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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 28.02.2008
Aktenzeichen: 7 U 167/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 399
BGB § 415
ZPO § 851
Auch nach Pfändung der Rechte aus einem Vorvertrag auf Abschluss eines Grundstückskaufvertrages ist der Hauptvertrag (Grundstückskaufvertrag) nicht mit dem Pfändungsgläubiger, sondern unverändert zwischen den ursprünglichen Vertragspartnern abzuschließen. Der Schuldner kann diesen Anspruch aber nur mit Zustimmung des Pfändungsgläubigers geltend machen.
Oberlandesgericht Stuttgart 7. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 7 U 167/07

Verkündet am 28. Februar 2008

In dem Rechtsstreit

wegen Anspruch aus einem Vorvertrag

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart im schriftlichen Verfahren nach dem Sach- und Streitstand vom 21. Februar 2008 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Gramlich Richter am Oberlandesgericht Taxis Richter am Landgericht Dr. Barth

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 23. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 16.08.2007 - 23 O 136/07 - abgeändert.

2. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird der Beklagte verurteilt, als Verkäufer mit dem Kläger als Käufer einen notariellen Grundstückskaufvertrag über den lastenfreien Erwerb des Grundstücks der

Gemarkung G.

Heft 1... BV Nr. 1

Flurstück 6..., R.straße 25

Gebäude- und Freifläche, 5 a 56 qm zu einem Kaufpreis von 357.904,32 € und folgendem weiteren Inhalt:

1. Die Zahlung der Kaufpreissumme ist über ein Notaranderkonto abzuwickeln. Die Kaufpreissumme ist spätestens einen Monat nach Abschluss des Kaufvertrages zur Zahlung fällig und danach mit 5 % über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen.

2. Sollte der Erwerber den Kaufpreis finanzieren wollen, verpflichtet sich der Veräußerer, bei der Belastung des Kaufobjektes mit Grundpfandrechten zugunsten der Geldgeber der Käuferpartei mitzuwirken, sofern eine persönliche Haftung damit nicht verbunden ist und die Auszahlung der gesicherten Darlehen bis zur Kaufpreishöhe an die Verkäuferpartei sichergestellt ist.

abzuschließen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die weitergehende Berufung des Beklagten und die weitergehende Anschlussberufung des Klägers werden zurückgewiesen.

5. Die Revision wird zugelassen.

6. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt der Beklagte. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 400.000,00 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Streitwert des Verfahrens erster Instanz: 357.904,32 €

Streitwert des Berufungsverfahrens: 715.808,64 €

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt vom Beklagten den Abschluss eines notariellen Grundstückskaufvertrages.

Mit notariell beurkundetem Vertragsangebot vom 27.03.2002 (Urkundenrolle Nr. 799/02 des Notars Dr. J. H., S. - Anlage K 1, Bl. 5-9 d.A.) machte der Beklagte dem Kläger ein bis zum 28.03.2012 unwiderrufliches Angebot zum lastenfreien Erwerb des im Rubrum näher bezeichneten Grundstücks für einen Kaufpreis von 357.904,32 €.

Ziff. III. des notariellen Kaufangebotes lautet:

"Für den spätestens einen Monat nach Annahme dieses Angebotes noch abzuschließenden Kaufvertrag wird der Inhalt wie folgt schon jetzt festgelegt:

1. ...

2. ..."

(es handelt sich um die aus dem Tenor ersichtlichen Festlegungen hinsichtlich der Zahlung der Kaufpreissumme und einer etwaigen Finanzierung desselben).

Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts L. vom 17.05.2005 (Anlage B 6, Bl. 116-118 d.A.) ließen eine Firma Z. B. op Zoom B.V. und ein Herr H.-J. S., B. op Z., N., unter anderem die "Ansprüche aus dem Vertragsangebot vom 27.03.2002, Urkundenrolle Nr. 799/2002 des Notars Dr. J. H. betreffend das Grundstück Gemarkung G., Heft 1... BV Nr. 1, Flst. 6..., R.strasse 25, Gebäude- und Freifläche 5 a 56 qm" (Drittschuldner: R. S.) pfänden und an sich überweisen.

Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 16.02.2007 (Urkundenrolle Nr. 173/2007 des Notars Dr. T. K., S., - Anlage K 2, Bl. 10-14 d.A.) hat der Kläger die Annahme des oben genannten Vertragsangebots erklärt.

Mit weiterem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 05.03.2007 (Anlage B 5, Bl. 66/67 d.A.) hat ein Herr T. van D., Z., N., "sämtliche Ansprüche aus der Annahme des Vertragsangebots vom 27.03.2002 ...", "insbesondere sämtliche Ansprüche des Schuldners auf Abschluss eines Kaufvertrages betreffend das vorbezeichnete Grundstück R.straße 25, G. sowie sämtliche Ansprüche des Schuldners aus einem durch die Annahme des Vertragsangebots zustande gekommenen Kaufvertrags" gepfändet und an sich überweisen lassen.

Der Kläger bewohnt das auf dem Kaufgrundstück R.straße 24 in G. stehende Einfamilienhaus.

Mit Schreiben an den Beklagten vom 05.04.2007 (Anlage K 3, Bl. 15 d.A.) forderte der Kläger den Beklagten unter Beifügung des Entwurfs eines Kaufvertrages auf, einen Terminvorschlag zur notariellen Beurkundung abzugeben. Der Beklagte kam dem nicht nach, sondern ließ durch Anwaltsschreiben an den Kläger vom 12.04.2007 (Anlage K 4, Bl. 28/29 d.A.) Bedingungen für Gespräche über einen Kaufvertrag übermitteln.

In der Folge erhob der Kläger die vorliegende Klage, mit der zunächst die Verurteilung des Beklagten begehrt wurde, als Verkäufer mit dem Kläger als Käufer einen Kaufvertrag über das streitgegenständliche Grundstück abzuschließen. Nachdem der Beklagte im Rahmen der Klagerwiderung mit Hinweis auf den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts L. vom 05.03.2007 die Aktivlegitimation des Klägers in Abrede stellte, änderte der Kläger seinen Klagantrag und begehrte nunmehr, den Beklagten zu verurteilen, den Grundstückskaufvertrag mit Herrn T. van D., Z., N., abzuschließen. Der Beklagte hat hierauf erwidert, er sei nicht zum Abschluss eines Kaufvertrages mit Herrn T. van D. verpflichtet. Zudem hat sich der Beklagte auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Durch Urteil vom 16.08.2007 hat das Landgericht Stuttgart den Beklagten verurteilt, den Grundstückskaufvertrag mit Herrn T. van D., N., abzuschließen, Zug um Zug gegen Räumung und Herausgabe des Einfamilienhauses R.straße 25, G., nebst Garten und Garage an den Beklagten. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte unter Vertiefung seines bisherigen Vortrags seinen Antrag auf Klagabweisung weiter.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 16.08.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlussberufung beantragt der Kläger,

1. das Urteil des Landgerichts Stuttgart abzuändern und den Beklagten unbedingt - also unter Wegfall der Zug-um-Zug-Verurteilung - zu verurteilen, den (im Antrag näher bezeichneten) Grundstückskaufvertrag als Verkäufer mit Herrn T. van D. als Käufer zu verurteilen,

2. hilfsweise das Urteil des Landgerichts Stuttgart abzuändern und den Beklagten - ebenfalls unbedingt - zu verurteilen, den (im Antrag näher bezeichneten) Grundstückskaufvertrag als Verkäufer mit dem Kläger als Käufer abzuschließen,

3. höchst hilfsweise das Urteil des Landgerichts abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den (im Antrag näher bezeichneten) Grundstückskaufvertrag als Verkäufer mit dem Kläger als Käufer abzuschließen, Zug um Zug gegen Räumung und Herausgabe des Einfamilienhauses R.straße 25 in G. nebst Garten und Garage durch den Kläger.

Der Beklagte beantragt

die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Beklagte beruft sich auch in Bezug auf den im Rahmen der Anschlussberufung hilfsweise gestellten Antrag auf Verurteilung zu einem Vertragsschluss mit dem Kläger auf ein Zurückbehaltungsrecht.

Im Berufungsverfahren wurde der Kläger vom Senat unter anderem darauf hingewiesen, dass eine Geltendmachung des Anspruches auf Abschluss des Hauptvertrages durch den Kläger nur dann möglich ist, wenn das Einverständnis des Pfändungsgläubigers van D. hierzu beigebracht wird.

Der Kläger hat daraufhin eine Erklärung von Herrn T. van D. vom 30.01.2008 (Bl. 151 d.A.) mit folgendem Inhalt vorgelegt:

Ich, T. van D., erkläre hiermit folgendes:

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in dem o.g. Verfahren die vorläufige Rechtsauffassung geäußert, dass die Verurteilung des Beklagten zum Abschluss eines Kaufvertrages über das streitgegenständliche Grundstück mit dem Kläger nur mit meinem Einverständnis möglich sei.

Um die Realisierung der mir gemäß Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 05.03.2007 zustehenden Rechte zu ermöglichen, erkläre ich mich daher damit einverstanden, dass der bezeichnete Kaufvertrag zwischen den Parteien des genannten Rechtsstreits zu Stande kommt.

Der Beklagte trägt hierzu vor, das für die Anerkennung einer gewillkürten Prozessstandschaft erforderliche schutzwürdige Eigeninteresse des Klägers und des Pfändungsgläubigers von D. sei nicht dargetan und auch sonst nicht ersichtlich. Weiter seien schutzwürdige Belange des Beklagten tangiert, da der Kläger vermögenslos sei. II.

Der zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Die ebenfalls zulässige Anschlussberufung des Klägers hat teilweise Erfolg.

1.

Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass durch das Vertragsangebot des Beklagten vom 27.03.2002 (Anlage K 1, Bl. 5-9 d.A.) und die auf dieses Angebot bezogene "Vertragsannahme" des Klägers vom 16.02.2007 (Anlage K 2, Bl. 10-14 d.A.) lediglich ein Vorvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen ist. Dies ergibt sich aus der Ziff. III des Vertragsangebotes vom 27.03.2002, im Rahmen derer "für den spätestens einen Monat nach Annahme dieses Angebotes noch abzuschließenden Kaufvertrag" inhaltliche Festlegungen getroffen wurden. Es sollte demgemäß ein Hauptvertrag in Gestalt eines Grundstückskaufvertrages erst noch folgen. Die Verpflichtung zum Abschluss dieses Hauptvertrages war Gegenstand des Vertragsangebotes. Genau dieses Angebot wurde angenommen, wenn auch im Rahmen der Urkunde über die Vertragsannahme unpräzise von einem Angebot auf Abschluss eines Grundstückserwerbsvertrages die Rede ist.

Auch ein Vorvertrag der vorliegenden Art bedarf gemäß § 311 b BGB der notariellen Beurkundung (vgl. BGHZ 97, 147 ff.). Diese Form wurde durch die getrennte notarielle Beurkundung von Angebot und Annahme eingehalten (§ 128 BGB).

2.

Dem landgerichtlichen Urteil kann nicht darin gefolgt werden, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Hauptvertrag mit dem Pfändungsgläubiger abzuschließen.

Zwar hat dieser gegen den Kläger einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts L. vom 05.03.2007 erwirkt (9 M 1685/07, Anlage B 5, Bl. 66/67 d.A.). Nach dessen Inhalt sind sämtliche Ansprüche des Schuldners - mithin des Klägers des vorliegenden Rechtsstreits - aus der Annahme des Vertragsangebots vom 27.03.2002, insbesondere sämtliche Ansprüche des Schuldners auf Abschluss eines Kaufvertrages betreffend das in Rede stehende Grundstück sowie sämtliche Ansprüche des Schuldners aus einem durch die Annahme des Vertragsangebots zustande gekommenen Kaufvertrag, gepfändet und an den Pfändungsgläubiger überwiesen. Diese Pfändung und Überweisung konnte aber nicht bewirken, dass der durch den Vorvertrag versprochene Hauptvertrag vom Beklagten nunmehr mit dem Pfändungsgläubiger abzuschließen wäre.

Gemäß § 851 ZPO ist eine Forderung in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung nur insoweit unterworfen, als sie übertragbar ist. Nach der Regelung des § 399 BGB kann eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann oder wenn die Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen ist.

a) Der Anspruch aus einem Vorvertrag auf Abschluss eines Hauptvertrages erfährt durch eine Abtretung und die mit ihr verbundene Auswechslung des Gläubigers regelmäßig eine Inhaltsänderung. Für die an einem Vorvertrag beteiligte Gegenpartei ist im Blick auf den Hauptvertrag die Person des Vertragspartners wesentlich, etwa was dessen Vermögensverhältnisse, insbesondere seine Kreditwürdigkeit, oder persönliche Elemente des Vertrauens anbelangt. Die Abtretung des Anspruches aus dem Vorvertrag auf Abschluss eines Hauptvertrages ist daher regelmäßig wegen Inhaltsänderung im Sinne von § 399 1. Fall BGB ausgeschlossen (vgl. Busche in: Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Neubearbeitung 2005, § 399 BGB, Rdnr. 12; Roth in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 5. Auflage 2007, § 399 BGB, Rdnr. 11; Palandt-Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Auflage 2008, § 399 BGB, Rdnr. 4; Erman/Westermann, Bürgerliches Gesetzbuch, 11. Auflage 2004, § 399 BGB, Rdnr. 6).

Für Darlehensvorverträge hat, jedenfalls im Grundsatz, bereits das Reichsgericht im gleichen Sinne entschieden (RGZ 66, 359 ff.; RGZ 68, 355 ff.). Das Gleiche muss aber auch darüber hinaus gelten, denn es gehört schlechterdings zum Wesenskern der Privatautonomie, den Partner eines zu begründenden Schuldverhältnisses mit all den damit verbundenen Wirkungen selbst auswählen zu können.

Eine Abtretung des Anspruches aus dem Vorvertrag auf Abschluss des Hauptvertrages käme in der Sache einer Vertragübernahme gleich. Eine solche ist aber nach § 398 BGB gerade nicht möglich. Die gesamte Rechtsstellung einer Partei im Rahmen eines Schuldverhältnisses - also die Gesamtheit ihrer Rechte und Pflichten - kann nicht nach § 398 BGB übertragen werden. Eine Nachfolge in die gesamte Rechtsstellung ist nur unter Beachtung der in §§ 414, 415 BGB anerkannten Interessen der Gegenpartei möglich und erfordert nach dieser Maßgabe deren Mitwirkung bzw. Zustimmung (vgl. Roth in: Münchener Kommentar, a.a.O., § 398 BGB, Rdnr. 4).

Das Vorgesagte wird darüber hinaus bestätigt durch den Regelungsgehalt des § 473 BGB, wonach auch ein Vorkaufsrecht nicht übertragbar ist und nicht auf die Erben des Berechtigten übergeht, sofern nichts anderes bestimmt ist. Auch dieser Regelung liegt der Gedanke der Freiheit der Partnerwahl zugrunde (vgl. Mader in: Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Neubearbeitung 2004, § 473 BGB, Rdnr. 1 m.w.N.; Westermann in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 5. Auflage 2008, § 473 BGB, Rdnr. 1).

b) Die Vertragspartner eines Vorvertrages können - ebenfalls als Ausfluss der Privatautonomie - die Zulässigkeit einer Abtretung des Anspruches auf Vertragsschluss vereinbaren, dies auch stillschweigend (vgl. RGZ 66, 359 ff.). Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Dokumente, nämlich das (Vor-)Vertragsangebot des Beklagten vom 27.03.2002 und die (Vor-)Vertragsannahme durch den Kläger vom 16.02.2007, enthalten aber keinerlei Hinweis in diese Richtung, derartiges wird auch nicht behauptet.

c) Ist damit eine Abtretung des Anspruches aus dem Vorvertrag auf Abschluss eines Hauptvertrages ausgeschlossen, so kann gemäß § 851 ZPO auch eine entsprechende Pfändung und Überweisung nicht dazu führen, dass der Hauptvertrag nun mit dem Pfändungsgläubiger zu schließen sei. Soweit die Pfändung und Überweisung dies gleichwohl gegenständlich erfasst, ist sie nichtig.

Es liegt auch kein Fall des § 851 Abs. 2 BGB vor, wonach eine nach § 399 BGB nicht übertragbare Forderung insoweit gepfändet und zur Einziehung überwiesen werden kann, als der geschuldete Gegenstand der Pfändung unterworfen ist. "Geschuldeter Gegenstand" im Sinne dieser Norm kann Geld oder eine andere Sache sein, die der Pfändung unterworfen ist (vgl. Zöller-Stöber, Zivilprozessordnung, 26. Auflage 2007, § 851 ZPO, Rdnr. 6). Im vorliegenden Fall ist hingegen der Abschluss eines Grundstückskaufvertrages geschuldet, und genau dieser Anspruch ist (nur) Gegenstand der Klage.

Schließlich führt auch die Regelung des § 857 Abs. 3 ZPO, auf die der Kläger verweist, hier zu keinem anderen Ergebnis. Ein unveräußerliches Recht, dessen Ausübung im Sinne dieser Norm einem anderen überlassen werden kann (wie etwa ein Nießbrauch, § 1059 Abs. 2 BGB), steht im vorliegenden Fall nicht in Rede.

Welche sonstige Rechtsstellung der Pfändungsgläubiger durch die von ihm ausgebrachte Pfändung erworben hat, die ihm gegebenenfalls den Zugriff auf den wirtschaftlichen Wert des vertragsgegenständlichen Grundstücks selbst ermöglicht, kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben. Beim Darlehensvorvertrag etwa ist der zukünftige Anspruch auf Auszahlung des Darlehensbetrages in der Weise abtretbar und damit pfändbar, dass der Zedent durch die Auszahlung Darlehensschuldner wird (vgl. RGZ 66, 359 ff.; RGZ 68, 355 ff.; Weber in: RGRK, § 399 BGB, Rdnr. 26). Streitgegenstand ist vorliegende - was die Berufung des Beklagten betrifft - lediglich die Frage, ob der Beklagte zu einem Vertragsschluss mit dem Pfändungsgläubiger verpflichtet ist. Diese Frage ist wie gezeigt zu verneinen.

Das landgerichtliche Urteil, das eine Verurteilung des Beklagten zum Abschluss des Hauptvertrages mit dem Pfändungsgläubiger ausspricht, ist daher abzuändern und die auf dieses Begehren gerichtete Klage abzuweisen.

3.

Die Anschlussberufung des Klägers ist in ihrem Hauptantrag (Verurteilung des Beklagten zum Vertragsschluss mit dem Pfändungsgläubiger unter Wegfall der Einschränkung einer bloßen Zug-um-Zug-Verurteilung) zwar zulässig - insbesondere auch fristgerecht gemäß § 524 Abs. 2 ZPO erhoben -, nach dem Vorgesagten aber ohne weiteres als unbegründet zurückzuweisen.

4.

Die Anschlussberufung des Klägers hat Erfolg, soweit mit ihr hilfsweise eine Verurteilung des Beklagten zum Abschluss des Grundstückskaufvertrages mit dem Kläger als Käufer begehrt wird.

a) Der Hilfsantrag der Anschlussberufung ist auf eine Verurteilung des Beklagten gerichtet, den Hauptvertrag mit dem Kläger abzuschließen. Dieses Begehren entspricht zwar der ursprünglichen Antragstellung bei Erhebung der Klage, nicht aber dem zuletzt in erster Instanz gestellten, geänderten Klagantrag, der auf eine Kontrahierung mit dem Pfändungsgläubiger gerichtet war. Die Hilfsantragstellung im Rahmen der Anschlussberufung stellt daher eine Klageänderung dar. Eine solche ist im Berufungsverfahren nur unter den Voraussetzungen des § 533 ZPO zulässig. Diese liegen hier aber vor. Die Klagänderung ist gemäß § 533 Nr. 1, 2. Var. ZPO sachdienlich. Maßgeblicher Gesichtspunkt für die Frage einer Sachdienlichkeit der Klageänderung gemäß § 533 Nr. 1 ZPO ist der Gedanke der Prozesswirtschaftlichkeit (vgl. zuletzt BGH MDR 2004, 1075 f.). Für die Sachdienlichkeit spricht, dass die Zulassung der Klagänderung hier geeignet wäre, den Streitstoff zwischen den Parteien im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits auszuräumen und weiteren Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen. Der im Rahmen des Hilfsantrages zu behandelnde Streitstoff ist im Wesentlichen identisch mit dem bereits seitherigen Streitstoff. Der in der Person des Klägers begründete - und wie gezeigt nur scheinbar gepfändete - Anspruch gegen den Beklagten aus dem Vorvertrag ist als solcher unstreitig. Die Zurückbehaltungsrechte, auf die sich der Beklagte beruft, waren bereits in erster Instanz Gegenstand des Verfahrens, sie wurden vom Landgericht über §§ 404, 412 BGB geprüft.

Auch die zusätzliche Voraussetzung gemäß § 533 Nr. 2 ZPO, dass die geänderte Klage auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legen hat, ist gegeben. Dies ergibt sich teilweise bereits aus dem zur Identität des Streitstoffes Gesagten. Darüber hinaus war in der zentralen Frage des Rechtsstreits dem Kläger noch ein in erster Instanz unterbliebener gerichtlicher Hinweis nach § 139 ZPO zu erteilen. Denn die vom Pfändungsgläubiger gegen den Kläger ausgebrachte Pfändung und Überweisung hat zwar wie gezeigt nicht die Wirkung, dass der Hauptvertrag nunmehr mit diesem Pfändungsgläubiger abzuschließen wäre. Unproblematisch ist der Pfändung und Überweisung aber die Wirkung beizumessen, dass das Initiativrecht, den Abschluss des Hauptvertrages (zwischen dem Kläger und dem Beklagten) fordern zu können, auf den Pfändungsgläubiger übergegangen ist. Wie etwa die Regelung des § 857 Abs. 3 ZPO zeigt, begegnet ein solcher bloßer Übergang der Ausübungsbefugnis auch bei unübertragbaren Forderungen keinen Bedenken. Der Kläger selbst kann das Initiativrecht zur Herbeiführung des Hauptvertrages ohne eine entsprechende Ermächtigung des Pfändungsgläubigers nicht mehr ausüben.

Aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 147, 225 ff.) ergibt sich nichts anderes. Wenn dort ausgeführt ist, der Pfändungsschuldner könne grundsätzlich auch ohne Ermächtigung des Pfändungsgläubigers auf Leistung an den Pfändungsgläubiger klagen, so ist dies für die im vorliegenden Fall gegebene Konstellation unerheblich. Entscheidend ist, dass dem Vollstreckungsschuldner Verfügungen zum Nachteil des pfändenden Gläubigers verboten sind (BGH a.a.O.). Während die Einziehung einer Geldforderung durch den Pfändungsschuldner zu Gunsten des Pfändungsgläubigers, gerichtet auf Zahlung an diesen, für den Pfändungsgläubiger ausschließlich vorteilhaft ist, ist vorliegend die Interessenlage eine andere. Um die etwaigen wirtschaftlichen Vorteile aus dem Abschluss des Hauptvertrages erlangen zu können, muss dessen Herbeiführung in der Regie des Pfändungsgläubigers liegen. Die eigenmächtige Herbeiführung des Hauptvertrages durch den Kläger wäre für den Pfändungsschuldner nicht ausschließlich vorteilhaft.

Aus alldem ergibt sich zugleich, dass die vom Kläger in erster Instanz durch Schriftsatz vom 13.07.2007 (Bl. 52 ff. d.A.) vorgenommene Klageänderung (Abschluss des Hauptvertrages mit dem Pfändungsgläubiger) nicht sachdienlich war, weil sie der materiellen Rechtslage nicht gerecht wurde. Hierauf und auf das Erfordernis einer Ermächtigung wäre vom Landgericht hinzuweisen gewesen.

b) Der Kläger hat auf den im Berufungsverfahren erteilten Hinweis zum Erfordernis der Ermächtigung die Erklärung des Pfändungsgläubigers vom 30.01.2008 (Bl. 151 d.A.) vorgelegt. In dieser Erklärung erklärt dieser sein Einverständnis, dass der bezeichnete streitgegenständliche Grundstückskaufvertrag zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits zustande kommt. Zugleich lässt sich in prozessualer Hinsicht aus dieser Erklärung aufgrund der Bezugnahme auf den vorliegenden Rechtsstreit und auf den vom Senat erteilten Hinweis die (nachträgliche) Ermächtigung zur klagweisen Geltendmachung des Anspruches auf Kaufvertragsschluss durch den Kläger entnehmen. Bestätigt wird eine solche Ermächtigung im Übrigen in der vom Kläger vorgelegten weiteren Erklärung vom 21.02.2008 (Bl. 167 d.A.).

Entgegen der Auffassung des Beklagten bestehen gegen die Geltendmachung des Anspruches durch den Kläger keine durchgreifenden Bedenken. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft sind hier gegeben. Der Kläger hat ein schutzwürdiges Eigeninteresse an der Geltendmachung des Anspruches, da die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit mittelbar die eigene Rechtslage des Klägers als Pfändungsschuldner beeinflusst. Aufgrund der durch die Vollstreckung bestehenden Verbindung zwischen Pfändungsschuldner und Pfändungsgläubiger besteht auch ein schutzwürdiges Interesse des Pfändungsgläubigers an der Geltendmachung des Anspruches durch den Kläger. Der Beklagte als Prozessgegner wird durch diese auch nicht unbillig benachteiligt. Es liegt insbesondere kein Fall vor, in dem ein vermögensloser Kläger vom Rechtsinhaber gleichsam "vorgeschickt" wurde. Die Klage wurde vielmehr ursprünglich vom Kläger in eigener Sache - wenn auch unter Nichtbeachtung der Wirkungen der damals schon erfolgten Pfändung - erhoben.

Dass die Ermächtigung bei Klagerhebung noch nicht vorlag, ist im Übrigen unschädlich. Ihre Erteilung kann noch während eines Rechtsstreits erfolgen (vgl. Zöller-Vollkommer, a.a.O, Vorbemerkung zu § 50 ZPO, Rdnr. 45 m.w.N.).

Die Ermächtigung durch den Pfändungsgläubiger war auch ausreichend. Die vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgebrachte weitere, zeitlich vorrangige Pfändung der "Ansprüche aus dem Vertragsangebot vom 27.03.2002" durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts L. vom 17.05.2005 (Pfändung durch die Firma Z. B. o. Z. B.V und Herrn H.-J. S., AG L. 9 M 3340/05, Anlage B 6, Bl. 116-118 d.A.) macht weitere Ermächtigungen nicht erforderlich. Auch das Recht aus einem Vertragsangebot kann zwar jedenfalls dann gepfändet werden, wenn dem Angebotsempfänger das Recht eingeräumt ist, jenes Recht an einen Dritten abzutreten (BGHZ 154, 64 ff.; RGZ 111, 46 ff.). Im vorliegenden Fall war aber die Pfändung aus den oben genannten Gründen gemäß §§ 851 ZPO, 399 BGB unwirksam. Zum Zeitpunkt dieser Pfändung war das Angebot auch noch nicht angenommen, es konnte daher auch nicht zumindest das Initiativrecht gepfändet werden. Die unwirksame Pfändung konnte auch später, mit Annahme des Angebotes im Jahr 2007, keine Wirkungen mehr entfalten.

c) In der Sache ergibt sich der Anspruch des Klägers auf Abschluss des Grundstückkaufvertrages unmittelbar aus dem Vorvertrag. Dieser Anspruch war unbedingt zuzusprechen, da dem Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht nicht zusteht.

Einem Zurückbehaltungsrecht wegen eines Räumungsanspruches gegen den Kläger betreffend das vertragsgegenständliche Objekt steht gemäß § 242 BGB entgegen, dass insoweit ein schutzwürdiges Interesse des Beklagten fehlt, da die geforderte Leistung alsbald wieder zurückzugewähren wäre (dolo agit, qui petit, quod statim rediturus est). Ein Räumungsanspruch besteht zwar gemäß § 985 BGB. Materiell ist dieser unabhängig von einem Räumungstitel gegeben, und die Herleitung eines Besitzrechtes vom gleichfalls nicht besitzberechtigten Untermieter ist nicht möglich. Der Beklagte müsste aber im Zuge des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages dem Kläger den Besitz sogleich wieder einräumen (§ 433 Abs. 1 BGB).

Ein Zurückbehaltungsrecht in Zusammenhang mit dem Schuldanerkenntnis des Klägers vom 16.03.2004 (Anlage B 2, Bl. 41-44 d.A.) ist ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird auf die Ausführungen des Landgerichts im angegriffenen Urteil (dort Seiten 10/11) Bezug genommen, denen sich der Senat anschließt. Der Beklagte wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung darauf hingewiesen, dass zu dem behaupteten Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf das Schuldanerkenntnis vom 16.03.2004 noch näherer Vortrag erforderlich ist, namentlich zur Frage der Konnexität. Derartiger Vortrag wurde nicht gehalten.

III.

Die Revision war zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtsfrage, inwieweit und mit welcher Wirkung Rechte aus einem Vorvertrag gepfändet werden können, ist von grundsätzlicher Bedeutung und höchstrichterlich noch nicht entschieden.

IV.

Die Kostenentscheidung für die erste Instanz folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 2 ZPO. Die Pflicht des Klägers zur Kostentragung ergibt sich insoweit hinsichtlich der erfolgreichen Berufung des Beklagten aus dem Unterliegen des Klägers. Die Anschlussberufung des Klägers hat in ihrem Hilfsantrag einen Kaufvertragsschluss mit dem Kläger selbst zum Gegenstand und ist wegen dieses eigenständigen Streitgegenstands ihrerseits mit dem vollen Streitwert in Höhe des Kaufpreises zu bewerten. Mit dem Hilfsantrag der Anschlussberufung hat der Kläger zwar obsiegt, dies aber nur infolge der erst im Berufungsverfahren beigebrachten Ermächtigung durch den Pfändungsgläubiger. Die diesbezüglichen Kosten des Berufungsverfahrens sind vom Kläger daher nach § 97 Abs. 2 ZPO zu tragen.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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