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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Urteil verkündet am 08.12.2004
Aktenzeichen: 1 U 54/04 (a)
Rechtsgebiete: WpHG


Vorschriften:

WpHG § 37 a
1. Schadensersatzansprüche gegen ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen wegen Verletzung der Pflicht zur Information und wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Wertpapierdienstleistung verjähren gemäß § 37 a WpHG innerhalb von drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt des Erwerbs der Wertpapiere.

2. Die Grundsätze der sog. Sekundärverjährung sind auf Fälle der Anlageberatung durch Kreditinstitute nicht anwendbar.


Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Im Namen des Volkes URTEIL

Geschäftszeichen: 1 U 54/04 (a)

Verkündet am: 08. Dezember 2004

In Sachen

hat der 1. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01.12.04 unter Mitwirkung der Richter

Dr. Wittkowski, Lang und Boehme

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bremen -2. Zivilkammer- vom 24.06.2004 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen behaupteter Verletzung einer Aufklärungs- und Beratungspflicht im Wertpapierhandels- und Bankgeschäft.

Die am 07.08.1932 geborene Klägerin unterhält bei der Beklagten, einem Finanzdienstleistungsunternehmen, ein Wertpapierdepot. Im November 1996 kaufte sie bei der Beklagten 100 Stück Telekom Aktien. Im Zusammenhang mit diesem Aktienkauf fand am 13.11.1996 ein Gespräch zwischen der Klägerin und einer Mitarbeiterin der Beklagten statt. Im Rahmen dieses Gespräches wurde von der Klägerin ein sog. Erfassungsbogen (Anl. B1 = Bl. 29 d.A.) unterschrieben. Dort wurden ihre Anlageziele als "mittelfristig" und ihre Risikobereitschaft als "risikobewusst" bezeichnet.

Im Oktober 1997 erwarb die Klägerin bei der Beklagten festverzinsliche Papiere, die mit 5 % jährlich verzinst wurden. Im März 2000 verkaufte sie diese Wertpapiere und erwarb von dem Verkaufserlös über die Beklagte am 7/8.3.2000 (Bl. 9 f., 23 d.A.) Anteile des DEKA Technologie CF Fonds und des Deka Europa Select Fonds für insgesamt € 15.635,52 (Anl. 3 und 4, Bl. 9 f.).

Die Klägerin hat behauptet, sie sei in Aktiengeschäften völlig unerfahren gewesen. Sie habe im Jahre 1996 eine kleinere Erbschaft gemacht und diese sicher anlegen wollen. Deswegen habe sie festverzinsliche Wertpapiere bei der Beklagten erworben.

Anfang März 2000 habe ein Mitarbeiter der Beklagten sich an sie gewandt und ihr die Änderung der Anlageform empfohlen. Ohne dass sie (Klägerin) über die Risiken der spekulativen Fonds-Anteile aufgeklärt worden sei, habe die Beklagte diese Anteile für sie erworben, die erhebliche Verluste gebracht hätten.

Da die Aufklärung der Beklagten weder anleger- noch anlagegerecht gewesen sei, müsse sie ihr (Klägerin) Schadensersatz leisten, indem sie ihr den Kaufpreis für die von ihr erworbenen Wertpapiere Zug um Zug gegen Übertragung der entsprechenden Papiere erstatte und den durch die vorzeitige Auflösung der festverzinslichen Wertpapieranlage eingetretenen Zinsverlust ersetze.

Die Klägerin hat mit der am 30.12.2003 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 19.01.2004 zugestellten Klage beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1. an die Klägerin € 15.635,52 Zug um Zug gegen Übereignung der Rechte aus den Wertpapieren in dem Wertpapierdepot zu den Depotkonten 700098119 und 700098199 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. an die Klägerin € 1.533,88 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die Klägerin sei in Aktiengeschäften erfahren gewesen und überdies von den Mitarbeitern der Beklagten über die Risiken der von ihr getätigten Aktiengeschäfte aufgeklärt worden. Da die Klägerin die konservative Anlage ihres Vermögens für zu langweilig gehalten habe, habe sie im März 2000 den Erwerb von Aktien des Neuen Marktes gewünscht. Nach entsprechender Risikobelehrung habe die Beklagte daraufhin die von der Klägerin gewünschten Fonds-Anteile erworben.

Die Beratung der Klägerin sei umfassend gewesen. Sie sei darauf hingewiesen worden, dass Kursschwankungen und Verlustrisiken auftreten könnten. Die Klägerin habe eine risikobewusste Anlage gewünscht. Schadensersatzansprüche der Klägerin bestünden deshalb nicht.

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Mit Urteil vom 24.06.2004 (Bl. 97 ff.), auf das wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz und hinsichtlich der Entscheidungsgründe im einzelnen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass etwaige Ansprüche der Klägerin gem. § 37a WpHG verjährt seien. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 37a WpHG beginne mit dem Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Klägerin sei entstanden, als die Klägerin der Beklagten aufgrund einer etwaigen Falschberatung den Kaufauftrag erteilt habe. Auf den Zeitpunkt des Schadenseintritts komme es nicht an. Da die Klägerin die Papiere am 08.03.2000 erworben habe, habe die am 30.12.2003 anhängig gemachte Klage die Verjährung nicht mehr gem. § 209 Abs. 1 BGB a.F. unterbrechen können. Die Verjährungsfrist nach § 37a WpHG gelte auch für etwaige deliktische Ansprüche der Klägerin im Zusammenhang mit der behaupteten fahrlässigen Falschberatung. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin rechtzeitig auf die drohende Verjährung hinzuweisen, da für Wertpapierhandelsunternehmen eine solche Hinweispflicht nicht bestehe. Die Grundsätze der sog. sekundären Verjährungsfrist fänden auf den vorliegenden Fall keine Anwendung.

Gegen das ihr am 25.06.2004 zugestellte landgerichtliche Urteil hat die Klägerin am 26.07.2004 Berufung eingelegt, die sie am 27.09.2004 nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist begründet hat.

Mit der Berufung macht die Klägerin geltend, der von ihr geltend gemachte Anspruch sei, entgegen der Ansicht des Landgerichts, nicht verjährt. Ein Schadensersatzanspruch entstehe grundsätzlich erst dann, wenn durch die Verletzungshandlung eine Verschlechterung der Vermögenslage des Geschädigten eingetreten sei und der Geschädigte dies habe erkennen können. Zum Zeitpunkt des Erwerbs der Fondsanteile habe sie (Klägerin) weder eine Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten, noch den Eintritt eines eigenen Schadens erkennen können. Von einem möglichen Schaden habe sie erstmals Anfang 2001 durch die Übersendung von Depotauszügen Kenntnis erlangt, so dass bei Klageerhebung Ende 2003 die dreijährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen sei.

Auch habe das Landgericht zu Unrecht einen sekundären Schadensersatzanspruch verneint. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, sie (Klägerin) auf die bei der erfolgten Beratung falsch eingeschätzte Marktlage und die fehlende Risikoaufklärung unter Bezugnahme auf die Verjährungsfrist des § 37 a WpHG hinzuweisen. Da dies schuldhaft unterblieben sei, dürfe die Beklagte nunmehr gegenüber dem geltend gemachten primären Schadensersatzanspruch die Verjährungseinrede nicht mehr erheben.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Bremen vom 24.06.2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

1. an sie (Klägerin) € 15.635,52 Zug um Zug gegen Übereignung bzw. Abtretung der Rechte aus den Wertpapieren in dem Wertpapierdepot zu den Depotkonten 700098119 und 700098199 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (19.01.2004) zu zahlen,

2. an sie (Klägerin) € 1.533,88 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (19.01.2004) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung.

II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Wie der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2004 im Einzelnen erläutert hat, trifft das Urteil des Landgerichts zu.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Klägerin verjährt ist.

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein durchsetzbarer Anspruch auf Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung sowie aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 31 WpHG wegen Verletzung von Beratungspflichten nicht zu. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte die Klägerin ordnungsgemäß beraten hat, da etwaige Ansprüche der Klägerin gem. § 37a WpHG verjährt sind und sich die Beklagte auf die Verjährung berufen hat. Etwaige Schadensersatzansprüche der Klägerin sind somit nach § 222 Abs. 1 BGB a.F. nicht mehr durchsetzbar.

a) Ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen positiver Vertragsverletzung des Beratungsvertrages war gem. § 37a WpHG bereits bei Klageeinreichung am 30.12.2003 verjährt. Nach dieser Vorschrift verjährt ein solcher Anspruch in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Vorliegend ist der Schaden der Klägerin bereits mit Erwerb der streitgegenständlichen Wertpapiere am 7/8. März 2000 entstanden. Selbst wenn ein Kaufgegenstand seinen Kaufpreis wert ist, d.h. Leistung und Gegenleistung objektiv gleichwertig sind und somit kein Schaden im Sinne der Differenzhypothese feststellbar ist, kann der Käufer bereits dadurch einen Vermögensschaden erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (BGH, ZIP 1998, 154 (158)).

Erwirbt ein Bankkunde eine Kapitalanlage, die für die Zwecke des Anlegers ungeeignet ist, weil sie etwa mit einem den Bedürfnissen des Klägers nicht entsprechenden Risiko behaftet ist, so tritt der Schaden bereits mit dem Erwerb der Kapitalanlage ein (KG, Urt. v. 11.03.2004, ZIP 2004, 1306; HansOLG Bremen, Urt. v. 20.08.2004, Az. 4 U 21/04, S. 26; Koller in: Assmann/Schneider, WpHG, § 37a Rn 7; Lang, Informationspflichten bei Wertpapierdienstleistungen, 2003, § 20 Rn 9; Eilenberger, Beilage zu WM 2001, 1 (15); Hackenberg/Roller, VuR 2004, 46 (47); Kritter, BKR 2004, 261 (262); Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., 2004, Rn 16.569). Vorliegend behauptet die Klägerin, dass eine solche Situation vorgelegen habe. Obwohl sie an einer sicheren Anlage zum Zwecke der Altersvorsorge interessiert gewesen sei, habe die Beklagte ihr ohne Risikoaufklärung zum Erwerb von spekulativen Fondsanteilen geraten.

Die Ansicht der Klägerin, dass der Lauf der Verjährungsfrist zur Voraussetzung habe, dass ein Schaden im Sinne der Differenzhypothese entstanden sei bzw. erhebliche Werteinbrüche zu verzeichnen seien (so auch Schwark, Kapitalmarktrechtskommentar, 3. Aufl., 2004, § 37a Rn 4), überzeugt nicht. Die Entstehung des Schadens im Sinne des § 37a WpHG an den Eintritt von Kursverlusten zu knüpfen, würde dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift widersprechen (Lang, aaO, Rn 9f.; Kümpel, aaO, Rn 16.568f.). Zweck der Regelung des § 37a WpHG in dem Dritten Finanzmarktförderungsgesetz vom 24.03.1998 war die Verkürzung der bis dahin geltenden regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren (§ 195 BGB a.F.). Nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. die Begr. des RegE, BT-Dr. 13/8933, S. 97) sollten die bis dahin geltenden langen Verjährungsvorschriften internationalen Standards angepasst und der Haftungszeitraum für Dienstleistungsunternehmen in Fällen unzureichender Anlageberatung auf drei Jahre verkürzt werden, um auf diese Weise das Haftungsrisiko für die genannten Unternehmen zeitlich kalkulierbar zu machen. Diese Absicht des Gesetzgebers würde zunichte gemacht, wenn man den Beginn der Verjährungsfrist von dem Eintritt von Kursverlusten abhängig machen wollte.

Da Kursverluste bei langfristigen Anlagen ggf. erst nach vielen Jahren eintreten können, wäre die Länge des Haftungszeitraums unüberschaubar. Zudem wäre die Berechnung der Verjährungsfrist in den Fällen äußerst problematisch, in denen Kursverluste durch eine positive Kursentwicklung zwischenzeitlich ausgeglichen werden bzw. es zu sukzessiv steigenden Verlusten kommt.

Auch würde ein Abstellen auf den Eintritt von Kursverlusten dem Anleger die Möglichkeit eröffnen, zu Lasten des Kreditinstitutes an der Börse zu spekulieren, da er einerseits im Falle einer positiven Kursentwicklung Spekulationsgewinne durch Verkauf der Wertpapiere realisieren könnte, andererseits im Falle einer eventuell erst nach Jahren eintretenden negativen Kursentwicklung die Möglichkeit hätte, von dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen Schadensersatz zu verlangen (vgl. KG, a.a.O.; Kritter, a.a.O., S.262; Lang, a.a.O., § 20 Rn 9).

Darüber hinaus hätte die von der Klägerin für richtig erachtete Bestimmung des Beginns der Verjährungsfrist konsequenterweise zur Folge, dass ein Anleger, der aufgrund eines Beratungsverschuldens eine für seine Zwecke unbrauchbare Kapitalanlage erworben hat, den Vertrag nicht sogleich rückgängig machen könnte, sondern zunächst abwarten müsste, bis sich der Wert der Kapitalanlage negativ entwickelt, da nach dieser Ansicht erst dann ein Schaden und somit auch erst zu diesem Zeitpunkt der auf Befreiung von der Kapitalanlage gerichtete Schadensersatzanspruch dem Grunde nach entstanden wäre (KG, a.a.O.; Kritter a.a.O.).

Für den Beginn des Schadensersatzanspruches der Klägerin wegen positiver Vertragsverletzung des Anlagevertrages kommt es auch nicht darauf an, dass der Anleger Kenntnis von dem Anspruch hat (Lang, a.a.O., § 20 Rn 8; Eilenberger , a.a.O., S. 15). Denn eine dem § 199 Abs. 1 BGB entsprechende Regelung fehlt im WpHG. Auch die Entstehungsgeschichte des § 37a WpHG spricht dafür, dass es für den Beginn der Verjährungsfrist nicht auf die Kenntnis des Geschädigten von dem Bestehen des Anspruchs ankommt.

Der ursprüngliche Regierungsentwurf zu § 37a WpHG sah vor, dass der Anspruch des Kunden in sechs Monaten seit dem Zeitpunkt, zu dem der Kunde von der Verletzung Kenntnis erlangt, verjährt, spätestens jedoch in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist (Regierungsentwurf des Dritten Finanzmarktförderungsgesetzes, BT-Dr. 13/8933, S. 15). Diese Formulierung macht deutlich, dass der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist gerade nicht von einer etwaigen Kenntnis des Geschädigten von dem Bestehen des Anspruchs abhängen sollte. Die Tatsache, dass die zunächst vorgesehene Regelung einer sechsmonatigen Verjährungsfrist ab Kenntnis letztlich keinen Eingang in das Gesetz gefunden hat, ändert daran nichts. Der Begründung des Bundesrates lässt sich entnehmen, dass die Sechsmonatsfrist vom Bundesrat als nicht zweckmäßig erachtet worden ist, da sie den Anspruchsteller gezwungen hätte, bereits kurze Zeit nach Kenntnis der Vertragsverletzung gerichtliche Maßnahmen einzuleiten, ohne zunächst den Ausgang von Verhandlungen mit dem Anspruchsgegner abwarten zu können (Stellungnahme des Bundesrates, BT-Dr. 13/8933, S. 169). Dafür, dass es auch bei der Gesetz gewordenen Dreijahresfrist auf die Kenntnis des Kunden ankommen sollte, lässt sich der Begründung nichts entnehmen. Vielmehr ist anzunehmen, dass angesichts der Tatsache , dass der Gesetzgeber sich mit der Frage besonders befasst hat, ob für den Verjährungsbeginn auf die Kenntnis des Kunden abzustellen ist, eine solche Regelung, wäre sie gewollt gewesen, ausdrücklich erfolgt wäre. Anders als etwa § 852 Abs. 1 BGB a.F. bzw. § 199 Abs. 1 BGB enthält der Gesetzeswortlaut des § 37a WpHG jedoch keine solche Regelung. Im Übrigen würde ein Abstellen auf die Kenntnis des Kunden von dem Schaden dem Zweck des Gesetzes zuwiderlaufen, einen für das beratende Kreditinstitut überschaubaren Haftungszeitraum zu schaffen.

b) Eventuelle Schadensersatzansprüche der Klägerin gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 31, 32 WpHG wegen fahrlässiger Falschberatung sind ebenfalls verjährt. Die kurze Verjährungsfrist des § 37a WpHG umfasst auch konkurrierende deliktische Ansprüche wegen fahrlässiger Falschberatung (KG a.a.O.; Kritter, a.a.O., S. 263; Kümpel, a.a.O., Rn 16.572; Schäfer in: Schäfer, Wertpapierhandelsgesetz, 1999, § 37a WpHG Rn 7; Schwark, a.a.O., § 37a WpHG Rn 5; a.A.: Koller, a.a.O. Rn 6; Eilenberger, a.a.O., S. 16). Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Geht man davon aus, dass es sich bei den §§ 31, 32 WpHG um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB handelt (so etwa Koller a.a.O., Rn 6; Lang, a.a.O, § 20 Rn 13; Kümpel, a.a.O., Rn 16.572), erfüllt eine schuldhafte Verletzung des Beratungsvertrages zumindest regelmäßig auch die Voraussetzungen des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den §§ 31, 32 WpHG. Würde man auf diesen deliktischen Anspruch die Verjährungsvorschrift des § 199 Abs. 1 BGB bzw. § 852 Abs. 1 BGB a.F. anwenden, hätte dies zur Folge, dass die dreijährige Verjährungsfrist erst mit der Kenntnis des Kunden vom Eintritt des Schadens in Lauf gesetzt würde. Dies kann -wie ausgeführt- gegebenenfalls erst Jahre nach Erwerb der Kapitalanlage der Fall sein. Folglich wäre der Zeitraum einer potentiellen Haftung für das Kreditinstitut nicht zu überschauen. Dies widerspräche der ausdrücklich erklärten Absicht des Gesetzgebers (siehe oben). Daher ist es mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck erforderlich, die Verjährungsvorschrift auch auf Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den §§ 31, 32 WpHG auszudehnen.

Im Übrigen kann ein Verstoß gegen die §§ 31 und 32 WpHG keinen unbeteiligten Dritten schädigen wie sonst im Deliktsrecht, sondern allein die Partner des Beratungsvertrages. Deshalb findet bei der hier gegebenen Fallkonstellation auch keine ungerechtfertigte Schlechterstellung desjenigen statt, der mit dem Schädiger einen Vertrag geschlossen hat.

Zudem ist hier zu berücksichtigen, dass die §§ 31, 32 WpHG mit § 37a WpHG einer selbständigen Verjährungsvorschrift unterliegen. Enthält ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB eine eigene Verjährungsregelung, so erscheint es sachgerecht, diese auch auf den Anspruch aus unerlaubter Handlung anzuwenden (so auch KG, a.a.O.).

Wie sich bereits aus der Begründung des Regierungsentwurfes ergibt (Begr. des RegE BT-Dr. 13/8933, S. 97), findet das Verjährungsprivileg des § 37a WpHG hingegen keine Anwendung bei vorsätzlich falscher Anlageberatung (vgl. statt aller Schwark a.a.O., § 37a WpHG Rn 5). Dass die Beklagte vorsätzlich gehandelt habe, ist von der Klägerin weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

c) Der Klägerin steht auch ein so genannter Sekundäranspruch nicht zu, der nach den Grundsätzen der Naturalrestitution darauf gerichtet wäre, dass sich die Beklagte gegenüber dem primären Schadensersatzanspruch nicht auf die Einrede der Verjährung berufen darf, weil die Klägerin von der Beklagten den Ausgleich gerade desjenigen Schadens verlangen kann, der dadurch entstanden ist, dass ihr primärer Schadensersatzanspruch nicht mehr durchsetzbar ist (Hackenberg/Roller, a.a.O., S. 50). Denn die Grundsätze der sog. Sekundärverjährung, die von der Rechtsprechung für die schuldhafte Verletzung von Hinweispflichten durch Rechtsanwälte und Steuerberater entwickelt worden sind, sind auf das Verhältnis der Parteien eines Anlagevertrages nicht übertragbar (so auch KG, a.a.O.; HansOLG Bremen, a.a.O., S. 27; Kritter, a.a.O., S. 263; Schwark a.a.O., § 37a WpHG Rn 6; a.A.: Hackenberg/Roller, a.a.O., S. 48). Dies widerspräche dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers, der -wie ausgeführt- mit der Einführung des § 37 WpHG beabsichtigte, die bis dahin geltenden langen Verjährungsfristen internationalen Standards anzupassen und für Wertpapierdienstleistungsunternehmen Rechtssicherheit hinsichtlich ihres Haftungszeitraumes durch eine strikte Begrenzung auf drei Jahre zu schaffen. Wendete man die Grundsätze der Sekundärverjährung auch auf die Anlageberatung durch Kreditinstitute an, würde dieser gesetzgeberische Zweck konterkariert.

Im Übrigen waren dem Gesetzgeber die Grundsätze der Sekundärverjährung bekannt, als die Verjährungsregelung in § 37a WpHG durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz vom 24.03.1998 eingeführt wurde. Hätte der Gesetzgeber eine Übernahme der Sekundärhaftung für den Bereich des WpHG gewollt, hätte es nahegelegen, darauf ausdrücklich hinzuweisen, was indes gerade nicht geschehen ist (Kritter, aaO, S. 263 unter Hinweis auf LG Stuttgart, Urt. v. 26.02.2003, S. 7).

Ferner ist das Beratungsverhältnis zwischen Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Kunde auch strukturell wesentlich anders geprägt als das zwischen Mandant und Rechtsanwalt bzw. Steuerberater. Während der Rechtsanwalt seinen Mandanten rechtlich umfassend hinsichtlich der Wahrnehmung seiner Interessen aus dem konkreten Mandat zu beraten hat und, wie das Zeugnisverweigerungsrecht des Rechtanwaltes (§ 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO) zeigt, eine besondere Vertrauensstellung innehat, geht es bei der Anlageberatung durch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen primär um die geschäftsmäßige Beratung und den Verkauf eines Finanzproduktes; das Verhältnis zwischen Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Kunde ist mithin der durch besondere Nähe und besonderes Vertrauen gekennzeichneten Beziehung zwischen Mandat und Rechtsanwalt/Steuerberater nicht vergleichbar.

Schließlich ist der Kunde eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens auch nicht in gleichem Maße schutzbedürftig wie der Mandant eines Rechtsanwaltes/Steuerberaters. Rechtsunkenntnis hindert den Mandanten eines Rechtsanwaltes regelmäßig daran, einen Fehler des beratenden Rechtsanwaltes alsbald zu erkennen und die zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlichen Schritte einzuleiten. Ein solches Informationsgefälle besteht im Verhältnis des Kunden zu seinem Wertpapierdienstleitungsunternehmen angesichts der Fülle allgemein zugänglicher und verständlicher Informationen im Bereich der Kapitalanlage regelmäßig nicht (siehe zum Ganzen zutreffend auch Kritter, a.a.O.).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

3. Wegen der grundsätzlichen und bislang durch den Bundesgerichtshof nicht geklärten Fragen, wann die Verjährung nach § 37a WpHG beginnt, ob § 37a WpHG auch auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung Anwendung findet und ob die Grundsätze der Sekundärverjährung auch auf § 37a WpHG übertragbar sind, lässt der Senat die Revision zu, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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