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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bamberg
Urteil verkündet am 16.05.2003
Aktenzeichen: 6 U 62/02
Rechtsgebiete: HGB, ZPO


Vorschriften:

HGB § 87
HGB § 87 Abs. 1
HGB § 87 Abs. 3 Nr. 1
HGB § 87 Abs. 3
HGB § 87 c Abs. 2
HGB § 89 b
ZPO § 253 Abs. 2
ZPO § 887
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Bamberg IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 62/02

Verkündet am 16. Mai 2003

in dem Rechtsstreit

wegen Auskunft u.a.

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg hat unter Mitwirkung der Richter am Oberlandesgericht und Dr. aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Mai 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Coburg vom 14. November 2002 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,-- EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit zu gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten im Wege der Stufenklage um die Abwicklung eines Handelsvertreterverhältnisses. Die Klägerin betreibt eine Handelsvertretung und vermittelt Verträge zwischen der Automobil-Industrie und den Systemzulieferern, die Beklagte fertigt Kunststoffteile im Automobilbereich in Serie.

Die Klägerin war viele Jahre als Handelsvertreterin für die Beklagte vermittelnd tätig, bis die Beklagte mit Schreiben vom 28.06.2001 zum Ende des Jahres 2001 kündigte.

Mit der Klage begehrt die Klägerin zunächst Auskunft in Form des Buchauszuges über sämtliche Lieferungen der Beklagten an diverse Automobilhersteller und Systemzulieferer, die sie in der Zeit nach dem 01.01.2002 ausgeführt hat. Die Klägerin legt dabei die Rechtsmeinung zugrunde, sie habe durch Vermittlung von Serienlieferungsverträgen auch Umsätze, die aus Lieferungen und Bestellungen der Automobilindustrie nach dem 01.01.2002 herrühren, bereits so weitgehend gefördert, dass diese provisionspflichtig seien. Gleiches gelte für Geschäftsanbahnungen, die in Kürze in Lieferverträge münden würden.

Mit dem 01.01.2002 hat die Beklagte dagegen ihre laufenden Provisionszahlungen eingestellt. Sie steht auf dem Standpunkt, dass es sich bei den von der Klägerin vermittelten Verträgen zwischen der Beklagten und der Automobilindustrie um bloße "Rahmen- bzw. Bezugsverträge" handele, die per se noch keinen Provisionsanspruch auslösen. Erst die konkreten Lieferabrufe der Automobil-Hersteller führten zu Provisionspflichtigen Geschäften i.S. des § 87 Abs. 1 HGB. Sie schulde deshalb allenfalls nachvertragliche Provision nach § 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB.

Lediglich hilfsweise stützt die Klägerin ihren Auskunftsanspruch auch auf Provisionsansprüche aus § 87 Abs. 3 HGB, wobei die Länge der Angemessenheit der Frist nach Vertragsende zwischen den Parteien kontrovers erörtert wird.

Die Beklagte hält die Klage primär für unzulässig, weil der Klageantrag zu unbestimmt sei, so dass dem Antrag der vollstreckungfähige Inhalt fehle; es fehle nämlich ein Identifikationsmerkmal, mit dem die den Umsatz bildenden Produkt -teile bezeichnet worden seien, die sog. "Teilenummer".

Bestritten wird von der Beklagten aber vor allem die rechtliche Einordnung, zum Teil auch die tatsächliche Durchführung der Lieferverträge der Beklagten mit der Automobilindustrie oder ihren Zulieferern, insbesondere die Laufzeit, die Dauer, die rechtliche Bindung, die Menge und der Preis der Projekte. Auch bestreitet die Beklagte von der Klägerin angeführte Neuaufträge als nicht erteilt bzw. noch nicht einmal angefragt und die mitgeteilten Provisionsansprüche als völlig unrealistisch.

Mit Teilurteil vom 14.11.2002 hat das Landgericht Coburg, Kammer für Handelsachen, der Klage in Stufe 1 stattgegeben, also zur Auskunft in Form des Buchauszuges verurteilt. Den Anspruch aus § 87 c Abs. 2 HGB hat das Landgericht damit begründet, dass Zahlungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte aus § 87 HGB möglich erscheinen und die Auskunft in Form des Buchauszuges eine Kontrollmöglichkeit insoweit eröffnen soll. Es genüge damit das Vorliegen eines denkbaren, wenn auch streitigen Zahlungsanspruchs. Die von den Parteien problematisierte Frage des Sukzessivlieferungsvertrages oder des bloßen Rahmenvertrages spiele bei der ersten Stufe noch keine Rolle, sondern komme erst auf der Zahlungsstufe zum Tragen. Wenn die Beklagte bis 31.12.2001 auf Teillieferungen hin Provisionen bezahlt habe, so gelte dies auch für den Zeitraum danach, unabhängig, ob es sich um Sukzessivlieferungen oder Rahmenverträge handele; der Zeitpunkt der Vertragsbeendigung zwischen den Parteien spiele daher keine übergeordnete Bedeutung. Im übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des Ersturteils (Bl. 158 ff. d. A.) Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die mit der erstinstanzlichen Verurteilung nicht einverstanden ist. Zur Zulässigkeit der Berufung führt die Beklagte namentlich zur Beschwer durch Erstellung des Buchauszuges aus und errechnet einen Kostenaufwand von über 700,-- EUR für den Buchauszug für einen Monat. Sie wiederholt sodann die erstinstanzlichen Argumente und vertieft sie noch. Sie rügt weiter die Zulässigkeit der Klage, namentlich die mangelnde Bestimmtheit des Klageantrages, weil die Teile ungenau oder zu allgemein bezeichnet seien, insbesondere die für die EDV notwendige mehrstellige Teilenummer fehle.

Die Beklagte hält die Klage aber auch für unbegründet, da der Klägerin kein Provisionsanspruch nach § 87 HGB zustehe, so dass sie auch keinen Buchauszug nach § 87 c Abs. 2 HGB verlangen könne. Das Landgericht habe nicht deutlich zwischen § 87 Abs. 1 und § 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB unterschieden und damit nicht der zeitlichen Beschränkung des § 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB ("... angemessene Frist nach Vertragsbeendigung ...") Rechnung getragen. Auch habe die Klägerin nicht hinreichend deutlich die tatsächlichen Darlegungen zu den behaupteten Serienlieferungsverträgen, die von der Beklagten bestritten worden seien, mit Beweisantritten vorgetragen. Die Beklagte rügt weiter die Versagung rechtlichen Gehörs durch das Landgericht, weil ihr die begehrte Schriftsatzfrist auf die klägerische Replik vom 31.10.2002 versagt wurde. Der Schriftsatz enthalte nämlich im Gegensatz zur landgerichtlichen Meinung sehr wohl auch relevanten Tatsachenvortrag, insbesondere zu den behaupteten "Life-Time-Verträgen" mit und zu den Lieferverträgen mit ihren Kunden führt die Beklagte aus, dass die bei Beginn eines Projektes im Zusammenhang mit der Auslegung der Werkzeugkapazitäten diskutierten Laufzeiten und Stückzahlen unverbindlich seien, weshalb die Automobilindustrie auch - um sich nicht festlegen zu müssen - die Werkzeuge bezahle. Vielmehr bekomme die Beklagte stets nur eine Fertigungsfreigabe von einer Monatsproduktion; weitergehende Abnahme- oder Schadensersatzsansprüche bestünden mangels Verpflichtung nicht. Für die benötigten Produktionsmaterialien bekomme die Beklagte auch nur eine Freigabe von lediglich zwei Monaten; auch nur insoweit bestehe eine Abnahme- oder Schadensersatzpflicht des Kunden. Dies alles spreche für einen bloßen Rahmen- und gegen eine Sukzessivlieferungsvertrag, was auch für die sog. "Life-Time-Verträge" gelte. Vorverträge mit verbindlicher Wirkung lägen in keinem Fall vor.

Zu § 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB meint die Beklagte den angemessenen Fristlauf auf einen Monat beschränken zu können, beginnend mit dem Tag der Beendigung des Handelsvertretervertrages. Aus der amtlichen Begründung zu § 87 Abs. 3 HGB lasse sich herauslesen, dass der Gesetzgeber eine beschleunigte Abwicklung gewollt habe. Zudem stehe § 89 b HGB einer unbilligen Härte entgegen. Im Tenor müsse daher die zeitliche Beschränkung für die Auskunftserteilung zum Ausdruck kommen.

Die Beklagte beantragt in zweiter Instanz:

Das am 14.11.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Coburg - Az: 1 HKO 38/02 - wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin beantragt die Berufung zurückzuweisen.

Dem Berufungsvorbringen tritt die Klägerin mit ihrer Berufungserwiderung entgegen. Der Klageantrag sei hinreichend bestimmt, die Klage somit zulässig. Dem Handelsvertreter sei es weder möglich noch zumutbar, durch eigene Angaben oder Informationen die Erstellung des Buchauszuges im Betrieb des Unternehmers erst technisch zu ermöglichen. Die Beklagte habe im übrigen zur Abwendung der Zwangsvollstreckung Buchauszug für 2002 am 13.02.2003 übermittelt, in dem sämtliche Lieferungen und Teilenummern und Kunden enthalten seien. Dies könne auch jeder Buchsachverständige leisten, die Suchmerkmale für die begehrte Auskunft nach Klageantrag genügten.

Im übrigen verteidigt die Klägerin die Rechtsansicht des Landgerichts Coburg zum Anspruch auf den Buchauszug, der die Hauptsache zum Zahlungsanspruch nicht vorwegnehmen dürfe. Buchauszug könne nur dann nicht mehr verlangt werden, wenn zweifelsfrei feststehe, dass dem Handelsvertreter aus keinerlei Gesichtspunkt mehr Zahlungsansprüche aus Provision zustünden, was hier aber gerade nicht der Fall sei.

Im übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die eingereichten Schriftsätze und die in der Akte befindlichen Anlagen sowie den Tatbestand des Ersturteils Bezug genommen. Der Senat hat keinen Beweis erhoben.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

1. Die Berufung ist statthaft (§ 511 ZPO) und auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 512 ff. ZPO); auch die notwendige Beschwer der Beklagten liegt vor (§§ 511 Abs. 2, 3 ff. ZPO). Diese richtet sich bei der Verurteilung zur Auskunft nach dem Aufwand, der im Betrieb der Beklagten notwendig wird, um die begehrte Auskunft, den verlangten Buchauszug zu erteilen.

Dazu hat die Beklagte unwidersprochen (§ 138 Abs. 3 ZPO) ihren geldwerten Arbeitsaufwand in der Berufungsbegründung offengelegt und beziffert (Bl. 176-180 d. A.) mit 8.517,24 EUR allein für das Jahr 2002.

2. Die zulässige Berufung ist nach Ansicht des erkennenden Senats jedoch nicht begründet. Er folgt dem landgerichtlichen Urteil im Ergebnis und überwiegend auch in der Begründung und nimmt daher zunächst zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen hierauf Bezug.

a) Die Klage auf Buchauszug - im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) erhoben - ist zulässig, insbesondere ist der Klageantrag hinreichend bestimmt i. S. des § 253 Abs. 2 ZPO. Der Senat ist überzeugt davon, dass ein Sachverständiger - u. U. auch mit erheblichem zeitlichem Aufwand - in der Lage wäre, aus dem EDV-gesteuerten Buchhaltungssystem der Beklagten die von der Klägerin vermittelten Aufträge, wie sie im Klageantrag bezeichnet sind, herauszufinden, und zwar auch ohne die die Identifizierung erleichternde sog. Teilenummer. So ergibt sich aus den zur Akte gelangten Anlagen K22 bis K57 zu den meisten betroffenen Teilen die zugehörige Teilenummer aus der von der Beklagten für 2002 erteilten Auskunft.

Im übrigen wäre das Urteil dann, wenn der Buchauszug ausnahmsweise durch einen Sachverständigen allein ohne die notwendige Mitwirkung der Beklagten wegen deren Rechner gestützten Buchhaltung nicht möglich sein sollte, nicht nur § 887 ZPO, sondern auch nach § 888 ZPO (wegen der eigenen Mitwirkungshandlung des Schuldners) zu vollstrecken (vgl. Hopt, Handelsvertreterrecht, 3. Aufl., § 87 c RdNr. 12; OLG Hamm, NJW-RR 1994, 489), sodass dem Antrag nicht der vollstreckungsfähige Inhalt fehlt.

b) Die Klage auf Buchauszug in der ersten Stufe ist auch begründet, § 87 c Abs. 2 HGB. Die Voraussetzungen für den Abrechnungsanspruch sind gegeben, denn es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass der Klägerin noch Zahlungsansprüche aus § 87 HGB zustehen.

Der Zahlungsanspruch aus § 87 Abs. 1 HGB hängt im wesentlichen davon ab, ob die von der Klägerin vermittelten Verträge zwischen der Beklagten und ihren Kunden (Automobilindustrie und Systemzulieferer) Umsatzgeschäfte i. S. des § 87 Abs. 1 HGB sind. Dem Urteil des BGH vom 18.11.1957 (NJW 1958, 180) folgend wird in der Literatur differenziert zwischen sog. Dauerschuldverhältnissen (Sukzessivlieferungsverträgen), also Verträgen mit fester Bindung und Laufzeit, gerichtet auf Lieferung bestimmter Stückzahlen auf Abruf einerseits und sog. Rahmen- oder Bezugs- oder Blankettverträgen andererseits, bei denen eine bindende Abnahmeverpflichtung konkreter Stückzahlen bei Abschluss noch nicht besteht. Hierzu tragen beide Parteien kontrovers und umfangreich, jedoch wenig konkret und einzelfallbezogen vor. Von keiner der beiden Rechtsstreitparteien wird auch nur ein einziger solcher Vertrag der Beklagten mit einem ihrer Kunden dem Senat vorgelegt. Der Senat ist daher aufgrund der viel zu abstrakt und allgemein, zwischen den Parteien auch streitig vorgetragenen Tatsachen nicht in der Lage, die Einordnung der von der Klägerin für die Beklagten vermittelten Verträge mit deren Kunden im jetzigen Stadium des Rechtsstreits abschließend vorzunehmen. Auf dieses Manko in der mündlichen Verhandlung angesprochen haben die Parteien auch streitig dazu vorgetragen, ob es der Klägerin überhaupt möglich wäre, diesen Vortrag zu bringen, ob sie also tatsächlich hierzu in der Lage wäre, ob sie über die nötigen Unterlagen, Verträge und Informationen überhaupt verfügt.

Der Senat ist der Auffassung, dass er diese Frage in dem derzeitigen Stadium des Prozesses auch nicht abschließend aufklären und beantworten muss.

Selbst wenn der Klägerin kein Anspruch aus § 87 Abs. 1 HGB zustehen sollte, so könnte sie gleichwohl einen Zahlungsanspruch aus § 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB geltend machen. Allerdings wäre wegen dessen zeitlicher Beschränkung auch bereits in der ersten Stufe eine zeitliche Begrenzung im Tenor geboten.

Die entscheidende Rechtsfrage, ob der Klägerin nun der weitergehende Anspruch aus § 87 Abs. 1 HGB oder nur der zeitlich beschränkte Zahlungsanspruch aus § 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB zusteht, hängt von der gerade geschilderten Problematik der rechtlichen Einordnung der von der Klägerin vermittelten Verträge der Beklagten mit ihren Kunden ab. Diese Frage kann aber nur unter Heranziehung aller vertraglichen Unterlagen der Beklagten beantwortet werden, deren Vorlage die Klägerin gerade mit der ersten Stufe ihrer Auskunftsklage von der Beklagten begehrt: Zum Buchauszug gehören alle Unterlagen betreffend die Geschäfte und Umsätze der Beklagten mit ihren Kunden, soweit sie von der Klägerin vermittelt worden sind. Der Buchauszug geht in seinem Umfang, in seiner Reichweite also deutlich weiter als die bloße Abrechnung. Im einzelnen muss der Buchauszug alles enthalten, was sich aus allen dem Unternehmer verfügbaren (schriftlichen oder elektronischen) Unterlagen über die fraglichen Geschäfte ergibt und nach der getroffenen Provisionsvereinbarung (die hier nicht in Schriftform getroffen wurde) für die Berechnung der Provision von Bedeutung sein kann (BGH NJW 2001, 2333), also Umstände betreffend die Kundenbeziehung zwischen der Beklagten und ihren Abnehmern. Der Buchauszug soll den Handelsvertreter in die Lage versetzen, alle Fragen, die seinen möglichen Provisionsanspruch aus § 87 HGB betreffen, klären und beantworten zu können, damit er seinen Anspruch richtig beziffern kann. Dazu gehört in einem Fall wie dem vorliegenden auch die Information über die genaue vertragliche Ausgestaltung der Liefer- oder Bezugsverträge mit den Kunden der Beklagten, notfalls also auch die vertragliche Urkunde darüber (dazu: Hopt a.a.O., § 87 c RdNr. 15).

Die Rechtsprechung ist bei Auslegung des § 87 c Abs. 2 HGB zugunsten des Handelsvertreters, der zweifellos in der schwächeren Position ist, eher großzügig und zieht den Kreis der Unterlagen über (möglicherweise) Provisionspflichtige Geschäfte sehr weit (Einzelfälle bei Hopt a.a.O., RdNr. 13). Dazu gehören demnach auch die Unterlagen, die den Handelsvertreter in die Lage versetzen, die Ansprüche aus § 87 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 HGB voneinander abzugrenzen und dies gegenüber dem erkennenden Gericht zu belegen. Die Rechtsansicht des Landgerichts, die Einordnung der Zahlungsansprüche in solche nach § 87 Abs. 1 oder nach Abs. 3 Nr. 1 HGB gehöre nicht in die erste Stufe der Klage, sondern in die Zahlungsstufe, ist daher im Ergebnis richtig (ähnlich: BHG NJW 2001, 2333; OLG Köln, Urt. vom 29.11.2002, Az: 19 U 88/02, zitiert in Behrend, NJW 2003, 1563, FN 11). Nur bei zweifelsfrei nicht Provisionspflichtigen Geschäften ist der Buchauszug ausgeschlossen; dass ist aber - wie gerade gezeigt - vorliegend nicht der Fall.

Ist der Buchauszug aber auch dazu geeignet und bestimmt, die Abgrenzung zwischen den Zahlungsansprüchen aus § 87 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 HGB vorzunehmen, so kommt eine zeitliche Beschränkung auf "... die angemessene Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ..." nicht in Betracht.

c) Auf die ebenfalls in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 16.05.2003 erörterte Frage, ob dem mündlich geschlossenen Handelsvertretervertrag kraft jahrzehntelanger Übung ein durch ergänzender Vertragsauslegung zu ermittelnder Inhalt zugemessen werden kann, der alle getätigten Umsätze der Beklagten ohne Differenzierung nach Vertragsart einer Provisionspflicht unterwirft, soweit sie nur von der Klägerin ursächlich angebahnt wurden, kommt es daneben nicht entscheidend an.

III.

Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Coburg vom 14.11.2002 ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision gegen dieses Urteil rechtfertigen, liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO: Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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