewertung nicht haltbar. Dies gelte insbesondere für die Annahme der Wahrscheinlichkeit, dass das Zinsniveau wieder auf die früheren höheren Vergangenheitswerte ansteigen werde. Der Risikozuschlag sei nicht mit dem Argument zu rechtfertigen, dass für den Wertzuwachs der Aktien zusätzlich zur DAX-Entwicklung auch noch Dividenden zu berücksichtigen seien. Seit 1960 habe sich für einen hinreichend langen, mindestens 20 Jahre umfassenden Anlagezeitraum für deutsche Aktien keine Risikoprämie von mehr als 2,9% ergeben, im Durchschnitt habe sie nicht einmal 1,5% betragen. Nach neuesten Untersuchungen sei eine über 2 % hinausgehende Marktrisikoprämie nicht zu rechtfertigen. Der Wachstumsabschlag sei nicht korrekt, weil der sachverständige Zeuge gar nicht bemerkt habe, dass ein Widerspruch zwischen seiner Rechnung und dem verbalen Inhalt seines Berichts bestanden habe; letzterer sei angesichts des zu erwartenden starken Wachstums im Markt für Navigationssysteme richtig, während die Rechnung zu Lasten der Minderheitsaktionäre falsch sei. Die Ausführungen des Landgerichts im Zusammenhang mit dem nicht betriebsnotwendigen Vermögen (Wertpapiere mit einem Wert von 28.853.000 €), dass die Kapitalkosten des Unternehmens höher seien als die Rendite aus den Wertpapieren, belege, dass der Gutachter zu hohe Kapitalkosten angesetzt habe und außerdem nicht berücksichtigt habe, dass die Anreicherung des betriebsnotwendigen Vermögens um risikoärmere Wertpapiere den Beta-Faktor und damit die Kapitalkosten senke. Die Vorteile des Verlustvortrags seien bei zeitlich gestaffelter Inanspruchnahme zu diskontieren; eine Thesaurierung führe zu einer Erhöhung des Unternehmenswerts, weil die Vorteile aus der Nutzung des Verlustvortrages über einen geringeren Zeitraum ausgeschöpft werden könnten. Deshalb sei eine vollständige Neubewertung des Unternehmens erforderlich. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin zur Ablösung der Mitarbeiter-Optionen einen Betrag von 2,17 € bezahlt habe, führe dazu, dass bei einem Basispreis der Optionen von 4,88 € der Gesamtbetrag von 7,05 € als Untergrenze für ein angemessenes Abfindungsangebot anzusehen sei.

In der betriebswirtschaftlichen Diskussion habe sich zwischenzeitlich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die bisherige Haltung des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer zur Berechnung des Basiszinses unzutreffend sei. Es sei nunmehr akzeptiert worden, dass der Basiszins auf der Grundlage der jeweils aktuellen Zinsstrukturkurve zu ermitteln sei; die Zinsstrukturkurve dürfe aber nicht durch das "Svensson-Verfahren" über den Zeithorizont der längstlaufenden Anleihe hinaus extrapoliert werden, weil dadurch überhöhte Basiszinsen erzielt würden. Für den Basiszins sei ein Zinssatz von 5% anzusetzen, der sich aus der Rendite für 30-jährige und 10-jährige Bundesanleihen ableite.

b) Die Antragstellerin Ziffer 1 schließt sich den Ausführungen der Antragsteller Ziffer 2 und Ziffer 7 an (Schriftsatz vom 10.10.2005, Bl. 281).

c) Die Antragstellerin Ziffer 6 (Schriftsätze vom 10.10.2005, Bl. 271 ff., und vom 28.07.2006, Bl. 390 ff.) rügt den vom Landgericht angenommenen Basiszinssatz von 6% und den weiteren Risikozuschlag von 6% (auf der Grundlage einer Marktrisikoprämie von 5%) als überhöht, jährliche Aktienrenditen von 12% seien völlig unrealistisch. Für den Basiszinssatz sei ein Zinsniveau von 5,1% zugrunde zu legen, die Marktrisikoprämie betrage allenfalls zwischen 0% bis maximal 3%. Gegenteilige Annahmen seien nicht auf empirische Grundlagen gestützt, sondern beruhten auf Gefälligkeitsgutachten. Der DAX sei als Grundlage für die Ermittlung der Rendite von Aktien ungeeignet, weil sich die Zusammensetzungskriterien mehrfach geändert hätten, und führe im Vergleich zum Rentenindex zu überhöhten Renditewerten. Statt eines Wachstumsabschlags von lediglich 1% hätte das Landgericht 1,5-2% abziehen müssen. Hinsichtlich des Börsenkurses als Untergrenze der Barabfindung sei kein gewichteter Wert, sondern der ungewichtete Börsenkurs zugrunde zu legen. Der Bestand von Wertpapieren, der als nicht betriebsnotwendiges Vermögen ganz wesentlich in den Unternehmenswert einfließe, sei nicht zutreffend bewertet, die Planungsrechnung sei nicht nachvollziehbar, die behaupteten Steuervorteile würden bestritten.

d) Die Antragstellerin Ziffer 8 und der Antragsteller Ziffer 9 (Schriftsatz vom 15.07.2005, Bl. 209 ff.) halten die Heranziehung des sachverständigen Zeugen H. ebenfalls für verfahrensfehlerhaft. Der Basiszinssatz sei nicht mit 6%, sondern mit 5% bis maximal 5,35% anzusetzen. Die Marktrisikoprämie von 5% und der Risikozuschlag von 6% unter Berücksichtigung eines nicht näher begründeten Beta-Faktors von 1,2 seien ebenfalls überhöht, da die absolute Renditeerwartung von Aktien insgesamt lediglich zwischen 4% und 6% betrage. Der Wachstumsabschlag sei hingegen mit 1% viel zu gering, er müsse mindestens 2,5% betragen.

4.

Die Antragsgegnerin hält den Beschluss des Landgerichts für zutreffend und beantragt, die sofortigen Beschwerden zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin führt hierzu aus (Schriftsätze vom 10.11.2005, Bl. 291 ff., vom 04.08.2006, Bl. 394 ff., und vom 11.09.2006, Bl. 406 ff.), dass der Kapitalisierungszins insgesamt sowie die hierfür maßgeblichen einzelnen Komponenten richtig ermittelt worden seien. Der Basiszinssatz sei nach dem IDW Standard S 1 a.F. zutreffend mit 6% angesetzt worden, selbst nach dem IDW Standard S 1 n.F. ergebe sich unter Berücksichtigung der nach der Svensson-Methode ermittelten durchschnittlichen Zinsstrukturkurve ein Basiszinssatz von ca. 5,75% und nicht wie von den Antragstellern behauptet von 5,1% bis 5,2%. Die Marktrisikoprämie betrage nach dem Prüfungsbericht 5,0%, die Neufassung des IDW Standards habe hieran nichts geändert. Bei dem angemessenen Beta-Faktor von 1,2 ergebe sich mithin ein Risikozuschlag von 6,0%. Der Wachstumsabschlag von 1,0% sei ebenfalls angemessen, eine Begründung für einen höheren Wachstumsabschlag von 1,5% bis 2,0% hätten die Antragsteller nicht angeführt. Das Landgericht habe zu Recht den gewichteten durchschnittlichen Börsenkurs als Untergrenze herangezogen, die hier aber nicht unterschritten sei, weil der gewichtete Börsenkurs nach dem Prüfungsbericht lediglich bei 5,00 € gelegen habe, nach dem ungewichteten Durchschnittskurs sogar lediglich bei 4,95 €. Die Überlegungen der Antragsteller Ziffer 2 und Ziffer 7 zur Thesaurierung seien unzutreffend, da der IDW Standard a.F. von der Vollausschüttungshypothese ausgehe; selbst wenn man den IDW Standard n.F. anwende, ergebe sich kein höherer Unternehmenswert. Gleiches gelte für die Ausführungen der Antragsteller Ziffer 2 und Ziffer 7 zur Ablösung der Mitarbeiter-Optionen; Synergieeffekte seien nicht in weitergehendem Umfang zu berücksichtigen. Die zeitliche Parallelität der Erstellung des Prüfungsberichts mit den Arbeiten zur Erstellung der Bericht der Hauptaktionärin sei zur Übermittlung der notwendigen Informationen sachlich geboten und führe nicht dazu, dass der gerichtlich bestellte Prüfer befangen sei und seine Ausführungen sachlich unbrauchbar seien.

5.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Beschwerdeverfahren wird auf die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin Ziffer 1 vom 10.10.2005 (Bl. 281), der Antragstellerin Ziffer 2/des Antragstellers Ziffer 7 vom 10.10.2005 (Bl. 265 ff.), vom 21.11.2005 (Bl. 317 ff.) und vom 22.08.2006 (Bl. 400 ff.), der Antragstellerin Ziffer 6 vom 10.10.2005 (Bl. 271 ff.) und vom 28.07.2006 (Bl. 390 ff.), der Antragstellerin Ziffer 8/des Antragstellers Ziffer 9 vom 15.07.2005 (Bl. 209 ff.) sowie der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 10.11.2005 (Bl. 291 ff.), vom 04.08.2006 (Bl. 394 ff.) und vom 11.09.2006 (Bl. 406 ff.) verwiesen.

II.

Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller Ziffer 1, Ziffer 2, Ziffer 6, Ziffer 7, Ziffer 8 und Ziffer 9 sind zulässig (§§ 12 Abs. 1, 17 Abs. 2 Satz 2 SpruchG), aber nur in geringem Umfang begründet.

Die ausgeschlossenen Minderheitsaktionäre haben einen Anspruch auf eine angemessene Barabfindung (§§ 327 a Abs. 1 Satz 1, 327 b Abs. 1 Satz 1 AktG), die dem ausscheidenden Aktionär eine volle Entschädigung für seine Beteiligung an dem arbeitenden Unternehmen verschafft; die Entschädigung muss deshalb dem vollen Wert seiner Beteiligung entsprechen (BVerfGE 14, 263, 284 = NJW 1962, 1667; BVerfG NJW 1999, 3769, 3770 = BVerfGE 100, 289; BGH NJW 2001, 2080, 2081 = BGHZ 147, 109; BGH NJW 2003, 3272, 3273 = BGHZ 156, 57; BayObLG NJW-RR 1996, 1125, 1126; BayObLG NZG 2006, 156; Hüffer, AktG § 305 Rn. 18; Bilda in Münchener Kommentar AktG § 305 Rn. 59; Koppensteiner in Kölner Kommentar § 305 AktG Rn. 50; Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 3). Zu ermitteln ist der Grenzpreis, zu dem der außenstehende Aktionär bei einer freiwilligen Deinvestitionsentscheidung ohne Nachteil aus der Gesellschaft ausscheiden könnte (BGH NJW 1998, 1866, 1867 = BGHZ 138, 136; Emmerich in Emmerich-Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 4. Aufl. 2005, § 305 AktG Rn. 38; Hüffer, AktG § 305 Rn. 18). Nach diesem Maßstab steht den Minderheitsaktionären ein Abfindungsanspruch in Höhe von insgesamt 5,38 € je Stückaktie zu, also 0,09 € über dem von der Antragsgegnerin angebotenen Betrag von 5,29 €.

1.

Die verfahrensrechtliche Rüge der Antragsteller, dass sich das Landgericht nicht mit der Anhörung der für die sachverständige Prüferin tätigen Zeugen H. hätte begnügen dürfen, sondern für die Ermittlung einer angemessenen Barabfindung ein Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen mit einer umfassenden Neubewertung hätte einholen müssen, ist unbegründet. Die Angemessenheit der Barabfindung kann als solche nicht Gegenstand einer Beweisaufnahme durch eine sachverständige Begutachtung sein; die dafür maßgeblichen rechtlichen Faktoren hat vielmehr das Gericht zu bestimmen und hierzu auf tatsächlicher Ebene die maßgeblichen Unternehmenswerte festzustellen (Beschluss des Senats vom 08.03.2005 im Verfahren 20 W 5/05, S. 17 = AG 2006, 420, 422 = Der Konzern 2006, 447, Leitsatz veröffentlich in OLGR 2006, 476 und ZIP 2006, 764; BayObLG AG 2002, 390; Hüffer AktG, § 305 Rn. 17; Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 1). Das bedeutet weder, dass das Gericht in jedem Fall eine völlige und eigenständige Neubewertung durchführen muss, noch muss dazu zwingend ein Sachverständiger hinzugezogen werden (OLG Stuttgart AG 2006, 420, 422; BayObLG NZG 2003, 483, 484) oder eine Beweisaufnahme ohne sachlichen Grund auf sämtliche tatsächlichen Detailfragen der Unternehmensbewertung erstreckt werden (BayObLG NZG 2006, 156, 157).

a) Verfahrensrechtlich hat sich das Gericht der ihm nach der Verfahrensordnung zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten zu bedienen, soweit das nach den Umständen des zu entscheidenden Falles geboten ist. Der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 17 Abs. 1 SpruchG in Verbindung mit § 12 FGG) gilt im Spruchverfahren nur noch eingeschränkt (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4, § 8 Abs. 3, § 9, § 10 SpruchG). Im Spruchverfahren als echtem Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit musste schon vor Inkrafttreten des SpruchG Bewertungsparametern und -ergebnissen nicht nachgegangen werden, die als unstreitige Tatsachen keiner weiteren Klärung bedurften (vgl. OLG Stuttgart AG 2006, 420, 423 mit weit. Nachw.; auch in BVerfG NJW 1999, 3769, 3772 = BVerfGE 100, 289 ist die Darlegungs- und Beweislast im Spruchverfahren ausdrücklich angesprochen). In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist deshalb aufgrund rechtlich erheblicher Rügen der Antragsteller eine Beweisaufnahme nur zu streitigen Tatsachen durchzuführen, Rechtsfragen sind hingegen vom Gericht zu beantworten.

Auch nach der für das Beschwerdeverfahren maßgeblichen Neuregelung im SpruchG ist verfahrensrechtlich zunächst der Bericht des nach § 327 c Abs. 2 Satz 2 AktG zur Prüfung der Angemessenheit der Barabfindung gerichtlich bestellten Prüfers gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 SpruchG von der Antragsgegnerin vorzulegen. Eine Bestellung eines gerichtlichen Sachverständigen für das Spruchverfahren ist zwar im Rahmen einer vorgezogenen Beweisaufnahme möglich (§ 7 Abs. 6 und Abs. 7 Satz 1 SpruchG), aber nicht zwingend (vgl. Puszkajler in Kölner Kommentar § 7 SpruchG Rn. 50). Ausdrückliches gesetzgeberisches Ziel des Spruchverfahrensneuordnungsgesetzes vom 12.06.2003 war die Vermeidung von zeit- und kostenaufwändigen "flächendeckenden" Gesamtgutachten von Sachverständigen (BT-Drucks. 15/371 S. 12 und S. 14 f.). Die Prüfungsberichte und die Anhörung der gerichtlich bestellten unabhängigen Prüfer (§ 8 Abs. 2 SpruchG) sollten einen höheren Beweiswert im Spruchverfahren erhalten, so dass sich die zusätzliche Begutachtung durch einen Sachverständigen gezielt auf die Klärung verbliebener Streitpunkte beschränken kann (BT-Drucks. 15/371 S. 14; vgl. Riegger in Kölner Kommentar Einl. SpruchG Rn. 50; Puszkajler in Kölner Kommentar § 8 SpruchG Rn. 1).

b) Der Umstand, dass der Prüfungsbericht und der Bericht der Antragsgegnerin zeitlich parallel erstellt wurden, spricht nicht generell gegen eine Verwertbarkeit des Prüfungsberichts (OLG Stuttgart NZG 2004, 146, 148; OLG Köln NZG 2006, 931, 933 - bestätigt durch Urteil des BGH vom 18.09.2006, II ZR 225/04, hierzu Pressemitteilung Nr. 126/06, die Entscheidungsgründe liegen bislang noch nicht vor; OLG Düsseldorf AG 2006, 202, 204; Puszkajler in Kölner Kommentar § 8 SpruchG Rn. 20 und vor § 7 SpruchG Rn. 39) und erzwingt deshalb auch keine vollständige Neubewertung durch einen gerichtlichen Sachverständigen. Dass der gerichtlich bestellte Prüfer seine Bewertungen mit dem Hauptaktionär oder den von diesem beauftragten Wirtschaftsprüfern bei einer parallelen Prüfung bespricht, besagt nichts über die Unabhängigkeit der Prüfung. Wenn der Hauptaktionär mit der Wertermittlung für seinen Bericht eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragt hat, müssen der gerichtlich bestellte Prüfer und die vom Hauptaktionär beauftragten Wirtschaftsprüfer dieselben Informationsquellen benutzen. Entscheidend ist vielmehr, ob die Ausführungen im Prüfungsbericht zu ganz bestimmten Punkten überhaupt prozessual wirksam bestritten wurden, ob sie entscheidungserheblich sind und ob aus diesem Grund eine punktuelle Begutachtung durch eine gerichtlichen Sachverständigen im Spruchverfahren notwendig ist. Kommt danach eine Beweisaufnahme zur Feststellung von Tatsachen in Betracht, die aufgrund einer konkreten Einwendung eines Antragstellers entscheidungserheblich und streitig oder sonst klärungsbedürftig sind, und führt die Beweiswürdigung zu geänderten Bewertungsfaktoren, so kann sich daraus je nach Fallgestaltung die Notwendigkeit einer teilweisen oder völligen Neubewertung der betroffenen Unternehmen ergeben, um die Frage nach der Unangemessenheit der Barabfindung zu beantworten und ggf. eine angemessene höhere Abfindung festzusetzen (OLG Stuttgart AG 2006, 420, 423). Dies ist hier aber nicht der Fall.

2.

In diesem Zusammenhang ist der materielle Prüfungsmaßstab des Gerichts für die Kontrolle der Angemessenheit der Barabfindung von entscheidender Bedeutung. Für die Tatsachenfeststellung zur Unternehmensbewertung in Spruchverfahren ist § 287 Abs. 2 ZPO auch im Hinblick darauf anwendbar, dass jede Bewertung naturgemäß eine mit Unsicherheiten behaftete Schätzung und keine punktgenaue Messung sein kann und dass deshalb Aufwand, Kosten und Dauer des Verfahrens in einem angemessenen Verhältnis zum Erkenntnisgewinn liegen müssen (ausführlich OLG Stuttgart OLGR 2004, 6, 9 und 10 f. mit weit. Nachw.; vgl. auch BGH NJW 2001, 2080, 2082 = BGHZ 147, 108; BayObLG NZG 2006, 156, 157; Hüffer, AktG § 305 Rn. 17).

a) Das Gericht hat die maßgeblichen rechtlichen Faktoren für die Bewertung eigenständig zu bestimmen (so z.B. die generellen Fragen der anwendbaren Bewertungsmethode, einer Berücksichtigungsfähigkeit von Synergieeffekten, der Relevanz des Börsenkurses aus einfach- und verfassungsrechtlicher Sicht oder der Berücksichtigung des geltenden Steuerrechts). Richtig und nicht nur plausibel müssen auch die tatsächlichen Grundlagen der Unternehmensbewertung sein; Daten der Vergangenheit und Gegenwart wie beispielsweise Umsätze oder Jahresergebnisse, Zinssätze und -strukturen oder Börsenkurse müssen zutreffen, sie dürfen einer unternehmerischen Entscheidung nicht abweichend von den tatsächlichen Werten und Daten zugrunde gelegt werden. Während in diesem Rahmen eine umfassende gerichtliche Überprüfung stattfindet, gilt dies für die in die Zukunft gerichteten Planungen der Unternehmen und den darauf aufbauenden Prognosen über die künftige Entwicklung der Unternehmen und ihrer Erträge nur eingeschränkt (OLG Stuttgart AG 2006, 420, 425). Diese Planungen und Prognosen sind in erster Linie ein Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen. Diese Entscheidungen haben auf zutreffenden Informationen und daran orientierten, realistischen Annahmen aufzubauen; sie dürfen zudem nicht in sich widersprüchlich sein. Kann die Geschäftsführung auf dieser Grundlage vernünftigerweise annehmen, ihre Planung sei realistisch, darf diese Planung nicht durch andere - letztlich ebenfalls nur vertretbare - Annahmen des Gerichts ersetzt werden (OLG Stuttgart AG 2006, 420, 425). Entsprechend sind die Zinserwartungen für die Zukunft Prognosen, deren Treffsicherheit zudem umso geringer wird, je weiter zeitlich der Prognosezeitraum greift.

b) Angesichts der Unsicherheit der zahlreichen auf Prognosen zukünftiger Entwicklungen beruhenden Parameter des Ertragswertverfahrens (dazu nachfolgend 3.) ist bei der Ermittlung des Unternehmenswertes das Marktgeschehen verstärkt in die Betrachtung einzubeziehen. Börsenkurs und nach betriebswirtschaftlichen Methoden ermittelte Anteilswerte können zwar differieren, sich aber auch decken (BGH NJW 2001, 2080, 2082 = BGHZ 147, 108). Der Börsenkurs hat zunächst die Funktion einer Untergrenze (dazu im Einzelnen unten 6.) für die Abfindung (BVerfG NJW 1999, 3769, 3771 f. = BVerfGE 100, 289; BVerfG NZG 2000, 28, 29; BGH NJW 2001, 2080, 2081 = BGHZ 147, 108; OLG Stuttgart NZG 2000, 744, 745; OLG Stuttgart OLGR 2004, 6, 7; Emmerich-Habersack § 305 AktG Rn. 46 ff.). Der Börsenkurs bildet aber auch darüber hinaus, beruhend auf der Annahme, dass die Börse auf der Grundlage der ihr zu Verfügung gestellten Informationen und Informationsmöglichkeiten die Ertragskraft des Unternehmens zutreffend bewertet, unter der Voraussetzung eines funktionierenden Marktes einen Indikator für den Unternehmenswert (vgl. BGH NJW 2001, 2080, 2081 = BGHZ 147, 108). Hierdurch wird das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage bei der Wertbestimmung berücksichtigt und darüber hinaus auch der Verkehrsfähigkeit von börsennotierten Aktien Rechnung getragen (BVerfG NJW 1999, 3769, 3771 = BVerfGE 100, 289). Deshalb ist der Börsenkurs ein wesentliches Kriterium für eine freiwillige Deinvestitionsentscheidung des Aktionärs, denn er soll zum Schutze seiner Dispositionsfreiheit jedenfalls nicht weniger erhalten als er bei einer Veräußerung am Markt erhalten hätte (BVerfG NJW 1999, 3769, 3771 = BVerfGE 100, 289; BGH NJW 2001, 2080, 2082 = BGHZ 147, 108).

3.

Das Ertragswertverfahren ist als eine mögliche Methode für die Unternehmensbewertung anerkannt (BGH NJW 2003, 3272, 3273 = BGHZ 156, 57; OLG Stuttgart OLGR 2004, 6, 8 f.; OLG Stuttgart NZG 2000, 744, 745; BayObLGZ 2002, 400, 403 f.; BayObLG NZG 2006, 156; BayObLG NJW-RR 1996, 1125, 1126; OLG Celle NZG 1998, 987; weit. Nachw. bei Emmerich-Habersack § 305 AktG Rn. 54; Hüffer, AktG § 305 Rn. 19; Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 152), verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG NJW 1999, 3769, 3771 = BVerfGE 100, 289) und wird im vorliegenden Verfahren von den Antragstellern auch nicht als nicht sachgerecht beanstandet. Nach der Ertragswertmethode werden die zukünftigen Erträge geschätzt und auf den nach § 327 b Abs. 1 Satz 1 AktG maßgeblichen Stichtag (Beschlussfassung der Hauptversammlung) mit dem Kapitalisierungszinssatz diskontiert.

Zwischen den Beteiligten streitig sind allerdings vor allem die für die Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes maßgeblichen Faktoren, die nach dem Bericht der Antragsgegnerin und nach dem Bericht der sachverständigen Prüferin zu einem Kapitalisierungszinssatz von 7,80% für Phase I und von 6,80% für Phase II geführt haben (allgemein zur Phasenmethode BGH NJW 2003, 3272, 3273 = BGH 156, 57; BayObLG NZG 2006, 156, 158; OLG Düsseldorf AG 2006, 287, 289; Großfeld S. 93 f.; Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 25 mit Berechnungsbeispiel). Die Antragsgegnerin hat folgende Berechnungsweise zugrunde gelegt:

 Kapitalisierungszinssatz  
 Phase IPhase II
Basiszinssatz6,006,00
Risikozuschlag (Marktrisikoprämie 5,00%) x Betafaktor 1,26,006,00
Kapitalisierungszinssatz vor persönlicher Einkommensteuer12,0012,00
abzüglich typisierte persönliche Ertragsteuer 35%4,204,20
Kapitalisierungszinssatz nach persönl. Einkommensteuer7,807,80
Inflations-/Wachstumsabschlag0,001,00
Kapitalisierungszinssatz7,806,80

Die Beschwerdeführer wollen die aufgeführten Parameter zu ihren Gunsten korrigiert wissen und eine Abzinsung mit einem niedrigeren Kapitalisierungszinssatz (zu den Auswirkungen Großfeld S. 115 f.) erreichen (insbesondere durch Ansetzung eines niedrigeren Basiszinssatzes, eines niedrigeren Risikozuschlags und eines größeren Wachstumsabschlags).

Die bisher veröffentlichten gerichtlichen Entscheidungen zur Höhe des Kapitalisierungszinssatzes sind sehr heterogen, insbesondere beruhen sie teilweise auf unterschiedlichen methodischen Vorgehensweisen und beziehen sich auf unterschiedliche Stichtage (vgl. z.B. BGH NJW 2003, 3272 = BGHZ 156, 57: 9,5% für Juni 1992; OLG Stuttgart OLGR 2004, 6: 7,8% für Dezember 2000; OLG Stuttgart NZG 2000, 744: 8% für Juni 1990; BayObLG NZG 2006, 156: 7% bzw. 7,7% für März 1989; BayObLG AG 2002, 390: 7% für Mai 1989; BayObLG NJW-RR 1995, 1125: 5,5% für März 1982; BayObLG WM 1996, 526: 5,5 % für März 1982; OLC Celle NZG 1998, 987; 8,5% für März 1989; OLD Düsseldorf AG 2006, 287: 7,5% für August 2000; OLG Düsseldorf NZG 2003, 588; 9,5% für März 1992; OLG Düsseldorf NZG 2000, 1079: 8% für Mai 1995; OLG Karlsruhe AG 2005, 46: 9% für März 1990; im Ergebnis OLG München Beschluss vom 11.07.2006 im Verfahren 31 Wx 41/05, juris Rn. 12, insoweit nicht in ZIP 2006, 1722 abgedruckt: 6,5% für Juni 2002; weit. Nachw. bei Emmerich-Habersack § 305 AktG Rn. 69 und Ballwieser, Unternehmensbewertung, 2004, S. 105-107); sie können deshalb nur bedingt und allenfalls als grobe Anhaltspunkte herangezogen werden.

Der Senat schätzt im Rahmen von § 287 Abs. 2 ZPO den Kapitalisierungszinssatz für die Phase I auf 7,25% und für die Phase II auf 6,25%. Dieser Kapitalisierungszinssatz setzt sich wie folgt zusammen:

 Kapitalisierungszinssatz  
Phase IPhase II
Basiszinssatz5,755,75
Risikozuschlag (Marktrisikoprämie 4,50%) x Betafaktor 1,2 5,405,40
Kapitalisierungszinssatz vor persönlicher Einkommensteuer11,1511,15
abzüglich typisierte persönliche Ertragsteuer 35%3,903,90
Kapitalisierungszinssatz nach persönl. Einkommensteuer7,257,25
Inflations-/Wachstumsabschlag0,001,00
Kapitalisierungszinssatz7,256,25

a) Bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt im 2. Halbjahr 2002 hält es der Senat für angezeigt, den Basiszinssatz auf 5,75% herabzusetzen, während einerseits der im Bericht der Antragsgegnerin (S. 30) und im Prüfungsbericht (S. 13) zugrundegelegte Basiszinssatz von 6% zu hoch und andererseits der von einigen Antragstellern geforderte Basiszinssatz von ca. 5% zu niedrig ist.

Der Basiszinssatz wird aus dem durchschnittlichen Zinssatz für öffentliche Anleihen oder für langfristige festverzinsliche Wertpapiere als landesüblichen Zinssätzen für (quasi-)risikofreie Anlagen am Kapitalmarkt abgeleitet (BGH NJW 1982, 575, 576; OLG Stuttgart NZG 2000, 744, 747; OLG Stuttgart OLGR 2004, 6, 10; Emmerich-Habersack § 305 AktG Rn. 67; Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 19).

aa) Nach dem aus § 327 b Abs. 1 Satz 1 AktG folgenden Stichtagsprinzip ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung (15.08.2002) abzustellen (BGH NJW 2003, 3272, 3273 = BGHZ 156, 57; BGH NJW 1998, 1866, 1867 = BGHZ 138, 136; BVerfG NZG 2003, 1316; OLG Stuttgart OLGR 2004, 6, 9; BayObLG NJW-RR 1996, 1125, 1126; Emmerich-Habersack § 305 AktG Rn. 44 und 56; Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 11). Spätere Entwicklungen können nur berücksichtigt werden, wenn diese zu diesem Zeitpunkt bereits angelegt waren (so genannte Wurzeltheorie: BayObLG AG 2002, 390, 391; OLG Stuttgart OLGR 2004, 6, 8; OLG Celle NZG 1998, 987, 988; Emmerich-Habersack § 305 AktG Rn. 56 a und Rn. 57 f.; Hüffer, AktG § 305 Rn. 23; Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 11; Großfeld S. 59 f.). Hieraus folgt jedoch gerade nicht, dass es auf den zum Stichtag aktuellen Zinssatz ankommt, der mehr oder weniger zufällig ist, je nach dem, ob der Stichtag in eine Hochzinsphase oder eine Niedrigzinsphase fällt. Zu ermitteln ist vielmehr der aus der Sicht des Stichtags von kurzfristigen Einflüssen bereinigte, künftig auf Dauer zu erzielende Nominalzinssatz (Großfeld S. 119). Da die erforderliche Zukunftsprognose sich auf eine zu unterstellende unendliche Lebensdauer des zu bewertenden Unternehmens erstreckt und nach dem Grundsatz der Laufzeitäquivalenz (auf dem Markt nicht existierende) zeitlich unbegrenzte Anleihen der öffentlichen Hand heranzuziehen wären, kann der Basiszinssatz jedenfalls nicht mit dem aktuellen Zinssatz für die längstlaufenden öffentlichen Anleihen von 10 Jahren oder länger gleichgesetzt werden.

Damit die Zinsprognose allerdings nicht jeglicher Grundlage entbehrt, muss als Datenbasis für die demnach zu treffende Prognose auf die Zinsentwicklung in der Vergangenheit zurückgegriffen werden. Zwar lässt sich auch auf dieser Grundlage die künftige Zinsentwicklung umso weniger mit rationalen Erwägungen prognostizieren, je weiter der Prognosezeitraum in die Zukunft reichen muss. Indessen wirken sich aus finanzmathematischen Gründen tatsächliche Annahmen im Ergebnis umso weniger aus, je weiter diese Annahmen in die Zukunft reichen. Umgekehrt gebietet es der langfristige Charakter der Prognose, die Vergangenheitsanalyse nicht zu stark auf kurzfristige Entwicklungen zu beschränken. Auch wenn nicht prognostizierbar ist, wie sich die für die Zinsentwicklung relevanten politischen und ökonomischen Gegebenheiten verändern, kann doch angenommen werden, dass sie sich jedenfalls beständig verändern und damit unterschiedlich lange und weit greifende Zyklen auslösen werden; ein dafür anzunehmender Durchschnittszinssatz lässt sich aber nicht mit Zahlenreihen aus zyklischen Veränderungen während nur ein oder zwei zurückliegender Jahrzehnte plausibilisieren. Deshalb ist auf einen längeren Zeitraum abzustellen, so dass der ab Mitte der 90er-Jahre zu verzeichnenden Niedrigzinsphase kein zu großes Gewicht zukommt, weil davor die Umlaufrenditen deutlich über 6,0% lagen (vgl. Zahlenreihen der Deutschen Bundesbank; Übersicht bei Ballwieser, Festschrift für Drukarczyk, 2003, S. 19, 26, auch für Bundesanleihen mit Laufzeit bis 30 Jahre, die von 6,3% im Jahr 1997 auf 5,3% im Jahr 2002 zurückgegangen sind).

bb) Unter Berücksichtigung des Stichtagsprinzips schätzt der Senat im Rahmen von § 287 Absatz 2 ZPO für den hier maßgeblichen Zeitpunkt den Basiszinssatz auf 5,75%, ohne dass es entscheidend auf die Frage ankommt, welche Fassung der vom Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) vorgeschlagenen Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S 1) heranzuziehen ist.

Auf der Grundlage des IDW S 1 in der Fassung vom 28.06.2000 hat der Prüfungsbericht (S. 13) zum Bewertungsstichtag (15.08.2002) einen Basiszinssatz von 6,0% als sachgerecht angesehen. Dieser Betrachtungsweise ist jedoch für den hier relevanten Zeitraum nicht uneingeschränkt zu folgen. Der Arbeitskreis Unternehmensbewertung des IDW hat zunächst empfohlen, statt des bislang üblichen Basiszinssatzes von 6,0% ab 01.01.2003 wegen des gesunkenen Zinsniveaus nur noch einen Basiszinssatz von 5,5% zugrundezulegen (IDW Fachnachrichten 2003, 26); ab 01.01.2005 wird sogar nur noch ein Basiszinssatz von 5,0% (IDW Fachnachrichten 2005, 70 f.) empfohlen (vgl. dazu Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 19). Der Senat gelangt im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO zu dem Ergebnis, dass jedenfalls für den hier maßgeblichen Zeitpunkt im August 2002 von einem Basiszinssatz von 5,75% auszugehen ist. Eine weitere Herabsetzung des Basiszinssatzes auf 5,0% ist hingegen bereits wegen des größeren zeitlichen Abstands zwischen dem Bewertungsstichtag und der neuerlichen Empfehlung des Arbeitskreises Unternehmensbewertung des IDW zum 01.01.2005 nicht veranlasst. Hierbei ist einerseits zu berücksichtigen, dass der Empfehlung des Arbeitskreises Unternehmensbewertung Vorberatungen vorausgegangen sind, die auf Erkenntnissen beruhen, die bereits in der zweiten Jahreshälfte 2002 im Raum standen. Andererseits kann aber auch nicht der Zeitpunkt für die Anwendung der Empfehlung pauschal nach vorne verlagert werden, weil es sich nicht um eine zeitlich genau zu fixierende Absenkung des Basiszinnsatzes um 0,5%, sondern um eine über einen längeren Zeitraum stattfindende Entwicklung handelt. Für einen Mittelwert von 5,75% im maßgeblichen Zeitraum sprechen auch die Erwägungen der Antragsgegnerin in der Beschwerdeerwiderung im Schriftsatz vom 10.11.2005 (S. 2-4).

Hierbei kann letztlich offen bleiben, ob die Neufassung des IDW S 1 vom 18.10.2005 generell für Bewertungsanlässe mit in der Vergangenheit liegenden Stichtagen angewandt werden kann. Jedenfalls im Rahmen einer Kontrollüberlegung können ergänzend neuere Erkenntnisse berücksichtigt werden, wenn es darum geht, längerfristig angelegte Entwicklungen, die gerade nicht in zeitlich eindeutig festzulegenden Sprüngen verlaufen, zu plausibilisieren. In diesem Zusammenhang kann, wie nunmehr in IDW S 1 n.F. Tz. 127 ausdrücklich ausgeführt, für die Festlegung des Basiszinssatzes vereinfachend zunächst auf öffentliche Anleihen mit langen Restlaufzeiten zurückgegriffen werden, während für die dabei erforderliche Wiederanlage ergänzend zur Orientierung die aktuelle Zinsstrukturkurve herangezogen werden kann. Die Zinsstrukturkurve gibt den Zusammenhang zwischen der Verzinsung (bzw. Rendite) einer Anleihe und deren Laufzeit wieder. Die Rendite einer Anleihe ist in der Regel umso höher, je länger die Restlaufzeit ist, weil Anleger nur dann bereit sind, ihr Geld längerfristig anzulegen, wenn dieses längerfristige Engagement durch höhere Zinsen belohnt wird. Es spricht nichts dagegen, nach dem von der Deutschen Bundesbank angewandten "Svensson-Verfahren" kurzfristige Marktschwankungen sowie mögliche Schätzfehler durch eine durchschnittliche Zinsstrukturkurve zu glätten; dies wird durch eine Durchschnittsbildung für die letzten 3 Monate vor dem Bewertungsstichtag erreicht (vgl. dazu Kniest, Bewertungspraktiker 2005, S. 9 ff.). Dies führt zu dem von den Antragstellern rechnerisch nicht angegriffenen Ergebnis eines Basiszinssatzes von 5,75%, das mit den eingangs dargestellten Überlegungen für ein schrittweise Anpassung des Basiszinssatzes ab der zweiten Jahreshälfte 2002 übereinstimmt.

In diesem Zusammenhang geht es im Übrigen nicht um die bislang nicht höchstrichterlich entschiedene Frage, ob im Laufe eines sich häufig über mehrere Jahre erstreckenden Spruchverfahrens ständig neue wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnisse, neue Bewertungsmethoden oder neue Theorien berücksichtigt werden müssen oder dürfen (Großfeld NZG 2004, 74, 75 interpretiert die Entscheidung BGH NJW 2003, 3272 = BGHZ 156, 57 dahingehend, dass es bei der alten Methode bleibt; Wasmann-Gayk BB 2005, 955, 957 verweisen hingegen auf BGH NJW 2001, 2080 = BGHZ 147, 108, wo der Stichtag vor Verabschiedung des IDW S 1 vom 28.06.2000 lag; in der Präambel der Neufassung des IDW S 1 vom 18.10.2005 und des Entwurfs vom 09.12.2004 wird vorbehaltlich der körperschaftssteuerrechtlichen Änderungen von der rückwirkenden Anwendbarkeit in laufenden Verfahren ausgegangen; kritisch zur Empfehlung des HFA Großfeld-Stöver-Tönnes BB-Spezial 7/2005, 2; ablehnend zu wechselnden Bewertungsmethoden in einem laufenden Spruchverfahren BayObLG NZG 2006, 156, 157). Dies könnte in der Tat zu einer aus rechtsstaatlichen Gründen nicht hinnehmbaren Verfahrensverzögerung führen (vgl. BayObLG NZG 2006, 156, 157). Unbeschadet der Frage der Anwendbarkeit von Art. 170 EGBGB (vgl. BayObLG NZG 2006, 156, 157) auf in die in dem IDW-Standard genannten Bewertungskriterien, die keine Rechtsnormen darstellen, sondern nur die Expertenauffassung aus dem Kreis der Wirtschaftsprüfer wiedergeben, sind gerade angesichts des Stichtagsprinzips verbesserte Schätzmethoden und Erkenntnismöglichkeiten zu einzelnen Parametern, die zum Stichtag bereits angelegt waren, zu berücksichtigen. Ebensowenig wie der Senat solchen veränderten Auffassungen folgen muss, ist er umgekehrt daran gehindert, frühere Unternehmensbewertungen auch im Lichte neuerer Erkenntnisse zu überprüfen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie hier keine vollständige Neubegutachtung auf völlig neuer Grundlage vorzunehmen ist, sondern wegen zwischenzeitlich gewonnenen neueren Erkenntnissen nur einer von mehreren Rechenparametern modifiziert wird. Dann spielt das maßgebliche Argument des BayObLG (NZG 2006, 156, 157), dass Spruchverfahren nach Art. 6 EMRK in einem angemessenen Zeitraum zu einer Entscheidung führen müssen (vgl. dazu Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 20.02.2003 im Verfahren 44324/98 und Urteil vom 04.12.2003 im Verfahren 68103/01) und deshalb im Laufe eines Spruchverfahrens nicht ständig immer wieder neuen Erkenntnissen der Wirtschaftswissenschaften (die sich aber immer auf Prognosen beziehen) gefolgt werden kann, keine entscheidende Rolle.

Die Antragsteller können jedenfalls einen Basiszinssatz von 5,0% nicht daraus ableiten, dass sie sich auf die Neufassung des IDW S 1 vom 18.10.2005 berufen und außerdem die nach dem Stichtag ausgesprochenen Empfehlungen des Arbeitskreises Unternehmensbewertung mit einer schrittweisen Herabsetzung des Basiszinssatzes heranziehen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nach dem IDW S 1 n.F. die Berechnungsweise insgesamt geändert wurde, insbesondere hinsichtlich der persönlichen Ertragsteuern (vgl. Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 26 ff.), was zur Folge hat, dass sich hieraus in der Regel im Vergleich zu IDW S 1 a.F. insgesamt höhere Kapitalisierungszinssätze und damit geringere Unternehmenswerte ergeben (Riegger in Kölner-Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 36 mit Berechnungen nach beiden Methoden mit denselben Parametern in Rn. 25 und Rn. 35; Wasmann-Gayk BB 2005, 955, 957; Reuter-Lenz DB 2006, 1689, 1691). Wenn man deshalb zugunsten der Antragsteller die Neufassung des IDW S 1 und die späteren Empfehlungen für einen niedrigeren Basiszinssatz heranziehen würde, müssten konsequenterweise auch die übrigen Faktoren aus der Neufassung zugrunde gelegt werden. Weder die Antragsgegnerin noch die Antragsteller können aus den beiden Fassungen des ISW S 1 isoliert einzelne für sie günstige Bemessungsparameter herausziehen und umgekehrt ungünstige Faktoren ausschließen. Damit wäre die innere Schlüssigkeit der beiden Methoden in Frage gestellt. Da angesichts anhaltender Bedenken gegen den in der Neufassung des IDW S 1 zugrundeliegenden Tax-CAPM und dessen empirische Absicherung (vgl. Peemöller-Beckmann-Meitner BB 2005, 90 ff.; Großfeld-Stöver-Tönnes BB-Spezial 7/2005, 2 ff.) nicht davon auszugehen ist, dass die Neufassung vom 18.10.2005 der Fassung vom 28.06.2000 generell überlegen ist (vgl. Reuter-Lenz DB 2006, 1689, 1692), und weil für die Feststellung des Basiszinssatzes demnach weder bindende Vorgaben noch allein überzeugende Berechnungs- oder Prognosemethoden anzuerkennen sind, geht der Senat, der letztlich auf eine Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO verwiesen ist, in der vorliegenden Fallkonstellation von einem Basiszinssatz von 5,75% aus.

b) Für die Berechnung des Kapitalisierungszinssatzes ist der Basiszinssatz um einen Risikozuschlag zu erhöhen. Dadurch wird berücksichtigt, dass sich der Basiszins auf für sicher gehaltene festverzinsliche Anleihen ohne Liquidationsrisiko bezieht, der Markt aber demgegenüber für die Investition in in ihrer Wertentwicklung unsichere, volatile Unternehmensbeteiligungen einen Zusatznutzen (Prämie, Zuschlag) erwartet, der dieses Risiko ausgleicht. Der Senat hält anstelle des vom Landgericht akzeptierten Risikozuschlags von 6% (Bericht der Antragsgegnerin S. 31; Prüfungsbericht S. 14), der sich aus einer Marktrisikoprämie von 5% und einem Beta-Faktor von 1,2 als Multiplikator zusammensetzt, einen Risikozuschlag von 5,4% (bei einer Marktrisikoprämie von 4,5% und einem Betafaktor von 1,2) für angemessen.

Der Risikozuschlag beruht auf dem Gedanken der Risikoaversion der Marktteilnehmer, wonach auf den Basiszinssatz für risikofreie öffentliche Anleihen das Unternehmerrisiko durch entsprechend höhere Renditechancen abgegolten wird (BGH NJW 1982, 575, 576; BayObLG NJW-RR 1996, 1125, 1129; Großfeld S. 122 ff.; Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 20 f.; IDW S 1 a.F. Tz. 94). In der Rechtsprechung sind Risikozuschläge in unterschiedlicher Höhe anerkannt worden (von BGH NJW 2003, 3272, 3273 = BGH 156, 57 wurden 3% nicht beanstandet; OLG Düsseldorf NZG 2003, 588, 595 mit Marktrisikoprämie von 4% und einem Beta-Faktor von 1,02, woraus sich ein Risikozuschlag von 4,1% ergibt; nach OLG Düsseldorf AG 2006, 287 Marktrisikoprämie von 5% nicht zu beanstanden, wegen Beta-Faktor 0,3 aber Risikozuschlag von lediglich 1,5%; nach BayObLG NZG 2006, 156, 159 sind Risikozuschläge von über 2% besonders begründungsbedürftig; ähnlich im Ergebnis OLG München, Beschluss vom 11.07.2006 im Verfahren 31 Wx 41/05 mit Risikozuschlag wie in Vorinstanz von 1,5%, insoweit nicht in ZIP 2006, 1772 abgedruckt), teilweise wurden Risikozuschlag und Inflationsabschlag gegeneinander verrechnet (nach OLG Stuttgart NZG 2000, 744, 747 und OLG Stuttgart OLGR 2004, 6, 10 eine Frage der Vorgehensweise des Gutachters), teilweise aber auch für unbegründet erachtet (nach OLG Celle NZG 1998, 987, 988 Risikozuschlag von 2,4% nicht anzusetzen, sondern bereits bei der Ermittlung des nachhaltigen Unternehmensertrags zu berücksichtigen; kritisch auch Emmerich-Habersack § 305 AktG Rn. 68; zur Rechtsprechung Großfeld S. 129 f.).

aa) Dem Risikozuschlag ist früher vornehmlich dadurch Rechnung getragen worden, dass entweder die nach der Unternehmensplanung angenommenen Ergebnisse noch einmal explizit mit einem Risikoabschlag versehen oder umgekehrt der Kalkulationszinsfuß um einen pauschalen Risikozuschlag erhöht wurde. Diese Vorgehensweisen sind wegen ihrer rational kaum zu begründenden Spielräume teilweise als willkürlich abgelehnt worden, werden andererseits aber auch noch in der neueren Rechtsprechung für vertretbar gehalten. Sie begegnen vor allem dann Bedenken, wenn sie in einer Weise vermischt werden, die offen lässt, welche Risiken an welcher Stelle (u.U. mehrfach) Berücksichtigung gefunden haben, aber auch, wenn allgemeine Unternehmensrisiken und Spezifika des untersuchten Unternehmens nicht getrennt werden. Diesen Bedenken trägt der Standard IDW S1 Rechnung, indem er zur Ableitung von Risikoprämien kapitalmarktorientierte Modelle (CAPM - Capital Asset Pricing Model - oder Tax-CAPM) empfiehlt, wobei die durchschnittliche Risikoprämie (die langjährige Differenz zwischen der Rendite von Aktien und risikolosen staatlichen Anleihen) mit einem spezifischen Beta-Faktor multipliziert wird, der sich aus der Volatilität der Aktie ergibt (Großfeld S. 136 f.; IDW S 1 a.F. Tz. 135). Dazu wird im Ausgangspunkt die Differenz zwischen der Rendite eines Marktportfolios und einer Staatsanleihe als Marktrisikoprämie zugrunde gelegt. Diese Prämie wird in einem zweiten Schritt durch eine spezielle Betrachtung des Risikos des zu bewertenden Unternehmens (Beta-Faktor = Verhältnis der Volatilität der Renditen des zu bewertenden Unternehmens und des Marktportfolios) modifiziert. Diese Vorgehensweise ist - unabhängig von den mit einer Prognose stets verbundenen Unsicherheiten und Risiken - jedenfalls methodisch transparenter, so dass sie vom Landgericht zu Recht der weiteren Betrachtung zugrunde gelegt werden konnte.

bb) Auch bei dieser Methode bestehen erhebliche Spielräume, zudem ist im Einzelnen umstritten, in welcher Weise (geometrisches Mittel, das eine Anlage über den gesamten betrachteten Zeitraum unterstellt, oder arithmetisches Mittel, das von einer Veräußerung der Anlage zu einem bestimmten Zeitpunkt und einer anschließenden Wiederanlage ausgeht) und über welche Zeiträume die Rendite des Marktportfolios abzuleiten ist. Diese beiden Faktoren haben aber entscheidendes Gewicht. Durch die Wahl des Vergleichszeitraums in der Vergangenheit (obwohl es eigentlich um ein Schätzung für die Zukunft geht) und durch die Wahl eines Wiederanlagezeitraums bei einem arithmetischen Mittel wird die Marktrisikoprämie entscheidend beeinflusst (vgl. Großfeld-Stöver-Tönnes BB-Spezial 7/2005, 2, 6). Deshalb kann die sowohl im Bericht der Antragsgegnerin (S. 31) als auch im Prüfungsbericht (S. 14) nur mit sehr kurz gehaltener Begründung angenommene Marktrisikoprämie von 5,0% nicht kritiklos übernommen werden. Der Risikozuschlag von 5,0% soll ein Mittelwert sein, beruhend auf empirischen Untersuchungen (vgl. dazu die auf früheren Veröffentlichungen Bezug nehmende, diese aber auch korrigierende Abhandlung von Stehle WPg 2004, 904, 921; weit. Nachw. bei Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 21). Die Höhe der Marktrisikoprämie ist Gegenstand eines bis heute (teilweise erbittert) geführten Streits auf wirtschaftswissenschaftlicher Ebene (vgl. dazu Sonderheft AG Fair Valuations vom 20.11.2005), der zum Teil auch durch entsprechende Interessenlagen geprägt ist. Da sich eine aus der Sicht des Senats überzeugend begründete Meinung unter Wirtschaftswissenschaftlern noch nicht durchgesetzt hat, ist die Einholung einer weiteren sachverständigen Stellungnahme nicht veranlasst. Es kommt nicht darauf an, wirtschaftswissenschaftliche Modelle abstrakt auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen, sondern zeitnah (vgl. BayObLG NZG 2006, 156, 157) über eine angemessene Abfindung zu befinden; damit bleibt nur der rechtliche Weg einer Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO (vgl. auch Großfeld-Stöver BB 2004, 2799, 2802).

Der Senat hält im Ergebnis eine Marktrisikoprämie von 4,5% für angemessen (so auch OLG Düsseldorf NZG 2003, 588, 595). Die Entscheidung BayObLG NZG 2006, 156, 159, die Risikozuschläge von über 2% für besonders begründungsbedürftig hält, ist noch auf der Grundlage des HFA 2/1983 ergangen und deshalb nicht übertragbar, zumal sich hier die Marktrisikoprämie von 4,5% bei einer Nachsteuerbetrachtung mit einem typisierten Steuersatz von 35% ( dazu unten c) noch auf unter 3 % reduziert. Eine weitere Reduzierung innerhalb der Bandbreite von 4,0% bis 6,0% (vgl. Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 21) zugunsten der Antragsteller ist nicht angezeigt. Auch die Studie von Dimson/Marsh/Staunton, auf die sich der Antragssteller Ziffer 7 im Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 22.08.2006 bezieht und die die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 11.09.2006 vorgelegt hat, rechtfertigt keine Marktrisikoprämie von lediglich 2%. Umgekehrt kann ein höherer Wert als de hier angenommene auch nicht aus den Ausführungen von Stehle (WPg 2004, 906, 921) abgeleitet werden, da empirische Erkenntnisse mit modelltheoretischen Erwägungen verknüpft werden und damit die Ergebnisse nicht auf endgültig gesicherten Prämissen beruhen (Großfeld-Stöver-Tönnes BB-Spezial 7/2005, 2, 6 weisen zu Recht darauf hin, dass sich auf der Grundlage eines arithmetischen Mittels und einer Verlängerung des Wiederanlagezeitraums von einem Jahr auf zwei Jahre deutlich geringere Marktrisikoprämien ergeben; vgl. auch Ballwieser S. 96 f.). Da sich auch aus diversen Gutachten in anderen beim Senat anhängigen Spruchverfahren keine zwingenden Argumente für eine höhere Marktrisikoprämie ergeben, verbleibt es im Rahmen der gerichtlichen Schätzung bei einem noch plausibel erscheinenden Wert von 4,5%, der im unteren Bereich der Bandbreite anzusiedeln ist.

cc) Der konkret angesetzte Beta-Faktor von 1,2 ist durch die ergänzenden Ausführungen im Schreiben des sachverständigen Zeugen H. vom 01.04.2004 (S. 2, Bl. 166) unter Hinweis auf am neuen Markt notierte Vergleichsunternehmen nachvollziehbar und überzeugend begründet. Der Senat schließt sich deshalb in diesem Punkt dem Landgericht an.

c) Von der Summe von Basiszinssatz und Risikozuschlag ist ein pauschaler Abschlag für die vom Anteilseigner persönlich zu entrichtende Einkommensteuer in Höhe von 35% vorzunehmen (vgl. OLG Düsseldorf NZG 2000, 293; OLG München ZIP 2006, 1722, 1725; IDW S 1 a.F. Tz. 51 und 99; Emmerich-Habersack § 305 AktG Rn. 64a; Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 24; Großfeld S. 102 ff. und S. 142).

Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden. Was die steuerlichen Belastungen anbelangt, sind zunächst grundsätzlich zwei Ebenen zu unterscheiden, nämlich inwieweit bei der Ermittlung der einzelnen Jahresergebnisse Steuern zu berücksichtigen sind und inwieweit sich Steuern auf die Höhe des Kapitalisierungszinssatzes auswirken.

aa) Bei den Jahresergebnissen sind zunächst auf Unternehmensebene Ertragsteuern (Gewerbesteuer und Körperschaftssteuer) und bei den Anteilseignern die persönliche Einkommensteuer abzusetzen. Nach dem Bericht der Antragsgegnerin wurde auf der Ebene der Anteilseigner nur die Hälfte der Ausschüttungen mit einem typisierten Einkommensteuersatz von 35% belegt (S. 30). Dies beruht auf der Änderung der steuerlichen Grundlagen. Bis einschließlich 2000 galt die Vollanrechnung der Körperschaftssteuer auf den ausgeschütteten Gewinn auf Einkommensteuerebene, kombiniert mit einem ermäßigten Ausschüttungssteuersatz (von 30% statt 40%, vgl. § 27 Abs. 1 KStG a.F.) auf Körperschaftsebene (Tipke-Lang-Hey § 11 Rn. 7 mit kurzer Zusammenfassung). Ausgeschüttete Gewinne wurden damit im Ergebnis nur mit dem für den Anteilseigner geltenden individuellen Steuersatz belastet. Seit 2001 (vgl. § 34 KStG n.F.; zur Übergangsregelung Tipke-Lang-Hey § 11 Rn. 8) gilt das Halbeinkünfteverfahren (allgemeiner Überblick bei Tipke-Lang-Hey § 11 Rn. 10 ff.), wonach der Gewinn von Körperschaften einheitlich mit 25% (§ 23 KStG) belastet wird; die Vorbelastung auf Unternehmensebene wird für Ausschüttungen im Einkommensteuerrecht pauschal berücksichtigt, indem der Anteilseigner seine Gewinnanteile nur zur Hälfte als Einnahmen aus Kapitalvermögen anzusetzen hat (§ 3 Nr. 40 EStG). Diese Berechnungsweise wurde in der Anlage 6 des Berichts der Antragsgegnerin auch umgesetzt (vgl. dazu Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 15 f.).

bb) Die ganz andere Frage ist, wie die Steuerbelastung bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes und damit bei der Abzinsung zu berücksichtigen ist. Hier geht es nicht um die Besteuerung der konkret zu erwartenden Unternehmenserträge, sondern darum, die Vergleichbarkeit mit einer der vollen Besteuerung unterliegenden Alternativanlage herzustellen (vgl. Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 24 f.). Deshalb wurde bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes der volle Steuersatz von 35% zugunsten der Antragsteller in Abzug gebracht. Durch diese Nachsteuerbetrachtung ist der Kapitalisierungszinssatz geringer und der Unternehmenswert entsprechend höher geworden (Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 24 f.). Nachteile für die Minderheitsaktionäre sind deshalb nicht zu befürchten.

cc) In diesem Zusammenhang ist nochmals darauf hinzuweisen, dass sich nach der Neufassung des IDW S 1 vom 18.10.2005 für die Antragsteller keine höhere Abfindung ergeben würde. Die persönlichen Ertragsteuern würden danach durch den Tax-CAPM erfasst, der eine realitätsnähere Abbildung der Besteuerung von Zinseinkünften, Dividenden und Kursgewinnen ermöglichen soll (Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 31; IDW S 1 n.F. Tz. 129) mit der Folge, dass nur der Basiszinssatz als solcher mit einem Abzug von 35% (typisierter Ertragsteuersatz) belegt wird, während die Risikoprämie nach Ertragsteuern (also ohne gesonderten Abzug des typisierten Ertragsteuersatzes) hinzuaddiert wird (Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 32; IDW S 1 n.F. Tz. 130, 132), was letztlich zu höheren Abzinsungen und niedrigeren Unternehmenswerten führt (Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 35 f.). Ob dieses Verfahren unter steuerlichen Gesichtspunkten gegenüber dem in dem Übertragungsbericht und dem Prüfungsbericht angewandten Standard-CAPM sachgerechter oder gar überlegen ist, was bislang noch nicht abschließend diskutiert ist (vgl. Großfeld-Stöver-Tönnes BB-Spezial 7/2005, 2, 10 ff.), muss deshalb hier nicht entschieden werden.

d) Bei der streitigen Höhe des Abzugs eines Wachstumsabschlags (vgl. dazu BGH NJW 2003, 3272, 3273 = BGH 156, 57; BayObLG NZG 2006, 156, 159; Emmerich-Habersack § 305 AktG Rn. 67 a/b; Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 23; Großfeld S. 143 f.; IDW S 1 Tz. 104; offen gelassen in OLG Stuttgart NZG 2000, 744, 747) für die Phase II folgt der Senat dem Landgericht, das einen Wachstumsabschlag in Höhe von 1% anerkannt hat. Ein höherer Wachstumsabschlag, von dem die Antragsteller ausgehen, ist auf der Grundlage der Ausführungen des sachverständigen Zeugen H. nicht angemessen. Der Wachstumsabschlag soll dem Umstand Rechnung tragen, dass die Geldentwertung in einem Unternehmen nicht in demselben Umfang eintritt wie bei der Kapitalanlage in festverzinslichen Wertpapieren, bei denen der Zins eine Geldentwertungsprämie enthält (OLG Düsseldorf NZG 2003, 588, 595; Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 23). Eine Vergleichsrechnung zwischen Geldanlage und Investition in einem Unternehmen muss die unterschiedliche Ausgangslage bei der Kapitalisierung berücksichtigen. Der Abschlag vom Kapitalisierungszins hängt davon ab, in welchem Umfang erwartet werden kann, dass das Unternehmen die Fähigkeit besitzt, die laufende Geldentwertung aufzufangen; die Kapitalanlage in einem Unternehmen kann insoweit einer Geldentwertung entzogen werden, wenn und soweit dieses in der Lage ist, die durch Geldentwertung gestiegenen Kosten mittels Preiserhöhungen auf die Abnehmer zu überwälzen (OLG Düsseldorf NZG 2003, 588, 595; Riegger in Kölner-Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 23). Nur wenn nach den Besonderheiten des Einzelfalles abzusehen ist, dass der Unternehmer in gleichem Umfang wie der Geldtitelbesitzer durch die Inflation beeinträchtigt wird, muss der Abschlag entfallen. In der Praxis werden Prozentsätze zwischen 1% und 3% angesetzt (Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 23; Großfeld S. 149 f.; von BGH NJW 2003, 3272, 3273 = BGH 156, 57 wurden 1% nicht beanstandet; ebenso im Ergebnis OLG München, Beschluss vom 11.07.2006 im Verfahren 31 Wx 41/05, juris Rn. 12, insoweit nicht in ZIP 2006, 1722 abgedruckt,; OLG Düsseldorf NZG 2003, 588, 595 hat bei höherer Inflationsrate im Jahr 1992 einen Abschlag von 2% angenommen).

Die Antragsgegnerin hat zwar hierzu in ihrem Bericht (S. 32) missverständlich ausgeführt, dass die Gesellschaft langfristig in der Lage sein werde, inflationäre Preissteigerungen an ihre Kunden weiter zu geben und darüber hinaus ein reales Wachstum von 1% aufgrund ihrer Marktstellung zu erzielen, woraus der angesetzte Wachstumsabschlag von 1% für die Phase II resultiere. Im Prüfungsbericht (S. 14) ist an dieser Stelle hingegen davon die Rede, dass unterstellt wurde, dass die nachhaltigen Erträge ab dem Jahr 2005 "nominal" um 1% jährlich steigen. Der sachverständige Zeuge H. hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 16.02.2004 die Ausführungen im Text des Berichts der Antragsgegnerin zu Recht als nicht glücklich bezeichnet und in der schriftlichen Äußerung vom 01.04.2004 den Wachstumsabschlag von lediglich 1% (also unterhalb der zu erwartenden Inflationsrate) mit der geringen Verhandlungsmacht der CAA AG gegenüber der Antragsgegnerin aufgrund des kündbaren Kooperationsvertrags vom 06.11.2001 und der allgemeinen Situation in der Automobilzuliefererindustrie (Konkurrenzdruck und Marktmacht der Automobilhersteller) begründet (vgl. dazu auch OLG Düsseldorf NZG 2003, 588, 595), auch unter Berücksichtigung eines zu erwartenden starken Wachstums im Markt für Navigationssysteme. Maßgeblich sind aber diese plausibel dargelegten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, nicht etwaige Formulierungsungenauigkeiten im Übertragungsbericht. Der Senat hält deshalb entsprechend den Ausführungen des sachverständigen Zeugen H. einen Abschlag unterhalb der (im Jahr 2002 geringen) Inflationsrate (vgl. Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 23) in Höhe von 1% für zutreffend.

4.

Das Landgericht hat die den künftigen Ertragszahlen zugrundezulegenden Faktoren zutreffend gewürdigt.

a) Eine wertmindernde Berücksichtigung einmaliger Restrukturierungsaufwendungen in der Vergangenheit (Verlust der im August bzw. Oktober 2000 gegründeten Tochtergesellschaften in U. und J.) für künftige Erträge fand nicht statt. Diese nach S. 26 des Berichts der Antragsgegnerin im Jahr 2001 getätigten Aufwendungen in Höhe von 4.286.000,00 € wurden nach der nicht widerlegten Darstellung der Antragsgegnerin (Bl. 113) wieder herausgerechnet und damit nicht zu Lasten der Minderheitsaktionäre bei den künftigen Ertragszahlen berücksichtigt.

b) Was den Kooperationsvertrag der X. AG mit der Antragsgegnerin vom 06.11.2001 anbelangt, hat der Zeuge H. in der mündlichen Verhandlung vom 16.02.2004 (Bl. 151) dargelegt, dass zugunsten der Minderheitsaktionäre davon ausgegangen wurde, dass die Kündigungsfrist von 6 Monaten nicht ausgenutzt werden würde und dass so die Erträge aus dem Kooperationsvertrag der X. AG auch künftig in bisherigem Umfang zugute gekommen wären. Auch dieser Punkt wurde deshalb zu Gunsten und nicht zu Lasten der Minderheitsaktionäre gewertet.

c) Verbundeffekte sind im vorliegenden Fall nicht gesondert zugunsten der ausgeschlossenen Aktionäre zu berücksichtigen. Da tatsächlich keine messbaren Verbundeffekte zu verzeichnen sind, muss der Senat die Rechtsfrage, ob und in welchem Umfang Synergieeffekte in die Unternehmensbewertung einfließen müssen, nicht abschließend entscheiden. Unechte Synergieeffekte, die sich ohne die Auswirkungen aus dem Bewertungsanlass hätten realisieren lassen, sind bei der Ermittlung künftiger Erträge in Rechnung zu stellen (vgl. IDW S 1 a.F. Tz. 42 f.; Koppensteiner in Kölner Kommentar § 305 AktG Rn. 66; Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 13), während für echte Verbundvorteile die frühere, auf dem stand-alone-Prinzip beruhende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 1998, 1866, 1867 = BGHZ 138, 136 sowie OLG Stuttgart NZG 2000, 744, 745 f.; BayObLG NJW-RR 1996, 1125, 1126; OLG Celle NZG 1998, 987, 988; OLG Düsseldorf NZG 2005, 280, 283; Emmerich-Habersack § 305 AktG Rn. 70 f.; Hüffer, AktG § 305 Rn. 22; Koppensteiner in Kölner Kommentar § 305 AktG Rn. 65; Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 13; Großfeld S. 63 ff.) im Zusammenhang mit der DAT/Altana-Entscheidung (BGH NJW 2001, 2080, 2082 f. = BGHZ 147, 108) wieder zweifelhaft geworden ist (vgl. Koppensteiner in Kölner Kommentar § 305 AktG Rn. 67; Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 13; instruktiv auch die Diskussionsbeiträge in Tagungsband RWS-Forum Gesellschaftsrecht 2003, S. 292 f.).

Wie bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angesprochen, kann letztlich diese Frage aber im konkreten Fall offen bleiben, weil zugunsten der Antragsteller in das zu erwartende Betriebsergebnis die Vergütungen aus dem Kooperationsvertrag der Antragsgegnerin mit der X. AG vom 06.11.2001 unabhängig von der Kündigungsfrist von 6 Monaten als dauerhafte Ertragsmöglichkeit eingerechnet wurden. Über diese vertragliche Leistungsbeziehung hinausgehende echte Synergieeffekte, die sich in relevanter Weise auf die Ertragssituation auswirken, sind nicht ersichtlich.

5.

Der Substanzwert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens ist zusätzlich zugunsten der Minderheitsaktionäre zu berücksichtigen (OLG Stuttgart NZG 2000, 744, 745; BayObLG NJW-RR 1996, 1125, 1127, 1130; BayObLG NZG 2006, 156, 159; Emmerich-Habersack § 305 AktG Rn. 72 ff.; Koppensteiner in Kölner Kommentar § 305 AktG Rn. 82 f.; Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 42 ff.; Großfeld S. 168 ff.). Hierfür ist der Verkehrs- oder Veräußerungswert maßgeblich (OLG Düsseldorf NZG 2004, 429; Emmerich-Habersack § 305 AktG Rn. 73 b). Das nicht betriebsnotwendige Vermögen besteht hier in Wertpapieren, deren Wert (nach Verrechnung der handelsrechtlichen Verlustvorträge mit der Kapitalrücklage und Berücksichtigung einer gesetzlichen Rücklage gemäß § 150 AktG bei Unterstellung einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln zum 31.12.2001 mit einer anschließenden Kapitalherabsetzung zum 15.08.2002) nach den überzeugenden Ausführungen des Zeugen H. in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 16.02.2004 (Bl. 155) und in der ergänzenden Stellungnahme vom 01.04.2004 (Bl. 168-170) zutreffend mit 28.233.000,00 € in die Berechnung der Abfindung eingestellt wurde. Der in diesem Zusammenhang von den Antragstellern Ziffer 2 und Ziffer 7 erhobene Einwand, dass eine Thesaurierung der Erlöse aus den Wertpapieren vorzunehmen sei mit der Folge, dass dadurch die Kapitalkosten und der Betafaktor abgesenkt und die Erträge erhöht würden, ist unbeachtlich. Dies widerspricht dem Vollausschüttungsprinzip, außerdem wird der Unternehmensgegenstand der Antragsgegnerin außer Acht gelassen, der gerade nicht darin besteht, längerfristig einen Wertpapierbestand zu halten. Gleiches gilt deshalb für die Verrechnung von thesaurierten Anlagebeträgen mit zu diskontierenden Verlustvorträgen, die zugunsten der Aktionäre als zusätzlicher werterhöhender Faktor zu berücksichtigen sind (OLG Stuttgart NZG 2000, 744, 748; OLG Stuttgart NZG 2004, 463, 469; OLG Düsseldorf AG 2002, 398, 400; OLG Düsseldorf NZG 200, 1079, 1081; Emmerich-Habersack § 305 AktG Rn. 64; Großfeld S. 173 f.).

6.

Der Börsenkurs, der jedenfalls als Untergrenze heranzuziehen ist (BVerfG NJW 1999, 3769, 3771 f. = BVerfGE 100, 289; BVerfG NZG 2000, 28, 29; BGH NJW 2001, 2080 = BGHZ 147, 108; OLG Stuttgart NZG 2000, 744, 745; OLG Stuttgart OLGR 2004, 6, 7; Emmerich-Habersack § 305 AktG Rn. 46 ff.), rechtfertigt keine höhere Abfindung der Minderheitsaktionäre. Aus dem Börsenkurs kann als weitere Kontrollüberlegung abgeleitet werden, dass im Rahmen der Ermittlung des Unternehmenswert nach dem Ertragswertverfahren kein wesentlich höherer Unternehmenswert anzusetzen ist. Der Börsenkurs der Aktien der X. AG hat den Abfindungsbetrag ausweislich der von der Antragsgegnerin vorgelegten Anlage AG 3 und den Ausführungen im Übertragungsbericht (S. 8) und im Prüfungsbericht (S. 17) weder in einem Zeitraum von drei Monaten vor dem Hauptversammlungsbeschluss noch in einem Zeitraum von drei Monaten vor der Ad-hoc-Mitteilung überschritten. Deshalb kann die Frage nach dem Referenzzeitraum für den Börsenkurs (nach der Rechtsprechung des BGH 3 Monate vor dem Hauptversammlungsbeschluss heranzuziehen, BGH NJW 2001, 2080, 2082 = BGHZ 147, 108; BGH NJW 2003, 3272, 3273 = BGH 156, 57; OLG Stuttgart OLGR 2004, 6, 8; vgl. auch BVerfG NJW 1999, 3769, 3772 = BVerfGE 100, 289; krit. zur Rechtsprechung des BGH und für Frist nach § 5 Abs. 1 WpÜG-AngebotsVO z.B. Hüffer, AktG § 305 Rn. 24 e/f; Puszkajler BB 2003, 1692, 1694; aus ökonomischer Sicht Weber ZGR 2004, 280, 284 ff.) ebenso offen bleiben wie die Streitfrage, ob ein gewichteter Kurs (OLG Frankfurt AG 2003, 581, 582; Emmerich-Habersack § 305 AktG Rn. 47 d; Riegger in Kölner Kommentar Anh. § 11 SpruchG Rn. 55 f.) oder ein ungewichteter Kurs (OLG Düsseldorf NZG 2003, 588, 590) maßgeblich ist.

7.

Die Antragsteller können schließlich nicht mit dem Argument durchdringen, dass die Antragsgegnerin außerbörslich zur Ablösung der Mitarbeiter-Optionen einen Betrag von 2,17 € gezahlt habe, der zu dem Wert der Mitarbeiter-Optionen von 4,88 € hinzuzuaddieren sei. Solche außerbörslichen Zahlungen sind durch bestimmte Erwägungen zum Grenznutzen des Mehrheitsaktionärs motiviert, spiegeln nicht den Verkehrswert wieder und sind deshalb nicht zu berücksichtigen (vgl. zu Paketzuschlägen BVerfG NJW 1999, 3769, 3771 = BVerfGE 100, 289; Emmerich-Habersack § 305 AktG Rn. 49 f.; Hüffer, AktG § 305 Rn. 21; Koppensteiner in Kölner Kommentar § 305 AktG Rn. 95; zum Erwerb außerhalb der Börse Großfeld S. 200). Die Antragsgegnerin hat nicht Mitarbeiteroptionen zu einem Preis von 4,88 € zuzüglich 2,17 € erworben, sondern eine Abfindung von 2,17 € bezahlt dafür, dass Mitarbeiter von der Option zu dem höchsten Ausübungspreis von 4,88 € zum letztmöglichen Ausübungszeitpunkt am 28.08.2005 keinen Gebrauch machen, der Ausübungspreis zum 28.08.2003 betrug lediglich 3,12 € (vgl. Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 20.08.2004, Bl. 184 ff. nebst Anlagen). Rückschlüsse auf einen Verkehrswert der Aktie zu Marktkonditionen sind hieraus nicht möglich.

8.

Die Höhe des Abfindungsbetrags ist deshalb nach folgender Berechnungsweise zu ermitteln:

 Ertragswert 15.089.100 €
Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens 28.233.000 €
Steuervorteil aus Verlustvortrag 6.024.100 €
Unternehmenswert 49.346.200 €
Anzahl der Stückaktien 9.170.000
Abfindung je Aktie 5,38 €

III.

Der Geschäftswert ist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 und Satz 4 SpruchG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 Satz 2 SpruchG auf 200.000,00 € festzusetzen. Der Geschäftswert ist für das Beschwerdeverfahren gesondert festzusetzen (vgl. § 131 Abs. 2 KostO). Der Geschäftswert hängt auch für das Verfahren zweiter Instanz nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG vom Ergebnis des Spruchverfahrens ab, also von der festgesetzten Kompensation (OLG Stuttgart NZG 2004, 97 und NZG 2004, 625; Roßkopf in Kölner Kommentar § 15 SpruchG Rn. 19). Es verbleibt deshalb bei dem gesetzlichen Mindestwert von 200.000,00 € nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SpruchG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 15 Abs. 2 und Abs. 4 SpruchG. Schuldnerin der Gerichtskosten ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 SpruchG, der auch im Beschwerdeverfahren gilt (vgl. BayObLGZ 2004, 200), nur die Antragsgegnerin, was in der Kostenentscheidung klargestellt wurde. Gründe für eine abweichende Billigkeitsentscheidung nach Satz 2 dieser Regelung liegen nicht vor. Bezüglich der außergerichtlichen Kosten erster Instanz verbleibt es bei der Entscheidung des Landgerichts auf der Grundlage des hier noch anwendbaren § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG dabei, dass die Antragsgegnerin diese Kosten zu erstatten hat. Für das Beschwerdeverfahren gilt an sich der aus § 15 Abs. 4 SpruchG folgende Grundsatz, dass bei einem erfolglosen Rechtsmittel außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden. Da die Barabfindung nur geringfügig und nicht in dem von den Antragsstellern gewünschten Umfang erhöht wurde, entspricht es im Hinblick auf den Ausgang des Beschwerdeverfahrens der Billigkeit, eine hälftige Kostenerstattungspflicht der Antragsgegnerin für außergerichtliche Kosten der Antragsteller anzuordnen.

Ende der Entscheidung

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