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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bamberg
Beschluss verkündet am 12.07.2005
Aktenzeichen: 4 W 93/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO §§ 91 ff
ZPO § 89
ZPO § 269 Abs. 3
ZPO § 269 Abs. 5
ZPO § 511
ZPO §§ 567 ff
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Bamberg BESCHLUSS

4 W 93/05

Bamberg, den 12. Juli 2005

des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 11. Juli 2005

in Sachen

wegen Forderung

hier: Beschwerde gegen die Kostenentscheidung

Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 2.6.2005 wird zurückgewiesen.

II. Die Beschwerdeführer tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 856,54 Euro festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Mit Schriftsatz vom 22.12.2004 erhoben die Beschwerdeführer, die Rechtsanwälte ... u. Koll., für die "..." Klage beim Landgericht Würzburg auf Zahlung abgetretener Werklohnforderungen i.H.v. 7.160,00 Euro und Feststellung von Annahmeverzug. Nach Eingang der Klageerwiderung der Beklagten meldete sich der angebliche Inhaber der klagenden Firma am 28.2.2005 telefonisch beim erkennenden Richter des Landgerichts Würzburg und erklärte, dass er nicht Inhaber der Firma ... sei, keinen Klageauftrag erteilt habe und dass die Unterschrift auf einem Schreiben vom 8.1.2004 an die Beklagten nicht von ihm stamme, sondern gefälscht sei. Mit Telefax vom 28.2.2005 reichte er entsprechende Unterlagen ein.

Das Landgericht forderte daraufhin die Beschwerdeführer auf, zum anberaumten Termin vom 1.3.2005 die Originalprozessvollmacht mitzubringen. Die Beschwerdeführer haben mit Schriftsatz vom 1.3.2005 die Klage zurückgenommen.

Das Landgericht wies mit Verfügung vom 15.4.2005 die Beschwerdeführer unter Gewährung einer Stellungnahmefrist auf die beabsichtigte Auferlegung der Kosten auf sie hin, verbunden mit der Aufforderung eine ordnungsgemäße Prozessvollmacht des angeblichen Inhabers vorzulegen. Mit Schriftsatz vom 4.5.2005 widersetzten sich die Beschwerdeführer einer Kostenauferlegung und legten mit Schriftsatz vom 13.5.2005 eine auf den 8.5.2005 datierte und unterschriebene Prozessvollmacht "in Sachen ..." Montagebau vor.

Das Landgericht Würzburg hat mit Beschluss vom 2.6.2005 den Beschwerdeführern die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführer nach dem Veranlasserprinzip die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hätten, da es sich bei der klagenden Firma nicht um eine juristische Person handele, somit der angegebene Inhaber als natürliche Person Partei sei und dessen Bevollmächtigung nicht nachgewiesen sei. Die vorgelegte Vollmacht sei offensichtlich - wie sich aus einem Vergleich mit der Unterschrift auf der vorliegenden Gewerbeanmeldung ergebe - nicht von ..., sondern von dem das Gewerbe anmeldenden ... unterschrieben.

Gegen diesen ihnen am 9.6.2005 zugestellten Beschluss haben die Beschwerdeführer im eigenen Namen mit Schriftsatz vom 23.06.2005, eingegangen am selben Tage, sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führen sie an, sie seien nicht Partei, der Prozess sei im Namen der Firma Montagebau geführt worden, wer im Zeitpunkt der Klageeinreichung Inhaber der Firma sei, sei eine Frage der Klärung im Innenverhältnis.

Das Landgericht Würzburg hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat die Akten dem Oberlandesgericht Bamberg zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 2.6.2005 (Bl. 34-36 d.A.) und die Schriftsätze der Beschwerdeführer vom 4.5.2005 (Bl. 29, 30 d.A.) und vom 23.06.2005 (Bl. 39, 40 d.A.) Bezug genommen.

II.

1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 269 Abs. 5, 567 ff ZPO zulässig, sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Der Streitwert der Hauptsache übersteigt den in § 511 ZPO genannten Betrag (§ 269 Abs. 5 ZPO), auch liegt der Wert des Beschwerdegegenstandes über 200,-- Euro (§ 567 Abs. 2 ZPO).

2. Die sofortige Beschwerde ist aber unbegründet.

Das Landgericht Würzburg ist in vollem Umfang zutreffend davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführer nach dem Veranlasserprinzip die Kosten des Rechtsstreits zu tragen haben. Zur Begründung wird daher zunächst auf die zutreffenden Gründe der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist ergänzend noch folgendes auszuführen:

a) Die Beschwerdeführer weisen im Ansatz zutreffend darauf hin, dass sie nicht selbst Partei des Rechtsstreits waren und dass gemäß § 269 Abs. 3 ZPO im Falle der Klagerücknahme dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen sind. Diese Regel kann hier jedoch ausnahmsweise keine Anwendung finden, da die als Kläger bezeichnete Person den Rechtsstreit nicht veranlasst hat. In derartigen Fällen sind die Kosten des Rechtsstreits vom Veranlasser zu tragen, d.h. hier von den Beschwerdeführern, welche durch die von Ihnen gefertigte Klageschrift - ohne Vollmacht der als Kläger bezeichneten Partei - das Verfahren eingeleitet und damit den Rechtsstreit "veranlasst" haben.

b) Die Kostenregelungen der ZPO gehen - nachdem es sich um einen Parteiprozess handelt - grundsätzlich davon aus, dass die Kosten des Rechtsstreits auch von den Parteien zu tragen sind, sei es von einer Partei alleine oder von mehreren Parteien gemeinsam nach Quoten. Diesen Regelungen immanent ist unter anderem der Grundgedanke, dass der Kläger als Veranlasser des Verfahrens auch die Kosten zu tragen hat, soweit nicht aufgrund besonderer Umstände - wie z.B. des Unterliegens des Gegners - ein anderer Kostenschuldner in Betracht kommt bzw. dass die unterlegen Partei den Rechtsstreit verursacht hat.

Dabei wird als selbstverständlich vorausgesetzt, dass die jeweiligen Parteien richtig bezeichnet und auch tatsächlich wirksam vertreten sind. Die Parteien eines Prozessrechtsverhältnisses werden grundsätzlich durch denjenigen bestimmt, der das Verfahren in Gang setzt, z.B. durch eine Klage oder einen Antrag. Dabei ist die Bezeichnung grundsätzlich auslegungsfähig, ungenaue oder unrichtige Parteibezeichnungen sind unschädlich und können von Amts wegen jederzeit berichtigt werden, wenn die Identität der Partei trotz Berichtigung gewahrt bleibt. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung lagen aber hier nicht vor.

Bei der Klage eines Unternehmens, bei dem es sich nicht um eine Handelsgesellschaft handelt, ist dessen Inhaber bei Begründung der Rechtshängigkeit Partei, nicht aber "die Firma" selbst, da sie kein rechtsfähiges Gebilde ist. Daher kommt es für die Frage der Parteistellung auf der Klägerseite darauf an, wer in dem das Verfahren einleitenden Schriftstück als Inhaber bezeichnet ist. Diese natürliche Person ist Partei des Rechtsstreits. Zwar können bloße Falschbezeichnungen im Sinne einer falschen Schreibweise korrigiert werden, jedoch kann nicht eine existente Person durch eine andere Person ersetzt werden, da andernfalls die Identität der Partei nicht mehr gewahrt wäre.

Dies bedeutet im vorliegenden Fall, dass der in der Klageschrift auf Klägerseite als Inhaber des Unternehmens bezeichnete G persönlich Partei des Rechtsstreits geworden ist und nicht der tatsächliche Inhaber .... Eine Berichtigung der Parteibezeichnung kam insoweit nicht in Betracht.

c) Im Falle einer vollmachtslosen Vertretung sind die Kosten des Rechtsstreits abweichend vom Wortlaut der §§ 91 ff, 269 Abs. 3 ZPO - aber in Übereinstimmung mit ihren Grundgedanken (s.o.) - demjenigen Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen, der das Auftreten des Vertreters veranlasst hat, gegebenenfalls auch dem vollmachtslosen Vertreter selbst (sog. Veranlasserprinzip; vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 88 Rn.11 m.w.N.).

Dabei trifft die Kostenbelastung aber nicht zwingend den vollmachtslosen Vertreter. Der vollmachtslose Vertreter kommt als Veranlasser in der Regel dann in Betracht, wenn er den Mangel der Vollmacht kennt (BGH NJW-RR 1998, 63). Hat aber die angeblich (aber unwirksam) vertretene Partei das Auftreten des vollmachtslosen Vertreters selbst veranlasst und ist nur die Erteilung der Vollmacht aus anderen Gründen unwirksam, so hat sie auch selbst die Veranlassung zur Klage gegeben. Das Kostenrisiko der (Un-) Wirksamkeit der von ihr erteilten Vollmacht trägt grundsätzlich die Partei. Dementsprechend trifft z.B. eine prozessunfähige Partei die prozessuale Kostentragungspflicht (BGHZ 121, 397 ff). Der vollmachtslose Vertreter kann hier nicht als Veranlasser der Kosten in Anspruch genommen werden, da er sich gutgläubig im Besitz einer tatsächlich erteilten Vollmacht befindet und - anders als im Fall des § 89 ZPO - nicht im Bewusstsein fehlender Legitimation handelt (BGH aaO).

Im vorliegenden Fall besteht nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 4.5.2005 kein Anlass anzunehmen, dass diesen der Mangel der Vollmacht bekannt war. Den Beschwerdeführern wurde seitens ihres Auftraggebers das Schreiben an die Beklagten vom 8.1.2004 übermittelt, aus dessen Briefkopf sie gutgläubig den Schluss ziehen konnten, dass G Inhaber der Firma ... Montagebau sei. Sofern die Beschwerdeführer auch davon ausgingen, dass es sich bei ihrem Auftraggeber um G handelte, befanden sie sich auch im guten Glauben auf die Bevollmächtigung durch die Klagepartei, d.h. sie handelten nicht im Bewusstsein fehlender Legitimation.

Dennoch haben die Beschwerdeführer als Veranlasser des Rechtsstreits die nach Klagerücknahme die Kosten zu tragen, denn die Kostentragungspflicht des vollmachtslosen Vertreters ist nicht auf die Fälle beschränkt, bei denen der Vertreter den Mangel der Vollmacht kannte. Die oben genannte Rechtsprechung ist geprägt von dem Gedanken, dass der vollmachtlose Vertreter dann nicht als Veranlasser der Kosten in Anspruch genommen werden kann, wenn er den Mangel der Vollmacht nicht positiv kannte und die von ihm vertretene Partei selbst durch ihr Verhalten zurechenbar den Prozess veranlasst hat. Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall aber nicht vor.

Auch wenn der fälschlich als Inhaber der Firma bezeichnete G persönlich Partei des Rechtsstreits geworden ist, hat er doch den Rechtsstreit in keiner Weise veranlasst. Er hat den Beschwerdeführern nach ihrem eigenen Vorbringen keine Prozessvollmacht erteilt, die vorgelegte Vollmacht wurde vielmehr - erst am 08.05.2005 - von R unterzeichnet, wovon nunmehr auch die Beschwerdeführer ausweislich ihrer Beschwerdebegründung ausgehen. Der Kläger hat aber auch sonst nicht das Auftreten der Beschwerdeführer als vollmachtslose Vertreter durch zurechenbaren Rechtsschein veranlasst, jedenfalls wird diesbezüglich seitens der Beschwerdeführer nichts vorgetragen. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall grundlegend von den Konstellationen, in denen die vertretene Partei selbst -wenn auch unwirksam - Vollmacht erteilt und durch ihr zurechenbares Handeln den Anlass für das Tätigwerden der Vertreter gesetzt hat.

Der Kläger G wurde zwar durch die Bezeichnung in der Klageschrift formal Partei, er hat aber in keiner Weise durch eigenes Handeln, Dulden oder zurechenbaren Rechtsschein dazu beigetragen, dass er diese Parteistellung erlangte. Unter diesen Umständen kommt eine Kostenbelastung des Klägers nicht in Betracht.

d) Soweit es sich - wofür nach Sachlage viel spricht - bei dem tatsächliche Inhaber der Firma R Montagebau, R, selbst um den ursprünglichen Auftraggeber der Beschwerdeführer handeln sollte, hat dieser zwar die Klageerhebung veranlasst, jedoch kommt eine Kostenentscheidung zu seinen Lasten vorliegend nicht in Betracht, da er nicht am Verfahren beteiligt ist. Die prozessuale Kostentragungspflicht kann nur einen Verfahrensbeteiligten treffen, nicht aber einen am Verfahren nicht beteilligten Dritten. Diese Risikoverteilung ist auch nicht unbillig. Es liegt im Risikobereich der Beschwerdeführer, dass sie von einem Mandanten mit der Prozessführung beauftragt werden, der unzutreffende Angaben zu seiner Person bzw. der des potentiellen Klägers macht. Soweit die Beschwerdeführer Kenntnis davon gehabt haben sollten, dass ihr Mandant nicht mit der Klagepartei identisch ist und sie auf dessen Vertretungsmacht vertraut haben sollten, ist dieses Vertrauen hier nicht schützenswert und kann nicht zum Nachteil des Klägers gereichen, der dies nicht durch Handeln, Dulden oder zurechenbaren Rechtsschein veranlasst hat.

Die Beschwerdeführer sind danach die einzigen Verfahrensbeteiligten, die den vorliegenden Prozess veranlasst haben und müssen daher auch die Kosten des Rechtsstreits tragen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

IV.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes orientiert sich an dem mit dem Rechtsmittel erstrebten Erfolg und entspricht daher den im ersten Rechtszug angefallenen außergerichtlichen Kosten des Beklagten.

V.

Die Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) wird zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage ist bislang höchstrichterlich noch nicht umfassend geklärt und hat über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus Bedeutung.

Ende der Entscheidung

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