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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Urteil verkündet am 08.03.2007
Aktenzeichen: 2 U 117/06
Rechtsgebiete: BGB, InsO


Vorschriften:

BGB § 781 Satz 1
InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1
Teilt ein Insolvenzverwalter einem rechtsanwaltlich vertretenen Gläubiger, nachdem dessen Forderung zur Insolvenztabelle festgestellt worden ist, auf eine schriftlich gestellte Anfrage schriftlich mit, "die Zahlung der Rechnung Ihrer Mandantin erfolgt nach mängelfreier Abnahme durch den Bauherrn und nach Zahlung unserer Schlussrechnung durch den Bauherrn", so wird dadurch kein Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 Satz 1 BGB erklärt und demgemäß auch keine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO begründet.
Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Im Namen des Volkes URTEIL

Geschäfts-Nr.: 2 U 117/06

Verkündet am 8. März 2007

In Sachen

hat der 2. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2007 unter Mitwirkung der Richter Blum, Friedrich und Dierks

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bremen - 2. Kammer für Handelssachen - vom 5. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I. Die Klägerin macht gegen den Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der K. A. M. Bauunternehmung GmbH & Co. KG aus einem Schreiben des Beklagten vom 12.02.2003 einen Zahlungsanspruch über € 17.168,28 geltend.

Die Klägerin nahm für die Insolvenzschuldnerin Bauleistungen vor und berechnete hierfür mit Schlussrechnung vom 17.12.2002 DM 220.709,29. Vor Insolvenzeröffnungen erfolgten Zahlungen über DM 187.131,07. Restliche DM 33.578,22 = € 17.168,28 meldete die Klägerin unter dem 21.12.02 zur Insolvenztabelle an; die Forderung wurde am 16.01.03 mit dem beanspruchten Rang gemäß § 38 InsO zur laufenden Nummer 700 zur Insolvenztabelle festgestellt.

Auf Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, in denen es u.a. um die Rückgabe der von der Klägerin für das Bauvorhaben gestellten Vertragserfüllungsbürgschaft ging, antwortete der Beklagte mit Schreiben vom 12.02.2003:

"Die Zahlung der Rechnung Ihrer Mandantin erfolgt nach mängelfreier Abnahme durch den Bauherrn und nach Zahlung unserer Schlussrechnung durch den Bauherrn."

Die Klägerin stützt auf dieses Schreiben ihren Zahlungsanspruch.

Das Landgericht Bremen hat mit Urteil vom 05.10.2006 die Klage abgewiesen. Bei der geltend gemachten Forderung handele es sich nach dem unstreitigen Sachverhalt um eine Insolvenzforderung nach § 38 InsO, nicht um eine Masseverbindlichkeit gemäß § 55 InsO. Das Schreiben des Beklagten stelle zudem kein abstraktes Schuldanerkenntnis dar.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter und meint, das Landgericht habe verkannt, dass das Schreiben des Beklagten ein - von ihr angenommenes - Vergleichsangebot enthalte. Zudem seien die Ausführungen des Landgerichts zu einem abstrakten Schuldversprechen fehlerhaft, was weiter erläutert wird, und ihr - der Klägerin - hätte vom Landgericht die begehrte Schriftsatzfrist eingeräumt werden müssen.

Die Klägerin stellt den Antrag,

das Urteil des Landgerichts Bremen vom 05.10.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie € 17.168,28 nebst Zinsen von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.08.2005 sowie € 192,25 vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält das landgerichtliche Urteil für richtig.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Wegen des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Parteien vom 20.11.2006 und vom 26.01.2007 verwiesen.

II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Der Senat teilt, wie im Termin bereits ausführlich erläutert, die Ansicht des Landgerichts, dass das Schreiben des Beklagten vom 12.02.2003 von der Klägerin bzw. von dem sie vertretenden Rechtsanwalt B. redlicherweise nicht dahingehend verstanden werden durfte, dass der Beklagte nunmehr bereit sei, die zu diesem Zeitpunkt bereits als Insolvenzforderung nach § 38 InsO festgestellte Forderung als Masseverbindlichkeit anzuerkennen. Auf die Ausführungen des Landgerichts hierzu kann verwiesen werden. Ergänzend sei lediglich angemerkt, dass die vom Beklagten in seinem Schreiben gewählte Formulierung erkennbar an das Schreiben von Herrn Rechtsanwalt B. vom 29.01.2003 anknüpft, in welchem dieser unter Fristsetzung bis zum 11.02.2003 den Beklagten aufforderte, "entweder die Bürgschaft zurückzusenden oder die Ihnen vorliegende Schlussrechnung vollen Umfangs auszugleichen". Die alternative Aufforderung zur sofortigen Bezahlung des Schlussrechnungsbetrages war erkennbar fern der Rechtslage, denn die Forderung war - wie Herr Rechtsanwalt B. ausweislich des weiteren Schreibens wusste - als bloße Insolvenzforderung nach § 38 InsO festgestellt, eine Befriedigung außerhalb des Verteilungsverfahren kam also von vornherein nicht in Betracht. Der Senat hat zudem keinen vernünftigen Zweifel daran, dass dies Herrn B. als erfahrenem und versierten Rechtsanwalt durchaus auch bewusst war. Die Antwort des Beklagten hierauf hätte sich allerdings in einem bloßen Hinweis auf die später vorzunehmende Verteilung erschöpfen können. Die Klägerin bzw. ihrem Anwalt konnte und musste aber der von ihrem Prozessbevollmächtigten provozierten Formulierung des Antwortschreibens auf jeden Fall entnehmen, dass der Beklagte erst einmal überhaupt keine Zahlungen an die Klägerin leisten wollte. Der Senat hält es für eher abwegig, dieser missglückten Formulierung entgegen der evidenten Interessenlage des Beklagten das Anerkenntnis einer nach § 53 InsO vorweg zu befriedigenden Masseverbindlichkeit zu entnehmen.

Für die Ansicht der Klägerin, der Beklagte habe hinsichtlich des Zahlungsanspruchs mit seinem Schreiben ein Vergleichsangebot machen wollen, sieht der Senat keinerlei Anhaltspunkte. Für den Beklagten - und die Klägerin - gab es nach Feststellung des aus der Schlussrechnung noch offen stehenden Betrages zur Insolvenztabelle nichts zu vergleichen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, denn die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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