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Gericht: Oberlandesgericht Bamberg
Urteil verkündet am 24.05.2004
Aktenzeichen: 4 U 208/03
Rechtsgebiete: BGB, StGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 280 | |
BGB § 280 Abs. 1 n. F. | |
BGB § 393 | |
BGB § 823 Abs. 2 | |
StGB § 242 | |
StGB § 253 | |
StGB § 263 | |
StGB § 266 | |
StGB § 266 Abs. 1 | |
ZPO § 139 | |
ZPO § 148 | |
ZPO § 302 | |
ZPO § 302 Abs. 1 | |
ZPO §§ 511 ff. | |
ZPO § 525 | |
ZPO § 538 Abs. 1 Nr. 5 | |
ZPO § 538 Abs. 1 Nr. 4 a. F. | |
ZPO § 538 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 | |
ZPO § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 |
Oberlandesgericht Bamberg IM NAMEN DES VOLKES Vorbehalts-URTEIL
Verkündet am 24. Mai 2004
in dem Rechtsstreit
wegen Forderung.
Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... und der Richter am Oberlandesgericht ... und ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. April 2004
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 30. Oktober 2003 wie folgt abgeändert:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.094,-- Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 1.2.2003 zu zahlen.
2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Vorbehalten bleibt die Entscheidung über die Aufrechnung des Beklagten mit Gegenansprüchen bis zur Höhe der Klageforderung, die sich aus Lohn- bzw. sonstigen Gehaltsansprüchen aus einem Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnis zwischen dem 15.1.2002 und dem 20.1.2003 (einschließlich einer etwaigen Vergütungsforderung aus der Anstellung als Mitgeschäftsführer der Klägerin für die Zeit zwischen dem 1.10.2002 und dem 20.1.2003) zusammensetzen.
II. Im Umfang der Abänderung wird der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über die zur Aufrechnung gestellten - vorbehaltenen - Gegenforderungen an das Landgericht Würzburg zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die klagende GmbH macht einen nach Grund und Höhe an sich unstreitigen Anspruch auf Schadensersatz geltend, der sich daraus ergibt, daß der Beklagte in seiner Eigenschaft als damaliger Mitgeschäftsführer der GmbH einen von ihm am 10.1.2003 entgegengenommenen Kundenscheck über 14.094,-- Euro zugunsten eines Privatkontos eingelöst und den Scheckbetrag auch im Nachhinein der Klägerin nicht zur Verfügung gestellt hat.
Wie schon vorgerichtlich hat sich der Beklagte bereits in der Klageantwort im wesentlichen damit verteidigt, daß er - abgesehen von seiner späteren Tätigkeit als Mitgeschäftsführer - aufgrund einer bereits im Rahmen der Firmengründung getroffenen Anstellungsvereinbarung bereits ab etwa Mitte Januar/Anfang Februar 2002 für das klägerische Transportunternehmen als LKW-Fahrer tätig gewesen sei. Da ihm die Klägerin jedoch auch nach seiner Bestellung zum Geschäftsführer am 1.10.2002 die vereinbarte Entlohnung von monatlich (netto) 2.250,-- Euro bis auf eine einzige Zahlung in dieser Höhe schuldig geblieben sei, habe ihm nur der Weg offengestanden, den gegenständlichen Kundenscheck einzubehalten und die Schecksumme mit seinen fälligen Gehaltsansprüchen zu verrechnen, die sich inzwischen auf (12 x 2.250,-- Euro abzüglich der Einmalzahlung von 2.250,-- Euro =) 24.750,-- Euro belaufen hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des streitigen Vorbringens der Parteien sowie der von ihnen gestellten Anträge und des Verfahrensgangs in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Das Landgericht hat mit Endurteil vom 30.10.2003 der Klage - bis auf Abstriche von der Nebenforderung - stattgegeben und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB begründet, weil der Beklagte durch die Vereinnahmung des Schecks eine Untreue begangen habe. Die Aufrechnungseinrede des Beklagten sei nicht zuzulassen, da gemäß § 393 BGB gegen Ansprüche aus unerlaubter Handlung nicht aufgerechnet werden könne.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag unverändert weiterverfolgt.
Zur Begründung seines Rechtsmittels vertieft und ergänzt der Beklagte vor allem sein zur Aufrechnungseinrede unterbreitete Vorbringen, welches er insbesondere auch hinsichtlich der mit dem jetzigen Geschäftsführer der Klägerin getroffenen Vereinbarungen präzisiert und mit weiteren Beweisangeboten untermauert.
Im Senatstermin hat der Beklagtenvertreter hilfsweise zugleich die Zurückverweisung des Rechtsstreits bezüglich der Aufrechnungsforderung beantragt (Bl. 70 d.A.).
Die Klägerin will die Berufung zurückgewiesen haben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die beigefügten Anlagen sowie die vorgelegten Urkunden Bezug genommen.
II.
Die statthafte und gemäß §§ 511 ff. ZPO auch sonst zulässige Berufung hat insoweit Erfolg, als die vom Landgericht ausgeurteilte Zahlungsforderung vom Senat nur im Wege eines Vorbehaltsurteils nach §§ 302, 525 ZPO bestätigt und auf den Hilfsantrag des Beklagten der Rechtsstreit im übrigen zur Durchführung des Nachverfahrens in entsprechender Anwendung des § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 ZPO an das Landgericht zurückverwiesen wird.
Die Feststellungen des Landgerichts bieten keine tragfähige Grundlage für die Annahme einer deliktischen Einstandspflicht des Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB. Der beanspruchte Schadensersatz steht der Klägerin daher nach dem derzeitigen Prozeßstand nur aus dem Gesichtspunkt einer (vertraglichen) Pflichtverletzung im Sinn des § 280 Abs. 1 BGB n.F. zu, so daß die Voraussetzungen eines Aufrechnungsverbots nach § 393 BGB nicht vorliegen. Da die Geltendmachung der Aufrechnung auch nicht aus anderen Gründen als unzulässig anzusehen ist, hat es der Senat für sachdienlich und zweckmäßig erachtet, über die spruchreife Klageforderung im Wege des Vorbehaltsurteils zu entscheiden und hinsichtlich des Nachverfahrens den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen.
1. Wie auch die Berufung nicht mehr ernsthaft bezweifelt, hat der Beklagte für die unstreitige Vereinnahmung des Kundenschecks für eigene Zwecke jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen, weil treuwidrigen Privatentnahme einzustehen (vgl. nur Hachenburg/Kohlmann, 8. Auflage, Rdnr. 148 vor § 82 GmbHG), so daß sich der geltend gemachte Schadensersatzanspruch (jedenfalls) aus dem Gesichtspunkt der groben, wohl auch vorsätzlichen Verletzung der dem Beklagten obliegenden Pflichten aus der Anstellung als Mitgeschäftsführer ergibt (§ 280 Abs. 1 BGB). Eine Vertragsverletzung reicht indessen auch bei vorsätzlicher Begehungsweise nicht aus, um ein Aufrechnungsverbot nach § 393 BGB zu begründen, sofern nicht zugleich der Tatbestand einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung erfüllt ist (BGH, NJW 1967, 2012, 2013; 1999, 714). Im Fall einer solchen Anspruchskonkurrenz obliegt es deshalb dem Geschädigten, wenn er sich auf den Aufrechnungsausschluß berufen will, das Vorliegen einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung darzulegen und zu beweisen (BGH, NJW 1994, 252, 253 m.w.N.).
Die sich daraus im Streitfall ergebenden Konsequenzen für die Beurteilung des Aufrechnungseinwands hat die Kammer ebenso verkannt wie die damit zusammenhängenden weiteren Einordnungsfragen.
a) Da sich der Beklagte von Beginn an auf eine Verrechnung des vereinnahmten Scheckbetrages mit fälligen "Gehaltsansprüchen" berufen hat, war von vornherein bereits das Vorliegen des objektiven Tatbestandes des § 266 StGB fraglich. Denn der Untreuetatbestand verlangt die Zufügung eines Nachteils, also eine durch die Tathandlung verursachte Vermögenseinbuße. Die Vermögensminderung ist im Wege einer Gesamtsaldierung festzustellen. Ein Nachteil liegt deshalb nicht vor, wenn durch die Tathandlung selbst zugleich ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs begründet wird. Eine entsprechende Kompensation kann sich insbesondere daraus ergeben, daß das betreute Vermögen von einer Verbindlichkeit in gleicher Höhe befreit wird (ständige Rechtsprechung, zuletzt etwa BGH, NStZ 2004, 205, 206). Dies gilt selbst dann, wenn die Verbindlichkeit schwer zu beweisen wäre (BGH, wistra 1999, 420, 422 f.). Dementsprechend ist seit jeher anerkannt, daß im Fall einer dem Geschäftsführer einer GmbH angelasteten unzulässigen Privat entnähme ein Nachteil i.S.d. § 266 Abs. 1 StGB ausscheidet, wenn die treuwidrige Entnahme dazu gedient hat, dem Geschäftsführer die Befriedigung ihm zustehender fälliger Gehalts- oder Provisionsansprüche gegenüber der Gesellschaft zu verschaffen (vgl. BGH, GA 1958, 47 und 1971, 35; wistra 1987, 65; 1995, 144; 2001, 341, 344; NStZ 2004, 205 f.; ferner BGH, Urteil des 6. Zivilsenats vom 24.11.1998, NJW 1999, 714 f., unter II 2
b) Entsprechendes hat für sonstige Gegenansprüche des Geschäftsführers zu gelten, die er - wie hier der Beklagte - aus vertraglichen Vereinbarungen vor seiner Anstellung als Geschäftsführer herleitet.
b) Da die Klägerin die geltend gemachte deliktische Haftung des Beklagten auf die Verletzung eines Schutzgesetzes stützt, hat sie sämtliche Tatsachen zu behaupten und darzulegen, aus denen sich die Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 266 StGB herleitet (vgl. nur BGHZ 100, 190, 195 f.; ferner BGH NJW 1985, 1774 f.). Von dieser Beweislast sind auch sog. tatbestands aus schließende Umstände nicht ausgenommen; so ist der Geschädigte beispielsweise auch beweispflichtig dafür, daß ein - ausnahmsweises - Einverständnis des Treugebers mit der (an sich) treuwidrigen Handlung nicht vorgelegen hat (BGHZ a.a.O. S. 197 f.; vgl. ferner BGH, NJW 2002, 1123, 1124 f; 2003, 3764 f.). Demzufolge hat die Klägerin, soweit sie sich auf den deliktischen Haftungsansatz stützt, zugleich die Möglichkeit auszuräumen, daß dem Beklagten zum Zeitpunkt der Tathandlung noch offene Ansprüche aus einem - wie immer ausgestalteten - laufenden oder früheren Beschäftigungsverhältnis mit der GmbH oder der Vor-GmbH bestanden haben könnten. Diesen Nachweis hat die Klägerin nicht erbracht und auch nicht erbringen können, weil sie sich bereits von der Darlegungseite her im wesentlichen auf ein Bestreiten des Verteidigungsvorbringens beschränkt hat und auch nicht gemäß § 139 ZPO auf die ihr in diesem Punkt obliegende Beweislast hingewiesen worden ist.
c) Davon abgesehen zeichnet sich bereits nach dem vorliegenden Prozeßstand ab, daß die Klägerin in keinem Fall in der Lage sein wird, dem Beklagten den erforderlichen Schädigungsvorsatz nachzuweisen. Wenn und soweit nämlich der Beklagte der Meinung war, daß ihm aufgrund seiner geltend gemachten Transportfahrten noch fällige "Gehaltsansprüche" gegen die Klägerin zustanden, so war bereits diese laienhafte Vorstellung ausreichend und geeignet, einen den Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum über den Eintritt eines Vermögensnachteils zu Lasten der Klägerin zu begründen (§ 16 StGB). Denn das Vorliegen eines Vermögensschadens im Sinn der §§ 253, 263, 266 StGB hängt letztlich allein davon ab, ob die durch die Tathandlung ausgelöste Vermögensverschiebung und die dadurch im Ergebnis bewirkte Veränderung der Rechtslage im Einklang mit der materiellen Rechtsordnung steht (BGH, wistra 1999, 420, 423). Soweit dem Beklagten eine fehlerhafte Bewertung der Rechtslage unterlaufen sein sollte, kann demnach dieser Irrtum nicht anders eingeordnet werden als in denjenigen Fällen, in denen der Täter über die - dort zum Tatbestandsmerkmal erhobene Rechtswidrigkeit der Zueignung im Sinn des § 242 StGB oder die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils im Sinn der §§ 253, 263 StGB geirrt hat (vgl. dazu BGH NStZ 1988, 216; NStZ-RR 1999, 6, jeweils m.w.N.). Infolgedessen wird die Klägerin einen Tatbestandsirrtum des Beklagten schon deshalb nicht ausräumen können, weil sie bereits mit Schriftsatz vom 9.5.2003 ausdrücklich zugestehen ließ, daß der Beklagte im beurteilungserheblichen "Zeitraum jedenfalls "zeitweise" für die GmbH Transporte durchgeführt hat (Bl. 18, 19 d.A.).
2. Die Behandlung der Aufrechnungseinrede durch das Landgericht stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend dar (§ 529 Abs. 2 S. 2 ZPO).
a) Die Geltendmachung der Aufrechnung kann zwar unter besonderen Umständen gegen Treu und Glauben verstoßen und damit unzulässig sein (BGH NJW 1975, 1119, 1120). Solche besonderen Umständen hat die Klägerin indessen nicht aufgezeigt. Sie ergeben sich insbesondere auch nicht aus ihrem Vorbringen, der Beklagte habe keine Abrechnung über die Einbehaltung des Kundenschecks erteilt. Darauf kommt es schon deshalb nicht an, weil die Klägerin unstreitig bereits mit Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 16.1.2003 über die Vereinnahmung des Scheckbetrages aufgeklärt worden ist (vgl. Berufungserwiderung vom 16.2.2004, S. 3 = Bl. 84 d.A.).
b) Die Geltendmachung der Aufrechnung ist vorliegend auch dann nicht als unzulässig zu erachten, wenn unter dem Gesichtspunkt einer "rechtswegfremden" Gegenforderung darauf abgestellt wird, daß der Streit über die Aufrechnungsforderung vor den Arbeitsgerichten auszutragen ist (vgl. nur Thomas/Putzo, 25. Auflage, Rdnr. 25 zu § 145 ZPO). Vielmehr ist das Prozeßgericht dann gehalten, in der hier gegebenen Verfahrenslage durch Vorbehaltsurteil zu entscheiden (§ 302 ZPO) und das Nachverfahren über die vorbehaltene Aufrechnung gemäß § 148 ZPO unter Bestimmung einer Frist zur Klageerhebung auszusetzen. Im anschließenden Nachverfahren ist die Aufrechnung zu berücksichtigen, soweit sie vor den Arbeitsgerichten rechtskräftig festgestellt worden ist (BGH NJW 2000, 2428; Thomas/Putzo, a.a.O., Rdnr. 24).
3. Infolge der seit dem 1.5.2000 gültigen Neufassung des § 302 Abs. 1 ZPO kann ein Vorbehaltsurteil auch dann ergehen, wenn die Aufrechnungsforderung - wie hier - in rechtlichem Zusammenhang mit der Klageforderung steht. Der Erlaß eines Vorbehaltsurteils bietet sich deshalb auch in der vorliegenden Prozeßlage an, weil die Klageforderung aus den dargelegten Gründen nach wie vor spruchreif ist, während über die aufgerechneten Gegenansprüche auch unabhängig von der Rechtswegproblematik noch nicht abschließend entschieden werden kann, da es zu ihrer Beurteilung ohnehin noch weiterer Sachaufklärung bedarf.
Einem Vorbehaltsurteil steht auch nicht entgegen, daß der Beklagte bei Annahme einer deliktischen Haftung den einbehaltenen Scheckbetrag bereits ab Scheckeinlösung zu verzinsen hätte (§ 849 BGB). Denn diese weitergehenden Zinsen sind nicht Gegenstand der zugesprochenen Klageforderung, so daß offenbleiben kann, ob das im Klageantrag formulierte Datum des Zinsbeginns (1.2.2002 statt: 1.2.2003) nicht ohnehin auf einem offensichtlichen Schreibversehen beruht. Infolgedessen deckt die dargelegte Anspruchsgrundlage aus § 280 BGB die stattgebende Entscheidung des Landgerichts in vollem Umfang ab.
4. Der Senat hält es weder für geboten noch für sachdienlich, das Nachverfahren selbst durchzuführen. Auf den Hilfsantrag des Berufungsführers war daher in entsprechender Anwendung des § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 ZPO der Erlaß eines Vorbehaltsurteils zugleich mit einer Zurückverweisung der Sache zur weiteren Verhandlung über die Aufrechnungsforderungen zu verbinden. Nach Auffassung des Senats entspricht allein diese Vorgehensweise dem Gesetz. § 538 Abs. 1 Nr. 5 ZPO bezweckt, daß den Parteien auch für das Nachverfahren zwei Instanzen zur Verfügung stehen sollen. Deshalb war es schon für die Vorläuferregelung des § 538 Abs. 1 Nr. 4 ZPO a.F. überwiegend anerkannt, daß die Vorschrift in zweifacher Hinsicht zu eng gefaßt ist (vgl. hierzu und zum Folgenden OLG Düsseldorf, MDR 1973, 856 und NJW-RR 2001, 882, 885; OLG München, OLGZ 1966, 34, 36 f.; Thomas/Putzo a.a.O., Rdnr. 22 zu § 538 ZPO; ferner MK-Rimmelspacher, 2. Auflage (ZPO-Reform), Rdnr. 62, 63 zu § 538 ZPO): Zum einen gilt § 538 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 ZPO entgegen seinem Wortlaut nicht nur im Urkunden- und Wechselprozeß, sondern entsprechend auch für Vorbehaltsurteile nach § 302 ZPO. Darüber hinaus ist eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auch dann geboten, wenn erst das Berufungsgericht das Vorbehaltsurteil erläßt.
Allerdings ist diese zweite Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 538 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 ZPO vom dargelegten Zweck der Bestimmung nur insoweit gedeckt, als in erster Instanz ausschließlich über den der Klageforderung zugrunde liegenden Streitstoff verhandelt worden war (in diesem Sinne offenbar MK-Rimmelspacher a.a.O., Rdnr. 63; wohl auch Stein/Jonas/Grunsky, 21. Auflage, Rdnr. 29 zu § 538 ZPO). So aber liegen die Dinge hier, weil die Kammer trotz vorbehaltsloser Verurteilung des Beklagten keine Sachprüfung hinsichtlich der Aufrechnungseinrede vorgenommen hat. Wie der vorliegende Verfahrensgang also aufzeigt, kann eine die Zurückverweisung gebietende Behandlung der Prozeßmaterie durch das Ausgangsgericht auch dann vorliegen, wenn die Klage nicht abgewiesen, sondern ihr - im wesentlichen - stattgegeben worden ist. Nach alledem hat der Senat trotz vorbehaltsloser Verurteilung in erster Instanz bei der hier gegebenen besonderen Verfahrenslage keine Veranlassung, von einer entsprechenden Anwendung des § 538 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 ZPO abzusehen und selbst das Nachverfahren durchzuführen.
III.
Für die weitere Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf folgende Gesichtspunkte hin:
1. Unabhängig davon, für welches Vorgehen sich die Kammer im Hinblick auf das Problem einer "rechtswegfremden" Aufrechnung entscheidet (vgl. Zöller, 24. Auflage, Rdnr. 19, 19 a zu § 145 ZPO einerseits, Musielak/Stadler, 3. Auflage, Rdnr. 31 zu § 145 ZPO andererseits), wird darauf hinzuwirken sein, daß sich der Beklagte im Hinblick auf das Parallelverfahren mit umgekehrtem Rubrum näher dazu erklärt, welcher Abrechnungszeitraum der von ihm eingeklagten Lohn- bzw. Gehaltsforderung zugrunde liegt. Bei der Bezifferung jener Klageforderung und der Höhe der vorliegenden Aufrechnungsforderung ist dem Beklagten im übrigen ein Rechenfehler unterlaufen, der darauf zurückgeht, daß die Höhe der klägerischen Forderung in den Schriftsätzen der Beklagtenvertreter nicht mit 14.094,-- Euro, sondern mit lediglich 14.009,-- Euro angegeben wird (vgl. beispielsweise Bl. 14 und 57 d.A.).
2. Auch soweit das Landgericht eine Aussetzung nach § 148 ZPO erwägt (vgl. oben II 2 b), wird dem Beklagten vorher Gelegenheit zu geben sein, sein Vorbringen bezüglich etwaiger im Zusammenhang mit der Anstellung als Mitgeschäftsführer getroffener Vergütungsabsprachen zu präzisieren (vgl. § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG).
3. Sofern das Landgericht im Anschluß an BAG NJW 2002, 317 (vgl. dazu Palandt, Rdnr. 5 zu § 388 BGB) in eine Sachprüfung der aufgerechneten Gegenforderungen eintritt, wird sich wegen des Erfordernisses der Gegenseitigkeit (§ 387 BGB) empfehlen, dem Beklagten nähere Darlegungen dazu abzuverlangen, in welcher Phase zwischen der Gründung und der Eintragung der klagenden GmbH die behaupteten Absprachen mit dem jetzigen Geschäftsführer der GmbH jeweils getroffen worden sind (vgl. Palandt, Rdnr. 5 zu § 705 BGB).
IV.
Über die Kosten des Berufungsrechtszuges wird das Landgericht mit zu entscheiden haben.
Das Urteil ist gemäß § 708 Nr. 10 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären (arg. § 775 ZPO), und zwar wegen § 713 ZPO ohne Sicherheitsleistung nach § 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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