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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 30.03.2006
Aktenzeichen: 6 W 20/06
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 149
GKG § 21
1. Zur Frage ob § 149 Abs. 2 ZPO bereits bei einer Entscheidung über die Aussetzung des Rechtsstreits nach § 149 Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen ist.

2. Keine Niederschlagung der Gebühr für das Beschwerdeverfahren, wenn der Aussetzungsbeschluss nach § 149 Abs. 1 ZPO zunächst nicht begründet war, der Beschwerdeführer nach Nachholung der Begründung die Beschwerde aber nicht zurücknimmt.


Oberlandesgericht Stuttgart 6. Zivilsenat Beschluss

Geschäftsnummer: 6 W 20/06

30. März 2006

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatz aus unerlaubter Handlung

hier: sofortige Beschwerde gegen die Anordnung der Aussetzung des Rechtsstreits

Tenor:

wird die sofortige Beschwerde des Beklagten Ziff. 2 vom 23.02.2006 gegen den Beschluss des Landgerichts Ravensburg vom 17.02.2006 (6 O 7/06) in der Begründung des Nichtabhilfebeschlusses vom 06.03.2006 (1 O 49/06) zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die nach § 252 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten Ziff. 2 ist nicht begründet, da das Landgericht nunmehr eine Begründung der Aussetzung nachgeholt hat und diese Begründung einer für das Beschwerdegericht nur begrenzt möglichen Kontrolle (vgl. hierzu Greger in Zöller ZPO 25. Auflage § 252 Rdnr. 3 mwN zur einhelligen Ansicht) stand hält:

1. Verfahrensfehler des Landgerichts waren von der Beschwerde nicht geltend gemacht und der einzig ersichtliche ist durch die nachträgliche Begründung des Aussetzungsbeschlusses nunmehr behoben.

2. Das Landgericht hat mit der Anordnung der Aussetzung die Grenzen seines Ermessens eingehalten.

a. Weitere als die durch das Landgericht in seiner Entscheidung herangezogenen Argumente sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.

b. Auch die Abwägung selbst ist nicht zu beanstanden.

Dabei kann letztlich offen bleiben, ob der Beschwerde (so auch Greger aaO § 149 Rdnr. 2 sowie Roth in Stein/Jonas ZPO 22. Auflage § 149 Rdnr. 11) zu folgen ist, dass im Hinblick auf § 149 Abs. 2 S. 1 ZPO bereits bei der Entscheidung über die Aussetzung des Rechtsstreites eine Prognose zu stellen ist, ob das Strafverfahren in einem Jahr abgeschlossen sein wird, und dass bei Verneinung die Aussetzung i.d.R. zu unterbleiben hat. Gegen diese Auffassung spricht zum einen, wie dies das Landgericht zurecht angeführt hat, dass eine Prognose darüber, ob es im Strafverfahren zu einem Rechtszug kommen wird, völlig in der Luft hängen würde. Außerdem können auch bereits während dieses Jahres Ermittlungsergebnisse erzielt werden, die für das Zivilverfahren von Bedeutung sind.

Jedenfalls wäre im vorliegenden Fall aber eine Ausnahme von einer solchen Regel zu machen und kann der Rechtsstreit trotzdem ausgesetzt werden. Wie schon das Landgericht im Ergebnis völlig zurecht angeführt hat, ist bei Haftsachen wegen des verfassungsrechtlich garantierten Beschleunigungsgebots davon auszugehen, dass das Strafverfahren nur dann länger als 1 Jahr dauert, wenn entweder gewichtige Gründe iSd § 149 Abs. 2 S. 2 ZPO vorliegen oder wenn das Ermittlungsverfahren von Beschuldigtenseite absichtlich verzögert wird. Im letzteren Fall wäre die Verzögerung jedenfalls dann bei der Ermessensausübung zu Lasten des Beschuldigten zu berücksichtigen, wenn die Klägerseite wie hier mit der Aussetzung ausdrücklich einverstanden ist.

II. Eine Kostenentscheidung hat zu unterbleiben, da die Kosten des Beschwerdeverfahrens Teil der Prozesskosten sind und ggf. im Hauptverfahren zu berücksichtigen sind (Senat Beschluss vom 28.04.2004 6 W 32/04; Greger aaO § 252 Rdnr. 3).

Eine Niederschlagung der Kosten des Beschwerdeverfahrens nach § 21 GKG kommt trotz der ursprünglich verfahrensfehlerhaften Aussetzung des Rechtsstreits nicht in Betracht. Zum einen ist der Verfahrensfehler angesichts der Zustimmung aller Kläger und des Beklagten Ziff. 1 bei Schweigen des Beklagten Ziff. 2 nicht offensichtlich und schwer (vgl. hierzu Meyer GKG 8. Auflage § 21 Rdnr. 2) und zum anderen wurde er für den Anfall der Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren nicht kausal. Die Gerichtsgebühr wird nämlich erst durch den vorliegenden Beschluss ausgelöst und der Beklagte Ziff. 2 hat dadurch, dass er auf den Nichtabhilfebeschluss nicht mit einer Rücknahme der Beschwerde reagiert hat, zum Ausdruck gebracht, dass er die Beschwerde auch dann eingelegt hätte, wenn der Beschluss über die Aussetzung des Rechtsstreits von Anfang an mit einer Begründung versehen gewesen wäre.

III. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst, da die einzige Rechtsfrage, nämlich ob bereits bei der Prüfung der Aussetzung § 149 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen ist, aus den unter I 2 b letzter Absatz genannten Gründen nicht entscheidungserheblich ist.

Ende der Entscheidung

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