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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bamberg
Urteil verkündet am 11.01.2001
Aktenzeichen: 2 UF 172/00
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 511
ZPO § 516
ZPO § 518
ZPO § 519
ZPO § 287
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
BGB § 1571
BGB § 1573 Abs. 1
BGB § 1573 Abs. 2
BGB § 1578 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Bamberg IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 UF 172/00 1 F 1188/98 AG -FG- Bamberg

Verkündet am 11. Januar 2001

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Justizangestellte

in der Familiensache

wegen Ehegattenunterhalts

Der 2. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Faber und der Richter am Oberlandesgericht Braun und Dörfler aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Bamberg vom 13: April 2000 abgeändert und die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 511, 516, 518, 519 ZPO zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Der Klägerin steht für die Zeit von Dezember 1997 bis jetzt kein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zu.

Die Klägerin kann ihr Unterhaltsverlangen weder auf § 1571 BGB (Unterhalt wegen Alters) noch auf § 1573 Abs. 1 BGB (Unterhalt bis zur Erlangung einer angemessenen Erwerbstätigkeit) stützen.

Die Klägerin war im Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung am 30. Oktober 1997 43 Jahre alt. Die Trennung der Eheleute war bereits Mitte 1993 erfolgt, als die Klägerin noch 39 Jahre alt war. Im Trennungsunterhaltsverfahren (OLG Bamberg; Az. 2 UF 225/98) hat sie im Schriftsatz vom 9. Oktober 1997 ausführen lassen, dass sie bereits diverse Gespräche über die Errichtung einer Anwaltskanzlei geführt habe und die Voraussetzungen für deren Gründung geschaffen haben werde, wenn der gemeinsame Sohn S1 das Abitur abgelegt habe (Mitte 2000). Die Klägerin ist also selbst davon ausgegangen, dass ihr eine Erwerbstätigkeit möglich und zumutbar ist. Angesichts dieser Umstände fehlt für die Annahme, dass von der Klägerin wegen ihres Alters eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann, jegliche tatsächliche Grundlage. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 1999, 708) kann allgemein ein Fall des § 1571 BGB erst ab dem 65. Lebensjahr angenommen werden. Bei einem geringeren Lebensalter bedarf die Frage des Bestehens einer Erwerbsobliegenheit einer Prüfung nach unterhaltsrechtlichen Gesichtspunkten unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles. Diese rechtfertigen jedoch aus den schon genannten Gründen die Ablehnung einer Erwerbsobliegenheit nicht, zumal die Klägerin altersmäßig noch sehr weit vom regulären Rentenalter entfernt ist. Daran ändert auch ihre Ehe mit einem gut verdienenden Zahnarzt nichts, weil sie selbst über eine akademische Ausbildung verfügt.

Auch auf § 1573 Abs. 1 BGB kann der Unterhaltsanspruch nicht gestützt werden. Die Klägerin hat nämlich die Voraussetzungen der Vorschrift nicht substantiiert dargetan. Nachdem sie im Trennungsunterhaltsverfahren - wie bereits ausgeführt - die Gründung einer eigenen Anwaltskanzlei angekündigt hat, hat sie sich im Verfahren über den nachehelichen Unterhalt auf die unsubstantiierte Behauptung beschränkt, dass sie wegen der fehlenden Berufserfahrung nicht als Juristin im Beruf bestehen könne. Es fehlen jegliche konkreten Ausführungen dazu, welche Bemühungen um eine Arbeitsstelle sie unternommen hat. Damit sind die Voraussetzungen des §§ 1573 Abs. 1 BGB nicht schlüssig dargetan.

Allerdings kommt ein Aufstockungsunterhaltsanspruch gemäß § 1573 Abs. 2 BGB in Betracht. Entscheidend ist damit, ob die Klägerin ihren sich aus den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 BGB) ergebenden Bedarf durch eigene Einkünfte selbst decken kann. Das ist für die Zeit von Dezember 1997 bis jetzt der Fall, so dass ihr auch unter diesem Gesichtspunkt zur Zeit kein Unterhalt zusteht.

Die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien waren durch das Einkommen des Beklagten als Zahnarzt sowie das Wohnen in dem im gemeinsamen Miteigentum stehenden Anwesen in S geprägt.

Das Einkommen eines selbständig Tätigen ist im Regelfall auf der Grundlage eines 3-Jahresdurchschnitts zu ermitteln, um Einkommensschwankungen auszuschalten. Dies hat das Familiengericht auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Dr. S vom 3. November 1999 auch getan. Grundlage seiner Ermittlungen sind die Einnahme-Überschuss-Rechnungen des Beklagten in den Jahren 1994 bis 1996. Von diesen Zahlen ist auszugehen, nachdem der strittige Unterhaltszeitraum im Dezember 1997 beginnt. Neuere Einnahmen-Überschuss-Rechnungen für die Jahre 1997 bis jetzt sind von den Parteien nicht substantiiert dargetan und deren Berücksichtigung ist auch nicht verlangt worden.

Der Beklagte hat nach den vorgelegten Einnahme-Überschuss-Rechnungen in den Jahren 1994, 1995 und 1996 einen zu versteuernden Gewinn von 233.408,-- DM, 275.248,-- DM bzw. 290.573,-- DM erzielt. Die darin enthaltenen Ausgaben hat der Sachverständige Dr. S auf ihre unterhaltsrechtliche Relevanz überprüft und den Gewinn auf 262.550,-- DM (1994), 297.562,-- DM (1995) und 322.962,-- DM (1996) korrigiert. Dagegen hat der Beklagte - soweit nicht noch darauf einzugehen sein wird - keine Einwendungen erhoben.

Der Gutachter hat weiter den Wohnwert des im gemeinsamen Miteigentum stehenden Anwesens in S ermittelt, wobei er von einem nunmehr unstreitigen Mietwert von monatlich 2.000,-- DM ausgegangen ist. Hiervon hat er die Belastungen, insbesondere die Schuldzinsen für die Darlehen bei der Kreissparkasse B mit den Nummern 816024400 und 816024392 abgezogen und den verbleibenden Wohnwert zur Hälfte dem Einkommen des Beklagten zugerechnet. Hieraus ergibt sich, dass der Einwand des Beklagten, die von dem Gutachter aufgrund des 2-Konten-Modells aus den Betriebsausgaben herausgenommenen Zinsaufwendungen seien zu Unrecht nicht berücksichtigt worden, unzutreffend ist. Die Zinsen sind zwar nicht als Betriebsausgaben anerkannt, jedoch als Belastungen - wirtschaftlich zutreffend - beim Wohnwert abgezogen.

Daraus ergibt sich aber auch, dass der Gutachter das eheprägende Einkommen der Parteien zu niedrig ermittelt hat, weil der auf die Klägerin entfallende Mietwert unberücksichtigt geblieben ist. Zur Bedarfsermittlung ist der gesamte beiden Parteien zuzurechnende verbleibende Wohnwert anzusetzen, der im Jahre 1994 3.728,-- DM, im Jahre 1995 5.208,-- DM und im Jahre 1996 6.676,-- DM betragen hat.

Das hat weiter zur Konsequenz, dass der Mietwert nicht - wie vom Familiengericht angenommen - zusätzlich mit monatlich 2.000,-- DM als Einkommen der Klägerin gewertet werden kann, weil er in den Berechnungen des Gutachtens bereits enthalten ist.

Nach Abzug der von ihm anerkannten Vorsorgeaufwendungen und der sich errechnenden Steuerbelastung hat der Sachverständige im Jahre 1994 ein bereinigtes Einkommen von 154.692,-- DM, im Jahre 1995 in Höhe von 165.130,-- DM und im Jahre 1996 in Höhe von 163.381,-- DM errechnet (bei Berücksichtigung des vollen und nicht nur des hälftigen Wohnwertes). Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die anliegende Tabelle verwiesen (vgl. Zeilen 1 bis 56).

Die vom Beklagten vorgebrachten Einwendungen führen zum Teil zu einer Korrektur der Einkommensermittlung.

Der Gutachter und mit ihm das Familiengericht haben die Altersvorsorgeaufwendungen des Beklagten nur zum Teil anerkannt. Unberücksichtigt geblieben sind die aus Zeile 42 der anliegenden Tabelle sich ergebenden Beträge. Die Beschränkung auf die Prozentsätze der gesetzlichen Rentenversicherung und die insoweit bestehenden Höchstbeträge stellt jedoch keine angemessene Altersversorgung (mehr) dar. Der Beklagte hat im Jahre 1994 und im Jahre 1996 knapp 12 bzw. 11 % seines zu versteuernden Gewinns zur Bildung einer Altersrücklage verwendet. Dies hält sich in einem angemessenen Rahmen, zumal zu berücksichtigen ist, dass es sich bei den Zahlungen auch um vermögensbildende Aufwendungen gehandelt hat und diese folglich den Parteien nicht zur Deckung ihres täglichen Lebensbedarfs zur Verfügung gestanden haben. Einen Anspruch auf Beteiligung an der Vermögensbildung des Beklagten hat die Klägerin jedoch nach der Scheidung nicht mehr.

Zu korrigieren sind nur die Aufwendungen für das Jahr 1995, die mit rund 15 % des zu versteuernden Einkommens deutlich aus dem sonst üblichen Rahmen herausragen. Hierfür fehlt jegliche schlüssige Erklärung des Beklagten. Der Senat setzt deshalb für das Jahr 1995 den Durchschnitt der im Jahre 1994 und 1996 nicht berücksichtigten Aufwendungen an ((9.995,-- DM + 13.556,-- DM) : 2).

Die Beträge (vgl. Zeile 62 der anliegenden Tabelle) sind vom Einkommen des Beklagten zusätzlich abzuziehen. Daran ändert auch der Hinweis der Klägerin nichts, dass während intakter Ehe jährlich nur etwa 9.000,-- DM für die Altersversorgung aufgewendet worden seien. Maßgeblich für die Frage der Eheprägung im Sinne des § 1578 Abs. 1 BGB ist nämlich die Zeit bis zur Rechtskraft der Scheidung, die erst am 30. Oktober 1997 eingetreten ist. Die Aufwendungen in den Jahren 1994 bis 1996 sind also eheprägend.

Zu korrigieren ist die Einkommensermittlung des Gutachters und des Familiengerichts auch aufgrund der Tilgungsleistungen für die Darlehen Nr. 816024400 und 816024392 bei der Kreissparkasse B die zur Finanzierung der Anschaffung des im gemeinsamen Miteigentum stehenden Anwesens in S aufgenommen wurden. Bei der Ermittlung des Wohnwertes sind auch beim nachehelichen Unterhalt nicht nur die Zinsaufwendungen, sondern auch die Tilgungsleistungen zu berücksichtigen (BGH FamRZ 2000, 952). Daran ändert der Umstand nichts, dass durch den Abzug ein negativer Wohnwert entsteht. Zwar führt dies zur Vermögensbildung eines oder beider Ehepartner. Dies ist jedoch unterhaltsrechtlich dann anzuerkennen, wenn sich die vermögensbildenden Aufwendungen in einem angemessenen Rahmen halten. Es kann nämlich keinen Unterschied machen, ob Zahlungen auf eine Lebensversicherung geleistet oder Immobilienwerte geschaffen werden.

Nach der mit Schriftsatz des Beklagten vom 4. Dezember 2000 vorgelegten Aufstellung haben die Parteien in den Jahren 1991 bis 1993 auf das Darlehen 816024400 jährlich Tilgungen in Höhe von insgesamt 48.000,-- DM und im Jahre 1994 in Höhe von 39.520,43 DM geleistet. Das Darlehen war folglich im Dezember 1994 zurückgezahlt. Auf das Darlehen 816024392 wurden in der Zeit bis Dezember 1994 nur Zinszahlungen erbracht, die jedoch in der Wohnwertermittlung des Sachverständigen bereits berücksichtigt sind. Im Dezember 1994 war folglich nur noch das Darlehen mit der Nr. in Höhe von 250.000,-- DM zur Rückzahlung offen. Es entspricht deshalb einer konsequenten und vernünftigen Wirtschaftplanung der Parteien, wenn ab 1995 die bisher auf das Darlehen 816024400 aufgewendeten Tilgungsleistungen nunmehr für das Darlehen 816024392 erbracht werden. Tatsächlich hat der Beklagte auch im Jahre 1998 das Darlehen mit insgesamt 48.000,-- DM getilgt. Im Jahre 1999 waren es jedoch nur 4.000,-- DM und im Jahre 1997 0,-- DM. Die beiden letztgenannten Beträge sind nach Auffassung des Senats auf trennungsbedingte Veränderungen zurückzuführen. Im Falle der Fortführung der Ehe wäre das Darlehen 816024392 in Höhe von 250.000,-- DM voraussichtlich mit jährlich 48.000,-- DM getilgt worden. Hiervon ist für die Unterhaltsberechnung auszugehen, weil es sich insoweit um die eheprägenden Verhältnisse handelt.

Im Falle einer monatlichen Rückzahlung von 4.000,-- DM wäre das Darlehen in Höhe von 250.000,-- DM im März 2000 getilgt gewesen, mit der Folge, dass den Parteien dieser Betrag wieder zur freien Verfügung gestanden hätte. Dies führte jedoch nicht ohne weiteres zu einem höheren eheprägenden Einkommen der Parteien, weil nicht anzunehmen ist, dass sie die volle Summe für den Konsum verwendet hätten. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass sie einen Teil des Betrages weiterhin zur Vermögenbildung herangezogen hätten. Der Senat schätzt diesen gemäß § 287 ZPO auf monatlich 1.500,-- DM, so dass sich das eheprägende Einkommen der Parteien ab April 2000 um 2.500,-- DM erhöht hat.

Bei der Ermittlung des Durchschnittseinkommens in den Jahren 1994 bis 1996 sind folglich die Tilgungsleistungen mit jährlich 48.000,-- DM abzuziehen. Dies führt zwar in den Jahren 1994 bis 1996 durchschnittlich zu einem negativen Wohnwert von etwa 3.600,-- DM monatlich. Angesichts des Einkommens des Beklagten hält sich dies jedoch in einem angemessenen Rahmen, zumal die vermögensbildenden Aufwendungen auch der Klägerin zugute gekommen sind.

Im Jahre 1994 errechnet sich damit ein bereinigtes Einkommen von 96.697,-- DM, im Jahre 1995 in Höhe von 105.354,-- DM und im Jahre 1996 in Höhe von 101.8255,-- DM, woraus sich ein durchschnittliches Monatseinkommen von 8.441,-- DM ergibt, das sich ab April 2000 wegen der dann wegfallenden Darlehenstilgung um 2.500,-- DM erhöht hat.

Weitere Korrekturen am Einkommen des Beklagten sind nicht vorzunehmen.

Ob die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (FamRZ 1984, 41), dass Abschreibungen auf Gebäude unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen sind, weil die Wertminderung durch Wertsteigerungen aufgrund der Preisentwicklung am Immoblienmarkt kompensiert wird, weiterhin aufgrund der mittlerweile eingetretenen Veränderungen aufrecht erhalten werden kann, kann offen bleiben. Dies gilt auch für das Vorbringen des Beklagten, die in den Jahren 1991/1992 erfolgten Investitionen im Eingangsbereich der Praxis hätten eine Werterhöhung des Objekts zur Folge gehabt, mit der Konsequenz, dass daraus jährliche Abschreibungen von 6.300,-- DM berücksichtigt werden müssten. Selbst wenn man nämlich die Nichtberücksichtigungsfähigkeit dieser Betriebsausgaben zu Gunsten der Klägerin unterstellt, ergibt sich für sie - wie noch darzustellen sein wird - kein Unterhaltsanspruch.

Die vom Beklagten monierten Zinsaufwendungen in Höhe von 15.123,-- DM hat der Gutachter zwar bei den Betriebsausgaben herausgenommen, die Zinsen jedoch als Belastungen im Rahmen des Wohnvorteil berücksichtigt. Sie haben also Eingang in die Einkommensermittlung gefunden.

Dies gilt auch für die Zahlungen in die Krankenversicherung und die Unfallversicherung.

Korrekturen bei der Steuerberechnung des Sachverständigen ergeben sich nicht, weil sich die vom Senat berücksichtigten Tilgungsleistungen auf die für das Haus aufgenommenen Darlehen steuerrechtlich nicht auswirken. Dies gilt wegen der insoweit einzuhaltenden Höchstbeträge auch für die vom Senat zusätzlich berücksichtigten Altersvorsorgeaufwendungen.

Ohne unterhaltsrechtlich relevante Auswirkung bleiben auch die vom Beklagten geltend gemachten Tilgungsleistungen auf weitere Darlehen. Einen Bezug zu dem im gemeinsamen Miteigentum stehenden Anwesen in S hat der Beklagte nur hinsichtlich der beiden bereits erwähnten Verbindlichkeiten bei der Kreissparkasse B; hergestellt. Hinsichtlich der weiteren in dem Schriftsatz vom 22. September 2000 erwähnten Darlehen hat er nicht behauptet, dass sie für den Erwerb des Hauses aufgewendet wurden. Es muss sich also um betrieblich veranlasste Darlehen handeln, die nicht zusätzlich zu den bereits berücksichtigten Abschreibungen geltend gemacht werden können. Eine substantiierte Darstellung des jeweiligen konkreten Verwendungszwecks der Darlehen ist seitens des Beklagten nicht erfolgt, so dass nicht überprüft werden kann, ob die Tilgungen wirtschaftlich nicht bereits durch die in der Einnahme-Überschuss-Rechnung enthaltenen Abschreibungen berücksichtigt sind.

In der Zeit bis April 2000 hat der Beklagte folglich über ein bereinigtes Nettoeinkommen von 8.441,-- DM und ab April 2000 in Höhe von 10.941,-- DM verfügt, das für die Deckung des Lebensbedarfs der Parteien und des gemeinsamen Sohnes zur Verfügung stand.

Der Kindesunterhalt ist unstreitig mit monatlich 1.000,-- DM tituliert. Hierauf ist der hälftige Kindergeldanteil mit maximal 135,-- DM zu addieren, weil für die Errechnung des Ehegattenunterhalts vom Tabellenkindesunterhalt auszugehen ist. In der Zeit von Dezember 1997 bis April 2000 verbleiben damit 7.306,-- DM bzw. ab April 2000 9.806,-- DM.

Die Beträge sind um den Erwerbstätigenbonus (1/10) zu korrigieren. Grundlage ist der sich nach Abzug des Kindesunterhalts ergebende Betrag von 7.306,-- DM bzw. 9.806,-- DM. Der Erwerbstätigenbonus wird zwar nur, aus dem Erwerbseinkommen und nicht aus dem Wohnwert errechnet. Zu einer Änderung führt dies jedoch für die Zeit bis März 2000 nicht, weil sich aus der Berücksichtigung der Tilgungsleistung in Höhe von monatlich 4.000,-- DM ein negativer Wohnwert ergibt und die darin enthaltene Vermögensbildung dazu führen muss, dass sich der Erwerbstätigenbonus aus einem geringeren Betrag errechnet. Anders ist dies allerdings in der Zeit ab April 2000, weil dann die monatlichen Tilgungsleistungen wegfallen und sich dann ein durchschnittlich positiver Mietwert von monatlich 433,76 DM ergibt ((3.728,-- DM + 5.208,-- DM + 6.676,-- DM) : 36).

Unter Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus verbleibt damit in der Zeit bis März 2000 ein eheprägendes Einkommen von 6.575,40 DM und in der Zeit ab April 2000 in Höhe von 8.868,77 DM, woraus sich ein hälftiger Bedarf der Klägerin von 3.287,70 DM bzw. 4.434,38 DM ergibt.

Hierauf hat sich die Klägerin zur Deckung ihres Bedarfs den Wohnwert des von ihr und ihrem Sohn alleine genutzten ehelichen Anwesens mit unstreitig 2.000,-- DM anrechnen zu lassen.

Zur Bedarfsdeckung heranzuziehen sind auch die Zinseinkünfte aus den am 3. Februar 1997 erhaltenen 200.000,-- DM aus dem Verkauf des Anwesens S Der Beklagte hat der Klägerin insoweit substantiiert vorgerechnet, dass sie über monatliche Zinseinkünfte in Höhe von 474,71 DM verfügen muss. Dem ist sie nicht substantiiert entgegengetreten. Insbesondere hat sie keine konkreten Ausführungen dazu gemacht, dass der Geldbetrag mittlerweile verbraucht worden sein soll. Die fehlende Substantiierung geht zu ihren Lasten, weil sie damit ihre Bedürftigkeit nicht ausreichend dargetan hat.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz vom 4.1.2001 gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO), nachdem die Klägerin bereits im Termin vom 16.11.2000 auf den fehlenden Sachvortrag hingewiesen worden ist.

An bislang nicht gedecktem Bedarf der Klägerin verbleiben folglich in der Zeit bis März 2000 monatlich 814,-- DM und in der Zeit ab April 2000 monatlich 1.960,-- DM.

Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die anliegende Tabelle verwiesen.

Trotzdem steht ihr ein entsprechender Unterhaltsanspruch nicht zu, weil ihr fiktiv ein Einkommen zumindest in entsprechender Höhe zuzurechnen ist.

Das Unterhaltsrecht geht für die Zeit nach der Scheidung von dem Grundsatz der Eigenverantwortung aus. Jeder Ehegatte ist also gehalten, für sich selbst zu sorgen (Palandt/Diederichsen, BGB, 60. Aufl., § 1569 Rdnr. 1).

Die Klägerin ist folglich zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet. Diese ist ihr möglich und auch zumutbar. Sie hat als Volljuristin eine qualifizierte Berufsausbildung. Im Zeitpunkt der Trennung der Parteien war sie 39 Jahre alt. Auch altersmäßig kann damit von ihr noch eine Erwerbstätigkeit erwartet werden. Gesundheitliche Einschränkungen sind nicht behauptet. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen. Noch mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 9. Oktober 1997 hat sie in dem Trennungsunterhaltsverfahren erklärt, dass sie die Gründung einer eigenen Anwaltskanzlei beabsichtigt und betreibt. Sie ist also selbst von der Möglichkeit und Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit ausgegangen. Dieser Auffassung ist auch der Senat. Die Klägerin war mindestens seit Anfang 1995 (mehr als ein Jahr nach der Trennung) gehalten, sich eventuell fehlende Kenntnisse zu verschaffen. Hierzu hätte es Möglichkeiten im Rahmen der universitären Fortbildung, der Anwaltsfortbildung oder des Selbststudiums durch die Lektüre von Büchern und Skripten gegeben. Spätestens ab Rechtskraft der Scheidung wäre sie dann nach Überzeugung des Senats wissensmäßig in der Lage gewesen entweder selbst eine Anwaltskanzlei zu gründen, in einer Anwaltskanzlei mitzuarbeiten oder als juristische Mitarbeiterin in der Privatwirtschaft (z. B. bei einer Versicherung) tätig zu sein. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens hierzu bedarf es nicht, weil die Richter des Senats aufgrund ihrer Tätigkeit im Bereich der Anwaltsfortbildung und der Kontakte zur Anwaltschaft über ausreichende Sachkenntnis verfügen, um die Frage selbst beurteilen zu können. Im übrigen ist darauf hinzuweisen; dass die Klägerin keine Erwerbsbemühungen substantiiert hat und ihr schon deshalb ein fiktives Einkommen zuzurechnen ist.

In welcher Höhe die Klägerin tatsächlich Einkünfte erzielen könnte, kann hier offen bleiben. Der Senat geht davon aus, dass sie in der Zeit bis März 2000 mindestens über ein bereinigtes Einkommen von monatlich 814,-- DM und in der Zeit ab April 2000 in Höhe von monatlich mindestens 1.960,-- DM verfügen könnte. Eine Steigerung im Laufe der Jahre ist schon deshalb angezeigt, weil die Klägerin dann über eine entsprechend längere Berufserfahrung verfügt hätte.

Unter Berücksichtigung dieses fiktiven Einkommens verbleibt im Ergebnis kein Unterhaltsanspruch der Klägerin.

Daran ändert auch ihr Hinweis darauf nichts, dass nach der neueren Rechtsprechung die Hausfrauentätigkeit wirtschaftlich zu bewerten sei und eine nachfolgende Erwerbstätigkeit folglich eheprägenden Charakter habe. Als eheprägend können nämlich nur Umstände bis zur Rechtskraft der Scheidung herangezogen werden. Bis zum 30. Oktober 1997 war die Klägerin jedoch nicht erwerbstätig. Im übrigen handelt es sich bei dem ihr zugerechneten Einkommen nur um ein fiktives Einkommen, das keinen eheprägenden Charakter haben kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit liegen die §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO zugrunde.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 546 Abs. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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