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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bamberg
Urteil verkündet am 13.05.2005
Aktenzeichen: 6 U 49/04
Rechtsgebiete: HOAI, AVB, BGB, ZPO


Vorschriften:

HOAI § 4
HOAI § 15
HOAI § 27
HOAI § 24
HOAI § 24 Abs. 1 S. 3
HOAI § 25
AVB § 8
BGB § 126
BGB § 242
BGB § 254
BGB § 276
BGB § 649
BGB § 812 Abs. 1 S. 1
ZPO § 139
ZPO § 283
ZPO § 513
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Bamberg IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 49/04

in dem Rechtsstreit

wegen Forderung.

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg hat durch den Einzelrichter Richter am Oberlandesgericht aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts Coburg vom 12. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Kläger haben auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Kläger, von Beruf Architekten, begehren unter Firmierung ihres Architektenbüros restliches Architektenhonorar, die Beklagte verlangt mit der Widerklage die Rückzahlung von angeblich zuviel gezahltem Honorar als offene Teilklage.

Mit Vertrag vom 18.9./24.10.2000 schlossen die Parteien einen Architektenvertrag "Gebäude" mit den Leistungsphasen 1 und 2 nach § 15 HOAI für den Umbau und die Sanierung des Caritas-Hauses der Stadt T (Beklagte) zu einem 2-gruppigen Kindergarten. Dem Vertrag lagen die allgemeinen Vertragsbestimmungen für Architekten- und Ingenieurleistungen (AVB-Arch/Ing und ZVB-Arch) zugrunde.

Wegen des Wortlautes von § 8 AVB wird auf den Tatbestand des Ersturteils - S. 3 - verwiesen.

Gemäß § 6 des Architektenvertrages war ein Honorar nach der Honorarzone III/Mittelsatz vereinbart und eine Erstattung von Nebenkosten in Höhe von pauschal 1 % des Nettohonorars. Zudem wurden den Klägern in § 3 des Vertrages die Leistungsphasen 3 bis 9 in Aussicht gestellt ("der Stadtrat behält sich vor, die Leistungsphasen 3 und 4 bzw. 5 bis 9 gesondert zu beauftragen").

Den in der Folgezeit von den Klägern erbrachten Leistungsphasen 1 und 2 lag eine Kostenschätzung von 850.300,- DM netto zugrunde.

Mit Schreiben vom 16.1.2001 der 2. Bürgermeisterin der Beklagten wurden die Kläger mit der Genehmigungsplanung (Leistungsphasen 3 und 4) beauftragt. Eine schriftliche Fixierung des Vertrages erfolgte insoweit nicht.

Mit Beschlussvorlage vom 26.4.2001 aus der Stadtratssitzung der Beklagten vom 24.4.2001 wurden die Kläger mit der Ausführung zum Umbau des Caritas-Hauses zu einem 2-gruppigen Kindergarten beauftragt und der damalige Bürgermeister ermächtigt, einem Ingenieurvertrag mit den Leistungsphasen 5 bis 9 abzuschließen. Die Beschlussvorlage bezifferte die Ingenieurkosten für die Planungsphasen 1 bis 9 auf insgesamt 153.387,-- DM. Auch insoweit kam kein schriftlicher Vertrag zwischen den Parteien zustande. Zudem wurden die Kläger auch mit der Planung und Neugestaltung der Außen- und Freianlagen des Kindergartens beauftragt; diesbezüglich wurde ebenfalls kein schriftlicher Vertrag abgeschlossen.

Mit Schreiben vom 18.2.2002 kündigten die Kläger das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund ("zerrüttetes Vertrauensverhältnis", Anlage K 4).

Mit Schlussrechnung vom 6.3.2002 (Anlage K 5) errechneten die Kläger unter Berücksichtigung der unstreitigen Zahlungen der Beklagten einen noch offenen Betrag von 44.515,13 DM = 22.760,23 EURO (Klagebetrag). Darin enthalten sind Honorare für nach erfolgter Kündigung nicht mehr erbrachte Leistungen im Wert von 25.945,26 DM abzüglich 40 % pauschalierter ersparter Aufwendungen.

Zur Überprüfung der Frage, ob die von den Klägern im Erdgeschoß des Bauvorhabens geplante und eingebaute Deckenkonstruktion brandschutzrechtlichen Vorgaben entspricht, leitete die Beklagte beim Landgericht Coburg unter dem Az.: 22 OH 93/02 ein selbständiges Beweisverfahren ein. Diese Akte ist beigezogen. Im Rahmen dieses Beweisverfahrens erstattete der vom Gericht beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. und Architekt ... am 12.6.2003 ein schriftliches Gutachten. Aufgrund dieses Gutachtens ließ die Beklagte im Erdgeschoß eine zusätzliche Brandschutzdecke installieren, was einen zusätzlichen Aufwand von 2.567,97 DM verursachte.

Die Kläger sind der Meinung, sie seien durch einen so genannten Stufen- und Optionsvertrag mit der Durchführung der einzelnen Leistungsphasen beauftragt worden. Aufgrund dieser stufenweisen Beauftragung seien für alle Leistungsphasen die schriftlichen Vereinbarungen aus dem Architektenvertrag vom 18.9./24.10.2000 maßgeblich. Daher sei zwischen ihnen und der Beklagten ausdrücklich eine Abrechnung nach, dem Mittelsatz der Honorarzone III vereinbart worden. Dieser Vertrag gewährleiste auch die Einhaltung der Schriftform nach § 4 HOAI. Hilfsweise machen die Kläger Zuschläge nach §§ 25 bzw. 24 Abs. 1 S. 3 HOAI geltend. Sie meinen ferner, der Beklagten sei es nach § 242 BGB verwehrt, sich auf die etwaige Nichteinhaltung der Schriftform zu berufen, da sie, die Beklagte, nicht schutzbedürftig sei.

Die Kläger haben in erster Instanz beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von 22.760,23 EURO nebst 12 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die Kläger nur nach dem Mindestsatz der Honorarzone I abrechnen konnten, weil für die Leistungsphasen 3 bis 9 keine schriftliche Honorarvereinbarung getroffen worden sei. Zu einzelnen Leistungsphasen hätten die Kläger entweder mangelhafte oder überhaupt keine Leistungen erbracht (wird näher ausgeführt). Nach Berechnung der Beklagten, habe diese den Klägern ein Gesamthonorar von allenfalls brutto 54.471,99 DM zu bezahlen gehabt, so dass sie, die Beklagte, daher insgesamt 44.021,98 DM überzahlt habe. Sie verlangt allerdings zunächst in offener Teilklage widerklagend lediglich 11.881,95 EURO zurück.

Zu den Vorgängen, die letztlich zur außerordentlichen Kündigung durch die Kläger geführt haben, tragen beide Parteien widersprüchlich vor. Insoweit wird auf den Tatbestand des Ersturteils (S. 9 bis 10) sowie die Anlagen B 19 ff. verwiesen.

Das Landgericht Coburg hat mit der angegriffenen Entscheidung vom 12.10.2004 die Klage als unbegründet abgewiesen und die Widerklage in der Sache ganz überwiegend für begründet erachtet. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe der angegriffenen Entscheidung (S. 10 ff.) Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge und auch den Sachvortrag dazu weiterverfolgen. Die Kläger rügen insbesondere einen Verstoß des Landgerichts Coburg gegen die Hinweispflicht aus § 139 ZPO und bezeichnen die im Termin vom 12.10.2004 verkündete Entscheidung als Überraschungsentscheidung. Das Landgericht habe sich mit der Frage der Erstellung der Schlussrechnung und deren Prüfbarkeit überhaupt nicht beschäftigt. Zudem habe das Landgericht keine ergänzenden Hinweise auf weitergehende Ausführungen der Kläger zur Begründetheit ihrer Honorarforderungen getätigt. Auch habe das Landgericht eine ergänzende Stellungnahme zur mündlichen Sachverständigengutachtensergänzung im Termin vom 12.10.2004 zu Unrecht nach § 283 ZPO verweigert. Das Landgericht habe auch den Sachvortrag der Kläger in erster Instanz nicht hinreichend gewürdigt und weitere Sachaufklärung pflichtwidrig unterlassen, sowohl hinsichtlich des Vertragsschlusses wie auch hinsichtlich der Vergütung und der Kündigung. Das Urteil enthalte weiterhin einen Verstoß gegen die Denkgesetze, weil die stufenweise Beauftragung auf Abruf erfolgt sei und daher der erste schriftliche Vertrag (für die Honorarzonen 1 und 2) für sämtliche weiteren Honorarphasen und Bauabschnitte die Schriftform wahre. Insoweit wird auch das Anschreiben der 2. Bürgermeisterin und der Gemeinderatsbeschluss vom 24.4.2001 zitiert. Zu Unrecht habe das Landgericht auch den Zuschlag nach § 25 HOAI aberkannt. Ein Hinweis auf die fehlende Prüffähigkeit der Honorarrechnung der Kläger habe das Landgericht pflichtwidrig unterlassen. Der außerordentliche Kündigungsgrund für die Kläger und die Gesamtsituation im Wahlkampf in der Gemeinde T, wird erneut dargestellt, geschildert und chronologisiert. Die Kläger sind nach wie vor der Meinung, die Kündigung sei allein durch die Beklagte zu vertreten. Ein Planungsfehler beim Brandschutz wird unter Hinweis auf das Landratsamt als Baugenehmigungsbehörde verneint und zudem § 254 BGB eingewendet.

Die Kläger beantragen

unter Abänderung des Ersturteils die Abweisung der Widerklage und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 22.760,23 EURO nebst Zinsen.

Die Beklagte beantragt

die Zurückweisung der Berufung

und bemängelt konkrete Angriffe auf das angefochtene Ersturteil und hält deshalb die Berufungsbegründung insgesamt für floskelhaft und inhaltsleer und meint, die Zulässigkeitshürde nach § 513 ZPO sei bereits nicht überwunden.

Im Übrigen verweist die Beklagte weitgehend auf den Sachvortrag erster Instanz und verteidigt das Ersturteil als richtig.

Der Senat hat keinen Beweis erhoben.

II.

Die zulässige (§§ 511 ff. ZPO) Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Senat folgt dem angefochtenen Endurteil des Landgerichts Coburg in seinen Ausführungen zum Schriftformerfordernis nach § 4 HOAI, zur Honorarhöhe der Kläger aus dem Architektenvertrag mit der Beklagten aus dem Jahr 2000 und zum Anspruchsgrund und zur Anspruchshöhe in Bezug auf die Widerklage, weswegen hierauf zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen vollinhaltlich Bezug genommen wird.

Somit sind allenfalls nachfolgende Ausführungen und Ergänzungen zum Ersturteil aufgrund des Berufungsvorbringens veranlasst:

Unterbliebene Hinweise nach § 139 ZPO des Landgerichts Coburg vermag der Senat nicht zu erkennen. Hierzu ist der Berufungsvortrag der Klägerseite in der Tat völlig unkonkret, substanzlos und ergeht sich in bloßen Allgemeinplätzen. Notwendig gewesen wäre vorzutragen:

Welcher Hinweis zu welchen beanstandeten Themen ist fehlerhaft nicht erfolgt?

Wieso musste das Landgericht hierzu nach § 139 ZPO hinweisen?

Welche Reaktion, welcher konkrete Sachvortrag seitens der Kläger wäre hierauf in erster Instanz erfolgt?

Ist das Unterlassen der Kammer kausal, was also würde sich in welcher rechtlicher Beurteilung und wie auf das Ergebnis des Prozesses auswirken?

In der in der Berufungsbegründung vorgenommenen Allgemeinheit kann eine wirksame und erfolgreiche Rüge des § 139 ZPO in keinster Weise gesehen werden.

Desgleichen gilt für die Rüge nach § 139 i.V.m. § 283 ZPO; zwar mag es unter Umständen tunlich gewesen sein, den Klägern auf die mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen Buss im Termin vom 12.10.2004 eine Schriftsatzfrist einzuräumen, da die Gutachtensergänzung zum Teil in Form einer Tischvorlage erfolgte. Andererseits haben die Kläger im Termin auch nichts zur Begründung des Antrags nach § 283 ZPO vorgebracht. Jedenfalls fehlt es wieder an jeglichem konkreten und substantiierten Vortrag, was die Kläger denn nun noch auf die Sachverständigenergänzung hätten ergänzend vortragen wollen, was - ohne schuldhaftes Zögern - in erster Instanz noch hätte gefragt, erörtert oder vorgetragen werden können. Welche Hinweise hätte das Landgericht geben sollen, welche Auflagen erteilen, welche Rechtslage mit den Parteien ergänzend erörtern und was vor allem hätten die Kläger noch vorbringen können und wollen und wie hätte sich dies auf das verkündete Urteil im Ergebnis ausgewirkt. Auch hier bleibt die Rüge wegen zu pauschaler und abstrakter Ausführungen noch vor der Hälfte ihres Weges zum Erfolg stecken.

Zur Schriftformproblematik nach § 4 HOAI, § 126 BGB in Bezug auf die Leistungsphasen 3 bis 9 nach § 15 HOAI für das Gebäude (bei den Freiflächen existiert unstreitig ohnehin keine schriftliche Vereinbarung) folgt der Senat den Ausführungen des angefochtenen Urteils. Der Wortlaut des Vertrages vom 18.9./24.10.2000 (Anlage K 1) spricht für eine "stufenweise Beauftragung", bei der sich der Stadtrat "die Vergabe der Leistungsphasen 3 bis 9 gesondert vorbehält". Aus der Formulierung des § 3.4 ("für die weiteren Leistungen gelten die Regelungen dieses Vertrages ...") ergibt sich nicht gegenteiliges. Auch § 6 des Vertrages spricht ausschließlich von Leistungsphase 1 und 2 Honorarzone III/Mittelsatz und desgleichen werden in § 6.1.8 für die Grundleistungen der Leistungsphasen 1 und 2 (Grundlagenermittlung und Vorplanung) feste Prozentsätze vereinbart, nicht aber für weitere Leistungsphasen.

Dass auch die Kläger im Kündigungsschreiben vom 18.2.2002 von dieser Rechtslage ausgingen, ergibt sich aus der (laienhaften) Formulierung ("... hiermit kündigen wir den Architektenvertrag vom 24.10.2000 ..., die durch konkludentes Verhalten entstandenen Folgeverträge sind Bestandteil der Kündigung ..."). Auch das in der Berufungsbegründung zitierte eigenständige schriftliche Architektenvertragsformular für die Leistungsphasen 3 und 4 vom 3./19.4.200l - allerdings ohne Unterschrift der Beklagten - spricht für eine stufenweise Beauftragung in Form eines Vorvertrages, der erst dann zu weitergehenden Honoraransprüchen bzw. weiteren Beauftragungen weiterer Leistungsphasen führt, wenn gesonderte, zusätzliche (und schriftliche) Beauftragung seitens der Gemeinde erfolgt. Die Formulierungen sprechen dafür, dass nach Interessenlage der Beklagten, die sich noch nicht endgültig für sämtliche neun Leistungsphasen binden wollte, insbesondere sich noch keinen Ansprüchen aus § 649 BGB für den Fall der Kündigung oder der endgültigen Nichtrealisierung des Objekts aussetzen wollte, lediglich eine stufenweise bindende Beauftragung erfolgen sollte. So wird dies in ähnlich gelagerten Sachverhalten auch überwiegend in Rechtsprechung und Literatur gesehen (vgl. LG Konstanz, BauR 1996, 577; OLG Düsseldorf, BauR 1998, 887; OLG Dresden IBR 2001, 26; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 9. Aufl., Rdnr. 666, 667; Löffelmann/Fleischmann, Architektenrecht, 4. Aufl., Rdnr. 735 ff.; anderer Meinung dagegen Locher/Köble, 8. Aufl., HOAI, § 4 Rdnr. 45) . Der Senat neigt mit dem Landgericht der Meinung zu, § 4 HOAI auf jeden Abschnitt stufenweiser Beauftragung gesondert anzuwenden und für jeden stufenweisen Abruf einer Leistungsphase auch die Schriftform zu verlangen; nur dies führt zu der vom Verordnungsgeber der HOAI gewünschten Klarheit und Rechtssicherheit und berücksichtigt die eindeutige Interessenlage der Beklagten als Auftraggeber der öffentlichen Hand.

Dass der Gemeinderatsbeschluss vom 24.4.2001 diese Schriftform nach § 126 BGB nicht zu erfüllen vermag, bedarf keiner Vertiefung.

Mit dem Landgericht ist der Senat auch der Meinung, dass es der beklagten Gemeinde nicht versagt ist, sich auf die Schriftformerfordernisse zu berufen, § 242 BGB. Grundsätzlich ist es einer Gemeinde - wie jedem anderen am Privatrechtsgeschehen teilnehmenden Auftraggeber - nicht verwehrt, sich auf die Formvorschriften des Zivilrechts oder wie hier des § 4 HOAI zu berufen. Insoweit nimmt der Senat vollinhaltlich auf die dahingehenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil auf dessen S. 12 und 13 Bezug. Die von den Klägern zitierte BGH-Rechtsprechung aus NJW 1994, 1528 trifft diesen Sachverhalt nicht, weil es dort ausschließlich um die Einhaltung von Formvorschriften nach der Gemeindeordnung ging.

Mit dem Landgericht ist der Senat weiterhin der Auffassung, dass die Kläger kein Zusatzhonorar nach §§ 24 oder 25 HOAI verlangen können. Ein solches nach § 24 oder 27 HOAI verfolgt die Klägerseite ausweislich der Berufungsbegründung nicht weiter. Ein Zusatzhonorar nach § 25 HOAI kann im Ergebnis zwar in Betracht kommen, ein solches hat die Klägerseite aber bislang nicht geltend gemacht, mangels Rechnungsstellung auch nicht fällig gestellt und deshalb in den Rechtsstreit überhaupt noch nicht eingeführt. Hierzu bedurfte es deshalb auch keines gesonderten Hinweises durch das Landgericht, denn ausweislich Bl. 123 d.A. (Schriftsatz vom 13.4.2004 der Kläger, dort S. 3) war es den Klägern sehr wohl bekannt, dass eine detaillierte bzw. alternative Berechnung nach § 25 HOAI nachgereicht und in Rechnung gestellt werden musste, was aber weder in erster noch in zweiter Instanz bislang geschehen ist. Nachdem mit der Schlussrechnung also bislang überhaupt keine Zusatzhonorare nach § 25 HOAI geltend gemacht sind, ist dieser Anspruch bislang weder fällig noch Gegenstand des vorliegenden Prozesses. Im Übrigen wäre es Sache der Kläger gewesen, dies - nachdem die Hinweise im Ersturteil hinreichend konkret waren - jedenfalls in der Berufungsbegründung nachzuholen, was jedoch nicht geschehen ist.

Die Rechtsfolge der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund seitens der Kläger hat das Landgericht im Ergebnis richtig gesehen. Ansprüche auf Vergütung unter Abzug ersparter Aufwendungen nach § 649 BGB vermögen die Kläger gegen die Beklagte nicht geltend zu machen. Der auf längerfristige Dauer ausgerichtete Architektenvertrag kann als Dauerschuldverhältnis zwar aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, als Voraussetzung muss die Vertragsfortsetzung dem kündigenden Vertragsteil jedoch unzumutbar geworden, sein, z.B. wegen gröblicher Gefährdung des Vertragszwecks oder groben Vertrauensbruchs. Im vorliegenden Fall haben die Kläger aufgrund der Querelen im Zusammenhang mit einer möglicherweise fehlerhaft erfolgten Ausschreibung und einer diesbezüglichen Beanstandung seitens des Vergabeausschusses bei der Regierung von Oberfranken und entsprechender negativer Berichterstattung in der örtlichen Presse die außerordentliche Kündigung erklärt. Dies stellt bei objektiver Betrachtung der vorangegangenen Ereignisse eine unberechtigte, endgültige und ernsthafte Erfüllungsverweigerung seitens der Klägerseite dar.

Die Kläger hatten keinen Anlass, aus den Erörterungen in den Gremien der Beklagten (Gemeinderat und Ausschüsse) sowie deren örtlicher Berichterstattung in der Presse das Vertragsverhältnis endgültig zu beenden. Im Gegenteil hatten die Kläger in dem am 13.2.2002 in der regionalen Tageszeitung "Neue Presse" veröffentlichten Leserbrief des Klägers ... Äußerungen über ihren Auftraggeber öffentlich publik gemacht, die das Vertrauensverhältnis aus objektiver Betrachtungssicht der Beklagten gröblich gefährdet und zerstört haben. Dem Architekten steht es grundsätzlich nicht an, seinen Besteller/Auftraggeber/Bauherrn, noch dazu bei einer Gebietskörperschaft, also der öffentlichen Hand, öffentlich durch Leserbrief zu kritisieren, auch wenn er selbst infolge verschiedener Querelen im Gemeinderat, vor allem aber durch Verzögerung bei Baufertigstellung eines gemeindlichen Kindergartens infolge behaupteter Ausschreibungsmängeln ins Gerede gekommen ist. Vor allem aber hat sich der Kläger ... durch polemisierende Äußerungen selbst disqualifiziert (insoweit wird in Einzelheiten auf die Anlage B 19, Leserbrief in der Neuen Presse vom 13.2.2002 verwiesen). In diesem Leserbrief ist von "Niederungen des Wahlkampfes in T" und von "Halbwahrheiten" die Rede, es ist von "gewohnten Machenschaften" und davon geschrieben, dass "es evtl. ortsunüblich sei, dass dort schnell gearbeitet werde". Insbesondere wird einigen Mitgliedern des Gemeinderats bzw. der 2. Bürgermeisterin vorgeworfen, sie beweise erneut "das eine Zusammenarbeit in der Sache von ihr nicht gewollt sei", dass sie "auf dem Rücken von Kindern Wahlkampf betreibe" und deshalb "die Öffentlichkeit nur gesucht worden sei, um anschließend polemisieren zu können ..."

Damit ist der Kläger ... weit über die Grenzen der Wahrnehmung berechtigter Interessen hinausgegangen. Mit einem Arbeitgeber der öffentlichen Hand," bei dem als Gebietskörperschaft Entscheidungen in Gremien (Stadtrat, Ausschüsse) fallen, kann und darf sich ein Auftragnehmer nicht in der Öffentlichkeit in dieser Form äußern, politisch Partei nehmen und polarisieren und polemisieren. Hinzu kommt, dass weder die Gemeinde noch einzelne Fraktionen oder Gemeinderatsmitglieder die Öffentlichkeit/Presse gesucht haben, sondern dass vielmehr die beiden örtlichen Pressemedien über die Erörterungen in den Gemeinderatssitzungen berichtet haben, so dass also von einer "Reaktion" des Klägers auf die Beklagte oder deren Vertreter keine Rede sein kann. Damit war die Klägerseite zur außerordentlichen Kündigung nicht berechtigt; vielmehr" zieht ihr Verhalten die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung für die Beklagte nach sich, so dass letztendlich die Kündigung durch die Kläger eine endgültige, ernsthafte, aber unberechtigte Erfüllungsverweigerung seitens der Kläger darstellt, die keine Ansprüche aus § 649 BGB auszulösen vermag.

Der vom Sachverständigen bereits im Beweissicherungsverfahren festgestellt Planungsfehler zur Brandschutzdecke ist durch die beigezogenen OH-Akten bewiesen. Dieser Planungsfehler wird durch etwaige weitere Fehler anderer Beteiligter (hier: Baugenehmigungsbehörde Landratsamt) - nicht kompensiert oder aufgehoben. Insbesondere muss sich die Beklagte nicht etwaige Fehler der staatlichen Baugenehmigungsbehörden nach § 254 BGB als eigenes Mitverschulden zurechnen lassen. Auch wenn der Gutachter im Rahmen des Beweissicherungsgutachtens den Fehler als leicht dargestellt hat, ist damit die bereits einen Schadensersatzanspruch auslösende Fahrlässigkeit nach § 276 BGB gegeben. Die Möglichkeit, auf etwaige Auflagen seitens der Baugenehmigungsbehörde im Verlauf der Bauphase angemessen reagieren zu können, muss bei der Beurteilung des reinen Planungsfehlers unberücksichtigt bleiben. Die von der Beklagten bezifferten Mehrkosten sind vom Sachverständigen bestätigt worden.

Angriffe gegen die konkrete Berechnung des den Klägern zur Seite stehenden Honoraranspruchs aus allen bearbeiteten Leistungsphasen nach Feststellung des Sachverständigen und Begründung durch das Erstgericht (S. 14 bis 19 der Entscheidungsgründe) enthält die Berufungsbegründung nicht. Damit steht der Beklagten auch der vom Landgericht zuerkannte Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB in ausgeurteilter Höhe zu. Der Zinsanspruch der Beklagten ergibt sich aus dem Gesetz (§§ 286, 288, 291 BGB), da die Beklagte lediglich die gesetzlichen 5 % über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit verlangt und zugesprochen erhalten hat.

Nach alledem erweist sich die Berufung der Kläger im vollen Umfang als unbegründet.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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