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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bamberg
Urteil verkündet am 14.09.2005
Aktenzeichen: 3 U 3/05
Rechtsgebiete: BGB, MaBV, ZVG


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 136
BGB § 157
BGB § 288 Abs. 1 Satz 2
BGB § 291 Satz 1 2. HS
BGB § 389
BGB § 404
BGB § 433 Abs. 2
MaBV § 3 Abs. 1 Nr. 3
ZVG § 20
ZVG § 23 Abs. 1
ZVG § 146 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Bamberg IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 3/05

Verkündet am 14. September 2005

in dem Rechtsstreit

wegen Kaufpreiszahlung.

Der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... der Richterin am Oberlandesgericht ... und des Richters am Oberlandesgericht ... aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 27. Juli 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 31. November 2004 abgeändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die ... Aktiengesellschaft, ... 162.090,94 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27. Juli 2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

VI. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 162.090,49 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Bezahlung von zwei Eigentumswohnungen.

Der Beklagte zu 2) war für die Fa. ... Gesellschaft für Wohnbau und Grünplanung mbH (i.F. ...) als Architekt tätig.

Unter anderem wirkte er auch bei der Errichtung einer Wohnanlage in ... bei ... mit. Das Projekt wurde von der Volksbank ... und Umgebung eG, der Rechtsvorgängerin der Klägerin, finanziert. Zur Sicherung ihrer Forderung war für das Grundstück eine erstrangige Grundschuld über 2 Mio. und eine zweitrangige Grundschuld über 1 Mio. DM eingetragen.

Mit notariellen Kaufvertrag des Notars Dr. ... vom 30.12.1996 - URNr. ... (Anlage K1 zum Schriftsatz vom 18.03.2003) kauften die Beklagten von der ... zwei Wohnungen in dieser Wohnanlage. Diese befanden sich auf dem Grundstück Fl.-Nr. ... (Grundbuch des Amtsgerichts ..., Blatt ...). Der Gesamtpreis der beiden Wohnungen betrug 328.000,00 DM.

Wegen der eingegangenen Zahlungsverpflichtungen haben sich die Beklagten gegenüber der Verkäuferin der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen (Nr. 9 der notariellen Urkunde).

Zur Begleichung der offenen Honorarforderungen des Beklagten zu 2) gegen die sollten diese in Höhe von 317.022,60 DM mit dem Kaufpreis verrechnet werden (Nr. 25 der notariellen Urkunde).

In der Urkunde war angegeben, dass der Kaufpreisanspruch der an die Rechtsvorgängerin der Klägerin abgetreten wird (Nr. 8 der notariellen Urkunde).

Deshalb enthält die in der Urkunde enthaltene Verrechnungsvereinbarung (Nr. 25) mit den Honoraransprüchen des Beklagten zu 2) den "Vorbehalt, dass die Volksbank ... und Umgebung eG der Verrechnung zustimmt unter Wahrung ihrer Verpflichtung zur Lastenfreistellung, auch bei vorstehender Zahlungsweise."

Eine ausdrückliche Zustimmung der Klägerin oder ihrer Rechtsvorgängerin erfolgte nicht.

Die Volksbank ... und Umgebung eG übermittelte den Beklagten eine "Freistellungsverpflichtung" vom 27.04.1995 (Anlage K8 zum Schriftsatz vom 18.03.2003), die u. a. folgenden Text enthält:

"Mindert der Käufer den Kaufpreis oder rechnet er mit ihm aus dem Vertragsverhältnis zustehenden Forderungen auf, so genügt die Zahlung der geminderten Vertragssumme, wenn die Minderung oder Aufrechnung vom Verkäufer anerkannt oder durch gerichtliche Entscheidung rechtskräftig festgestellt ist."

Mit ihrer Klage forderte die Klägerin aus abgetretenem Recht die Bezahlung des Restkaufpreises in Höhe von 317.022,60 DM an die ... Bank AG, an die sie die Forderung ihrerseits abgetreten hatte.

Die Klägerin hat im ersten Rechtszug beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die ... Aktiengesellschaft, ... 162.090,94 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.09.2002 zu bezahlen.

Die Beklagten haben beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils ergänzend verwiesen.

Die Beklagten haben der Fa. ... und dem Notar Dr. ... mit Schriftsatz vom 03.06.2003 den Streit verkündet (Bl. 18-20 d.A.). Beide sind dem Rechtsstreit nicht beigetreten.

Das Landgericht hat der Klage nach Hinweisen zur Fälligkeitsproblematik mit Endurteil vom 30.11.2004 in vollem Umfang stattgegeben.

Es hat im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus § 433 Abs. 2 BGB. Die Fälligkeit sei aufgrund der als Anlage K8 zum Schriftsatz vom 18.03.2003 vorgelegten Freistellungserklärung eingetreten (Seite 7 des Urteils = Bl. 142 dA).

Der Anspruch sei nicht durch Aufrechnung erloschen, da die erforderliche Zustimmung nicht erteilt worden sei. Eine solche liege nicht in der Freistellungserklärung, da diese nur die Aufrechnung mit Forderungen "aus dem Vertragsverhältnis" zulasse (Seite 8 des Urteils = Bl. 143 d.A.).

Auch in der Übersendung der Freistellungserklärung liege keine Zustimmung zur Verrechnung.

Dem Anspruch stehe nicht der Wegfall der Geschäftsgrundlage entgegen. Er sei auch nicht verwirkt, weil das erforderliche Umstandsmoment fehle.

Das Urteil wurde den Beklagten am 08.12.2004 zugestellt. Sie haben am 04.01.2005 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis 08.03.2005 am 04.03.2005 begründet.

Die Beklagten beanstanden die Vertragsauslegung des Erstgerichts. Sie meinen, die Honorarforderung des Beklagten zu 2) sei wegen des Textes in Ziffer 25 des Kaufvertrages zu einer Aufrechnungsforderung "aus dem Vertragsverhältnis" im Sinne der Freistellungsverpflichtung geworden. Mit dem Kaufvertrag sei eine eigenständige neue Anspruchsgrundlage für die Honorarforderung geschaffen worden.

Wie bereits in erster Instanz tragen die Beklagten weiter vor, die Geschäftsgrundlage des Vertrages sei entfallen. Für die Beklagten sei Bedingung gewesen, dass sie über einen gezahlten Teilbetrag von 10.977,40 EUR (gemeint DM) hinaus keine weiteren Zahlungen leisten müssen.

Auch sei die Forderung verwirkt.

Jedenfalls sei die Fälligkeit erst mit der von der Klägerin im Lauf des Rechtsstreits mit Schriftsatz vom 06.02.2004 abgegebenen Erklärung (Bl. 46 und 47 d.A.) eingetreten.

Weiter beanstanden die Beklagten, dass das Landgericht den im Schriftsatz vom 22.11.2004 (Bl. 131-133 d.A.) enthaltenen Hilfsantrag nicht berücksichtigt habe.

Sie beantragen im Berufungsverfahren:

Das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 30.11.2004, Aktenzeichen: 1 O 171/03, wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Hilfsweise:

Das Urteil des Landgerichts Bamberg 30.11.2004, Aktenzeichen 1 O 171/03 wird abgeändert und die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 162.090,49 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz zu zahlen Zug um Zug gegen Löschung der im Wohnungsgrundbuch von ... beim Grundbuchamt ... Blatt ... und ... jeweils eingetragenen Anordnung der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, sowie der jeweils zu Gunsten der Klägerin dort eingetragenen Grundschulden ohne Brief über DM 2.000.000,00 und DM 1.000.000,00, sowie Zug um Zug gegen Auflassung des Miteigentumsanteils von 27/1000, sowie des Miteigentumsanteils von 20/1000, jeweils am Grundstück ..., Flurnr. ..., Flurnr. ... an die Beklagten zum Miteigentum je zur Hälfte.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Ersturteil. Hinsichtlich des Hilfsantrags weist die Klägerin darauf hin, dass sie zur Auflassung des Grundbesitzes überhaupt nicht in der Lage wäre. Zur Freigabe der eingetragenen Grundpfandrechte und zur Aufhebung der Zwangsvollstreckungsverfahren sei die Klägerin erst nach Kaufpreiszahlung verpflichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere der geäußerten Rechtsansichten, wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft, formgemäß und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, 517, 519, 520 ZPO).

In der Sache bleibt das Rechtsmittel der Beklagten weitgehend ohne Erfolg; auf ihre Berufung war das Ersturteil lediglich in Bezug auf die Zinsforderung der Klägerin abzuändern.

Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

Die Rechtslage ist nach den vor dem 01.01.2002 geltenden Rechtsvorschriften zu beurteilen (Art. 229 § 5 EGBGB).

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner in der Hauptsache ein Anspruch in Höhe von 162.090,49 EUR zu.

a) Dieser Anspruch beruht auf 433 Abs. 2 BGB. Dass zwischen der Fa. ... und den Beklagten am 30.12.1996 ein notarieller Kaufvertrag geschlossen wurde ist unstreitig.

Ebenfalls unstreitig ist, dass die Beklagten auf den Kaufpreis von 328.000,00 DM (= 167.703,74 EUR) lediglich 10.977,40 DM (= 5.612,66 EUR) bezahlt haben, so dass ein offener Rest in Höhe von 317.022,60 DM (= 162.091,08 EUR) besteht.

b) Die von der Klägerin geltend gemachte, geringfügig niedrigere Restforderung ist nicht gemäß § 389 BGB durch Aufrechnung oder Verrechnung erloschen.

aa) Aus Nr. 25 des notariellen Vertrages ergibt sich eindeutig und zweifelsfrei, dass die Verrechnungsabrede der Zustimmung der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin bedurfte.

Diese Zustimmung ist nicht erteilt worden.

Entgegen der Ansicht der Beklagten kann die erforderliche Zustimmung nicht in der Übersendung der Freistellungserklärung vom 27.04.1995 (Anlage K8 zum Schriftsatz vom 25.07.2003) durch Schreiben des Notars Dr. ... vom 14.02.1997 (Anlage 2 zum Schriftsatz vom 03.06.2003) gesehen werden. Zweck dieser Erklärung war lediglich die Voraussetzungen für die Kaufpreisfälligkeit gemäß Nr. 6 des Kaufvertrages herbeizuführen. Die allgemein gehaltene, also nicht auf einen bestimmten Käufer bezogene Erklärung enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass damit der zwischen der Fa. ... und den Beklagten getroffenen Verrechnungsabrede zugestimmt werden sollte. Dies war auch gar nicht möglich, da die Freistellungserklärung ca. 1 1/2 Jahre vor Abschluss des Kaufvertrages zwischen der Fa. und den Beklagten erstellt worden war. Hierauf weist die Klägerin mit Recht hin.

bb)Auch im Übrigen ergibt sich aus der Freistellungserklärung vom 27.04.1995 keine Verrechnungsbefugnis der Beklagten.

Diese berufen sich ohne Erfolg auf Ziffer II. 2. der Erklärung, wonach die Freigabe der Sicherheiten auch für den Fall zugesagt wird, dass der Käufer mit ihm aus dem Vertragsverhältnis zustehenden Forderungen aufrechnet, sofern die Aufrechnungsforderung vom Verkäufer anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist.

Es können bereits Zweifel bestehen, ob die Fa. ... die Honorarforderung des Beklagten zu 2) anerkannt hat, weil nach der Formulierung in Nr. 25 des notariellen Vertrages nicht eine Forderung des Beklagten zu 2) in Höhe von 317.022,60 DM als feststehend zugrunde gelegt wird, sondern nur vereinbart ist, dass bis zu dieser Höhe "mit entsprechenden Forderungen" des Beklagten zu 2) verrechnet werden darf.

Das kann aber offen bleiben. Selbst wenn in dieser Vertragsbestimmung ein (allenfalls bestätigendes) Anerkenntnis der Fa. ... gesehen wird, scheitert eine Aufrechnung daran, dass es sich bei der Honorarforderung des Beklagten zu 2) nicht um eine Forderung aus dem Vertragsverhältnis des notariellen Kaufvertrages vom 30.12.1996 handelt. Der Senat teilt hierbei die Ansicht des Landgerichts.

Mit "Vertragsverhältnis" sind die gegenseitigen Ansprüche aus dem Kaufvertrag gemeint. Dies ergibt die Auslegung gemäß den §§ 133, 157 BGB. Bereits nach dem Wortlaut wird ein Anspruch einer Vertragspartei noch nicht allein dadurch zu einer Forderung aus dem Vertragsverhältnis, dass ihn die Vertragsparteien zum Gegenstand einer "Aufrechnungsvereinbarung" bzw. "Verrechnungsvereinbarung" gemacht haben. Bei der Honorarforderung des Beklagten zu 2) handelt sich vielmehr um eine Forderung aus einem ganz anderen Vertragsverhältnis, nämlich aus dem zwischen der Fa. ... und dem Beklagten zu 2) geschlossenen Architektenvertrag.

Das gleiche ergibt sich auch bei einer Auslegung der Freistellungserklärung nach deren Sinn und Zweck. Die in § 3 Abs. 1 Nr. 3 MaBV geregelte Freistellungsverpflichtung soll gewährleisten, dass der Käufer nach Kaufpreiszahlung auch unbelastetes Eigentum erhält. Hat das Vertragsobjekt, etwa wegen Mängeln, einen geringeren Wert als vertraglich vereinbart, so soll er unbelastetes Eigentum auch dann erhalten, wenn er einen entsprechend geringeren Kaufpreis bezahlt. Diesen Fall regelt Ziffer II. 2. der Erklärung vom 27.04.1995. Diese Bestimmung kann nach ihrem Sinn und Zweck deshalb nur angewendet werden, wenn der Gegenanspruch des Käufers auf einen Minderwert des Vertragsobjektes bzw. einem hieraus resultierenden Schaden beruht.

Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

Zutreffend weist das Landgericht darauf hin, dass der Sicherungszweck der Grundschuld unterlaufen würde, wenn es der Käufer in der Hand hätte, durch Aufrechnung mit beliebigen Forderungen lastenfreies Eigentum zu erwerben.

c) Der notarielle Kaufvertrag vom 30.12.1996 wurde nicht unter der Bedingung geschlossen, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin der Verrechnung zustimmt. Die Vertragsparteien sind möglicherweise davon ausgegangen, dass diese Zustimmung erfolgen wird. Vereinbart ist eine solche Bedingung in dem Vertrag, der die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit in sich trägt, aber nicht.

d) Die Beklagten können auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Geschäftsgrundlage sei weggefallen.

Das gilt selbst für den Fall, dass beide Vertragsparteien (die Firma ... und die Beklagten) davon ausgegangen sind, die erforderliche Zustimmung der Rechtsvorgängerin der Klägerin werde erteilt.

Die Geschäftsgrundlage des Vertrages wäre aufgrund eines gemeinschaftlichen Irrtums nur dann tangiert, wenn die Folgen des Irrtums nicht ausschließlich in den Risikobereich der Beklagten fallen würden (Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Auflage, § 242 Rdnr. 149). So ist es aber hier. Die Beklagten haben nach dem Vertrag das Risiko übernommen, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin einer Verrechnung nicht zustimmt. Dass diese Zustimmung möglicherweise nicht erteilt wird, war vorhersehbar. Das Risiko war auch vermeidbar. Insbesondere hätte der Bestand des Kaufvertrages durch eine entsprechende Bedingung von der Erteilung der Zustimmung abhängig gemacht werden können. Nachdem dies nicht geschehen ist und sich das von den Beklagten eingegangene Risiko realisiert hat, kann die entstandene Rechtslage nicht nachträglich über die Geschäftsgrundlage korrigiert werden.

e) Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht verwirkt.

Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und auch eingerichtet hat, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen wird (Palandt-Heinrichs a.a.O. Rdnr. 87 mit Rspr.-Nachweisen).

Soweit ersichtlich hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin ihren Anspruch erstmals mit Schreiben vom 21.01.2000 (Anlage K6 zum Schriftsatz 18.03.2003) geltend gemacht.

Der Senat lässt offen, ob angesichts der verstrichenen Zeit das sog. Zeitmoment gegeben ist. Daran bestehen insbesondere auch deshalb Zweifel, weil seit der Möglichkeit, das Recht geltend zu machen, längere Zeit verstrichen sein muss. Hier ist aber wegen einer unzureichenden Freistellungserklärung der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin die Fälligkeit des Anspruchs erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 27.07.2005 eingetreten (vgl. unten f)).

Jedenfalls liegt kein Anhaltspunkt für das sog. Umstandsmoment vor. Die Beklagten konnten sich nicht darauf einrichten, dass der Kaufpreis nicht mehr gefordert wird. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die Beklagten bislang nicht Eigentümer der gekauften Wohnungen geworden sind, aber Nutzungen gezogen haben, indem sie diese vermieteten. Bei dieser Sachlage konnten sie nicht erwarten, dass das Vertragsverhältnis auf alle Zeit in der Schwebe bleiben wird, also beide Vertragsparteien ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllen.

f) Der Kaufpreis ist seit 27.07.2005 fällig.

aa) Gemäß Nr. 6 des notariellen Vertrages vom 30.12.1996 (Anlage K1 zum Schriftsatz vom 18.03.2003) tritt die Kaufpreisfälligkeit erst ein, wenn die Freistellung des Vertragsobjekts von nicht übernommenen Grundpfandrechten im Sinne der Makler- und Bauträgerverordnung gesichert ist, wobei sich der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer eine entsprechende Erklärung auszuhändigen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass ein Erwerber, der seine Pflichten aus dem Kaufvertrag voll erfüllt, auch unbelastetes Eigentum erhält.

Diese Vertragsbestimmung ist so auszulegen, dass zur Herbeiführung der Fälligkeit ein Freigabeversprechen der Gläubigerbank (beim Notar oder auch dem Käufer selbst) vorliegen muss, das den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Nr. 3 MaBV genügt. Durch ein solches Versprechen erlangt der Erwerber einen unmittelbaren Anspruch gegen die Gläubigerbank auf Freistellung von bestehenden Grundpfandrechten unter den in der Erklärung genannten Voraussetzungen (Basty, Das Freigabeversprechen nach der Makler- und Bauträgerverordnung, DNotZ 1992, 131; Brych/Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle S. 51).

Damit sich ein unmittelbarer Anspruch aus dem Freigabeversprechen ableiten lässt, muss dieses erkennen lassen, auf welches Grundstück und welche Belastung es sich bezieht. Der Erwerber muss in die Lage versetzt werden, aus der Erklärung einen konkreten Freistellungsanspruch für den von ihm erworbenen Grundbesitz abzuleiten.

bb) Diesen Anforderungen genügt die "Freistellungsverpflichtung" vom 27.04.1995 (Anlage K8 zum Schriftsatz vom 25.07.2003) nicht. Die Beklagten haben Grundbesitz auf dem Flurstück ..., erworben. Dieses Flurstück ist in der Freistellungsverpflichtung vom 27.04.1995 nicht genannt. Das gleiche gilt für die ergänzende Freistellungsverpflichtung vom 10.07.1996 (Anlage K9 zum Schriftsatz vom 25.07.2003). Das Landgericht hat deshalb in der mündlichen Verhandlung vom 20.01.2004 (Sitzungsprotokoll Seite 2 = Bl. 42 d.A.) mit Recht Bedenken angemeldet. Wenn sich die Bezeichnung des Grundstücks im Grundbuch vor Vertragsabschluss gegenüber der Bezeichnung in der Freistellungserklärung geändert hat, wie die Klägerin auf den Hinweis des Landgerichts unwidersprochen vorgetragen hat, musste den Beklagten zusätzlich zum Freigabeversprechen ein nachvollziehbarer amtlicher Veränderungsnachweis oder ein ergänzendes Freigabeversprechen vorgelegt werden, damit diese feststellen konnten, ob sich die Erklärung auf den Vertragsgegenstand bezieht. Nur dann waren sie nach dem geschlossenen Vertrag zur Kaufpreiszahlung verpflichtet. Das war hier nicht der Fall.

Ein Freigabeversprechen bezüglich der eingetragenen "globalen" Grundschulden lag somit erstmals aufgrund der im Schriftsatz vom 06.02.2004 (Bl. 46, 47 d.A.) enthaltenen zusätzlichen Erklärungen vor.

cc) Auch damit war aber der Kaufpreis noch nicht fällig, weil die Klägerin bereits im Jahr 2002 aus den bestehenden Grundschulden die Zwangsvollstreckung betrieben und die Eintragung von Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsvermerken bei dem von den Beklagten gekauften Wohnungseigentum herbeigeführt hatte (Beschluss des Amtsgerichts Meiningen vom 28.06.2002 - L 43/02 - über die Anordnung der Zwangsverwaltung - Anlage K11 zum Schriftsatz vom 25.07.2003).

Auch in den eingetragenen Vermerken liegt eine Belastung des gekauften Grundbesitzes, da diese die Verkehrsfähigkeit beeinträchtigen. Die Anordnungen der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung führen gemäß §§ 20, 23 Abs. 1, 146 Abs. 1 ZVG zu einem gerichtlichen Verfügungsverbot, welches nach § 136 BGB zu beurteilen ist (MünchKomm-Mayer-Maly/Armbrüster, BGB, 4. Auflage, § 136 Rdnr. 5).

Die nach dem Kaufvertrag (Nr. 6 des notariellen Vertrages) erforderliche Freistellungserklärung muss sich deshalb auch auf solche Grundbucheintragungen beziehen.

Die dazu erforderliche Erklärung ist erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 27.07.2005 (Sitzungsprotokoll Seite 2 = Bl. 244 d.A.) durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin abgegeben worden.

Erst dadurch ist der Kaufpreis fällig geworden.

g) Die Beklagten haben gegenüber der Klägerin keinen Gegenanspruch auf Auflassung, denn die Klägerin ist nicht die Vertragspartnerin der Beklagten. Auch weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass sie einen entsprechenden Anspruch nicht erfüllen könnte; sie ist nicht Eigentümerin des Anwesens. Ein darauf gestütztes Zurückbehaltungsrecht der Beklagten besteht schon deshalb nicht.

h) Das gleiche gilt, soweit die Beklagten mit ihrem Hilfsantrag die Zahlung von der Löschung der eingetragenen Grundschulden und der eingetragenen Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsvermerke abhängig machen wollen.

Wie bereits dargelegt haben die Beklagten aufgrund der Freistellungserklärung der Klägerin Anspruch auf Pfandfreigabe hinsichtlich des gekauften Wohnungseigentums sowie auf Löschung der Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsvermerke. Dieser Anspruch besteht aber erst nach Kaufpreiszahlung; davor haben die Beklagten nur Anspruch auf eine entsprechende Verpflichtungserklärung der Klägerin, die diese auch abgegeben hat. Eine gemäß § 404 BGB auch gegenüber der Klägerin als Zessionarin in Betracht kommende Einrede des nichterfüllten Vertrages (§ 320 Abs. 1 BGB) scheitert deshalb daran, dass die Beklagten hinsichtlich der Kaufpreiszahlung vorleistungspflichtig sind (MünchKomm-Emmerich, BGB, 4. Auflage, § 320 Rdnr. 26). Dies steht der Einrede des nichterfüllten Vertrages und damit auch einem zur Zug-um-Zug-Verurteilung führenden Zurückbehaltungsrecht entgegen.

Der Anspruch der Klägerin ist damit in der Hauptsache begründet.

2. Hinsichtlich der Zinsen ist eine Abänderung des Ersturteils geboten.

Die Klägerin hat nur Anspruch auf Zahlung von Rechtshängigkeitszinsen ab 27.07.2005 gemäß § 291 Satz 1 2. HS BGB, da der Kaufpreisanspruch erst am 27.07.2005 fällig wurde.

Die Höhe der Zinsen ergibt sich aus § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

III.

Nebenentscheidungen:

1. Kosten: §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 PO.

Die Beklagten haben die gesamten Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, da ihr Rechtsmittel nur in geringen Umfang Erfolg hat. Ein Fall des § 97 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Diese Vorschrift würde voraussetzen, dass die Klägerin allein aufgrund der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen weiteren Freistellungserklärung obsiegt hat. Das ist aber nicht der Fall. Vielmehr obsiegt die Klägerin in erster Linie deshalb, weil die Beklagten mit ihrem Verrechnungseinwand nicht durchdringen.

2. Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.

3. Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Fall des § 543 Abs. 2 ZPO vorliegt.

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

4. Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 und 2 GKG und § 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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