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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bamberg
Urteil verkündet am 28.01.2002
Aktenzeichen: 4 U 116/01
Rechtsgebiete: AO, BGB, ZPO


Vorschriften:

AO § 39
BGB § 398
BGB § 812
BGB § 819 Abs. 4
BGB § 818 Abs. 3
BGB § 818 Abs. 4
BGB § 518 Abs. 2
BGB § 1922 Abs. 1
BGB § 812 Abs. 1 S. 1
BGB § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt.
ZPO § 711
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO n.F. § 543 Abs. 2 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Bamberg IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 116/01

in dem Rechtsstreit

wegen Forderung.

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht und der Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Januar 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 4. Mai 2001 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 68.000,-- Euro abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt als Erbin von der Beklagten die Rückzahlung eines Betrages von 98.655,-- DM, den die Beklagte unter Betätigung einer ihr vom Erblasser erteilten Vollmacht von dessen Konten abgehoben hat.

Die Klägerin ist Erbin des am in Berlin verstorbenen. Der Erblasser und die Klägerin waren miteinander verheiratet, lebten allerdings seit achtzehn Jahren voneinander getrennt. Gleichwohl unterhielten sie nach wie vor ein freundschaftliches Verhältnis und trafen sich regelmäßig.

Am 29.2.1996 errichteten die Eheleute ein gemeinsames Testament. Hierin setzten sie sich zu Alleinerben (Vollerben) ein sowie drei Nichten bzw. Neffen als Schlußerben.

Zu Beginn des Jahres 1998 erkrankte schwer und fiel am 5.3.1998 nach einer schweren Operation in ein Koma, aus dem er bis zu seinem Tode am nicht mehr erwachte.

Die Beklagte war seit vielen Jahren die Lebensgefährtin des Erblassers. Dieser hatte ihr Bankvollmacht für alle Konten der Berliner mit der Stammnummer erteilt. Mit Hilfe dieser Vollmachten nahm die Beklagte am 20.3.1998 Abhebungen von folgenden Sparkonten bei der vor:

Konto-Nr. 6308166030 (vormals 341010158) 1.570,-- DM, Konto-Nr. 6308166005 (vormals 41010158) 4.990,-- DM, Konto-Nr. 6308166013 (vormals 141010158) 16.300-- DM. Konto-Nr. 6308166048 (vormals 541010158) 10.685,-- DM, Konto-Nr. 6308166021 (vormals 241010158) 5.000,-- DM und Konto-Nr. 6308166056 (vormals 741010158) 56.820,-- DM.

Hinzu kam am 12.5.1998 eine weitere Abhebung von dem Konto-Nr. 6308166005 (vormals 41010158) über einen Betrag von 3.290,-- DM.

Kenntnis von einem Teil der Abhebungen in Höhe von 36.835,-- DM (1.570,-- DM + 4.990,-- DM + 16.300,-- DM + 10.685,-- DM + 3.290,-- DM) erlangte die Klägerin am 23. bzw. 25.5.1998. Auf telefonische Nachfrage erklärte die Beklagte, daß die Abhebungen von ihr getätigt und die Gelder auf ein auf ihren Namen eingerichtetes Konto gutgeschrieben wurden. Über die Existenz der weiteren Sparkonten mit den Nummern 6308166021 (vormals 241010158) und 6308166056 (vormals 741010158) und die von diesen Konten getätigten Abhebungen machte die Beklagte keine Angaben. Eine Nachfrage der Bevollmächtigten der Klägerin, der Rechtsanwälte aus, vom 30.10.1998 bei der ergab, daß der Betrag von 5.000,-- DM der Beklagten in bar ausgezahlt und für den Betrag von 56.820,-- DM Wertpapiere erworben wurden, die in einem Rechtsanwaltanderdepot eingebucht worden sind.

Im Rahmen eines persönlichen Gesprächs der Klägerin mit der zuständigen Sachbearbeiterin der der Zeugin, erhielt die Klägerin die Auskunft, daß die von dem Konto-Nr. 6308166056 (vormals Konto-Nr. 741010158) ausgezahlten Gelder in Höhe von 56.820,-- DM zunächst auf ein auf den Namen der Cousine des Erblassers, Frau, lautendes Konto mit der Nr. 171044648 bei der eingezahlt gewesen sind. Ende Mai/Anfang Juni 1998 wurden dann für die Gelder Inhaberschuldverschreibungen und Anteile des europäischen Aktienfonds erworben, die sich nun auf einem Notaranderkonto des außergerichtlichen Bevollmächtigten der Beklagten, Herrn Rechtsanwalt und Notar befinden.

Der Erblasser hat eine Lebensversicherung mit der Beklagten als Begünstigter abgeschlossen.

Aus einem handschriftlichen Vermerk des verstorbenen ergibt sich folgendes:

"(...)

8) "3 1/2 bis 5 % 55.000 (Ko) 29.2.00

(...)

hat 1 Sparbuch über 25.000,-- DM + Bundesschatzbriefe über 40.000,-- DM

hat 1 Sparbuch 55.000,-- DM (Nr. 8)".

Die Beklagte wurde mit Schreiben vom 30.10.1998 zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 36.835,-- DM unter Fristsetzung zum 12.11.1998 und mit Schreiben vom 12.11.1998 zur Zahlung eines weiteren Betrages von 61.820,-- DM unter Fristsetzung zum 25.11.1998 aufgefordert.

Die Klägerin hat behauptet:

Eine Anweisung des im Koma liegenden Erblassers zur Vornahme der Abhebungen habe es nicht gegeben. Die Beklagte habe offensichtlich unter mißbräuchlicher Ausnutzung der Ohnmacht des Kontoinhabers die ihr erteilten Vollmachten dafür verwendet, sich selbst bzw. anderen Vermögenswerte des Erblassers einzuverleiben. Der Erblasser habe auch keine Veranlassung gehabt, der Beklagten in deren Belieben gestellte Geldsummen für den Fall zur Verfügung stellen, daß ihm etwas zustoßen sollte. Hierfür habe er vielmehr eine Lebensversicherung über einen namhaften Geldbetrag mit der Beklagten als Begünstigter abgeschlossen. Der Betrag von 56.820,-- DM sei von der zunächst an die Beklagte ausgezahlt worden. Es spreche auch dafür, daß der Erblasser der Klägerin diesen Vermögenswert habe zukommen lassen wollen, da am 29.2.1996 von das Konto mit der Nr. 6308166056 (vormals 741010158) eröffnet und auf dieses Konto ein Betrag von 55.000,-- DM einbezahlt und des weiteren an diesem Tag das Testament von und ihr errichtet worden sei.

Die Klägerin hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 98.655,-- DM nebst 4 % Zinsen aus 36.835,-- DM seit dem 13.11.1998 sowie 4 % Zinsen aus 61.820,-- DM seit dem 26.11.1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Sie hat erwidert:

Der Erblasser habe ihr, der Beklagten, gegenüber die Einräumung der Vollmachten damit begründet, daß er gewollt habe, daß ihr ein gewisser Geldbetrag zur Verfügung stünde, falls ihm etwas zustoßen sollte. Aus diesem Grunde hätten die eingeräumten Vollmachten auch über den Tod des Vollmachtgebers hinaus bestanden.

Nachdem der Erblasser nach einer schweren Operation im Koma gelegen habe, sei die Situation eingetreten, für die der Erblasser die Kontovollmacht eingeräumt habe. Der Betrag von 56.820,-- DM sei von Frau der Tante der Streithelferin zur Verwaltung übergeben worden. Von den auf diesen Geldbetrag anfallenden Zinsen habe der Erblasser der Frau bei ihrer Lebensführung geholfen bzw. habe für seine Verwaltung einen Teil der Zinsen behalten dürfen. Frau werde von der Streithelferin betreut, weshalb der Geldbetrag auch an diese ausgezahlt worden sei und nicht an Frau direkt. Die Beklagte sei seinerzeit bei der Vollmachtserteilung durch den Erblasser angewiesen worden, auf diese Weise zu verfahren, falls ihm etwas zustoßen sollte. Die Beklagte sei in Bankgeschäften unerfahren und habe sich auch im übrigen nie um die Finanzen des Erblassers gekümmert. Dies erkläre, weshalb die Klägerin seitens der Beklagten nach dem Erbfall nicht immer befriedigende Auskünfte erhalten habe. Daß es sich bei dem Betrag von 56.820,-- DM um treuhänderisch verwaltetes Geld für Frau gehandelt habe, folge auch aus den handschriftlichen Eintragungen des, der hinter dem Betrag von 55.000,-- DM geschrieben habe.

Mit Schriftsatz vom 9.9.1999 hat die Klägerin Frau den Streit verkündet, die mit Schriftsatz vom 5.2.2001 und der Erklärung in der Sitzung am 6.4.2001 dem Rechtsstreit auf seiten der Beklagten beigetreten ist.

Nach Beweisaufnahme hat das Landgericht Würzburg mit Endurteil vom 4.5.2001 wie folgt entschieden:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 98.655,-- DM nebst 4 % Zinsen aus 36.835,-- DM seit dem 13.11.1998 sowie 4 % Zinsen aus 61.820,-- DM seit dem 26.11.1998 zu zahlen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Streithelferin trägt ihre Kosten selbst.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120.000,-- DM vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Klägerin wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch eine unbefristete, selbstschuldnerische schriftliche Bürgschaft einer deutschen Großbank zu erbringen.

Zur Begründung hat es im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch in Höhe von 98.655,-- DM (nebst Zinsen) aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB zu. Die Beklagte habe durch den Gebrauch der ihr von dem Erblasser eingeräumten Vollmachten von der insgesamt 98.655,-- DM erhalten und damit etwas im Sinne der genannten Rechtsvorschrift erlangt. Auch wenn bezüglich des Betrags von 56.820,-- DM de facto kein Geld geflossen sei, habe die Beklagte den genannten Betrag erhalten und diesen dann auf ein auf den Namen der Streithelferin neu eingerichtetes Konto eingezahlt. Zuvor sei der Betrag von der an die Beklagte ausgezahlt worden, da nur diese, nicht aber die Streithelferin über eine entsprechende Kontovollmacht verfügt habe. Beide Geldbeträge habe die Beklagte auch ohne Rechtsgrund erlangt.

Weder seien die 41.835,-- DM der Beklagten vom Erblasser zu dessen Lebzeiten geschenkt worden noch handele es sich bei den 56.820,-- DM um treuhänderisch verwaltetes Geld der Frau.

Zu der Zeit, zu der die Beklagte aufgrund der Kontovollmacht die Abhebungen vorgenommen habe, könne der zu dieser Zeit im Koma liegende Erblasser ein wirksames Schenkungsversprechen nicht erteilt haben. Soweit die Beklagte behaupte, der Erblasser habe ihr die Vollmacht eingeräumt, weil er gewollt habe, daß ihr ein gewisser Geldbetrag zur Verfügung stehe, falls ihm etwas zustoßen sollte, habe die Beklagte ein etwaiges Schenkungsversprechen des Erblassers nicht ausreichend substantiiert vorgetragen. Insbesondere habe sie nicht vorgetragen, welcher Geldbetrag der Erblasser ihr habe zuwenden wollen. Daß der Erblasser ihr einen "gewissen" Geldbetrag habe zuwenden wollen, ohne einen konkreten Betrag zu nennen, genüge den an ein wirksames Schenkungsversprechen zu stellenden Anforderungen nicht. Das Testament vom 29.2.1996 sei zudem ein gewichtiges Indiz dafür, daß der Erblasser der Beklagten kein Schenkungsversprechen erteilt habe.

Das Gericht habe sich auch nicht davon überzeugen können, daß es sich bei dem Betrag von 56.820,-- DM um vom Erblasser treuhänderisch verwaltetes Geld der Frau handele. Zwar habe die Streithelferin bei ihrer Vernehmung als Zeugin ausgesagt, daß sie und bestimmte Geldbeträge der Frau auf ihre Konten übernommen und diese treuhänderisch verwaltet hätten. Gegen eine treuhänderische Verwaltung sprächen aber gewichtige Umstände. Die Streithelferin und seien als Erben von Frau eingesetzt. habe die 50.000,-- DM direkt von dem Konto von Frau auf ein auf seinen Namen lautendes Konto überwiesen, welches nicht als Treuhandkonto geführt worden sei. Gegenüber der Zeugin hätten die Streithelferin und der Erblasser davon gesprochen, daß es das Geld von der Tante (nicht: der Tante) sei. Im Hinblick darauf, daß die Streithelferin und den verstorbenen zu ihren Erben eingesetzt habe, sei das Gericht davon überzeugt, daß den Betrag von 50.000,-- DM ebenso wie der Streithelfer einen Betrag von 25.000,-- DM und Bundesschatzbriefe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge geschenkt habe. Dafür spreche auch die Aussage der Streithelferin, daß die Übertragung erfolgt sei, um Steuern zu sparen. Daß in einem handschriftlichen Vermerk hinter dem Betrag von 55.000,-- DM der Name vermerkt sei und auf diesem Zettel im unteren Bereich weiter aufgeführt sei, daß die Streithelferin über ein Sparbuch von 25.000,-- DM und Bundesschatzbriefe im Wert von 40.000,-- DM verfüge, könne das Gericht ebenfalls nicht davon überzeugen, daß eine lediglich treuhänderische Verwaltung der Beträge durch den verstorbenen bzw. die Streithelferin erfolgt sei. Die handschriftlichen Vermerke ließen ebenso den Schluß zu, daß sich im Hinblick auf sein künftiges Erbe und einer mit der Streithelferin dann zu erfolgenden Auseinandersetzung quasi als Merkposition diese Beträge notiert habe. Ein weiteres gewichtiges Indiz dafür, daß es sich nicht um treuhänderisch verwaltetes Geld gehandelt habe, sei ferner der Umstand, daß dieses Geld, nachdem es von der Beklagten bei der Grundkreditbank abgehoben worden sei, nicht auf ein Konto der Frau sondern auf ein neu eingerichtetes Konto der Streithelferin eingezahlt worden sei. Diese habe ein unmittelbares Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Ihr falle dieser Geldbetrag letztlich aufgrund ihrer Erbenstellung nach Frau zu, wenn es sich lediglich um treuhänderisch verwaltetes Geld handeln würde. Dafür, daß das von der Beklagten behauptete Treuhandverhältnis erst später als Rechtsverteidigung iniziiert worden sei, spreche weiter die Aussage der Zeugin und ihr für die verfaßtes Schreiben vom 5.11.1998 an die Bevollmächtigten der Klägerin. Bei ihrer Vernehmung habe die Zeugin ausgesagt, daß die Streithelferin und die Beklagte davon gesprochen hätten, daß das Geld von der Streithelferin jetzt allein verwaltet werden solle, weil die Streithelferin sich jetzt weiter um die Heimkosten kümmern müsse. Auf Befragen habe die Zeugin ausgesagt, daß sich die von ihr gemachten Bekundungen auf den Zeitpunkt bezögen, in dem die Streithelferin und die Beklagte zusammen bei ihr am Schalter gewesen seien. Daß vor diesem Zeitpunkt von einer treuhänderischen Verwaltung durch selbst keine Rede gewesen sei, dafür spreche weiter das von der bank am 5.11.1998 an die Rechtsanwälte und verfaßte Schreiben.

Da die Beklagte den Mangel des rechtlichen Grundes gekannt habe, hafte sie gemäß § 819 Abs. 4 (richtig: Abs. 1), 818 Abs. 4 BGB verschärft. Sie könne sich deshalb nicht auf Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB berufen.

Gegen dieses der Beklagten am 8.5.2001 von Amts wegen zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 8.6.2001, die per Telefax am selben Tag beim Oberlandesgericht Bamberg eingegangen ist. Diese Berufung wurde mit weiterem Anwaltsschriftsatz vom 9.8.2001 begründet, der wiederum per Telefax am selben Tag eingegangen ist; zuvor war die Frist zur Berufungsbegründung mit Vorsitzendenverfügung vom 9.7.2001 bis 9.8.2001 verlängert worden.

Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt die Klägerin im wesentlichen folgendes vor:

Die Auffassung des Landgerichts Würzburg, daß die Beklagte auch bezüglich des Betrags von 56.820,-- DM "etwas erlangt" habe, sei juristisch nicht haltbar. Vorgerichtlich habe die Klägerin zunächst vermutet, daß die Beklagte auch diesen Geldbetrag für sich selbst abgehoben habe. Dies sei im Rahmen der Beweisaufnahme vor dem Landgericht zweifelsfrei geklärt worden. Der vorgenannte Geldbetrag sei auf ein neu angelegtes Konto auf den Namen der Streithelferin überführt worden. Die Beweisaufnahme habe damit ergeben, daß die Beklagte den Betrag der Streithelferin als Betreuerin von Frau habe auszahlen wollen. Weshalb nun das Landgericht eine Art "Durchgangserwerb" der Beklagten insoweit annehme, entziehe sich jeglicher Logik. Feststehe, daß die Beklagte im Rahmen ihrer Vollmachten durchaus berechtigt gewesen sei, Verfügungen über die Konten des Herrn vorzunehmen. Rein theoretisch hätte die Beklagte das gesamte Geld an Hilfsorganisationen überweisen können, ohne daß die Klägerin hiergegen in Bezug auf die Beklagte eine rechtliche Handhabe hätte.

Auch hinsichtlich des Betrags von 41.835,-- DM seien die Abhebungen der, Beklagten von den ihr seitens des Erblassers erteilten Vollmachten gedeckt gewesen. Die Beklagte habe vorgetragen, daß Herr die Einräumung der Vollmachten damit begründet habe, er wolle, daß der Beklagten ein gewisser Geldbetrag zur Verfügung stehe, falls ihm etwas zustoßen sollte. Diese Vollmachten seien der Beklagten aufgrund ihrer Vorhalte gegenüber quasi als Gegenleistung für ihre Handreichungen usw. eingeräumt worden, wobei hinsichtlich der Einzelheiten auf den Schriftsatz vom 24.11.2000 verwiesen werde. Die Klägerin habe sich insoweit auf unsubstantiiertes Erstreiten mit Nichtwissen beschränkt; prozessual wäre dieses Bestreiten, nicht jedoch der Sachvortrag der Beklagten unbeachtlich gewesen. Es sei auch juristisch durchaus nicht notwendig, daß bei einer Schenkung ein Geldbetrag in der Summe bestimmt sein müsse. Es genüge vollkommen zur Konkretisierung des Schenkungsversprechens die Angabe bestimmter Kontonummern oder Kontenstammnummern. Wenn selbst im Rahmen von Zessionen künftiger Forderungen es genüge, zur Konkretisierung eine bestimmte Kontonummer anzugeben, müsse dies für Schenkungsversprechen unter Privatleuten erst recht gelten. Bereits die Erteilung der Vollmachten sei ein Indiz für den Wahrheitsgehalt der Angaben der Beklagten.

Soweit das Landgericht hinsichtlich der 56.820,-- DM eine treuhänderische Verwaltung durch den Erblasser ablehne, gehe es ebenfalls am Ergebnis der Beweisaufnahme vorbei. Eine solche treuhänderische Verwaltung hätten sowohl die Zeugin als auch die Zeugin mehrfach bekundet. Wenn sich das Landgericht in diesem Zusammenhang mit grammatikalischen Spitzfindigkeiten (das Geld "von") aufhalte, erscheine dies geradezu absurd. Das Landgericht habe Recht, wenn es auf § 39 AO verweise mit der Bemerkung, daß im Falle einer lediglich treuhänderischen Verwaltung die Einnahmen und der Guthabensbestand für die Vermögenssteuer weiterhin Frau zugerechnet worden wären. Logische Konsequenz für die Streithelferin und den Erblasser sei es daher gewesen, eben gerade nicht offiziell den Ausdruck "treuhänderische Verwaltung" der Bank oder dem Finanzamt gegenüber zu gebrauchen. Sowohl die Zeugin als auch Herr würden wohl kaum der Zeugin gegenüber auf Heimkosten verwiesen haben, wenn sie das Geld auf ihren eigenen Namen in dem Bewußtsein angelegt hätten, dies sei eine vorweggenommene Erbfolge.

Die Beklagte beantragt:

I. Das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 4.5.2001, Az.: 64 O 545/99, wird aufgehoben.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil als richtig und trägt dazu insbesondere folgendes vor:

Die Beklagte habe auch den Betrag von 56.820,-- DM erlangt, indem sie selbst diese Geldsumme vom Sparkonto des Erblassers abgehoben habe. Die Transferierung dieses Geldes auf ein Konto der Zeugin habe unstreitig nur durch eine Auszahlung der Bank an die Beklagte erfolgen können, da nur die Beklagte, nicht aber die Zeugin über eine entsprechende Kontovollmacht verfügt habe. Auch den Betrag von 56.820,-- DM habe die Beklagte ohne Rechtsgrund erlangt. Die ihr vom Erblasser erteilte Bankvollmacht regele lediglich die Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten für den Vollmachtgeber, stelle aber nicht selbst einen Rechtsgrund für den Erwerb der abgehobenen Gelder dar. Ein solcher sei auch anderweitig nicht ersichtlich. Es sei schon fraglich, ob dann, wenn tatsächlich ein Treuhandverhältnis zwischen dem Erblasser und Frau bestanden hätte, ein Rechtsgrund für den (Zwischen-)Erwerb des Geldes durch die Beklagte vorliegen würde. Im Rahmen eines solchen Treuhandauftrags wäre allenfalls denkbar, einen Rechtsgrund für die Erlangung der Verfügungsbefugnis über das Geld durch die Beklagte darin zu sehen, daß sie das Geld zum Zwecke der Weiterleitung an die Treugeberin erworben hätte. Der Erwerb zum Zwecke der Weiterleitung an eine andere Treuhänderin wäre aber von diesem Treuhandauftrag nicht gedeckt gewesen. Im übrigen habe das Landgericht zu Recht entschieden, daß von einem Treuhandauftrag vorliegend nicht ausgegangen werden könne. Entscheidend sei, daß die Beklagte den ihr obliegenden Beweis für das Bestehen eines Treuhandverhältnisses nicht geführt habe. Auch hinsichtlich der weiteren 41.835,-- DM habe das Landgericht zu Recht einen Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte bejaht. Zunächst ergebe sich dieser Anspruch bereits aus dem vorprozessualen Anerkenntnis der Beklagten. Denn mit Schreiben vom 11.6.1998 habe deren außergerichtlicher Bevollmächtigter mitgeteilt, daß die Beklagte der Zahlungsaufforderung nachkommen würde, wenn die Klägerin ihre Erbenstellung nachweise (vgl. Anl. K 9). Diese Bedingung sei seitens der Klägerin durch Vorlage des Erbscheins vom 13.10.1998 erfüllt worden. Der Anspruch ergebe sich allerdings auch aus Bereicherungsrecht. Die Abhebungen mit Bankvollmacht seitens der Beklagte begründeten auch hier wiederum keinen Rechtsgrund zum Behaltendürfen des Geldes. Eine Schenkung sei von der Beklagten nicht substantiiert genug vorgetragen worden, wie das Erstgericht völlig richtig erkannt habe. Würde man wie die Beklagte die Vollmachtserteilung mit einem Schenkungsversprechen gleichsetzen, so wäre es allein durch die Vollmachtserteilung rechtlich zulässig, ohne eine weitere Willenserklärung durch den Erblasser dessen Konto leer zu räumen Daß dies nicht seinem Willen entsprochen habe, zeige sich auch deutlich in der Kundgabe seines testamentarischen Willens.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Beweis ist durch den Senat nicht erhoben worden.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung der Beklagten (§§ 511 ff. a.F. ZPO) bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Hinsichtlich der Barauszahlungen an die Beklagte mittels der ihr vom Erblasser erteilten Kontovollmachten in Höhe von 41.835,-- DM (nebst Zinsen) erweist sich das Ersturteil in vollem Umfang als richtig. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch gemäß §§ 1922 Abs. 1, 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB in dieser Höhe gegen die Beklagte zu. Insoweit wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen gemäß § 543 Abs. 1 ZPO auf die betreffenden Passagen in den Entscheidungsgründen des Ersturteils verwiesen. Ob zusätzlich aufgrund des Schreibens des Rechtsanwalts aus vom 11.6.1998 (Anl. K 9) von einem Anerkenntnis der Beklagten ausgegangen werden könnte, kann dahingestellt bleiben.

Ergänzend ist insoweit lediglich folgendes auszuführen: Bereits die Aufstellung zweier verschiedener Behauptungen auf seiten der Beklagten hinsichtlich der genannten Geldbeträge läßt ihre Darstellung unglaubhaft erscheinen. Einmal hat sie behauptet, ihr habe ein gewisser Geldbetrag zur Verfügung stehen sollen, falls dem Erblasser etwas zustoßen sollte (vgl. Bl. 22 d.A.), an anderer Stelle, nach einem Streit im Juni 1993 mit dem Erblasser wegen finanzieller Zuwendungen des Erblassers an seine Ehefrau, von der dieser schon lange getrennt lebte, wobei der Erblasser die Beklagte trotz Führung des Hausstandes einschließlich Wäsche, Versorgung und Gartenarbeit die hälftigen Kosten der gemeinsamen Lebensführung habe tragen lassen, habe die Beklagte eine gewisse finanzielle Selbständigkeit erhalten sollen und jederzeit Geld für ihren Eigenbedarf holen können sollen (vgl. Bl. 97 d.A.). Darüber hinaus ist auffällig, daß die Beklagte zunächst die Barabhebung von 5.000,-- DM gegenüber der Klägerin nicht angegeben hat. Im Fall der Richtigkeit ihrer Einlassung (Schenkung) hätte sie keine Veranlassung gehabt, diesen Betrag wegzulassen. Weiter bestehen Zweifel an der Heilung des Formmangels (§ 516 BGB) durch Vollzug eines Schenkungsversprechens gemäß § 518 Abs. 2 BGB. Dafür wäre nämlich eine Abtretung der Auszahlungsforderung des Erblassers gegen die Bank gemäß § 398 BGB an die Beklagte erforderlich gewesen. Dazu stellt sie keinerlei entsprechende Behauptung auf. Vor allem aber kann nicht angenommen werden, daß der Erblasser die Geldbeträge auf allen betroffenen Konten im Wert von fast 100.000,-- DM der Beklagten unter Verzicht auf eigene Rechte schenkungsweise übertragen wollte. Dafür hätte es nämlich gar keiner Vollmacht bedurft; der richtige Weg wäre dann die Umschreibung der Konten auf die Beklagte gewesen. Die bloße Erteilung der Vollmacht des Erblassers an die Beklagte, die nach deren Darstellung ein Indiz für die Richtigkeit ihrer Behauptung (Schenkung) sein soll, paßt viel besser zu einer Vorsorgemaßnahme des Erblassers für den Fall, daß er aus Zeitgründen oder aus gesundheitlichen Gründen selbst nicht zu entsprechenden Bankgeschäften in der Lage sein sollte.

2. Auch hinsichtlich der 56.820,-- DM bejaht der Senat die Voraussetzungen eines Anspruchs nach §§ 1922 Abs. 1, 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB.

a) Er teilt die Auffassung des Landgerichts hinsichtlich eines "Durchgangserwerbs" dieses Geldbetrags in der Person der Beklagten. Nachdem eine Transferierung des betreffenden Geldbetrags vom Sparkonto des Erblassers auf ein Konto der Streithelferin nicht möglich war, letztere aber den Einzahlungsbeleg über 56.820,-- DM auf ihr Konto selbst unterschrieben hat (vgl. den von Rechtsanwalt im Termin vom 6.4.2001 übergebenen Einzahlungsbeleg in Fotokopie), muß der Streithelferin dieser Geldbetrag von der Beklagten zur Verfügung gestellt worden sein, die allein mittels der vom Erblasser ausgestellten Kontovollmacht an ihn heran konnte. Der vom Landgericht angenommene "Durchgangserwerb" in der Person der Beklagten ist also nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat daher "etwas erlangt" i.S. des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB.

b) Dies ist wiederum ohne Rechtsgrund erfolgt. Der insoweit im Senatstermin vom 3.12.2001 gegebene anders lautende Hinweis, bezüglich der 56.820,-- DM reiche das Beweisergebnis nicht aus, um den von der Klägerin für jede der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen zu erbringenden Beweis als erbracht anzusehen (vgl. Bl. 188 d.A.), kann so nicht aufrechterhalten werden. Bei Abhebungen von Sparkonten mittels einer Vollmacht des Kontoinhabers muß abweichend von dem sonst bei § 812 Abs. 1 S. 1 BGB geltenden Grundsatz der Abhebende den behaupteten Rechtsgrund beweisen (vgl. BGH NJW 1986, 2107; Baumgärtel/Strieder, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band I, 2. Aufl., Rdz. 13 zu § 812 BGB und MünchKomm, 3. Aufl., Rdz. 330 zu § 812 BGB). Den Beweis dafür, daß es sich bei diesen abgehobenen 56.820,-- DM um treuhänderisch vom Erblasser für Frau verwaltetes Geld gehandelt hätte, hat aber die Beklagte aus den vom Landgericht dargelegten Gründen nicht geführt. Insbesondere besteht ein Eigeninteresse der Streithelferin als vorgesehene Erbin von Frau an diesem Geldbetrag. Es bleibt auch dabei, daß es keine irgendwie aussagekräftigen schriftlichen Festlegungen im Sinne treuhänderisch verwalteten Geldes gibt. Insbesondere der in einer Aufstellung des Erblassers über einen Geldbetrag von 55.000,-- DM enthaltene Vermerk:

"L hat ein Sparbuch über 25.000,-- DM + Bundesschatzbriefe über 40.000,-- DM.

K hat ein Sparbuch 55.000,-- DM (Nr. 8)"

ist nicht eindeutig; er verträgt sich sowohl mit der Darstellung der Beklagten als auch mit der klägerischen Darstellung. Nach alledem kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Beklagten der Beweis gelungen wäre, sie habe die 56.820,-- DM nicht ohne Rechtsgrund erlangt.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Einer Kostenentscheidung bezüglich der am Berufungsverfahren nicht beteiligten Streithelferin bedarf es nicht.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit samt Abwendungsbefugnis ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 n.F. ZPO liegen nicht vor.



Ende der Entscheidung

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