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Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Beschluss verkündet am 01.02.2007
Aktenzeichen: 2 W 80/06
Rechtsgebiete: GKG
Vorschriften:
GKG § 62 Satz 1 |
2. Diese Ansicht steht nicht in Widerspruch zu der vom Senat im Beschluss vom 1. Juli 1992 - 2 W 26/92 - NJW-RR 1993, 191/192 - vertretenen Rechtsauffassung, wonach der Festsetzung des Gebührenstreitwerts eine Doppelfunktion zukomme, da mit ihr zugleich der Gebührenstreitwert bestimmt werde, denn seinerzeit war im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde gegen die landgerichtliche Festsetzung bereits eine vom Landgericht ausgesprochene, an das Amtsgericht gerichtete und dieses bindende Verweisungsentscheidung ergangen.
Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen BESCHLUSS
Geschäftsnummer: 2 W 80/06
in Sachen
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Bremen vom 9. Mai 2006 wird auf Kosten des Prozessbevollmächtigten als unstatthaft zurückgewiesen.
Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von ihm beabsichtigte sofortige Beschwerde gegen den oben genannten Beschluss des Landgerichts Bremen wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Bremen vom 9. Mai 2006, mit welchem das Landgericht für das Prozesskostenhilfeverfahren den Wert des Streitgegenstandes auf € 1.500,- festgesetzt hat, ist nicht statthaft.
Die mit der Beschwerde angegriffene Wertfestsetzung ist keine Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 1 oder Abs. 2 GKG, sondern betrifft den Zuständigkeitsstreitwert nach § 62 Satz 1 GKG. Dies ergibt sich zwanglos daraus, dass die Festsetzung auf den ausdrücklichen Antrag auf Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwertes erfolgte, für die Festsetzung eines Gebührenstreitwertes vor Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags keine Veranlassung bestand - die Klage war von der vorherigen Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig gemacht - und die Kammer mit der Streitwertfestsetzung die Anfrage verband, ob mit Rücksicht auf diese Festsetzung eine Verweisung des Rechtsstreits an das sachlich zuständige Amtsgericht Bremen beantragt werde. Für eine endgültige Festsetzung des Gebührenstreitwertes nach § 63 Abs. 2 GKG gab es von vornherein keine Veranlassung.
Soweit der Beschwerdeführer zur Begründung seiner Beschwerdebefugnis auf § 33 RVG Bezug nimmt, übersieht er, dass eine Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG nicht erfolgt ist. Der Beschwerdeführer hatte weder einen Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG gestellt noch hätte er ihn mangels Fälligkeit der Vergütung stellen können (§§ 8 Abs. 1, 33 Abs. 2 S. 1 RVG); zudem wären die Voraussetzungen für einen solchen Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG nicht gegeben. Seine Beschwerdebefugnis aus § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG scheitert aber an einer beschwerdefähigen gerichtlichen Festsetzung im Sinne des § 32 Abs. 1 RVG:
Der Senat schließt sich der herrschenden Meinung an, dass im Klagverfahren eine Beschwerde gegen die Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwertes nicht statthaft ist (siehe OLG Frankfurt, 3 W 72/05, BeckRS 2006 Nr. 13196; OLG Stuttgart, NJW-RR 2005, 942; OLG Koblenz, MDR 2004, 709; OLG Karlsruhe, MDR 2003, 1071 f; OLG Köln, NJW-RR 1998, 279; OLG München, MDR 1998, 1242 f; Zöller/Herget, 26. Aufl., § 3 ZPO, Rz. 7; Thomas/Putzo, 26. Aufl., § 2 ZPO, Rz. 8; Hartmann, KostG, 36. Aufl., Anh § 48 (Einf) GKG, Rz. 10; MünchKommZPO-Schwerdtfeger, 2. Aufl., § 2 ZPO, Rz. 18; Stein/Jonas/Roth, 22. Aufl., § 2 ZPO, Rz. 53; Wieczorek/Schütze/Gamp, 3. Aufl., § 2 ZPO, Rz. 30; Papst/Rössel, MDR 2004, 730 f; Lappe, NJW 2004, 489, 495). Das Gesetz sieht eine Beschwerde gegen die Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwertes nicht ausdrücklich vor (siehe § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die in § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG normierte Beschwerdebefugnis bezieht sich ausdrücklich - nur - auf die Festsetzung des Gebührenstreitwertes nach § 63 Abs. 2 GKG, die im vorliegenden Fall nicht erfolgt ist (s.o.).
Eine ergänzende Heranziehung der Beschwerdebefugnis aus § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG ist nicht geboten. Die Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwertes ist nur vorläufig und bindet das Gericht nicht. Die Parteien können also im laufenden Verfahren auf eine Abänderung der Festsetzung hinwirken. Sofern das Gericht mit der Festsetzung die Parteien auf seine sachliche Unzuständigkeit hinweisen will und auf die Einwände des Klägers an der Festsetzung festhält, steht es dem Kläger frei, durch einen (Hilfs-) Verweisungsantrag nach § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO eine Klagabweisung wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit zu vermeiden. Die Klagabweisung wäre mit der Berufung anzugreifen (siehe § 513 Abs. 2 ZPO). Lässt sich der Antragsteller auf die Anregung des Landgerichts, einen Verweisungsantrag nach § 281 Abs. 1 S. 1 ZPO zu stellen, ein und nimmt das Landgericht eine entsprechende Verweisung vor, erwächst dies in Bindungswirkung (§ 281 Abs. 2 S. 4 ZPO) und ist nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers für die Parteien nicht anfechtbar (§ 281 Abs. 2 S. 2 ZPO), sofern die Verweisung nicht auf objektiver Willkür beruht (siehe Fischer, MDR 2002, 1401 ff). Der Gesetzgeber mutet im Interesse einer zügigen Verfahrenserledigung den Parteien die Hinnahme einer unzutreffenden Verweisung zu und hat hinsichtlich der Frage der Zuständigkeit den Vorrang der Verfahrensbeschleunigung vor dem Prinzip des gesetzlichen Richters mit der Neuregelung des § 513 Abs. 2 ZPO bekräftigt. Diese gesetzgeberische Entscheidung ist zu respektieren und darf nicht über das Kostenrecht durch die Anfechtbarkeit der der Verweisung zugrunde liegenden Streitwertfestsetzung umgangen werden.
Für das Prozesskostenhilfeverfahren gilt nichts anderes. Lehnt das Landgericht unter Hinweis auf seine fehlende sachliche Zuständigkeit die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab, kann der Antragsteller hiergegen mit der Beschwerde vorgehen. Lässt sich der Antragsteller auf die Anregung des Landgerichts ein und stellt einen Verweisungsantrag nach § 281 Abs. 1 ZPO, ist eine entsprechende Verweisung allenfalls für das Prozesskostenhilfeverfahren bindend (siehe BGH, NJW-RR 2004, 1437). Im Hinblick auf diese beschränkte Bindungswirkung stünde es dem Antragsteller frei, beim Amtsgericht im Hauptsacheverfahren auf die fehlende sachliche Zuständigkeit hinzuweisen und über einen Verweisungsantrag zu der seinen Streitwertvorstellungen entsprechenden Zuständigkeit des Landgerichts oder - bei rügeloser Verhandlung des Gegners - jedenfalls zu einer seinen Vorstellungen entsprechenden Streitwertfestsetzung zu gelangen. Letzteres könnte auch der Prozessbevollmächtigte aus eigenem Recht beantragen (§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG).
Die Entscheidung des Senats vom 01.07.1992 (Az. 2 W 26/92 = NJW-RR 1993, 191 f) steht dieser Auffassung nicht entgegen, auch wenn man in der Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwertes durch Beschluss zugleich die Festsetzung des Gebührenstreitwertes sieht ("Doppelfunktion der Festsetzung", so der Senat in dem erwähnten Beschluss auf Seite 192). In dem betreffenden Rechtsstreit hatte das Landgericht auf Grund der angegriffenen Streitwertfestsetzung bereits bindend an das Amtsgericht verwiesen. Die Streitwertbeschwerde zielte daher nicht darauf ab, die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts zu erhalten. Vielmehr wurde im Gebühreninteresse des Rechtsanwalts eine Anhebung des (Gebühren) Streitwertes begehrt und zwar lediglich bis zur damaligen Zuständigkeitsgrenze des Amtsgerichts. Daher bestand nicht die Gefahr, bei der Entscheidung über die Kostenstreitwertbeschwerde der landgerichtlichen Entscheidung über die sachliche Zuständigkeit den Boden zu entziehen.
Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Antragsteller nunmehr die Hauptsache anhängig gemacht hat und in diesem Verfahren der auch für das Prozesskostenhilfeverfahren maßgebliche Gerichtskostenstreitwert (siehe RVG VV 3335 (1)) - anfechtbar - festgesetzt werden muss.
Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde scheidet aus, denn nach den §§ 68 Abs. 1 S. 4, 66 Abs. 3 S. 3 GKG findet eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht statt (siehe BGH, MDR 2004, 355 m.w.N. und OLG Frankfurt 4 W 72/05, BeckRS 2006, 13196).
II. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine gegen die Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwertes gerichtete Beschwerde wird zurückgewiesen. Da eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfeverfahren nicht in Betracht kommt (siehe BGH, NJW 2004, 2595 m.w.N.), scheidet auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens eingelegte Beschwerde aus (siehe OLG Karlsruhe, JB 1994, 606 m.w.N.; OLG Bremen, JB 1979, 447). Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht geboten (§ 574 Abs. 2 und Abs. 3 S. 1 ZPO).
III. Soweit der Beschwerdeführer meint, die Beschwerde sei jedenfalls als Anhörungsrüge gemäß § 321 a ZPO zu verstehen, steht dem bereits § 321 a Abs. 1 S. 2 ZPO entgegen, der die Anhörungsrüge nur gegenüber der Endentscheidung zulässt. Im Übrigen wäre über diese Rüge vom Landgericht zu entscheiden, das zudem in dem Nichtabhilfebeschluss eine derartige Entscheidung bereits getroffen hätte.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Kostenfreiheit für das Beschwerdeverfahren nach § 68 Abs. 3 Satz 1 GKG gilt nicht, wenn die Beschwerde bereits unstatthaft ist (siehe Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 68 GKG, Rn. 21; OLG Koblenz, NJW-RR 2000, 1239 und BGH, NJW 2003, 69 f zu § 5 Abs. 6 GKG a.F.).
Ende der Entscheidung
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