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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 13.07.2005
Aktenzeichen: 8 W 170/05
Rechtsgebiete: WEG, BGB, GVG
Vorschriften:
WEG § 16 Abs. 2 | |
BGB § 242 | |
BGB § 138 | |
GVG § 17a |
2. Es kann wegen eines widersprüchlichen Verhaltens treuwidrig sein, wenn ein Bucheigentümer Wohngeldforderungen sein fehlendes Eigentum entgegenhält, obwohl er sich bis zum Entstehen der Wohngeldforderung auf seine fehlende Eigentümerstellung nicht berufen hat, die Wohnung besessen und durch Vermietung für seine Zwecke wirtschaftlich genutzt hat sowie über 10 Jahre lang die Wohngeldforderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft beglichen hat.
3. Es kann dahingestellt bleiben, ob gegenüber Wohngeldforderungen, die aus einer Zeit nach Behauptung der Nichtigkeit des Eigentumserwerbs stammen, das Bestreiten der Eigentümerstellung deshalb treuwidrig sein kann, weil der Bucheigentümer die Wohnung weiter besitzt und die Gefahr besteht, dass eine große Zahl weiterer Miteigentümer sich auf die Nichtigkeit der durch einen Strukturvertrieb vermittelten Verträge einschließlich dem Eigentumserwerb berufen kann und dies unerträgliche Folgen für die Eigentümergemeinschaft haben würde.
Oberlandesgericht Stuttgart - 8. Zivilsenat - Beschluss
vom 13.Juli 2005
Geschäftsnummer: 8 W 170/05
In der Wohnungseigentumssache
wegen Zahlung von Wohngeld
hier: sofortige weitere Beschwerde
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Bräuning, der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Zeller-Lorenz und des Richters am Oberlandesgericht Rast
beschlossen:
Tenor:
1. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 12.4.2005 wird
zurückgewiesen.
2. Der Antragsgegner trägt die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Auslagen sind in diesem Rechtszug nicht zu erstatten.
Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 3.048,80 €
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage M in S. und macht aufgrund einer vertraglichen Ermächtigung im Verwaltervertrag im eigenen Namen gegen den Antragsgegner rückständiges Wohngeld aus dem Jahr 2001 bis zum November 2003 zuzüglich Schadensersatz wegen Verzugs geltend.
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen darum, ob der Antragsgegner Wohnungseigentümer der Wohnung Nr. 503 geworden ist und ob er gegebenenfalls als bloßer Bucheigentümer zur Zahlung von Wohngeld verpflichtet ist.
Der Antragsgegner hatte am 10.10.1989 einem Herrn G. eine umfassende Vollmacht erteilt, aufgrund der dieser unter anderem mit notariellem Vertrag vom 26.3.1990 von der Grundstücksverwertungsgesellschaft M. in S. mbH die Wohnung Nr. 503 kaufte. Der Antragsgegner wurde am 13.2.1991 als Eigentümer im Wohnungsgrundbuch eingetragen. Im Jahr 1995 verlängerte der Antragsgegner einen Vertrag über die Mietverwaltung seiner Wohnung. Mit notariellem Kaufvertrag vom 24.9.2001 verkaufte er die Wohnung; mit Vereinbarung vom 22.7.2002 / 1.8.2002 wurde der Kaufvertrag aufgehoben, nachdem die Bank des Antragsgegners eine befreiende Schuldübernahme durch den Käufer abgelehnt hat. Gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. der Verwalterin berief sich der Antragsgegner erstmals auf die Unwirksamkeit seines Eigentumserwerbs in der Anspruchserwiderung mit Schriftsatz vom 8.12.2003 im vorliegenden Verfahren. Der Antragsgegner ist weiterhin im Besitz der Wohnung.
Die Verkäuferin wurde inzwischen wegen Vermögenslosigkeit gelöscht. Der Antragsgegner hat wegen der von ihm behaupteten Nichtigkeit der im Zusammenhang mit dem Erwerb der Wohnung geschlossenen Verträge eventuelle Ansprüche gegen die ihn finanzierende Bank gerichtlich bisher nicht geltend gemacht. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Ziffer I der Gründe des Beschlusses des Landgerichts Stuttgart vom 12.4.2005 verwiesen.
Gegen den dem Antrag vollumfänglich stattgebenden Beschluss des Amtsgerichts Böblingen hat der Antragsgegner die sofortige Beschwerde eingelegt, die mit dem Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 12.4.2005 zurückgewiesen wurde. Weil die Antragstellerin Wohngeldansprüche gegen ein Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend mache, sei die Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts gegeben. Der Antragsgegner sei für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum zur Zahlung des Wohngelds verpflichtet. Nachdem er sich bis zum Dezember 2003 gegenüber der Eigentümergemeinschaft nicht auf eine fehlende Eigentümerstellung berufen, sondern sich wie ein Eigentümer verhalten habe, würde es gegen das Verbot des widersprüchlichen Verhaltens verstoßen, wenn er die einen Wohnungseigentümer treffende Pflicht zu Wohngeldzahlungen nicht erfülle. Insbesondere habe er durch die Vermietung finanzielle Vorteile erlangt. Für die Wohnungseigentümergemeinschaft seien die Umstände, die Zweifel an der Eigentümerstellung des Antragsgegners begründen könnten, nicht erkennbar gewesen. Im übrigen stünde die Verkäuferin der Eigentumswohnung für die Beitreibung der Wohngeldforderung der Gemeinschaft faktisch nicht zur Verfügung, weil sie wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden sei.
Gegen den am 21.4.2005 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 2.5.2005 die sofortige weitere Beschwerde eingelegt, mit der er die Zurückweisung des Antrags weiter verfolgt. Der Antrag müsse schon deshalb zurückgewiesen werden, weil der Antragsgegner nicht Eigentümer der fraglichen Eigentumswohnung und damit nicht Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft geworden sei und deshalb nicht das WEG-Gericht, sondern das streitige Gericht zur Entscheidung über den Antrag zuständig sei. Im übrigen hafte er, weil er nicht Eigentümer geworden sei, nicht für die geltend gemachten Ansprüche. Insbesondere hafte er nicht nach Treu und Glauben.
Die Antragstellerin ist der sofortigen weiteren Beschwerde entgegengetreten. Das vorliegende Verfahren wolle der Antragsgegner zum Anlass nehmen, seine materiellrechtliche Eigentümerstellung zu klären, was nicht Zweck dieses Verfahrens sei. Die Antragstellerin habe allein wirtschaftliche Interessen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass ca. 50 % der eingeforderten Wohngelder sogenannte umlagefähige Kosten sind, die üblicherweise auf den Wohnungsmieter umgelegt werden. Hätte der Antragsgegner sich früher darauf berufen, nicht Eigentümer zu sein, hätte die Wohnung, die der Antragsgegner jetzt plötzlich nicht mehr wolle, vom Versorgungsnetz abgetrennt werden können. Der Antragsgegner habe auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft gelebt und müsse sich deshalb an deren Kosten nun beteiligen. Im übrigen sei der Anspruch der Antragstellerin schon aus bereicherungsrechtlichen Gründen gegeben.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß § 45 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache bleibt die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners ohne Erfolg. Eine sofortige weitere Beschwerde ist nur dann begründet, wenn das Beschwerdegericht eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet hat und dessen Entscheidung gerade auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Eine solche Rechtsverletzung ist nicht festzustellen.
1.
Die §§ 17 bis 17b GVG sind im Verhältnis der streitigen ordentlichen Gerichtsbarkeit zur freiwilligen Gerichtsbarkeit - jedenfalls soweit es sich um echte Streitsachen handelt - entsprechend anwendbar (BGH, Urteil vom 20.1.2005, AZ: III ZR 278/04). § 17a GVG findet deshalb auch im Rahmen einer Zuständigkeitsprüfung nach § 46 WEG Anwendung (BGH NJW 1995, 2851, 2852).
a) Für das vorliegende Verfahren ist das Wohnungseigentumsgericht zuständig. Nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG ist das Wohnungseigentumsgericht ausschließlich zur Entscheidung von Streitigkeiten über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergebenden Rechten und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander berufen. Ob eine solche Streitigkeit vorliegt, ist anhand des vom Antragsteller zur Entscheidung gestellten Begehrens zu ermitteln, da nur er den Verfahrensgegenstand bestimmt (Bärmann / Pick / Merle WEG 9. Aufl., § 43 RN 3 m.w.N. in FN 4; Zöller-Gummer, ZPO 25. Aufl., § 13 GVG RN 11). Die Einwendungen des Antragsgegners sind daher bei der Beurteilung der Zuständigkeit unbeachtlich (Zöller, a.a.O. m.w.N.). Da die Antragstellerin behauptet, der Antragsgegner sei Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft und schulde daher aus dem Gemeinschaftsverhältnis die Zahlung von Wohngeld, ist für dieses Verfahren die Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts gegeben. Soweit der Antragsgegner im Hinblick auf die Verfahrenszuständigkeit auf seine Behauptung abstellt, er sei nicht Wohnungseigentümer geworden, vermischt er in unzulässiger Weise die Frage der Zulässigkeit des Antrags und dessen Begründetheit.
b) Nachdem im übrigen der Antragsgegner erstinstanzlich die Zulässigkeit des Rechtswegs gemäß § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG nicht gerügt hatte, musste das Amtsgericht nicht vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs entscheiden. Gemäß § 17a Abs. 5 GVG verbleibt es damit für das Beschwerdeverfahren und für das Rechtsbeschwerdeverfahren bei dem einmal eingeschlagenen Verfahrensweg.
2.
Grundsätzlich setzt der Anspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft auf die Zahlung von Wohngeld voraus, dass der Anspruchsgegner rechtswirksam Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft geworden ist (BGH NJW 1994, 3352, 3353; BayObLG NZM 2002, 263, 264; KG FGPrax 2001, 136, 137). Es kann jedoch vorliegend dahingestellt bleiben, ob der Antragsgegner wirksam Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft geworden ist.
a) Ist der Antragsgegner Wohnungseigentümer geworden, haftet er aus dem Gemeinschaftsrecht in Verbindung mit § 16 Abs. 2 WEG für die durch bestandskräftige Wohnungseigentümerbeschlüsse festgestellten Wohngeldforderungen.
b) Sollte der Wohnungseigentumserwerb des Antragsgegners nichtig sein, ist er deswegen keinem bereicherungsrechtlichen Anspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft in Höhe der Kosten des Wohngelds ausgesetzt. In diesem Fall hätte die Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß ihrer Beschlussfassung einen Wohngeldanspruch nicht gegen den Bucheigentümer, sondern gegen den wahren Eigentümer. Der Antragsgegner hätte dann die Eigentumswohnung nicht auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern auf Kosten des wahren Wohnungseigentümers genutzt, so dass lediglich ein Bereicherungsanspruch des wahren Wohnungseigentümers gegen den Scheineigentümer in Betracht käme, während die Wohnungseigentümergemeinschaft allein auf ihren Wohngeldanspruch gegen den wahren Eigentümer zu verweisen wäre.
c) Sollte der Antragsgegner nicht Wohnungseigentümer geworden sein, kann er sich aber aufgrund der konkreten Umstände dieses Einzelfalls gemäß § 242 BGB hierauf nicht berufen. Die Rechtsordnung lässt grundsätzlich widersprüchliches Verhalten zu. Widersprüchliches Verhalten ist aber missbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere bestimmte Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (Palandt-Heinrichs BGB 64. Aufl., § 242 RN 55 m.w.N.). Hier haftet der Antragsgegner, weil er sich mit dem Einwand, ihm fehle die Passivlegitimation, treuwidrig mit eigenem Verhalten in Widerspruch setzt (BGH NJW-RR 2000, 1114, 1115; 1990, 417, 418; 1987, 335). Der Antragsgegner hat seit seiner Eintragung im Wohnungsgrundbuch am 13.2.1991 bis zur Vorlage der Antragserwiderung vom 8.12.2003 gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft keinen Zweifel daran gelassen, dass er sich für den wahren Wohnungseigentümer der Wohnung Nr. 503 gehalten hat. Er hat die Wohnung besessen und durch Vermietung für seine Zwecke wirtschaftlich genutzt. Zumindest in diesen knapp 13 Jahren hat er an der Wohnungseigentümergemeinschaft teilgenommen und bis Ende 2001, also über 10 Jahre lang, die Wohngeldforderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft beglichen. Durch den letztlich gescheiterten Versuch im Jahr 2001, die Wohnung zu verkaufen, hat der Antragsgegner auch gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft nochmals seine vermeintliche Eigentümerstellung bestätigt. Der Antragsgegner hat durch sein Verhalten das Vertrauen der Wohnungseigentümergemeinschaft veranlasst, er sei der wirkliche Wohnungseigentümer und nicht nur der Bucheigentümer der Wohnung Nr. 503.
Das Vertrauen der Wohnungseigentümergemeinschaft ist schutzwürdig. Wegen des Verhaltens des Antragsgegners hat die Wohnungseigentümergemeinschaft ihre Wohngeldforderungen nicht gegen den wahren Eigentümer, der inzwischen wegen Vermögenslosigkeit gelöscht wurde, geltend gemacht bzw. aus der Nichtzahlung von Wohngeldansprüchen nicht die möglichen rechtlichen und tatsächlichen Konsequenzen gezogen, um die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht unnötigerweise zu belasten.
Könnte sich der Antragsgegner rechtswirksam darauf berufen, nicht Eigentümer geworden zu sein, könnte er von der Wohnungseigentümergemeinschaft sämtliche bisherige Zahlungen an die Gemeinschaft gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB mit Zinsen (§ 818 Abs. 1, 1. Hs BGB) herausverlangen. Während eventuelle Zinsforderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen den wahren Eigentümer zum Großteil verjährt wären, wären die Möglichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft, vom wahren Eigentümer, der wegen Vermögenslosigkeit gelöscht ist, die Begleichung ihrer Wohngeldforderungen seit dem Jahr 1991 zu erhalten, sehr begrenzt. Letztlich bliebe der Wohnungseigentümergemeinschaft voraussichtlich lediglich eine Entziehung des Wohnungseigentums gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG.
Dem Vertrauensschutz der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 242 BGB steht hier nicht entgegen, dass der Antragsgegner möglicherweise viele Jahre selbst keine Kenntnis von der Nichtigkeit seines Erwerbs des Wohnungseigentums hatte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Nichtigkeit eines Erwerbs des Wohnungseigentums ihre Ursache nicht im Verhältnis des Antragsgegners zur Wohnungseigentümergemeinschaft hat, sondern im Verhältnis des Antragsgegners zur Verkäuferin bzw. zu deren Strukturvertrieb. Die Wohnungseigentümergemeinschaft konnte daher noch viel weniger als der Antragsgegner beurteilen, ob dessen Wohnungseigentumserwerb wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sein könnte und gegebenenfalls trotzdem nach den §§ 171, 172 BGB als wirksam zu behandeln wäre. Demgegenüber hat der Antragsgegner behauptet, er sei bei Unterzeichnung der umfassenden Vollmacht am 10.10.1989, die später jedenfalls nach dem äußeren Anschein zum Kaufvertrag, dem Eigentumserwerb und dem Abschluss weiterer Verträge geführt hat, arglistig getäuscht worden. Er habe den Inhalt dieses auf deutsch gehaltenen Dokuments weder lesen noch verstehen können. Herr G. sei deshalb von ihm unbewusst bevollmächtigt worden. Angesichts dieser vorgetragenen Umstände des Erwerbsvorgangs hätte der Antragsgegner Veranlassung gehabt, entweder selbst oder durch einen Rechtskundigen die obergerichtliche und höchstgerichtliche Rechtsprechung zu vergleichbaren Vorgängen zu verfolgen. Spätestens nach der grundsätzlichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 28.9.2000 (BGHZ 145, 265 = WM 2000, 2443 = NJW 2001, 70) musste der Antragsgegner bei der hier veranlassten Beobachtung der Rechtsprechung angesichts der von ihm geschilderten Umstände seines Erwerbs sich vergegenwärtigen, dass er nicht der wirkliche Eigentümer, sondern lediglich Bucheigentümer der Eigentumswohnung geworden sein könnte. Redlicherweise hätte er dies gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft offenbart. Erst nach diesem Zeitpunkt, zu dem die Wohnungseigentümergemeinschaft eine entsprechende Mitteilung des Antragsgegners erwarten durfte, sind die verfahrensgegenständlichen Ansprüche entstanden.
Auch wenn grundsätzlich der Bucheigentümer für Wohngeldansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 16 Abs. 2 WEG nicht haftet und die Eigentümergemeinschaft den wahren Eigentümer ermitteln und ihn als richtigen Schuldner in Anspruch nehmen muss (BGH NJW 1994, 3352, 3353), hat das Landgericht aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls zu Recht angenommen, die Berufung des Antragsgegners auf seine Stellung als nichthaftender Bucheigentümer sei widersprüchlich und treuwidrig. Ergänzend wird auf die Ausführungen des Landgerichts im Beschluss vom 12.4.2005 verwiesen.
d) Es kann dahingestellt bleiben, ob sich der Antragsgegner auch nach der Behauptung gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft, er sei nicht der wahre Eigentümer, sondern lediglich Bucheigentümer, als Wohnungseigentümer behandeln lassen muss, weil er weiterhin die Nutzungsmöglichkeit über die Wohnung hat und die Berufung auf die Unwirksamkeit seines Eigentumserwerbs zu schlechthin unerträglichen Ergebnissen für die Wohnungseigentümergemeinschaft führen würde. Letzteres könnte sich daraus ergeben, dass ausweislich der vorgelegten Prospekte alle oder ein Großteil der Wohnungen des Gebäudes M. in S. im Strukturvertrieb veräußert wurden und deshalb zumindest ein Großteil der Wohnungseigentümer ihre Wohngeldzahlungen einstellen und eine Klärung ihrer Eigentümerstellung in Verfahren der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen sie erzwingen könnte. In dem vorgelegten Prospekt Stand August 1989 sind ca. 140 Wohnungen enthalten, von denen ausweislich des Verkaufsprospekts Stand Februar 1992 bis auf 22 Wohnungen alle anderen Wohnungen verkauft worden sind. Es droht damit die Einstellung der Wohngeldzahlungen der in dieser Weise betroffenen Eigentümer und der Verfahren gegen diese in einem Umfang, der die Grundlagen der Wohnungseigentümergemeinschaft massiv berührt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft keine Verantwortung für die Nichtigkeit der einzelnen Erwerbsvorgänge trägt und diese nicht überschaut.
Nachdem verfahrensgegenständlich lediglich Forderungen vor der Behauptung der Nichtigkeit des Wohnungserwerbs gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft sind, kommt es hierauf jedoch nicht an.
3.
Die Höhe der Wohngeldforderungen ist nicht streitig. Die Nebenforderungen beruhen auf Verzug gemäß § 286 BGB. Der Antragstellerin steht es frei, diese Ansprüche im Wege eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs geltend zu machen oder aus materiellem Recht vorzugehen (vgl. Zöller-Herget a.a.O. vor § 91 RN 12 m.w.N.).
Nachdem die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners keinen Erfolg hat, entspricht es billigem Ermessen nach § 47 Satz 1 WEG, ihm die Gerichtskosten aufzuerlegen. Nachdem Entscheidungen anderer Obergerichte oder des Bundesgerichtshofs zum Verhältnis zwischen einem Bucheigentümer, der sich über viele Jahre wie der wahre Eigentümer verhalten hat, und der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht ersichtlich sind, gibt es für die Erstattung außergerichtlicher Kosten gemäß § 47 Satz 2 WEG keine Veranlassung.
Die Voraussetzungen für eine Vorlage des Verfahrens gemäß § 28 Abs. 2 FGG an den Bundesgerichtshof fehlen.
Die Ausführungen zur Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts erfolgen auf der Grundlage der ständigen Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs.
Mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der anderen Obergerichte steht die Auffassung des Senats im Einklang, wonach der Bucheigentümer kein Wohngeld nach § 16 Abs. 2 WEG schuldet. Bezüglich der Anwendung des § 242 BGB liegt eine Entscheidung im Einzelfall vor, der - soweit ersichtlich - die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs nicht entgegensteht.
Ende der Entscheidung
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