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Gericht: Oberlandesgericht Braunschweig
Beschluss verkündet am 04.12.2008
Aktenzeichen: 2 U 36/06
Rechtsgebiete: ZPO, GKG
Vorschriften:
ZPO § 269 Abs. 3 | |
GKG § 22 Abs. 1 S. 1 | |
GKG § 31 Abs. 2 | |
GKG § 29 | |
GKG § 29 | |
GKG § 66 Abs. 1 | |
GKG § 66 Abs. 2 |
2. Allein durch die Klagerücknahme wird die klagende Partei nicht Entscheidungsschuldnerin. hierzu bedarf es einer Kostengrundentscheidung gemäß § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO.
Gründe:
I.
Mit Urteil vom 31.01.2006 hat das Landgericht .............. festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet sei. Nachdem die Beklagte gegen diese Entscheidung form- und fristgerecht Berufung eingelegt hatte, haben sich die Parteien in einem außergerichtlichen Vergleich geeinigt und bzgl. dieses anhängigen Rechtstreits die Absprache getroffen, dass die Klägerin die Klage innerhalb von 10 Tagen nach Ausfertigung einer neuen vertraglichen Vereinbarung, die die Zusammenarbeit der Parteien regeln soll, zurücknehme und die Beklagte "keine Erstattung der Kosten in dem Verfahren vor dem Gericht in Braunschweig fordern" werde.
Entsprechend dieser Vereinbarung hat die Klägerin sodann die Klage zurückgenommen. Eine gerichtliche Entscheidung über die Kostentragungspflicht gemäß § 269 Abs. 4 ZPO wurde nicht beantragt und ist bisher auch nicht getroffen worden.
Daraufhin wurden der Beklagten mit der im Tenor näher bezeichneten Kostenrechnung die Gerichtskosten der Berufungsinstanz in Rechnung gestellt. Mit der Erinnerung vom 25.06.2008 wendet sich die Beklagte gegen ihre Inanspruchnahme für diese Kosten. Sie ist der Auffassung, dass die Klägerin auch diese Kosten zu tragen habe, weil diese als Klägerin Veranlassungsschuldnerin sei. Im übrigen hafte die Klägerin für diese Kosten auch als Entscheidungsschuldnerin, weil das Rechtsmittel der Berufung durch die Klagerücknahme hinfällig geworden sei. Darüber hinaus sei der außergerichtliche Vergleich so verstehen, dass die Klägerin diese Kosten zu tragen habe.
II.
1. Die Erinnerung der Beklagten gegen die im Tenor genannte Kostenrechnung ist gemäß § 66 Abs. 1 und 2 GKG zulässig. Gemäß § 66 Abs. 6 S. 2 GKG ist der Senat als Kollegialgericht zur Entscheidung berufen, weil der an sich gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG zuständige Einzelrichter die Sache wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung dem Senat mit Beschluss vom 03.12.2008 übertragen hat.
2. Die zulässige Erinnerung bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.
a) Die Beklagte hat als Anlassschuldnerin für die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG einzustehen. Sie hat mit Schriftsatz vom 28.02.2006 (Blatt 485 Bd. III der Akten) Berufung eingelegt und damit das Verfahren des hier gebührenrelevanten Rechtszugs beantragt. Dass nicht sie - sondern die Klägerin - die Klage erhoben hat, ist insoweit irrelevant. Schließlich hebt § 22 Abs. 1 S. 1 GKG ausdrücklich in seinem Wortlaut hervor, dass Anlassschuldner derjenige ist, der "das Verfahren des Rechtszuges beantragt" hat. Demzufolge ist im Rechtsmittelzug auch der Rechtsmittelführer aufgrund seiner Stellung als Antragsteller der Anlasskostenschuldner für die Gerichtskosten der Berufungsinstanz.
b) Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte gegen ihre Inanspruchnahme als Kostenschuldnerin unter Hinweis auf eine vorrangige Inanspruchnahme der Klägerin als Entscheidungsschuldnerin. Gemäß §§ 31 Abs. 2, 29 GKG ist zwar der Entscheidungsschuldner vorrangig in Anspruch zu nehmen, jedoch setzt dieses voraus, dass auch eine Entscheidung vorliegt, aus der sich eine entsprechende Kostentragungspflicht jener Partei ergibt.
Genau dieses ist vorliegend nicht gegeben.
Die Klägerin hat zwar entsprechend dem geschlossenen außergerichtlichen Vergleich die Rücknahme der Klage erklärt, jedoch ist bisher zu ihren Lasten keine Kostengrundentscheidung gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO mit dem Inhalt ihrer Verpflichtung zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits ergangen. Damit fehlt die notwendige Grundlage. Einen Automatismus, dass derjenige die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, der die Klage zurücknimmt, kennt das Gesetz nicht. Aus § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO ergibt sich lediglich durch die Formulierung eines RegelAusnahmePrinzips, dass der Kläger grundsätzlich die Kosten zu tragen hat, soweit nicht bereits anderweitig rechtskräftig über sie erkannt worden ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grunde aufzulegen sind, wobei diese Entscheidung antragsgebunden ist, § 269 Abs. 4 ZPO. Ein solcher Antrag liegt nicht vor.
Ob die Voraussetzungen für eine Kostentragungspflicht der Klägerin gemäß § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO vorliegen, ist auch nicht im Kostenansatzverfahren zu klären. Der Kostenbeamte hat hier nur festzustellen, ob eine Kostengrundentscheidung vorliegt, aus der sich ein Entscheidungsschuldner ergibt und nicht selbst eine Kostenverteilung anzuordnen. Abgesehen davon, dass der Kostenbeamte aufgrund seines Ausbildungsstandes mit der gemäß § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO etwas ihm Ausbildungsfremdes zu bescheiden hätte, würde damit auch die gesetzliche Regelung missachtet, wonach zum einen dem erkennenden Gericht und nicht dem Kostenbeamte die Kostengrundentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO vorbehalten ist und zum anderen das erkennende Gericht nur bei einer entsprechenden Antragstellung (§ 269 Abs. 4 ZPO) zu einem Ausspruch zur Kostenverteilung dem Grunde nach berufen ist. Hinzu kommt, dass im Kostenansatzverfahren die Gegenpartei nicht beteiligt ist, weil eine Forderung der Staatskasse gegen eine bestimmte Partei betroffen ist. Die Kostenverteilung dem Grunde nach kann aber nur unter Beteiligung der Prozessparteien geklärt werden.
c) Auch der von den Parteien geschlossene außergerichtliche Vergleich begründet keine Haftung der Klägerin als Entscheidungsschuldnerin i.S. des § 29 Nr. 2 GKG. Aus der im Zusammenhang mit der Vereinbarung einer Klagrücknahme aufgenommenen Erklärung, dass die "Beklagte keine Erstattung der Kosten in dem Verfahren vor dem Gericht in ................ fordern" werde, ergibt sich im Gegenteil, dass sich die Klägerin gerade nicht gegenüber der Beklagten verpflichten wollte, deren Kosten zu tragen. Die wird zusätzlich durch die wirkungsgleiche Formulierung in Nr. 7 des Vergleichs untermauert. Hieraus folgt damit zugleich, dass die Klägerin dann auch nicht die von der Beklagten als Anlassschuldnerin zu tragenden Kosten übernehmen wollte, bei denen es sich rechtlich eben um Kosten des Verfahrens handelt, die diese - wie oben dargelegt - als Anlassschuldnerin zu tragen hat. Bei sachgerechter Lesart kann die Vereinbarung deshalb nur dahingehend verstanden werden, dass jede Partei die ihr entstandenen Kosten weiterhin selbst tagen soll und deshalb - wie auch geschehen - keine Kostengrundentscheidung von den Parteien herbeigeführt werden soll. Die von der Beklagten in Ziffer 1 des Vergleichs übernommene Zahlungspflicht deckt nur die der Klägerin tatsächlich entstandenen Kosten ab und begründet keine Verpflichtung der Klägerin, weiter Kosten des (Berufungs)verfahrens zu übernehmen.
d) Die im Tenor genannte Kostenrechnung betrifft das Berufungsverfahren vor dem ....................................................... und ist auch rechnerisch korrekt.
Die Kostenentscheidung dieses Beschlusses beruht auf § 66 Abs. 6 GKG.
Ende der Entscheidung
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