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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bamberg
Beschluss verkündet am 28.02.2003
Aktenzeichen: 2 WF 8/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, UVG, RegelbetragsVO


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2
ZPO §§ 567 ff.
ZPO § 114
ZPO § 654
BGB § 1601
BGB § 1603 Abs. 2
UVG § 7
RegelbetragsVO § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
2 WF 8/03

Beschluss

des Einzelrichters des 2. Zivilsenats - Familiensenats - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 28. Februar 2003

in der Familiensache

wegen Unterhalts;

hier: Prozesskostenhilfe

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Aschaffenburg vom 17. September 2002 wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die gemäß §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Seine Klage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 114 ZPO, weil er seine fehlende Leistungsfähigkeit nicht schlüssig dargetan hat.

Bei dem vom Kläger initiierten Verfahren handelt es sich um eine Abänderungsklage im Sinne des § 654 ZPO. Sie ermöglicht eine Korrektur des Festsetzungsbeschlusses des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 9.4.2002 rückwirkend zum Beginn des dort erfassten Unterhaltszeitraumes (November 2000), wenn die Klage innerhalb von einem Monat nach Rechtskraft der Entscheidung vom 9.4.2002 erhoben ist. Zwar fehlt es bisher an der Zustellung der Klage und damit an der Klageerhebung (§ 253 Abs. 1 ZPO). Dieses Hindernis dürfte jedoch noch beseitigbar sein, wenn die Zustellung der Klage "demnächst" erfolgt (vgl. § 167 ZPO; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 654 Rdnr. 4, § 167 Rdnr. 15).

Der Kläger ist seinem am 7.1994 geborenen Sohn gemäß §§ 1601 BGB dem Grunde nach zum Unterhalt verpflichtet. Der Unterhaltsanspruch ist aufgrund der unstreitig vom Beklagten erbrachten UVG-Leistungen gemäß § 7 UVG auf diesen übergegangen. Die titulierten Beträge sind im Ergebnis geringer als 100 % des Regelbetrages nach § 1 der RegelbetragsVO, weil das hälftige Kindergeld voll verrechnet worden ist. Damit stellt sich im Ergebnis nur die Frage der Leistungsfähigkeit des Klägers (§ 1603 Abs. 2 BGB), für deren Fehlen er in vollen Umfang darlegungs- und beweispflichtig ist. Daran fehlt es jedoch.

Strittig ist der geltend gemachte Unterhalt für die Zeit ab November 2000. Der dem Kläger zu belassene notwendige Selbstbehalt hat in der Zeit bis Juni 2001 1.500,-- DM, im 2. Halbjahr 2001 1.640,-- DM und ab Januar 2002 840,-- Euro betragen. Um den vom Beklagten geltend gemachten Unterhalt aufbringen zu können, hätte der Kläger unter Wahrung seines notwendigen Selbstbehalts in der Zeit von November 2000 bis Juni 2001 über ein bereinigtes unterhaltsrechtliches Nettoeinkommen von monatlich 1.796,-- DM, im 2. Halbjahr über 1.949,-- DM und ab Januar 200,2 über 991,-- Euro verfügen müssen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Zeilen 14 und 15 der anliegenden Tabelle Bezug genommen.

Im Jahr 2000 hat der Kläger aus seiner Tätigkeit als Koch mindestens über ein monatliches Nettoeinkommen von 3.532,90 DM verfügt. Der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000 ist zu entnehmen, dass er einen Bruttoarbeitslohn von 58.634,-- DM verfügte. Hiervon abzuziehen sind die Lohnsteuer mit 6.410,66 DM, der Solidaritätszuschlag in Höhe von 277,50 DM sowie die Sozialversicherungsaufwendungen in Höhe von insgesamt 11.839,-- DM. Hinzuzurechnen ist das Arbeitslosengeld für Dezember 2000 (2.288,-- DM). Insgesamt ergibt dies Einnahmen in Höhe von 42.394,84 DM (= 3.532,90 DM monatlich). Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass der Kläger auch über steuerfreie Bezüge verfügt hat, die der Einkommensteuererklärung nicht entnommen werden können und die von ihm nicht substantiiert dargelegt worden sind.

Im Jahr 2001 hat das durchschnittliche Nettoeinkommen mindestens monatlich 4.461,91 DM betragen. Den Lohnbescheinigungen für die Monate April 2001 bis Dezember 2001 kann entnommen werden, dass der Kläger über ein Gesamtbruttoeinkommen von 73.249,83 DM und sonstige Bezüge in Höhe von 607,50 DM verfügt hat. Hiervon abzuziehen sind die Lohnsteuer mit 18.217,39 DM, der Solidaritätszuschlag mit 953,19 DM, die Krankenversicherung mit 4.197,59 DM, die Rentenversicherung mit 6.354,05 DM, die Arbeitslosenversicherung mit 2.162,38 DM und die Pflegeversicherung mit 496,61 DM (= 41.476,12 DM).

Dabei sind auch die in dem erwähnten Bruttoeinkommen enthaltenen Beträge für Kosten und Logie sowie die Nutzung des Firmenfahrzeuges als Einkommen zu berücksichtigen. Es handelt sich um vom Arbeitgeber gewährte wirtschaftliche Vorteile, die für den Kläger Geldwert haben und deshalb auch unterhaltsrechtlich als Einkommen anzusetzen sind. Anhaltspunkte dafür, dass der wirtschaftliche Wert geringer als der versteuerte Betrag ist, sind nicht vorhanden. Dies gilt insbesondere für den Wertansatz für die Überlassung des Firmenfahrzeuges. Zwar wird der zu versteuernde Betrag steuerrechtlich pauschaliert und muss nicht mit dem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der Nutzungsüberlassung identisch sein. Der Senat geht jedoch in ständiger Rechtsprechung von den steuerrechtlichen Wertansätzen aus. Will ein Unterhaltspflichter geltend machen, dass der wirtschaftliche Wert geringer ist, hat er die Möglichkeit ein Fahrtenbuch zu führen und so gegenüber dem Finanzamt und auch gegenüber dem Unterhaltsberechtigten darzulegen und zu belegen, wie hoch sein wirtschaftlicher Vorteil ist. Tut er dies nicht und begnügt er sich mit der Pauschalierung der Besteuerung, nimmt er in Kauf, dass er einen zu hohen Zusatzbetrag als Arbeitseinkommen versteuert und deshalb eine zu hohe Steuerlast hat. Diese kann er dem Unterhaltsberechtigten nicht entgegenhalten. Er muss Möglichkeiten der Steuerersparnis nutzen.

Nach den Lohnbescheinigungen für die Monate Januar und Februar 2001 hat der Kläger in dem Zeitraum 4.006,60 DM und 4.037,84 DM netto verdient. Zu seinem Einkommen im Monat März 2001 hat er keine Angaben gemacht. Auszugehen ist deshalb von dem Durchschnittsbetrag dieser beiden Monate, so dass sich für die Zeit von Januar 2001 bis März 2001 ein weiteres Einkommen von 3 x 4.022,25 DM (= 12.066,75 DM) errechnet. Insgesamt ergibt dies im Jahr 2001 ein Jahresnettoeinkommen von 53.542,87 DM (= 4.461,91 DM monatlich).

Im Jahr 2002 hat das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen des Klägers mindestens 2.237,15 Euro betragen. Nach der Lohnsteuerkarte für dieses Jahr hat der Kläger über ein zu versteuerndes Bruttoeinkommen von 50.352,77 Euro verfügt. Hiervon abzuziehen sind die Lohnsteuer mit 13.230,06 Euro, der Solidaritätszuschlag mit 659,41 Euro sowie der Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung mit 9.617,51 Euro. Danach sind netto 26.845,79 Euro verblieben (= 2.237,15 Euro monatlich). Dabei bleibt noch offen, ob der Kläger nicht zusätzlich über steuerfreie Bezüge verfügt hat, die der Lohnsteuerkarte nicht entnommen werden können. Der Aufforderung, die Lohnbescheinigung für Dezember 2002 vorzulegen, ist er nicht nachgekommen, so dass steuerfreie Zuwendungen des Arbeitgebers mangels diesbezüglicher Darlegungen des Klägers nicht festgestellt werden können.

Von dem Nettoeinkommen ist grundsätzlich die 5 %ige Werbungskostenpauschale abzuziehen (vgl. Zeile 20 der anliegenden Tabelle).

Für die Zeit von November 2000 bis einschließlich August 2001 hat dies jedoch zu unterbleiben, weil der Kläger geltend macht, dass er die Leasingraten für den PKW der Marke aufbringen musste, den er für die Fahrten zu seiner Arbeitsstelle benötigt hat. Geht man davon aus, dann sind Werbungskosten des Klägers bereits berücksichtigt, so dass für den Ansatz der Pauschale kein Raum mehr ist.

Anstelle der Pauschale ist deshalb für die Zeit von November 2000 bis August 2001 die Leasingrate vom Einkommen des Klägers abzusetzen. Nach der vorgelegten Kopie des Vertrages hat die monatliche Verpflichtung 561,39 DM betragen. Nach der getroffenen Vereinbarung ist der Leasingvertrag im August 2001 ausgelaufen. Für höhere Zahlungen des Klägers fehlt es an der Darlegung einer rechtlichen Verpflichtung.

Für die Zeit ab Juli 2000 hat der Kläger dargelegt und durch Vorlage der Verträge belegt, dass ihm gegenüber der bank Rückzahlungsverpflichtungen aus drei Darlehen mit monatlichen Annuitäten von 260,-- DM, 750,-- DM und 490,-- DM treffen. Darlehensnehmer ist nicht nur der Kläger, sondern auch die Mutter des Kindes. Aus dem in den Darlehensverträgen angegebenen Verwendungszweck der Darlehen sowie dem sonstigen Schriftverkehr mit der bank ist zu entnehmen, dass es sich um die Umschuldung eines bereits früher begründeten und notleidend gewordenen Kreditengagement handelt. Dem Grunde nach sind deshalb die Belastungen des Klägers zu berücksichtigen. Fraglich kann nur sein, ob er sich wegen der gegenüber dem Kind nach § 1603 Abs. 2 BGB gesteigerten Unterhaltspflicht auf Zinszahlungen hätte beschränken müssen. Die Frage kann jedoch offen bleiben, weil der Kläger selbst unter voller Berücksichtigung der Annuitäten in der Zeit ab Januar 2001 leistungsfähig war und ist. D Der Kläger wohnt in dem ihm zu einem Bruchteil gehörenden Anwesen in. Er trägt zwar vor, dass er tatsächlich nur eine Fläche von etwa 57 qm im Dachgeschoss nutzt. Nach dem vorgelegten Übergabevertrag vom 18.6.1997, durch den ihm und der Mutter des Kindes von den Eltern bzw. Schwiegereltern ein Miteigentumsanteil an dem Anwesen übertragen worden ist, hat der Kläger das Recht auf Nutzung aller Räumlichkeiten, die in der Anlage zu dem Vertrag mit dem Buchstaben "B" gekennzeichnet sind. Dies erfasst auch Räumlichkeiten außerhalb des Dachgeschosses. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass es sich dabei etwa um 80 qm insgesamt handeln dürfte. Substantielle Einwendungen dagegen sind nicht vorgebracht. Ob der Kläger die Räume tatsächlich nutzt, ist ohne Bedeutung. Nach den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen steht ihm die Nutzung zu. Sie ist ihm deshalb auch wirtschaftlich zuzurechnen. Die Kaltmiete vergleichbarer Räumlichkeiten in j dürfte bei etwa 10,-- DM liegen, so dass dem Kläger ein Wohnwert von monatlich 800,-- DM zuzurechnen ist.

Er macht hiergegen geltend, dass er an seine Eltern monatliche Zahlungen in Höhe von 562,52 Euro erbringen muss. Insoweit fehlt es jedoch an schlüssigen Ausführungen. Nach dem notariellen Vertrag vom 18.6.1997 hat der Kläger auf dem Anwesen lastende Verbindlichkeiten in Höhe von 150.000,-- DM mit übernommen. Gegenüber seinen Eltern hat er sich verpflichtet die Hälfte der vorhandenen Annuitäten zu tragen.

Auf die Aufforderung, die Höhe der Darlehensbeträge, die noch durch die Eltern begründet worden sind, näher darzulegen, hat der Kläger nur einen Kontoauszug der Sparkasse für das Jahr 2002 vorgelegt, dem entnommen werden kann, dass am 1.1.2002 noch ein Darlehenssaldo von 82.764,77 DM bestanden hat und hierauf monatliche Zahlungen in Höhe von 281,21 Euro erbracht wurden. Mangels weiterer substantiierter Darlegungen des Klägers ist deshalb davon auszugehen, dass sich die in dem notariellen Vertrag erwähnte Darlehenssumme von 150.000,-- DM auf mittlerweile rund 82.000,-- DM im Jahr 2002 verringert hat und hieraus eine monatliche Annuität von 281,21 Euro resultiert. Nach der in der notariellen Vereinbarung getroffenen Regelung hat der Kläger hiervon jedoch nur die Hälfte zu tragen, so dass nur eine monatliche Belastung von 275,01 DM bzw. 140,61 Euro anerkannt werden kann. Für die weitergehenden Zahlungen fehlt es an der Darlegung einer rechtlichen Verpflichtung.

Dem Grunde nach abzugsfähig sind auch die Zahlungsverpflichtungen des Klägers aus den beiden Verträgen der Bausparkasse Nr. und. Nach den vorgelegten Unterlagen ist der erste erwähnte Bausparvertrag offensichtlich im Zusammenhang mit der Übertragung des Miteigentumsanteils von den Eltern auf den Kläger zwischenfinanziert worden. Die Belastung hat nach den vorgelegten Unterlagen monatlich 232,50 DM betragen. Nach der Auszahlung des Bausparvertrages ist die Annuität aufgrund der nun notwendigen Rückzahlung auf 482,-- DM monatlich erhöht worden.

Richtig ist auch, dass der Kläger aus dem zweiten Bausparvertrag mit monatlichen Annuitäten von 150,-- DM belastet ist, die bereits aus dem Jahre 1994 resultieren.

Auch wegen dieser beiden Verträge stellt sich die Frage, ob der Kläger im Hinblick auf seine gesteigerte Unterhaltspflicht nicht gehalten gewesen wäre, sich auf Zinszahlungen zu beschränken. Die Frage kann auch insoweit offen bleiben, weil der Kläger selbst bei voller Berücksichtigung dieser Annuitäten zumindest in der Zeit seit Januar 2001 in vollem Umfang leistungsfähig ist.

Wegen der Einzelheiten wird auf die anliegende Tabelle Bezug genommen. Danach hat der Kläger nach Abzug der erwähnten Belastungen in der Zeit von Januar 2001 bis August 2001 über ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 2.293,51 DM, in den Monaten September bis Dezember 2001 in Höhe von 2.631,80 DM und seit Januar 2002 über 1.303,64 Euro verfügt. Danach konnte er die vom Beklagten geltend gemachten Unterhaltsbeträge aufbringen, ohne seinen notwendigen Selbstbehalt zu gefährden.

Hiervon ausgenommen sind nur die Monate November und Dezember 2000. Nach Abzug der geschilderten Verbindlichkeiten wären ihm 1.364,-- DM verbleiben. Benötigt hätte er zur Unterhaltszahlung und zur Wahrung seines notwendigen Selbstbehalts 1.796,-- DM. Die hinreichende Erfolgsaussicht seiner Klage begründet dies jedoch nicht, weil die fehlende Leistungsfähigkeit des Klägers nur einen Zeitraum von zwei Monaten betrifft und- es ihm auf jeden Fall möglich und zumutbar gewesen wäre, zumindest für diesen kurzen Zeitraum sich bei den geschilderten Annuitäten auf Zinszahlungen zu beschränken und die Tilgung zurückzustellen. In diesem Falle hätte er auch die Unterhaltszahlungen für die Monate November und Dezember 2000 aufbringen können, wozu er aufgrund der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB auch verpflichtet war. Im übrigen wird wegen der Einzelheiten der Berechnung auf die anliegende Tabelle Bezug genommen.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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