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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Braunschweig
Urteil verkündet am 20.03.2002
Aktenzeichen: 1 UF 187/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1570
BGB § 1577 Abs. 2
ZPO § 92 Abs. 2
ZPO § 308 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Im Namen des Volkes! Urteil

Geschäftsnummer: 1 UF 187/01

Verkündet am 20. März 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Braunschweig vom 17. Mai 2001 zu Ziff. 1. (Entscheidung zum nachehelichen Ehegattenunterhalt) geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin nachehelichen Ehegattenunterhalt für den Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2000 in Höhe von noch 1.638,00 DM = 837,50 EUR,

für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2001 in Höhe von monatlich 960,00 DM = 490,84 EUR abzüglich für Januar 2001 bereits gezahlter 500,00 DM = 255,65 EUR,

für den Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2001 in Höhe von monatlich 766,43 DM = 391,87 EUR,

für die Zeit vom 1. Juli 2001 bis zum 31. Januar 2002 in Höhe von monatlich 758,15 DM = 387,64 EUR,

und für die Zeit ab 1. Februar 2002 in Höhe von monatlich 360,68 EUR

zu zahlen.

Die Unterhaltsbeträge sind jeweils bis zum 3. eines Monats im Voraus fällig.

Die Gerichtskosten des ersten Rechtszuges trägt die Klägerin zu 1) zu 20 %, die Klägerin zu 2) zu 30 % und der Beklagte zu 50 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) trägt der Beklagte 80 %, im übrigen trägt die Klägerin zu 1) ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten trägt die Klägerin zu 1) 20 %, die Klägerin zu 2) 30 %, im übrigen trägt der Beklagte seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Klägerin zu 2) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin zu 1) 75 %, der Beklagte 25 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.986,88 EUR festgesetzt, davon entfallen auf den Unterhaltsrückstand 530,72 EUR und auf den laufenden Unterhalt 1.456,16 EUR.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird unter Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Tatbestand abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg.

Der Klägerin steht ein nachehelicher Ehegattenunterhalt wegen Kinderbetreuung gem. § 1570 BGB zu. Die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien (§ 1578 BGB) waren während der Zeit des ehelichen Zusammenlebens durch das Einkommen des Beklagten sowie durch die Haushaltsführung und Kindererziehung seitens der Klägerin geprägt. Soweit die Klägerin im August 2001 eine vollschichtige Erwerbstätigkeit aufgenommen hat, stellen diese Einkünfte ein wirtschaftliches Surrogat für die Haushaltsführung und die Kindererziehung dar und sind deshalb aufgrund der erst nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. Urteil vom 13. Juni 2001 FamRZ 2001, 986 ff. nicht im Wege der Anrechnungsmethode, sondern im Rahmen einer Differenzberechnung zu berücksichtigen.

Die Klägerin erzielt ihre Einkünfte aus vollschichtiger Erwerbstätigkeit neben der Betreuung der am 31. Januar 1994 geborenen Tochter K., so dass ihre Arbeit grundsätzlich als überobligatorisch zu werten ist und erst mit Erreichen des 8. Lebensjahres mit dem 1. Februar 2002 von einer zumutbaren Erwerbstätigkeit im Rahmen einer halbschichtigen Beanspruchung ausgegangen werden kann. Das Einkommen der Klägerin hat daher in Anwendung von § 1577 Abs. 2 BGB unter angemessener Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse teilweise anrechnungsfrei zu verbleiben. Bei einer solchen Sachlage ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats, FamRZ 1997, 355 ff., der geschuldete Unterhalt vereinfacht dadurch zu errechnen, dass von der Hälfte des bereinigten Einkommens des Unterhaltsverpflichteten (bzw. von 3/7 des nicht um den Erwerbstätigenbonus bereinigten, nur aus Erwerbstätigkeit stammenden Einkommens) das nicht um berufsbedingte Aufwendungen und nicht um den Erwerbstätigenbonus bereinigten Nettoeinkommen des Unterhaltsberechtigten zu 3/ 14 und zusätzlich die berufsbedingten Aufwendungen des Unterhaltsgläubigers zu 2/7 abgezogen werden.

Für die Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin gilt dabei im Einzelnen Folgendes:

a) Unterhaltszeitraum 1. Oktober 2000 bis 31. März 2001

Auf Seiten des Beklagten kann für die Zeit bis einschließlich 30. Juni 2001 von einem unterhaltsrelevanten Einkommen von etwa 4.000,00 DM ausgegangen werden. Zutreffend hat die Klägerin das monatsdurchschnittliche Einkommen des Beklagten mit 3.947,00 DM genannt. Allerdings hat eine angemessene Erhöhung auf 4.000,00 DM zu erfolgen, denn der Beklagte ist als Unterhaltsverpflichteter grundsätzlich gehalten durch die Inanspruchnahme des steuerlichen Realsplittings Steuernachteile durch den Wechsel zur Steuerklasse I auszugleichen. Dies gilt jedenfalls für solche Unterhaltsbeträge als zumutbar, die entweder rechtskräftig tituliert, unstreitig gezahlt oder unangefochten geblieben sind, vgl. Wendel/ Haußleiter, Das Unterhaltsrecht , 5. Aufl., zu § 1 Rnr. 475/482/484. Allerdings kam lediglich eine geringfügige Erhöhung im Hinblick auf den angesichts des hohen Einkommens der Klägerin zu erstattenden Nachteilsausgleich in Betracht.

Die Klägerin hat unstreitig im vorgenannten Zeitraum ein monatsdurchschnittliches Nettoeinkommen von 2.525,00 DM bezogen und berufsbedingte Aufwendungen pauschaliert mit 5 % = 126,25 DM geltend gemacht.

In die vorbezeichnete Rechnungsformel eingestellt ergeben sich (4.000,00 DM X 6/7 : 2) - (3/14 X 2.525,00 DM) - (2/7 X 126,25 DM) = 1.714,29 DM - 541,07 DM - 36,07 DM = 1.137,15 DM.

Der der Klägerin zustehende monatliche nacheheliche Ehegattenunterhalt betrug damit 1.137,15 DM. Der Beklagte hat in den Monaten Oktober bis Dezember 2000 500,00 DM monatlich gezahlt, so dass für diesen Zeitraum jedenfalls der von der Klägerin geforderte Gesamtbetrag von 1.638,00 DM = 837,50 EUR unter Beachtung von § 308 Abs. 1 ZPO ebenso berechtigt ist, wie der für die Monate Januar bis März 2001 begehrte monatliche Unterhalt in Höhe von 960,00 DM = 490,84 EUR. Hiervon ist der im Januar 2001 gezahlte Betrag von 500,00 DM = 255,65 EUR abzusetzen.

b) Unterhaltszeitraum 1. April bis 30. Juni 2001

Auf Seiten der Klägerin hat sich das Einkommen auf monatsdurchschnittlich 3.202,00 DM erhöht. Allerdings hat die Klägerin dargestellt, dass sie arbeitstäglich zur Erreichung der von ihr betreuten Projektstellen berufsbedingte Fahrtkosten hat, die mit 825,00 DM monatlich (220 X 90 km X 0,50 DM : 12), ihre Einkünfte belasten. Ebenso wie der Unterhaltsverpflichtete ist jedoch auch der Unterhaltsberechtigte gehalten, erzielbare Steuervorteile bereits im Lohnsteuerermäßigungsverfahren zu nutzen, um so sein Erwerbseinkommen zu erhöhen. Danach ist es angemessen, auf Seiten der Klägerin von einem monatsdurchschnittlichen Einkommen von ca. 3.322,00 DM auszugehen.

Unter Heranziehung der Berechnungsformel ermittelt sich der Unterhalt: 1.714,29 DM - (3/14 X 3.322,00 DM) - (2/7 X 825,00 DM) = 1.714,29 DM - 711,86 DM - 235,71 DM = 766,43 DM.

Der monatliche Unterhaltsanspruch beläuft sich danach auf 766,43 DM = 391,87 EUR.

c) Unterhaltszeitraum 1. Juli 2001 bis 31. Januar 2002

Durch die Erhöhung des Kindesunterhaltstabellensatzes infolge der neuen Düsseldorfer Tabelle (Stand 1. Juli 2001) bemisst sich das unterhaltsrelevante Einkommen des Beklagten auf ca. 3980,00 DM, infolge dessen verschiebt sich die Unterhaltsberechnung geringfügig, es ermittelt sich ein monatsrelevanter Unterhaltsbetrag von 758,15 DM = 387,64 EUR.

d) Unterhaltszeitraum ab 1. Februar 2002

Für die Zeit ab 1. Februar 2002 ist zu berücksichtigen, dass K. nun ihr 8. Lebensjahr vollendet hat, so dass die Einkünfte der Klägerin zur Hälfte auf einer zumutbaren Erwerbstätigkeit herrühren. Danach ergibt sich folgende Berechnung:

Das für Ehegattenunterhalt relevante Einkommen des Beklagten bemisst sich nach Abzug des Kindesunterhaltstabellensatzes und des Erwerbstätigenbonus auf (4.000,00 DM X 6/7 =) 3.428,57 DM.

Auf Seiten der Klägerin ergibt sich ein um berufsbedingte Aufwendungen bereinigtes Erwerbseinkommen von 2.497,00 DM. Abzüglich des Erwerbstätigenbonus verbleiben 2.140,28 DM. Davon stammt die Hälfte, nämlich 1.070,14 DM, aus einer zumutbaren Erwerbstätigkeit, so dass sich zunächst die Differenz auf (3.428,37 DM - 1.070,14 DM =) 2.358,43 DM einstellt, der Ehegattenunterhaltsanspruch bemisst sich damit vorläufig auf 1.179,22 DM.

Hiervon abzusetzen sind

3/14 des hälftigen, nicht um den Erwerbstätigenbonus und berufsbedingte Aufwendungen verkürzten, Einkommens in Höhe von 1.661,00 DM = 355,93 DM sowie 2/7 der hälftigen berufsbedingten Aufwendungen = 117,86 DM, damit ergibt sich der Ehegattenunterhaltsanspruch auf 1.179,22 DM - 355,93 DM - 117,86 DM = ca. 705,43 DM = 360,68,30 EUR.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO. Bei der Bemessung der Quote war auch die Zukunftswirkung der Entscheidung ab Februar 2002 zu berücksichtigen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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