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Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Urteil verkündet am 12.09.2001
Aktenzeichen: 1 U 13/01 (b)
Rechtsgebiete: BNotO
Vorschriften:
BNotO § 19 Abs. 1 Satz 1 |
Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Im Namen des Volkes URTEIL
1 U 13/01 (b)
Verkündet am: 12. September 2001
In Sachen
hat der 1. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Juli 2001 durch die Richter Neumann, Dr. Wittkowski und Boehme
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Grundurteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 11. Januar 2001 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers zu 2. durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von DM 8.500,- und die Vollstreckung der Klägerin zu 3. durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von DM 7.500,-- abwenden, sofern nicht der Kläger zu 2. und die Klägerin zu 3. vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils entsprechender Höhe leisten.
Der Wert der Beschwer des Beklagten beträgt DM 334.159,62.
Tatbestand:
Die Kläger nehmen den Beklagten als Notar wegen Amtspflichtverletzung auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger zu 2. war mit einer Stammeinlage von DM 30.000,- als Gesellschafter an der Baustoffwerke GmbH (im Folgenden GmbH I) beteiligt. Weitere Gesellschafterin mit einer Einlage von DM 20.000,-- war die Gesellschaft bürgerlichen Rechts bei der der Kläger zu 2. und die Klägerin zu 3. Gesellschafter waren. Die GmbH I hielt 100 % der Stammanteile der GmbH, an die die Gesellschaft bürgerlichen Rechts , das Betriebsgrundstück verpachtet hatte. Da die GmbH ihre Firma nur bis zum 01. November 1996 fortführen durfte, beschlossen die durch den Steuerberater beratenen Kläger im Jahre 1996, die GmbH I durch Formwechsel in eine GmbH & Co. KG umzuwandeln und die GmbH mit dieser KG zu verschmelzen, jeweils mit Rückwirkung zum 01. Januar 1996. Auf diese Weise sollte nicht nur die GmbH erlöschen, sondern auch ein Umwandlungs- und Verschmelzungsverlust entstehen, der zu Einkommensteuerminderungen bei den Klägern zu 2. und 3. führen sollte. Der Beklagte als Notar war damit betraut, das von dem Steuerberater entwickelte und ihm Mitte Juni 1996 zugeleitete Konzept rechtlich umzusetzen. Unter dem 01. August 1996 beurkundete der Beklagte daraufhin folgende Verträge und Erklärungen:
1. Unter UR-Nr. 305/96 wurde die Baustoffwerke und Beteiligungs GmbH (im Folgenden GmbH II) errichtet (2 HRB 1174 Amtsgericht Nienburg, Zweigstelle Hoya). Als Sitz der GmbH wurde in der Urkunde Eystrup vermerkt, tatsächlich sollte die Gesellschaft ihren Sitz in Schweringen haben. Die vom Beklagten unter dem 06. August 1996 an das Amtsgericht Nienburg gerichtete Anmeldung zum Handelsregister führte erst am 03. Februar 1997 zur Eintragung der GmbH, nachdem das Amtsgericht Nienburg aufgrund einer am 31. Januar 1997 erfolgten Berichtigung der notariellen Urkunde die Bedenken an seiner Zuständigkeit fallen gelassen hatte.
2. Unter UR-Nr. 307/96 beurkundete der Beklagte einen Vertrag, wonach der Kläger zu 2. und die Gesellschaft bürgerlichen Rechts einen Geschäftsanteil in Höhe von DM 1.000,-- an die GmbH II in Gründung abtreten.
3. Unter UR-Nr. 308/96 des Beklagten errichteten die GmbH II in Gründung sowie die Kläger zu 2. und 3. die Baustoffwerke GmbH & Co. KG (im Folgenden KG). Diese Gesellschaft wurde am 04. Februar 1997 im Handelsregister eingetragen.
4. Unter UR-Nr. 309/96 beurkundete der Beklagte die formwechselnde Umwandlung der GmbH I in die KG. Beteiligt an der Beurkundung waren die Kläger zu 2. und 3. als Gesellschafter der GmbH I und der Gesellschaft bürgerlichen Rechts Komplementärin sollte die an der Umwandlung nicht beteiligte GmbH II sein. Die Umwandlung wurde nie zum Handelsregister angemeldet.
5. Unter UR-Nr, 310/96 beurkundete der Beklagte die Verschmelzung der GmbH zum 01. Januar 1996 mit der KG. Die Anmeldung zum Handelsregister erfolgte durch den Beklagten am 08. November 1996 (2 HRB 1110 Amtsgericht Nienburg, Zweigstelle Hoya). Eine Eintragung aufgrund dieses Antrages erfolgte nicht.
6. Unter UR-Nr. 311/96 beurkundete der Beklagte eine Gesellschafterversammlung, wonach die Gesellschafter der KG als übernehmender Gesellschaft dem Verschmelzungsvertrag zustimmten. Die Zustimmung der Gesellschaft der übertragenden GmbH erfolgte erst am 13. März 1997 in nichtnotarieller Form.
Nachdem die KG am 04. Februar 1997 in das Handelsregister eingetragen worden war, beurkundete der Notar in Syke einen Verschmelzungsvertrag, wonach die übertragenden Gesellschaften GmbH I und GmbH ihr Vermögen auf die KG übertrugen. Die Handelsregistereintragung erfolgte am 19. August 1998. Am 01. Februar 2000 wurde die KG umbenannt in Baustoffwerke GmbH & Co. KG, die Klägerin zu 1. Ihren Sitz verlegte sie von Schweringen nach Hamburg (HRA 94095 Amtsgericht Hamburg).
Die Kläger haben behauptet, in einer Gesellschafterversammlung der KG am 20. Oktober 1999 seien etwaige Schadensersatzforderungen der KG gegen den Beklagten jeweils zur Hälfte an die Kläger zu 2. und 3. abgetreten worden, fälschlicherweise sei in dem Versammlungsprotokoll allerdings von einer Forderung gegen die Versicherungsgesellschaft die Rede, gemeint sei aber eine Schadensersatzforderung gegen den Beklagten.
Durch zahlreiche Versäumnisse des Beklagten als Notar habe das von dem Steuerberater entwickelte Umwandlungskonzept nicht zum 01. Januar 1996 verwirklicht werden können. Die GmbH, die nach dem Konzept ab 01. Januar 1996 habe erlöschen sollen, sei dadurch für 1996 mit Steuern in Höhe von DM 39.566,42 und Kosten für Jahresabschlüsse in Höhe von DM 7.476,20 belastet worden, die GmbH I mit entsprechenden Kosten in Höhe von DM 8.275,90. Diese Schadensersatzforderung in Höhe von DM 55.318,52 sei zunächst nach § 20 UmwG auf die KG übergegangen und nach der Abtretung vom 20. Oktober 1999 zu je 1/2 (DM 27.659,26) auf die Kläger zu 2 und 3.
Dem Kläger zu 2. sei eine Steuerersparnis von DM 168.832,-- entgangen, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei für 1996 mit Gewerbesteuer in DM 1.416,- belastet worden, diesen Betrag mache der Kläger zu 2. als Schadensersatz ebenso geltend wie die der Gesellschaft bürgerlichen Rechts entstandenen Kosten für den Jahresabschluss 1996 in Höhe von DM 5.464,10.
Der Klägerin zu 3. hätten die Versäumnisse des Beklagten eine vermeidbare Steuerbelastung von DM 103.129,-- gebracht.
Der Kl Der Kläger zu 2. hat beantragt
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger zu 2. DM 203,371,36 nebst 4 % Zinsen seit dem 09. August 1999 zu zahlen.
Die K Die Klägerin zu 3. hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 3. DM 130.788,26 nebst 7,5 % Zinsen seit dem 09. August 1999 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Höhe der Klagforderung sowie die Abtretung von etwaigen Ansprüchen der KG an die Kläger zu 2. und 3. am 20. Oktober 1999 bestritten.
Weiter hat der Beklagte die Meinung vertreten, den Klägern gegenüber nicht zum Schadensersatz verpflichtet zu sein, weil das von dem Steuerberater entwickelte Konzept von Anfang an Fehler enthalten habe, die für das Scheitern der Umwandlungen im Jahre 1996 ursächlich gewesen seien. Die unterbliebene handelsregisterliche Anmeldung des Umwandlungsbeschlusses vom 01. August 1996 sei nicht schadensursächlich geworden, weil im Wege des Formwechsels die Vermögensübertragung von der GmbH I auf die KG nicht möglich gewesen sei, sondern nur im Wege der Verschmelzung. Weiter habe das Konzept unrichtigerweise vorgesehen, die GmbH auf die erst im Laufe des Jahres 1996 zu errichtende neue GmbH & Co. KG zu verschmelzen, eine rückwirkende Verschmelzung auf den 01. Januar 1996 sei wegen Errichtung der GmbH & Co. KG erst nach dem 02. Januar 1996 jedoch nicht möglich gewesen. Da allein der Steuerberater für das fehlerhafte Konzept verantwortlich gewesen sei, hätten die Kläger eine anderweitige Ersatzmöglichkeit, so dass seine Haftung ausscheide.
Das Landgericht hat mit dem am 11. Januar 2001 verkündeten Grundurteil die Klagansprüche der Kläger zu 2. und 3. dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Beklagte schulde den Klägern zu 2. und 3. Schadensersatz, weil er ihnen gegenüber obliegende Amtspflichten fahrlässig verletzt habe und die Kläger auf andere Weise keinen Ersatz zu erlangen vermöchten (§ 19 Abs. 1 S. 1 und 2 BNotO). Der Beklagte habe bei Umsetzung des Konzeptes des Steuerberaters zwar keine steuerlichen Spezialkenntnisse einbringen müssen, er habe aber auf die Errichtung rechtsgültiger Urkunden unter Beachtung der einschlägigen Vorschriften des Umwandlungsgesetzes hinwirken müssen. Wegen der mehrfachen Verstöße gegen diese Amtspflichten, die das Landgericht im einzelnen ausgeführt hat, sei das von dem Steuerberater der Kläger entwickelte Konzept mit einen steuerlichen Vorteilen gescheitert, wodurch den Klägern zu 2. und 3. ein Schaden entstanden sei, wie schon jetzt feststehe. Die Höhe der Schadensersatzansprüche der Kläger sei im Betragsverfahren zu klären. Ein Haftungsausschluss des Beklagten gemäß § 19 Abs. 1 S. 2 BNotO sei ausgeschlossen, weil die Kläger nicht auf andere Weise, insbesondere nicht von dem Steuerberater Ersatz verlangen könnten.
Gegen das am 15. Januar 2001 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 15. Februar 2001 Berufung eingelegt und diese mit am 14. März 2001 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Der Beklagte bestreitet weiterhin die Aktivlegitimation der Kläger hinsichtlich der Abtretung vermeintlicher Schadensersatzansprüche der vormaligen Klägerin zu 1., der Baustoffwerke GmbH & Co., weil im Beschluss der Gesellschafterversammlung der KG vom 20. Oktober 1999 ausdrücklich Ansprüche gegen die abgetreten worden seien, und ist der Ansicht, das Landgericht habe den Einwand der Subsidiarität der Notarhaftung gemäß § 19 Abs. 1 S. 2 BNotO zu Unrecht verneint, weil die Entwürfe des Steuerberaters keine formwechselnde Umwandlung, sondern eine normale Neugründung einer KG vorgesehen hätten. Weiterhin ist der Beklagte der Ansicht, die Kläger treffe ein Mitverschulden, weil sie unschwer hätten erkennen können und müssen, dass die GmbH II an der formwechselnden Umwandlung der GmbH I nicht beteiligt gewesen sei. Überdies macht der Beklagte geltend, die Kläger hätten die Schadenshöhe der vermeintlichen Ansprüche bislang nicht substantiiert vorgetragen.
Der B Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Grundurteils des Landgerichts Bremen vom 11. Januar 2001 die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das Urteil des Landgerichts und machen geltend, sie hätten den Steuerberater mit der Erstellung der notariellen Entwürfe für das Umwandlungskonzept nicht beauftragt und deshalb keine vertraglichen Schadensersatzansprüche gegen diesen. Ein Mitverschulden treffe sie nicht, sie hätten sich auf die Beachtung der Prüfungs-, Belehrungs- und Beratungspflichten durch den Beklagten verlassen dürfen.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist statthaft (§ 511 ZPO) und form und fristgerecht eingelegt und begründet und damit zulässig (§§ 511 a, 516, 61 B, 519 ZPO). In der Sache erweist sie sich jedoch als unbegründet.
Das Landgericht hat die Klagansprüche der Kläger zu 2. und 3. auf Zahlung zu Recht dem Grunde nach als gerechtfertigt erklärt. Der Beklagte haftet den Klägern. aus Amtspflichtverletzung gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 und 2 BNotO. Durch die Amtspflichtverletzung des Beklagten sind den Klägern noch im einzelnen festzustellende Schäden entstanden.
An der Aktivlegitimation der Kläger bestehen keine Zweifel. Die Kläger, die zunächst nur eigene Schadensersatzansprüche eingeklagt hatten, haben die Klagforderungen nach Abtretung von Ansprüchen der vormaligen Klägerin zu 1. gegen den Beklagten an sie erhöht. Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil auf der Grundlage der übereinstimmenden Erklärungen der Kläger zu 2. und 3. im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18. Mai 2000 mit überzeugender Begründung nachvollziehbar ausgeführt, dass trotz anderen Wortlauts im Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 20. Oktober 1999 die Ansprüche gegen den bei der berufshaftpflichtversicherten Beklagten abgetreten werden sollten. Das Berufungsvorbringen des Beklagten ist nicht geeignet, die gemäß § 286 Abs. 1 ZPO gewonnene Überzeugung des Landgerichts von der Richtigkeit der Behauptung der Kläger, mit der Abtretung von Schadensersatzansprüchen gegen die A. seien die gegen den bei dieser Versicherungsgesellschaft haftpflichtversicherten Beklagten bestehenden Schadensersatzansprüche gemeint gewesen, in Frage zu stellen. Der Zivilprozess wird von dem Grundsatz der Wahrheitspflicht beherrscht. Das Gericht darf sich auf die Vollständigkeit und Richtigkeit von Parteierklärungen verlassen, sofern nicht im Einzelfall Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen die Wahrheitspflicht vorliegen. Solche Anhaltspunkt hat das Landgericht vorliegend nicht gesehen, es bedurfte deshalb nicht zusätzlich zu den Parteierklärungen einer Beweisaufnahme über den Inhalt der Abtretungserklärung vom 20. Oktober 1999.
II. Der Beklagte hat sich den Klägern gegenüber gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 BNotO schadensersatzpflichtig gemacht, weil er die ihnen gegenüber obliegende Amtspflicht zur Prüfung und Belehrung gemäß § 17 BeurkG verletzt hat. Nach dieser Vorschrift, deren Zweck die Errichtung einer rechtswirksamen Urkunde über den wahren Willen der Beteiligten ist, hat der Notar insbesondere den Willen der Beteiligten zu erforschen, den Sachverhalt zu klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren und ihre Erklärung klar und unzweideutig in der Niederschrift wiederzugeben.
Zwar hat vorliegend der Steuerberater dem Beklagten vor der Beurkundung vom 01. August 1996 mit Schreiben vom 13. Juni 1996 ein Umwandlungskonzept und mit Schreiben vom 19. Juni 1996 Entwürfe für die Umwandlungsvorgänge übersandt. Die konsultativen Pflichten des § 17 BeurkG entfallen aber nicht schon durch das Mitbringen von Entwürfen seitens der Parteien (vgl. Huhn/von Schuckmann, BeurkG, 3. Aufl., § 17 Rn. 27). Vielmehr unterliegen solche Entwürfe gleichermaßen der Belehrungspflicht des Notars hinsichtlich der rechtlichen Auswirkung (Keidel/Winkler, BeurkG, 14. Aufl., § 17 Rn. 79 m.w.N.). Von den Beteiligten beigebrachte Urkundsentwürfe muss er mit den Beteiligten erörtern, um zu klären, ob sie wirklich ihrem Willen entsprechen (Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 3. Auf!., § 19 Rn. 58). Denn der Notar hat insbesondere auf eine umfassende und interessengerechte Vertragsgestaltung hinzuwirken und den rechtsgeschäftlichen Erfolg des Geschäftes sicherzustellen (Keidel/Winkler, a.a.O., Rn. 82, 83).
1. Mit den von dem Steuerberater entworfenen Urkunden, die der Beklagte als Notar beurkundet hat, konnte das angestrebte Ziel nicht erreicht werden. Zum einen war die als Komplementärin vorgesehene GmbH II an der formwechselnden Umwandlung der GmbH I in eine GmbH & Co. KG nicht beteiligt, was schon für sich genommen zum Scheitern der zeitgerechten Umsetzung des Umwandlungskonzeptes führte. Zum anderen haben die Gesellschafter der GmbH dem Verschmelzungsvertrag nicht zugestimmt. Schließlich enthielten die Entwürfe des Steuerberaters einen wegen der beabsichtigten formwechselnden Umwandlung überflüssigen Gründungsvertrag einer GmbH & Co. KG.
Zwar musste der Beklagte bei der Vertragsgestaltung die steuerlichen Folgen nicht mitbedenken. Insoweit durfte er davon ausgehen, dass die steuerrechtlichen Aspekte des Vertragswerks von dem Streitverkündeten geprüft und insoweit abgesichert waren (vgl. OLG Frankfurt VersR 1996, 338 f.). Als Notar oblag ihm aber die ordnungsgemäße Durchführung der erforderlichen Beurkundungsvorgänge als solcher (vgl. Schippel, BNotO, 7. Aufl., § 14 Rn. 25). Die von dem Steuerberater vorgelegten Entwürfe durfte der Beklagte somit nicht ungeprüft beurkunden. Diese zu seinem Pflichtenkreis gehörende Verantwortung konnte er auch nicht durch sein nach der Beurkundung abgefasstes Schreiben vom 06. August 1996 wirksam auf den Steuerberater delegieren, denn der Notar kann der Rechtsbelehrungspflicht aus § 17 BeurkG, zu der es auch gehört, den Beteiligten den jeweils sichersten Weg für den erstrebten Zweck aufzuzeigen (vgl. Huhn/von Schuckmann, a.a.O., § 17 Rn. 31), nur genügen, wenn er vor der Beurkundung prüft, wie dem Willen der Beteiligten eine Rechtsform gegeben werden kann, die auch für die Zukunft Zweifel ausschließt. Diese Anforderungen erfüllt das vom Beklagten beurkundete Vertragswerk nicht.
1.1. Zutreffend hat das Landgericht im angefochtenen Urteil festgestellt, dass ein Umwandlungsbeschluss zum Formwandel von der GmbH I in eine GmbH & Co. KG (UR-Nr. 309/96) mangels Mitwirkung der GmbH 11 nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist.
Die formwandelnde Umwandlung wird vom Prinzip der Identität des Rechtsträgers bestimmt (§ 190 Abs. 1 UmwG). An dem Formwandel ist nur ein Rechtsträger beteiligt, der in einen Rechtsträger anderer Rechtsform umgewandelt wird (Decher in Lutter, UmwG, 2. Aufl., § 190 Rn. 1). Anlässlich des Formwechsels ist der Beitritt eines neuen persönlich haftenden Gesellschafters nicht möglich (Decher a.a.O., § 202 Rn. 14). Bei der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine GmbH & Co. KG muss daher, wenn nicht einer der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft bereits die Rechtsform der GmbH hat, vor Fassung des Umwandlungsbeschlusses die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass die Gesellschafter der GmbH & Co. KG ihrerseits die für diese Rechtskonstruktion erforderliche Rechtsform aufweisen, d. h. dass zumindest der Gesellschafter, der persönlich haftender Gesellschafter der Personenhandelsgesellschaft werden soll, die Rechtsform der GmbH haben muss. Deshalb muss in einem solchen Fall, wie er auch hier gegeben ist, vor dem Formwechsel die neue Komplementär-GmbH errichtet (Sagasser/Bula, Umwandlungen, O 119) und dieser als der neuen persönlich haftenden Gesellschafterin ein Anteil an der formwechselnden GmbH übertragen werden (Decher a.a.O., Rn. 15; Sagasser/Bula a.a.O., O113).
Folgerichtig hat der Beklagte zunächst am 01. August 1996 die Gründung der GmbH II (UR-Nr. 305/96) und die formwirksame Abtretung von Gesellschaftsanteilen der GmbH I an die GmbH II durch notariellen Vertrag vom selben Tage (UR-Nr. 307/96) beurkundet. Die durch die Abtretung Gesellschafterin der GmbH I gewordene GmbH 11 (§ 115 Abs. 3 GmbHG) hätte deshalb an der formwechselnden Umwandlung (§§ 190 ff., 226 ff. UmwG) mitwirken müssen. Das ist nicht erfolgt.
Bei der Umwandlung legen die Gesellschafter der formwechselnden Gesellschaft im Umwandlungsbeschluss (§ 193 UmwG) u. a. die Beteiligung der bisherigen Rechtsträger fest. Darüber hinaus müssen bei der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personenhandelsgesellschaft (§ 226 UmwG) alle Gesellschafter, die in der KG die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters haben sollen, dem Formwechsel zustimmen (§ 233 Abs. 2 S. 3 UmwG). Daran fehlt es hier. Bei der Aufzählung der Erschienenen zu UR-Nr. 309/96 hätte der Beklagte die Kläger zu 2. und 3. zusätzlich als alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der GmbH II aufführen müssen. Wegen der fehlenden Zustimmung konnte die mit dem Formwechsel zu diesem Zeitpunkt angestrebte steuerliche Rückwirkung nicht zum vorgesehenen Umwandlungsstichtag (höchstens 8 Monate vor Anmeldung des Formwechsels zur Eintragung ins Handelsregister, § 14 UmwStG) eintreten, so dass die Kläger steuerliche Umwandlungsverluste für das Jahr 1996 nicht wie vorgesehen geltend machen konnten (s. §§ 14, 2 UmwStG).
1.2. Die Anmeldung des Formwechsels der GmbH I in eine GmbH & Co. KG zum Handelsregister (§§ 198, 235 UmwG) war hier weitere Wirksamkeitsvoraussetzung für den Formwechsel (§ 202 UmwG). Das Unterlassen der Anmeldung stellt ebenfalls eine Amtspflichtverletzung des Notars dar (§ 19 BNotO i. V. m. § 53 BeurkG). Die Einreichungspflicht des § 53 BeurkG steht mit der Beurkundungstätigkeit in so engem Zusammenhang, dass sie noch als deren Bestandteil anzusehen ist (Huhn/von Schuckmann a.a.O., § 53 Rn. 15 m.w.N.). Auch die Verletzung dieser Amtspflicht führt deshalb zur Schadensersatzpflicht (Keidel/Winkler a. a. 0., § 53 Rn. 61).
1.3. Zutreffend hat das Landgericht im angefochtenen Urteil weiter festgestellt, dass eine Verschmelzung der GmbH mit der GmbH & Co, KG durch Übertragung des Vermögens der GmbH auf die GmbH & Co. KG (UR -Nr. 310/96) mangels Zustimmung der D GmbH nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist.
Der zu UR-Nr. 310/96 vom Beklagten beurkundete Verschmelzungsvertrag (§§ 4 ff., 40 UmwG) zwischen der GmbH und der GmbH & Co. KG bedurfte zu seiner Wirksamkeit eines in einer Versammlung der Anteilsinhaber gefassten, notariell beurkundeten Verschmelzungsbeschlusses der Anteilsinhaber aller beteiligten Rechtsträger (§ 13 UmwG). Obwohl in § 3 des Verschmelzungsvertrages dieses Wirksamkeitserfordernis bezüglich beider Gesellschaften ausdrücklich aufgeführt ist, hat der Beklagte zu UR-Nr. 311/96 nur eine Gesellschafterversammlung der GmbH & Co. KG dieses Inhalts beurkundet. Damit fehlt es an einem Wirksamkeitserfordernis des Verschmelzungsvertrages mit der Folge, dass eine Handelsregistereintragung unter Berücksichtigung der 8-Monats-Frist (§ 17 Abs. 2 S. 4 UmwG) für den Verschmelzungsstichtag (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 UmwG) am 02. Januar 1996 nicht erfolgen konnte und dadurch steuerliche Nachteile für die Kläger entstehen konnten (s. § 2 UmwStG).
2. Durch die Amtspflichtverletzungen des Beklagten ist den Klägern auch mit hoher Wahrscheinlichkeit ein zu ersetzender Schaden entstanden.
Unter Zugrundelegung der steuerlichen Überlegungen im Umwandlungskonzept des Steuerberaters greifen zugunsten der Kläger als Auftraggeber für die Bejahung der Ursächlichkeit der Amtspflichtverletzungen des Notars für die Schadensentstehung die Regeln über den Anscheinsbeweis ein (vgl. Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 3. Aufl., § 19 Rn. 145). Nach den Regeln über den Anscheinsbeweis kann von einer feststehenden Ursache auf einen bestimmten Erfolg geschlossen werden, wenn unter Berücksichtigung aller unstreitigen Einzelumstände und besonderen Merkmale des Sachverhalts ein für die zu beweisende Tatsache typischer Geschehensablauf vorliegt (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 22. Auf!., § 286 Rn. 13 m.w.N.). Vorliegend wäre bei wirksamer Verschmelzung der GmbH mit der KG noch im August 1996 wegen der steuerlichen Rückwirkung das Vermögen der GmbH mit Ablauf des Übertragungsstichtages des 01. Januar 1996, auf die übernehmende KG übergegangen und die übertragende GmbH aufgelöst worden, somit als Steuersubjekt weggefallen und hätte für 1996 keine Steuern mehr entrichten müssen. Infolge der festgestellten Amtspflichtverletzungen des Beklagten sind u.a. für die GmbH für 1996 Steuern (Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag) festgesetzt und gezahlt worden. Des weiteren konnten die Kläger wegen des Scheiterns des von dem Beklagten beurkundeten Umwandlungskonzeptes keine Verlustvorträge geltend machen.
3. Eine anderweitige Ersatzmöglichkeit der Kläger (§ 19 Abs. 1 S. 2 BNotO) hat das Landgericht zutreffend verneint. Als solche kämen Schadensersatzansprüche der Kläger gegen den Steuerberater . aus positiver Forderungsverletzung in Betracht, wenn dieser eigene Beratungspflichten als Steuerberater gegenüber den Klägern verletzt hätte. Ob Ansprüche der Kläger gegen den Steuerberater wegen Verletzung eigener, steuerrechtlicher Beratungspflichten schon deshalb ausscheiden, weil es sich bei den Entwürfen des Steuerberater für die vorzunehmenden Beurkundungen nicht primär steuerberatende, sondern um primär notarische Tätigkeit handelte, kann hier dahinstehen. Bei der hier vorliegenden Fallkonstellation gehörte es zu den Amtspflichten des Beklagten, für die Errichtung rechtswirksamer Urkunden und die Sicherstellung des rechtlichen Erfolges des mit der Beurkundung verfolgten Geschäftszwecks Sorge zu tragen. Wenn er sich, wie hier, der Fachkompetenz des Steuerberaters bediente und für die Beurkundung auf die von diesem erstellten Entwürfe zurückgriff, durfte er doch gleichwohl die Beurkundungen nicht ohne eigene Überprüfung der rechtlichen Ausgestaltung der jeweiligen Urkunden vornehmen. Auch wenn in den Urkundsentwürfen des Steuerberaters die Beteiligung der als Komplementärin vorgesehenen GmbH II an der formwechselnden Umwandlung und die Zustimmung der Gesellschafter der GmbH hinsichtlich des Verschmelzungsvertrages nicht vorgesehen waren, können die Kläger deshalb gegen den Steuerberater Schadensersatzansprüche nicht geltend machen, denn, wie oben zu 1. ausgeführt (s.o. S. 9), war er nur für das steuerliche Konzept der Umwandlung und Verschmelzung verantwortlich, für die ordnungsgemäße Durchführung der dafür erforderlichen Beurkundungsvorgänge jedoch allein der Beklagte.
4.
Die Kläger trifft auch kein Mitverschulden wegen unterlassener Prüfung der ihnen vor der der Beurkundung übersandten Entwürfe. Die bloße Entgegennahme von Urkundsentwürfen eines Notars und die anschließende Beurkundung wie vorgesehen vermögen bei der hier gegebenen Sachlage ein Mitverschulden (§ 254 BGB) nicht begründen. Insoweit wird auf die Ausführungen zu 1. über die Rechtsbelehrungspflichten des Beklagten verwiesen (s.o. S. 8,9).
5.
Wegen der zwischen den Parteien streitigen Höhe des den Klägern durch die Amtspflichtverletzungen des Beklagten anlässlich der o. a. Beurkundungsvorgänge entstandenen Schaden muss das Betragsverfahren noch durchgeführt werden.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO.
Ende der Entscheidung
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