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Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Beschluss verkündet am 07.06.2001
Aktenzeichen: 2 W 54/2001
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 2 S. 2
ZPO § 91 Abs. 2 S. 1
ZPO § 91 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Hanseatisches 0berlandesgericht in Bremen

Beschluss

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2. wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Bremen vom 8. März 2001 abgeändert. Die von den Klägerin an den Beklagten zu 2. nach dem vor dem Landgericht Bremen abgeschlossenen Vergleich vom 13. November 2000 zu erstattenden Kosten werden festgesetzt auf

DM 3.380,24

Diese Kosten sind mit 4 % zu verzinsen ab dem 17. November 2000.

Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt DM 207,64.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.

Der Beklagte hat grundsätzlich Anspruch auf Erstattung der Terminsreisekosten, die ihm durch die Beauftragung eines beim Prozessgericht nicht zugelassenen aber postulationsfähigen Rechtsanwalts entstanden sind, soweit dieser in der Nähe der auswärtigen Partei ansässig ist. Etwas anderes kann sich allenfalls ergeben, wenn es sich aus der Sicht der Partei um einen einfach gelagerten Fall handelt, ferner wenn die Partei über eine eigene Rechtsabteilung verfügt, die in der Lage ist, den Fall vorab zu überprüfen und dann einen beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zu beauftragen (KG in JurBüro 01, 257 ff; OLG Frankfurt in JurBüro 00, 587 m. Anm. von Enders).

Die Erstattung der Reisekosten wird nicht durch § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO ausgeschlossen, da sich diese Vorschrift ihrem Wortlaut nach nur auf den am Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt bezieht und nicht auf den am Prozessgericht nicht zugelassenen aber postulationsfähigen (so auch OLG Frankfurt a. a. O.).

Grundsätzlich ist die Erstattung von Reisekosten des nicht am Prozessgericht zugelassenen aber postulationsfähigen Rechtsanwalts auch nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO zulässig. Nach dieser Bestimmung kommt es ausschließlich darauf an, ob die Zuziehung des Anwalts aus der Sich einer vernünftigen und kostenorientierten Partei zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war (OLG Frankfurt a. a. O.). Das wird in der Regel der Fall sein, wenn es eine vorprozessuale Korrespondenz gegeben hat, die aus der Sicht der Partei anwaltliche Beratung erforderlich machte. In einem derartigen Fall kann der Partei nicht zugemutet werden, in ihre Überlegungen bereits einen künftigen Prozess einzubeziehen und ggf. das örtliche zuständige Prozessgericht zu ermitteln, zumal dieses Gericht - beispielsweise bei Wettbewerbsprozessen oder Markenrechtsverletzungen - überhaupt nicht sicher zu ermitteln ist. Folglich muss es in einem derartigen Fall auch einer kostenbewußten Partei gestattet werden, zunächst einmal einen in ihrer Nähe befindlichen Rechtsanwalt um Rat zu fragen. Kommt es dann zum Prozess, ist es in aller Regel sinnvoll, dass der bereits in die Problematik eingearbeitete Rechtsanwalt die Sache weiterführt, zumal ex ante häufig nicht absehbar ist, ob diese Weiterführung des Mandats kostengünstiger oder -ungünstiger ist als der Wechsel zu einem beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt. Dafür ist es von Bedeutung, wie viele Gerichtstermine stattfinden werden, wie viele Informationsreisen der Partei zum beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt notwendig sind oder ob ggf. der Einschaltung eines Unterbevollmächtigten am Sitz des Prozessgerichts die vernünftigste und kostengünstigste Lösung ist. Wie Enders (JurBüro 00, 587 f) zu Recht hervorhebt, bedarf die Beantwortung der vorstehenden Fragen geradezu hellseherischer Fähigkeiten des von der Partei zunächst um Beratung gebetenen Rechtsanwalts, d. h. die Kostenprognose kann so gut wie nie erstellt werden.

Wenn somit auch die Reisekosten des in der Nähe der Partei ansässigen Rechtsanwalts grundsätzlich nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO erstattungsfähig sind, so gilt dieser Grundsatz nicht, wenn es sich auch aus der Sicht der Partei um einen rechtlich und sachlich einfach gelagerten Fall handelt und die Partei in der Lage ist, einen beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt schriftlich oder fernmündlich zu informieren, ferner dann nicht, wenn die Partei über eine Rechtsabteilung verfügt, die den Fall vorprüfen und dann einen beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt beauftragen kann.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung von § 91 Abs. 1 ZPO.



Ende der Entscheidung

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