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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Urteil verkündet am 20.10.2005
Aktenzeichen: 2 U 9/05
Rechtsgebiete: HGB, BGB, ZPO


Vorschriften:

HGB § 160 Abs. 1 Satz 1
BGB § 184 Abs. 1
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 3
BGB § 204 Abs. 2
ZPO § 167
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 690 Abs. 1 Nr. 3
1. Handelt ein Rechtsanwalt beim Einreichen eines Antrags auf Erlass eines Mahnbescheids in Ermangelung der erforderlichen Prozessvollmacht als volllmachtloser Vertreter, so kann dieser Mangel im erstinstanzlichen Erkenntnisverfahren nach Abgabe an das Landgericht jedenfalls dann mit Rückwirkung durch Nachreichen einer Prozessvollmacht geheilt werden, wenn noch keine das Verfahren der Instanz abschließende Entscheidung ergangen ist (wie BGHZ 91, 111 = BVerwGE 69, 380).

2. Zwar regelt § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB eine Ausschlussfrist, doch bewirkt die in § 160 Abs. 1 Satz 3 HGB angeordnete entsprechende Anwendbarkeit u.a. des § 204 BGB, dass für die Frage, ob eine zur Hemmung des Fristablaufs geeignete Handlung rechtzeitig vorgenommen worden ist, auch § 167 ZPO berücksichtigt werden muss.

3. Kann nicht festgestellt werden, ob ein Zeitraum von etwa drei Monaten zwischen dem Einreichen des Antrags auf Erlass eines Mahnbescheids und dessen Zustellung auf ein Versäumnis des Antragstellers (verspätete Einzahlung des Kostenvorschusses) oder des Gerichts (verspätete Anforderung des Kostenvorschusses) zurückzuführen ist, so ist zu Gunsten des Antragstellers davon auszugehen, dass die Zustellung "demnächst" vorgenommen worden ist, weil vom Antragsteller zumal im Rahmen einer maschinellen Bearbeitung des Mahnverfahrens nicht zu verlangen iist, beim Gericht nachzufrage (Abweichung von der zu § 270 Abs. 3 ZPO ergangenen Entscheidung BGHZ 69, 364).

4. Die Berücksichtigung einer nur in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils niedergelegten Datumsangabe als "festgestellte Tatsache" im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist zulässig.

5. Bei der Beurteilung der Frage, ob die im Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids enthaltene Angabe hinreichend "bestimmt" und damit der geltend gemachte Anspruch genügend "individualisiert" ist, ist auch die Kenntnis des Schuldners darüber zu berücksichtigen, dass der Anspruch nur einem bestimmten Rechtsverhältnis entstammen kann, wobei für diese Kenntnis auch die Person des Anspruchstellers von Bedeutung ist (z.B. Insolvenzverwalter).


Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Im Namen des Volkes URTEIL

Geschäftszeichen: 2 U 9/05

Verkündet am: 20. Oktober 2005

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen - 2. Zivilsenat - auf die mündliche Verhandlung vom 1. September 2005 durch die Richter Friedrich, Dr. Schnelle und Dierks

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 23. Dezember 2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt werden, an den Kläger € 26.149,72 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. August 2002 zu zahlen. .

Die Beklagten tragen die Kosten der Berufung als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jeder der Beklagten darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von € 37.000,-- abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Beklagten waren persönlich haftende Gesellschafter der Gebr. KG, die im Jahre 1997 in die Schuldnerin umgewandelt wurde. Ihr Ausscheiden als persönlich haftende Gesellschafter wurde am 21. Mai 1997 in das Handelsregister eingetragen. Die ursprüngliche Kommanditgesellschaft hatte das Grundstück Straße 106 in Bremerhaven von dem Nebenintervenienten gemietet. Der Kläger erhebt Mietzinsansprüche in einer im Berufungsrechtszug nicht mehr streitigen Höhe und verlangt Zinsen sowie Kosten der Rechtsverfolgung unter Hinweis auf die aus ihrer früheren Gesellschafterstellung folgende persönliche Haftung der Beklagten.

Für den Zeitraum von August 1999 bis einschließlich Februar 2000 hat der Nebenintervenient gegen die Schuldnerin einen Rechtsstreit geführt, der mit einem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Bremen vom 11. Januar 2001 zum Aktenzeichen 6 O 934/00 endete (Bl. 214-216 = 507-511 d.A.). Mit diesem Urteil wurde das ergangene Versäumnisurteil vom 5. Oktober 2000 (Bl. 504-506 d.A.) aufrechterhalten, mit dem die Schuldnerin, die Gebr. GmbH & Co. KG, verurteilt worden war, an den Nebenintervenienten DM 29.638,-- zuzüglich 5 % Zinsen auf DM 4.118,--, jeweils seit etwa Beginn der Monate August 1999 bis Februar 2000 sowie auf weitere DM 812,-- seit dem 10. März 2000 zu zahlen.

Die den Gegenstand des Rechtsstreits bildenden Zahlungsansprüche sind namens des Klägers mit gegen die Beklagten gerichteten Mahnbescheidsanträgen, angebracht bei dem Amtsgericht Berlin-Wedding und unterzeichnet von einem Rechtsanwalt Dr. R , gerichtlich geltend gemacht worden. Diese Anträge sind am 17. Mai 2002 bei dem genannten Gericht eingegangen. Die erhobene Forderung von € 698.711,98 wurde als eine solche aus "Werkvertrag/Werklieferungsvertrag gem. Rechnung vom 09.05.98" bezeichnet. Ferner wurde "Miete für Geschäftsraum (einschl. Nebenkosten) vom 01.08.99 bis 01.11.01" mit einem Betrag von € 40.182,43 sowie "Miete für Geschäftsraum (einschl. Nebenkosten) vom 01.01.97 bis 28.02.01" mit € 85.931,62 gefordert (Bl. 3 d.A.). Die antragsgemäß am 11. Juli 2002 erlassenen Mahnbescheide wurden allen Beklagten jeweils am 14. August 2002 zugestellt (Bl. 1, 20, 22 und 24 [jeweilsRückseite] d.A.). Am 20. August 2002 hat der Beklagte zu zu 3. (Bl. 28 d.A.), am 22. August 2002 haben die Beklagten zu 1.und zu 2. (Bl. 32 und 33 d.A.) und am 25. August 2002 hat der Beklagte zu 4. (Bl. 34 d.A.) Widerspruch erhoben. Unter dem 31. Oktober 2002, bei dem Amtsgericht Wedding/Schöneberg am 4. November 2002 eingegangen, hat der Kläger ein für ihn von einem Rechtsanwalt S unterzeichnetes Schreiben an das Amtsgericht Wedding (Bl. 35 d.A.) gerichtet, das auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

"Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gebr. GmbH & Co. KG Amtsgericht Charlottenburg, Az. 109 IN 3546/00

Hier: Kostenrechnung vom 11. Juli 2002; Az.: 02-1079564-15-N

. . . .

durch ein Versehen wurde Ihnen für die o.a. Kostenrechnung am 30. 08.2002 ein Betrag von 6.909,42 € auf Ihr Konto bei der Postbank Nr. 2842104 überwiesen. Der Zahlbetrag hätte jedoch 3.278,00 € lauten müssen, weshalb ich Sie bitte die Überzahlung in Höhe von 3.631,42 € auf mein Treuhandkonto bei der Commerzbank AG, Berlin-Mitte

Gebr. /Dr. K

Kto.Nr. 027 3326 00

(BLZ 120 400 00)

zu erstatten."

Mit Schreiben vom 25. März 2003, gerichtet an das Amtsgericht Berlin-Wedding als Zentrales Mahngericht und dort am 27. März 2003 eingegangen (Bl. 36/37 d.A.) hat der Kläger zugleich mit der Einzahlung der weiteren Kosten nach einem von ihm angegebenen Streitwert von € 1.660.264,96 die Abgabe in das streitige Verfahren beantragt. Dies ist am 1. April 2003 verfügt worden; am 10. April 2003 haben die Akten das Landgericht erreicht. Diesem gegenüber hat der Kläger mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2003 (Bl. 41-48 = 49-57 d.A.) den Antrag angekündigt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger € 912.948,21 nebst Zinssen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf € 880.919,70 seit dem 17. Februar 2001 zu zahlen und hat zugleich dem Nebenintervenienten als Streitverkündetem zu 1. sowie fünf weiteren Personen den Streit verkündet. Nachdem die 8. Zivilkammer mit Beschluss vom 28. Oktober 2003 (Bl. 59 d.A.) die Sache wegen besonderer Schwierigkeit tatsächlicher bzw. rechtlicher Art. vom Einzelrichter auf sich übertragen hatte, der Streitverkündete zu 1. mit Schriftsatz vom 25. November 2003 (Bl. 81-84 d.A.) dem Rechtsstreit auf Seiten des Klägers beigetreten und die Beklagten jeweils Klagabweisungsanträge angekündigt hatten, hat das Landgericht Berlin mit Beschluss vom 29. Januar 2004 (Bl. 141 d.A.) das gegen die Beklagten gerichtete Verfahren insoweit abgetrennt, als der Kläger wegen der Zahlungsverpflichtung der Gemeinschuldnerin gegenüber dem Streitverkündeten zu 1. gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von € 40.182,43 Mietzins sowie einen Anspruch auf Zahlung von € 2.182,71 wegen eines Kostenfestsetzungsbeschlusses des Landgerichts Bremen - insgesamt also € 42.365,14 - geltend mache, hat sich insoweit für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers an das gemäß § 29 ZPO zuständige Landgericht Bremen verwiesen. Dieses hat mit Beschluss vom 21. April 2004 (Bl. 170-172 d.A.) darauf hingewiesen, dass es eine Forderung des Klägers von insgesamt € 43.327,89 als bei sich anhängig sehe, die sich einem Mietzinsanspruch von DM 98.020,-- für die Zeit von August 1999 bis zum 16. Februar 2001, einem Anspruch auf Verzugszinsen von DM 1.882,98 sowie Kosten der Rechtsverfolgung von DM 4.269,-- zusammensetze, von denen ein (vom Untermieter unstreitig) gezahlter Betrag mit DM 19.430,-- abzusetzen sei, so dass sich ein Gesamtbetrag von DM 84.741,98 ergebe, der wie bereits dargestellt umzurechnen sei. Weil nichts beweisbedürftig sei, hat das Landgericht mit dem genannten Beschluss ferner die Durchführung des schriftlichen Verfahrens vorgeschlagen und diesen Vorschlag mit Beschluss vom 26. Juli 2004 (Bl. 245- 247 d.A.) wiederholt. Da die Beklagten zu 1., zu 3. und zu 4. dem Vorschlag nicht zustimmten, hat das Landgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der der Kläger ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 18. November 2004 den oben bereits wiedergebenenen Antrag aus dem Schriftsatz vom 16. Oktober 2003 gestellt, der Nebenintervenient aber beantragt hat, die Beklagte lediglich zur Zahlung von € 43.327,89 nebst Zinsen in der auch vom Kläger verlangten Höhe zu verurteilen.

Mit Urteil vom 23. Dezember 2004, auf dessen Tatbestand (Bl. 324-327 d.A.) und Entscheidungsgründe (Bl. 327-333 d.A.) ergänzend Bezug genommen wird, wobei darauf hinzuweisen ist, dass dort der vom Kläger gestellte Antrag mit demjenigen des Nebenintervenienten gleichlautend dargestellt ist, hat das Landgericht die Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger € 26.149,72 nebst Zinsen seit dem 14. August 2002 zu zahlen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die zulässige Klage sei aus § 128 HGB, § 535 BGB begründet. Die von den Beklagten gegenüber der Bestimmtheit der Klage sowie gegenüber der Bevollmächtigung des Rechtsanwalts, der die Mahnbescheidanträge unterzeichnet habe, geäußerten Zweifel seien unbegründet. Die fünfjährige Haftungsfrist des § 160 Abs. 1 HGB sei gewahrt, da der Kläger rechtzeitig die Anträge auf Erlass von Mahnbescheiden gestellt und auch in der Folgezeit ein Fristablauf infolge Vorliegens von Hemmungstatbeständen nicht eingetreten sei. In der Sache selbst habe dem Nebenintervenienten für den Zeitraum vom 1. August 1999 bis zum 16. Februar 2000 eine monatliche Grundmiete von DM 3.120,-- sowie eine Miete für die Garage von DM 156,--, also insgesamt DM 3.276,-- zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer von 524,16, also DM 3.800,24 monatlich zugestanden. Dies führe zu einem Gesamtbetrag von DM 70.574,40 (3.800,16 x 18 16/28), von dem die vom Untermieter unstreitig entrichteten DM 19.430,-- abzuziehen seien, so dass ein geschuldeter Betrag von 51.144,40 verbleibe, der in den ausgeurteilten Eurobetrag umzurechnen sei. Ansprüche auf Verzugszinsen und Erstattung von Kosten der Rechtsverfolgung stünden dem Kläger nicht zu.

Gegen dieses den Beklagten jeweils am 28. Dezember 2004 zugestellte Urteil haben die Beklagten zu 1., zu 3. und zu 4. am 26. Januar 2005, der Beklagte zu 2. hat am 26. Januar 2005 Berufung eingelegt. Die Beklagten zu 1., zu 3. und zu 4. haben die Berufung nach auf Antrag vom 21. Februar 2005 verfügter entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist am 29. März 2005, der Beklagte zu 2. hat nach auf Antrag vom 22. Februar 2005 verfügter entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist die Berufung am 27. März 2005 jeweils unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die in § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB für die Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters festgelegte Ausschlussfrist von fünf Jahren sei verstrichen, denn die Beklagten seien seit dem 21. Mai 1997 nicht mehr Gesellschafter der Schuldnerin gewesen, gegen die sich die fraglichen Mietzinsansprüche des Nebenintervenienten gerichtet hätten. Der Ablauf dieser Frist am 21. Mai 2002 sei nicht infolge der vom Kläger am 17. Mai 2002 bei dem Amtsgericht in Berlin-Wedding eingereichten Anträge, jeweils einen Mahnbescheid gegen die Beklagten zu 1. bis 4. zu erlassen, unterbrochen oder gehemmt worden. Zum einen werde bestritten, dass der Kläger den Rechtsanwalt Dr. R wirksam bevollmächtigt habe, derartige Anträge in seinem Namen zu stellen, zum anderen seien die in den Mahnbescheidsanträgen jeweils gleichlautend enthaltenen Angaben zur "Bezeichnung des Anspruchs", wie dies im Antragsformular ausdrücklich vorgesehen sei und verlangt werde, nicht geeignet, den jeweils geltend gemachten Anspruch hinreichend zu umschreiben, denn es sei im Formular lediglich auf eine Rechnung vom 9. Mai 1998 sowie auf Zeiträume vom 1. August 1999 bis zum 1. November 2001 sowie vom 1. Januar 1997 bis zum 28. Februar 2001 hingewiesen. Auch mit Hilfe der näheren Erläuterungen, die die jeweilige Anlage zum Mahnbescheidsantrag enthalten habe, sei eine hinreichende Individualisierung der geltend gemachten Ansprüche nicht möglich. Die Geltendmachung der Ansprüche gegenüber den Beklagten widerspreche im Übrigen der Beschlussfassung der Gläubiger, die der Kläger zu befolgen gehabt habe. Ferner habe der für den Kläger in der Verhandlung über den noch vor dem Landgericht Berlin schwebenden Restteil des Rechtsstreits tätige Prozessbevollmächtigte ausdrücklich eingeräumt, ihm seien die gesamte Insolvenzakte und/oder der gesamte Insolvenzantrag unbekannt. Dies belege, dass der Kläger "ins Blaue hinein" vorgetragen habe und nach wie vor vortrage.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bremen vom 23. Dezember 2004 die Klage abzuweisen.

Der Kläger und der Nebenintervenient beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das landgerichtliche Urteil, das sie für zutreffend halten, und machen dazu im Wesentlichen Folgendes geltend:

Es könne keine Rede davon sein, dass in dem bei dem Landgericht Berlin anhängigen Teil des Rechtsstreits "ins Blaue hinein" vorgetragen worden sei. Die Erklärung des Prozessbevollmächtigten des Klägers sei, wenn sie denn wirklich so, wie von dem Beklagten zu 2. dargestellt, abgegeben worden sein sollte, dahin zu verstehen, dass lediglich gemeint gewesen sei, dass der im Rechtsstreit auftretende Bevollmächtigte nicht über eine eigene Kenntnis des gesamten Insolvenzverfahrens nach Inhalt und Umfang verfüge; dies sei auch nicht erforderlich. Sofern eine (schriftliche) Bevollmächtigung des Rechtsanwalts Dr. R vor Beginn des Mahnverfahrens gefehlt haben sollte, was nach wie vor bestritten werde, sei sie mit rückwirkender Kraft im Verfahren vor dem Landgericht Bremen nachgeholt worden. Eine im Außenverhältnis wirksame Bindung des Insolvenzverwalters an einen Beschluss der Gläubigerversammlung oder des Gläubigerausschusses, bestimmte Forderungen aus dem Bereich des seiner Verwaltung unterliegenden Vermögens gegenüber Dritten nicht gerichtlich geltend zu machen, bestehe nicht. Die den Ausgang dieses Verfahrens bildenden Anträge auf Erlass von Mahnbescheiden seien entgegen der Ansicht der Beklagten geeignet gewesen, den Ablauf der Fünfjahresfrist des § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB zu hindern, denn sie seien rechtzeitig und in der gebotenen Form, also insbesondere auch in einer die geltend gemachten Ansprüche sachgerecht umschreibenden Weise, angebracht worden, denn schließlich hätten díe Beklagten ohne Schwierigkeiten erkennen können und auch erkannt, dass es sich um Ansprüche handele, die der Kläger im Zusammenhang mit seiner Rechtsstellung als Insolvenzverwalter über das Vermögen derjenigen Gesellschaft verfolge, deren Gesellschafter sie, die Beklagten, bis zum Ablauf des 21. Mai 1997 gewesen seien. Diese den Ablauf der genannten Frist hemmende Handlung habe auch nachträglich nicht ihre Bedeutung verloren, weil er, der Kläger, das Vefahren nicht ordnungsgemäß und zeitnah weiter betrieben habe. Diese Rechtsauffassung erläutern Kläger und Nebenintervenient des Näheren.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Berufungsbegründung der Beklagten zu 1., zu 3. und zu 4. (Bl. 379 - 390 d.A.), ihre weiteren Scvhritsätze vom 19. August 2005 (Bl. 482 - 499) und vom 11. Oktober 2005 (Bl. 524 - 530 = 531 - 537 d.A.) nebst Anlagen (Bl. 538 - 572 d.A.) sowie die Berufungsbegründung des Beklagten zu 2. (Bl. 368 - 377 d.A.) und die Berufungserwiderung des Klägers (Bl. 437 - 446 d.A.) nebst Anlagen (Bl. 447 - 477 d.A.) sowie seinen weiteren Schriftsatz vom 26. August 2005 (Bl. 501 - 503 d.A.) nebst Anlagen (Bl. 504 - 511 d.A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§ 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ZPO), form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 520 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 3, Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO) und somit zulässig. Sie ist aber nicht begründet, denn das Landgericht hat die Beklagten mit Recht zur Zahlung des ausgeurteilten Betrages an den Kläger verurteilt, weil sie als ehemalige Gesellschafter der Gebr. Wichmann KG die in § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB festgelegte gesetzliche Nachhaftung trifft. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor (2) und der Kläger ist auch befugt, den sich aus dieser gesetzlichen Regelung ergebenden Anspruch gerichtlich geltend zu machen (1).

1.

Der Kläger ist unstreitig vom Amtsgericht Charlottenburg durch Beschluss vom 5. Dezember 2001 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gebr. GmbH & Co. KG, der Rechtsnachfolgerin der Gebr. KG, bestellt worden und als solcher befugt, die den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildenden Ansprüche gerichtlich geltend zu machen (vgl. Ott im Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2001, § 80 Rand-Nrn. 74 und 75). Der von den Beklagten erhobene Einwand, die Gläubigerversammlung habe dem Kläger ausdrücklich untersagt, Nachhaftungsansprüche gegen die Beklagten gerichtlich geltend zu machen, greift angesichts der in § 164 InsO getroffenen gesetzlichen Regelung nicht durch, denn dort ist bestimmt, dass durch einen Verstoß gegen die §§ 160 bis 163 - diese Vorschriften enthalten Zustimmungsvorbehalte zu Gunsten von Gläubigerversammlung und/oder Gläubigerausschuss - die Wirksamkeit der Handlung des Insolvenzverwalters nicht berührt wird. Deshalb entspricht es allgemeiner Meinung, dass dann, wenn der Insolvenzverwalter Klage erhoben hat, seine Prozesslegitimätion nicht wegen fehlender Zustimmung der Gläubiger in Zweifel gezogen werden kann (Görg, aaO, 2002, § 164 Rand-Nr. 4 mit Nachweisen in Fußnote 9). Dieser Ansicht folgt der Senat. Dafür spricht auch der von den Beklagten zu 1., zu 3. und zu 4. in ihrer Berufungsbegründung (dort S. 9 = Bl. 387 d.A.) auszugsweise wiedergegebene Bericht des Klägers vom 23. September 2002 an die Gläubigerversammlung, in dem es heißt: "Sofern es also nicht auf der Grundlage dieser Mahnbescheide zum Ausgleich der Nachhaftungsansprüche gegen die Gesellschafter kommt, werde ich - entsprechend dem Beschluss der Gläubigerversammlung - von einem Übergang in das streitige Verfahren bis auf weiteres absehen." Damit ist nach dem eigenen Vorbringen dieser Beklagten deutlich, dass der Kläger sich keineswegs dauerhaft gehindert sah, im Wege der Klage Nachhaftungsansprüche gegenüber den Beklagten geltend zu machen, denn er wollte nach dem eindeutigen Wortlaut der Erklärung davon nur "bis auf weiteres" absehen. Es blieb damit der Ausübung seines an keine Vorgabe gebundenen Ermessens vorbehalten zu entscheiden, ob nicht doch - wie geschehen - anders zu verfahren sei.

2.

Die Klage ist auch nicht in Ermangelung der für die Einreichung der Anträge auf Erlass der Mahnbescheide erforderlichen Prozessvollmacht, die zu allen den Prozess betreffenden Prozesshandlungen ermächtigt, unzulässig. Zwar ist ein von einem Vertreter ohne Vollmacht eingelegtes Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen, ebenso wie eine ohne Vollmacht eingereichte Klage als unzulässig abzuweisen ist. Dies gilt unabhängig davon, ob der Mangel der Vollmacht von Amts wegen oder nur auf Rüge des Gegners hin (§ 88 Abs. 1 ZPO) zu berücksichtigen ist, so dass jede ohne die notwendige Vollmacht vorgenommene Prozesshandlung unzulässig ist (Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 17. April 1984 - Gms OGB 2/83 - BGHZ 91, 111, 114/115 = BVerwGE 69, 380). Allerdings kann der Mangel der Vollmacht durch die Genehmigung des Vertretenen, die auch in der Erteilung einer Prozessvollmacht liegen kann, mit rückwirkender Kraft geheilt werden (GmS, aaO). Hier hat der Kläger mit Schriftsatz vom 8. November 2004, bei Gericht eingegangen am 10. November 2004 und damit vor Verkündung des landgerichtlichen Urteils eine von ihm unterzeichnete, auf die Sozietät K GbR ausgestellte Vollmachtsurkunde zur Akte gereicht, die sich u.a. auch auf Herrn Rechtsanwalt Dr. Werner R (Büro Dresden) bezieht (Bl. 316/317 d.A.). Gleichzeitig hat er schriftsätzlich darauf hingewiesen, er genehmige alle bisher (vom Unterzeichner [d.h. Rechtsanwalt Dr. R ]) vorgenommenen Handlungen. Damit hat der Kläger hinreichend deutlich gemacht, dass er u.a. auch die auf Erlass von Mahnbescheiden gegen die Beklagten gerichteten Anträge in seinen Willen aufgenommen hat.

Dieser Auffassung des Senats stehen die vom Beklagten zu 2. in seiner Berufungsbegründung (dort S. 5 = Bl. 372 d.A.) wiedergegebenen Fundstellen nicht entgegen. Soweit dort auf die Meinung von Palm bei Erman, 11. Aufl. 2004, § 184 Rand-Nr. 8 Bezug genommen wird, bezieht sich diese zwar darauf, dass die Rückwirkung einer Genehmigung im Falle des Verstreichens einer Ausschlussfrist ausgeschlossen sein soll, die zum Beleg für die an dieser Stelle vertretene Rechtsauffassung genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. Juli 1973 - V ZR 16/73 - NJW 1973, 1789 betrifft aber keinen dem vorliegenden vergleichbaren Fall. Es handelte sich nämlich um die Genehmigung einer rechtsgeschäftlich vereinbarten Ausschlussfrist und die Entscheidung des Bundesgerichtshofs enthält Ausführungen über die Möglichkeit und die Notwendigkeit, eine solche von einer kraft Gesetzes vorgesehenen Ausschlussfrist zu unterscheiden. Derselbe Mangel haftet auch dem Hinweis des Beklagten zu 2. auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. Juni 1989 - VII ZR 211/88 - BGHZ 108, 172, 177/178 - an, denn auch dort ging es um die Frage der Auswirkung einer Genehmigung auf eine rechtsgeschäftlich vereinbarte Ausschlussfrist.

Einen durchgreifenden Mangel an der Befugnis zur Prozessführung durch den Kläger stellt auch nicht der Umstand dar, dass der in dem noch bei dem Landgericht Berlin anhängigen Teil des Rechtssstreits beschäftigte Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt haben soll, er verfüge über keine hinreichende Kenntnis in Bezug auf den Umfang und den Stand des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gebr. GmbH & Co. KG (Berufungsbegründung der Beklagte zu 1., zu 3. und zu 4. S. 10/11 = Bl. 388/389 d.A.).

Zu dieser Behauptung hat sich der Kläger dahin geäußert, dass der insoweit tätig gewordene Rechtsanwalt Dr. R keineswegs zugegeben habe, ihm oder dem Kläger sei der "Insolvenzvorgang" nicht bekannt. Richtig sei nur, dass der Kläger zu den hier den Streitgegenstand bildenden Vorgängen aus eigenem Wissen nichts sagen könne, da sie sich vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit zeitlich vor seiner Wahrnehmungsmöglichkeit abgespielt hätten. Dies hindere ihn jedoch nicht daran, die aus diesem Zeitraum stammenden Ansprüche anhand der vorliegenden Unterlagen zu rekonstruieren und sie gerichtlich geltend zu machen. Der Aufklärung, ob die von den Beklagten aufgestellte Behauptung sachlich zutrifft oder nicht, bedarf es zum einen deshalb nicht, weil die insoweit die Darlegungs- und Beweislast tragenden Beklagten keinen Beweis für die Richtigkeit der Behauptung angetreten haben, zum anderen auch deshalb nicht, weil sich das Landgericht Berlin nicht gehindert gesehen hat, mit am 4. März 2005 verkündetem Urteil 8 O 513/03 die Beklagten zur Zahlung von € 632.024,11 zuzüglich Zinsen zu verurteilen und eine Kostenentscheidung getroffen hat, die zu 4/5 zu Lasten der Beklagten ausgegangen ist. Damit ist deutlich, dass auch das Landgericht Berlin keine durchgreifenden Zweifel an der Befugnis des für den Kläger auftretenden Bevollmächtigten gehabt, diesen wirksam zu vertreten und den von ihm unterbreiteten Tatsachenvortrag seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

3.

In der Sache selbst sind die Voraussetzungen des § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB im Verhältnis zu den vier Beklagten gegeben. Diese Vorschrift lautet: Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so haftet er für ihre bis dahin begründeten Verbindlichkeiten, wenn sie vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden fällig und daraus Ansprüche gegen ihn in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art festgestellt sind oder eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird; bei öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeiten genügt der Erlass eines Verwaltungsakts. Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie der Beklagte zu 2. in seiner Berufungsbegründung (dort S. 6/7 = Bl. 373/374 d.A.) meint - diese Bestimmung keine eigenständige Anspruchsgrundlage darstellt, sondern eine solche in den §§ 128, 171 und 176 HGB zu finden ist und § 160 nur eine rechtsvernichtende Einwendung des in Anspruch genommenen Gesellschafters darstellt. Entscheidend ist, dass die Voraussetzungen des § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB hier gegeben sind. Zwar liegt keine Feststellung der in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs umschriebenen Art vor und es ist auch keine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt worden. Nach § 160 Abs. 1 Satz 2 HGB beginnt die Frist mit dem Ende des Tages, an dem das Ausscheiden (des Gesellschafters) in das Handelsregister des für den Sitz der Gesellschaft zuständigen Gerichts eingetragen wird. Das war hier unstreitig der 21. Mai 1997. Da nach § 160 Abs. 1 Satz 3 HGB die für die Verjährung geltenden §§ 204, 206, 210, 211 und § 212 Abs. 2 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden sind, ist für die Antwort auf die Frage, ob die Beklagten der Nachhaftung unterworfen sind oder nicht, ausschlaggebend, ob ein Unterbrechungs- oder ein Hemmungstatbestand eingetreten ist (b) und ob ein solcher, ist er denn eingetreten, fortgewirkt hat (c) mit der Folge, dass den Beklagten das Recht zur Erhebung der Einrede der Verjährung nicht zusteht, wobei zuvörderst festzustellen ist, in welcher der denkbaren Fassungen die in Bezug genommenen Vorschriften über die Verjährung anzuwenden sind (a).

a)

In der Übergangsbestimmung des Art. 229 §§ 6 Abs. 6 EGBGB ist vorgesehen, dass die Übergangsvorschriften der Absätze 1 bis 5 auch für Fristen nach dem Handelsgesetzbuch gelten. Nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung auf die an diesem Tag bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung. Wird die für den Zeitraum der Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters vom Gesetz festgelegte Ausschlussfrist in Bezug auf ihren Ablauf und etwaige Hemmungsmöglichkeiten der Verjährung gleichgeachtet, so ist die Voraussetzung der zuletzt wiedergegebenen Vorschrift erfüllt: Die Nachhaftungsfrist von fünf Jahren endete hier mit Ablauf des 21. Mai 2002 und war somit am 1. Januar 2002 noch nicht erfüllt.

b)

Da die weiteren in Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie in Abs. 2 EGBGB enthaltenen Vorschriften hier nicht einschlägig sind, ist also § 204 BGB in der seit dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung anzuwenden. Er sieht in Absatz 1 Nr. 3 vor, dass die Verjährung durch die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren gehemmt wird. Sämtliche ergangenen Mahnbescheide sind den Beklagten am 14. August 2002, also nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB zugestellt worden. Dieses Verstreichen der Ausschlussfrist wirkt sich aber im vorliegenden Fall deshalb nicht zu Lasten des Klägers aus, weil die Voraussetzungen des § 167 ZPO gegeben sind. Die Vorschrift bestimmt nämlich: Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt. Hier sind alle die Beklagten beteffenden Anträge auf Erlass eines Mahnbescheides bei dem zuständigen Zentralen Mahngericht Berlin-Wedding am 17. Mai 2002, also vor Vollendung der Ausschlussfrist, eingegangen (Bl. 5, 7, 8). Sie sind auch "demnächst" im Sinne der genannten Vorschrift zugestellt worden. Dem steht nicht entgegen, dass die Zustellung erst am 14. August 2002, also fast nach drei Monaten, geschah. Es ist nämlich anerkannt, dass es für die Beantwortung der Frage, ob eine Zustellung noch als demnächst bewirkt anzusehen ist oder nicht, nicht ausschlaggebend auf die Länge des Zeitraums ankommt, der zwischen dem Eingang des Antrags und dem Termin der Zustellung liegt, sondern darauf, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Antragsteller die zeitliche Verzögerung zu vertreten hat (Zöller/Greger, Zivilprozessordnung, 25. Auflage 2005, § 167 Rand-Nr. 11). Ein derartiges, dem Antragsteller anzulastendes Verschulden liegt u.a. dann vor, wenn er den erforderlichen Kostenvorschuss nicht oder nicht rechtzeitig einzahlt. Zwar bestimmte die Nummer 1100 der Anlage 1 (zu § 11 Abs. 1 GKG) in der bis zum Ablauf des 30. Juni 2004 geltenden Fassung, dass für das Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids eine halbe Gebühr (0,5) zu entrichten war, doch schrieb § 65 Abs. 1 Satz 1 GKG lediglich vor, dass in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die Klage erst nach Zustellung der erforderten Gebühr für das Verfahren im allgemeinen zugestellt werden sollte. Dementsprechend wurde es auch für zulässig angesehen, die Kosten erst nach dem Erlass des Vollstreckungsbescheides einzuziehen (Hartmann, Kostengesetze, 32. Auflage 2003, GKG Anhang KV Nr. 1100 Rand-Nr. 4 a.E.). Es kann daher hier nicht festgestellt werden, dass die Verzögerung in der Zustellung der Mahnbescheide an die Beklagten ihre Ursache in einem vom Kläger zu vertretenden Fehlverhalten gehabt hat. Zwar wird im Schrifttum die Ansicht vertreten, der Antragsteller brauche auch im Mahnverfahren nicht zugleich mit der Einreichung des Antrags den Gerichtskostenvorschuss einzuzahlen und könne grundsätzlich die Anforderung durch das Gericht abwarten, er dürfe jedoch, bleibe eine solche aus, nicht länger als angemessen "(ca. 3 Wochen)" untätig bleiben, sondern müsse nachfragen, einzahlen oder einen Antrag nach § 65 Abs. 7 GKG (a.F.) stellen (Zöller/Greger, aaO, Rand-Nr. 15 [unter e) aa)]; Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 64. Aufl. 2005, § 204 Rand-Nr. 7 unter Hinweis auf BGHZ 69, 364). Der Senat vermag sich dieser Auffassung indessen nicht anzuschließen, denn gerade angesichts des Umstandes, dass die Durchführung des Mahnverfahrens, sei es in maschineller Form der Bearbeitung (§ 689 Abs. 1 Satz 2 ZPO) oder noch im herkömmlichen Betrieb, ein "Massengeschäft" darstellt, erscheint es unangebracht, dem Antragsteller die Obliegenheit zu übertragen, mit Anfragen, zusätzlichen Anträgen oder gar Beschwerden auf die gerichtlichen Abläufe einzuwirken. Es ist nämlich nicht zu übersehen, dass die oben genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Aktenzeichen IV ZR 149/76 vom 19. Oktober 1977 stammt und damit zu § 270 Abs. 3 in der Fassung des Gesetzes vom 3. Dezember 1976, der sog. "Vereinfachungsnovelle", ergangen ist, der das Verfahren einer maschinellen Bearbeitung von Anträgen auf Erlass von Mahnbescheiden nicht bekannt war.

c)

Zu beachten ist jedoch, dass § 204 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB die Dauer der Hemmung zeitlich begrenzt. Nach Satz 1 endet die Hemmung sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Verfahrens. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle (Satz 2). Hier sind als (zunächst) letzte Verfahrenshandlungen die von den Beklagten erhobenen Widersprüche anzusehen, die mit ihrem Eingang beim Gericht wirksam geworden sind, also hinsichtlich des Beklagten zu 1. am 22. August 2002 (Bl. 32), hinsichtlich der Beklagten zu 2. (Bl. 27 d.A.) und zu 3. (Bl. 28 d.A.) am 20. August 2002 sowie hinsichtlich des Beklagten zu 4. am 25. August 2002 (Bl. 34). Mit diesen Terminen begann, je Beklagten besonders, die Sechsmonatsfrist des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB zu laufen (Mansel/Budzikiewicz im Anwaltkommentar, § 204 Rand-Nr. 126). Diese endete am 22., 20. und 25. Februar 2003. Am 22. August 2002 erging eine Verfügung des Mahngerichts, nach der ein vom Antragsteller noch geschuldeter Restbetrag von € 16.390,-- diesem in Rechnung zu stellen war (Bl. 1 d.A.). Wird auf diese Verfahrenshandlung abgestellt, so wurde damit (ebenfalls) die Sechsmonatsfrist in Lauf gesetzt, die deshalb am 22. Februar 2003 endete. Da nur der Zeitraum der Hemmung in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet wird (§ 209 BGB), begann die Frist des § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB am 22., 20. und 25. Februar 2003 mit jeweils noch vier Tagen (17. bis 21. Mai 2002) wieder zu laufen, endete daher mit dem Ablauf des 26. und 24. Februar 2003 sowie des 1. März 2003 und war mithin verstrichen, als der Kläger am 27. März 2003 (Bl. 36/37) nach Einzahlung der weiteren Kosten die Abgabe in das streitige Verfahren gegenüber dem Mahngericht beantragte.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass nach der von den Beklagten nicht angegriffenen Feststellung des Landgerichts (S. 9 des Urteils = Bl. 330 d.A. [dort unter (4)]) der Kläger am 24. Februar 2003 einen Kostenvorschuss von € 16.390,-- eingezahlt hat (vgl. auch Anlage K 4 = Bl. 447 d.A.). Der Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts steht nicht entgegen, dass sich der genannte Hinweis nicht im Tatbestand, sondern in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils befindet (Zöller/Vollkommer, aaO, § 313 Rand-Nrn. 11 und 19). Da das Gesetz in § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB zudem auf die "letzte Verfahrenshandlung der Parteien" abstellt, ist der Zeitpunkt der Einzahlung, nicht derjenige des Zahlungseinganges - hier erst der 6. März 2003 - maßgeblich. Infolge dieser Einzahlung am 24. Februar 2003 wurde die Sechsmonatsfrist des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB wiederum in Lauf gesetzt und dauerte somit bis zum Ablauf des 24. August 2003. Innerhalb dieser Frist, nämlich mit Verfügung vom 1. April 2003 (Bl. 38 d.A.) gab das Amtsgericht Wedding als zentrales Mahngericht die Streitsache an das Landgericht Berlin ab. Am 22. April 2003 (Anlage K 5 = Bl. 448 d.A.), also ebenfalls innerhalb der zunächst bis zum 24. August 2003 laufenden Sechsmonatsfrist, ging dem Kläger die Aufforderung des Streitgerichts zur Begründung des mit der Klage geltend zu machenden Anspruchs zu (S. 9 des Urteils = Bl. 330 d.A. [dort unter (8)]). Damit verschob sich das Ende der Frist aus § 206 Abs. 2 Satz 1 BGB auf den 23. Oktober 2003, so dass die mittels Faxschreibens vorab am 16. Oktober 2003 vom Kläger eingereichte Klagebegründung rechtzeitig und geeignet war, die Fünfjahresfrist des § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB zu wahren.

Der von dem Beklagten zu 2. in seiner Berufungsbegründung (dort S. 8/9 = Bl. 375/376 d.A.) vertretenen Rechtsansicht, wonach der Kläger seine Untätigkeit in diesem Rechtsstreit mit seinem Schriftsatz vom 31. Oktober 2002 gleichsam "bestätigt" habe, indem er gegenüber dem Mahngericht um Erstattung der ursprünglich überzahlten ersten Gerichtskostenhälfte nachgesucht habe, vermag der Senat nicht zu teilen. Wie sich dem Inhalt des oben in dem maßgeblichen Teil wörtlich wiedergegebenen Schreibens entnehmen lässt, ging es dem Kläger mit diesem Schreiben lediglich darum, eine nach seiner Meinung versehentlich geleistete Überzahlung rückgängig zu machen. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, er habe das Verfahren nicht weiter betreiben wollen. Im Gegenteil: Der Umstand, dass er nur einen Teil der entrichteten Gebühr zurückerbat, spricht dafür, dass er mit dem "Stehenlassen" des Restes den Fortgang des Verfahrens sicherstellen wollte.

d)

Die mit der Klage geltend gemachte Forderung des Klägers entsprach auch den Anforderungen, die an die hinreichende Kennzeichnung eines Anspruchs zu stellen sind, wenn dieser im Wege eines Mahnbescheids zur Hemmung der Verjährung oder - wie hier - zur Wahrung einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist gerichtlich geltend gemacht wird. Der Bundesgerichtshof hat dazu die Ansicht vertreten, der geltend gemachte Anspruch müsse in der Weise gekennzeichnet sein, dass er Grundlage eines Vollstreckungstitels sein und dass der Schuldner erkennen könne, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werde. Der Bundesgerichtshof hat indessen diese Erfordernisse durch den Hinweis ergänzt, dass die Frage, welche Angaben im Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids für eine hinreichende Bezeichnung des Anspruchs erforderlich seien, eine solche des Einzelfalls seien (BGH, Urteil vom 5. Dezember 1991 - VII ZR 106/91 - NJW 1992, 1111). Zwar ist diese Entscheidung zur Frage der Unterbrechung der Verjährung ergangen, sie kann jedoch wegen der Vergleichbarkeit der Sach - und Interessen-lage auch nach dem Wegfall der Unterbrechungsmöglichkeit und deren Überführung in die Hemmung durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) nach wie vor herangezogen werden. Hier bereitet die Frage, ob die im Mahnbescheidsantrag bezeichnete Forderung des Klägers zur Grundlage eines Vollstreckungstitels gemacht werden könnte, keine Schwierigkeiten, denn dort ist der - soweit im hiesigen Rechtssstreit noch zur Entscheidung anstehende - zahlenmäßig bestimmte Anspruch mit dem Hinweis auf Mietzinsen begründet worden, die angeblich - u.a. - für den Zeitraum zwischen dem 1. August 1999 und dem 1. November 2001 geschuldet seien. Aber auch das Erfordernis, der mit dem Mahnbescheid überzogene Schuldner müsse erkennen können, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werde, ist gewahrt. Zwar ließ der Mahnbescheid nicht ausdrücklich erkennen, dass der Kläger einen Nachhaftungsanspruch gegen die Beklagten aus ihrer bis zum Ablauf des 21. Mai 1997 bestehenden Mitgliedschaft in der Firma Gebr. KG als deren Gesellschafter geltend machte, doch konnten die Beklagten aus dem Gesamtzusammenhang ohne weiteres erschließen, um welcher Art Anspruch es sich handeln musste: Der Mahnbscheid enthielt zum einen die Angabe, dass als Antragsteller der Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter (über das Vermögen der Gebrüder GmbH & Co. KG) auftrat, zum anderen wies er auch für jeden der Beklagten erkennbar aus, dass und welche anderen Personen als weitere Antragsgegner in Form einer Gesamtschuldnergemeinschaft in Anspruch genommen wurden. Damit war für jeden der Beklagten ohne Schwierigkeiten die Schlussfolgerung möglich, es handele sich um Forderungen aus der Zeit ihrer Tätigkeit als Gesellschafter der Gebr. KG. Zu diesem Ergebnis passten auch der Ursprung und die Art der mit dem Mahnbescheid erhobenen Forderung, denn die Beklagten konnten ohne weiteres zuordnen, dass es sich um mietvertragliche Verbindlichkeiten handeln musste, die von der früheren Gebr. KG begründet worden und für einen Zeitraum aufgelaufen waren, für den nunmehr die in Insolvenz gefallene Schuldnerin in erster Linie zu haften hatte. Im Übrigen war bereits am 11. Januar 2001, also über ein Jahr zuvor, das das Versäumnisurteil vom 5. Oktober 2000 bestätigende Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bremen ergangen, mit dem der Nebenintervenient eine ihm günstige Entscheidung zu den ihm zustehenden Mietansprüchen erstritten hatte. In diesem Verfahren war die seinerzeitige Beklagte durch die Beklagten dieses Rechtsstreits vertreten worden.

4.

Der vom Landgericht ausgeurteilte Betrag ist von den Beklagten nach Grund und Höhe nicht angegriffen worden, so dass sich weitere Ausführungen insoweit erübrigen. Der Zinsanspruch ergibt sich für den vom Landgericht festgesetzten Zeitraum aus § 291 Satz 1 BGB, § 696 Abs. 3 ZPO oder - für den Fall, dass eine "alsbaldige" Abgabe der Mahnsache an das Streitgericht nicht anzunehmen sein sollte - aus § 286 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB, hinsichtlich des vom Landgericht nicht festgelegten Umfangs aus § 291 Satz 2, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 4 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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