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Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Urteil verkündet am 25.02.2005
Aktenzeichen: 4 U 61/04
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 2325 Abs. 1 | |
BGB § 2325 Abs. 3 |
Entscheidung wurde am 30.04.2006 korrigiert: die Rechtsgebiete und Vorschriften wurden geändert und ein amtlicher Leitsatz wurde hinzugefügt. Die Metadaten wurden aus dem Volltext entfernt
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IN BREMEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 25.02.2005
in Sachen
hat der 4. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11.02.2005 durch die Richter Wever, Schumann und Schmedes
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Bremen - 6. Zivilkammer - vom 09.09.2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf Euro 9.546,71 festgesetzt.
Gründe:
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs.2, 313 a Abs.1 Satz 1 ZPO abgesehen.
I.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2329 BGB auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück in der A.straße in W. wegen eines Betrages in Höhe von Euro 9.546,71 nebst Zinsen nicht zu. Unabhängig von der Frage, in welchem Umfang in der Übertragung des genannten Grundstückes gegen Einräumung eines Altenteils (teilweise) eine Schenkung zu sehen ist, wäre eine solche Schenkung gemäß § 2325 Abs.3 BGB nicht zu berücksichtigen. Nach dieser Vorschrift bleibt eine Schenkung unberücksichtigt, wenn zur Zeit des Erbfalls zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen sind. Eine "Leistung" im Sinne des § 2325 Abs.3 BGB ist nicht schon dann zu bejahen, wenn der Schenker seine Eigentümerstellung aufgegeben hat, sondern erst, wenn er auch darauf verzichtet hat, das Grundstück im wesentlichen weiterhin zu nutzen. Ein solcher Verzicht liegt regelmäßig nicht vor, wenn sich der Erblasser uneingeschränkt den Nießbrauch an der Sache vorbehält, weil er in einem solchen Falle den Genuss des verschenkten Gegenstandes nicht tatsächlich entbehren muss (vgl. BGH NJW 1994, 1791; Palandt/Edenhofer, BGB, 63. Auflage, § 2325 Rn.22). Hat der Erblasser aber einen spürbaren Vermögensverlust erlitten und musste er daher die Folgen des durch die Eigentumsübertragung geschaffenen Zustandes selbst noch zehn Jahre tragen, beginnt mit der Eintragung des Beschenkten in das Grundbuch die Frist des § 2325 Abs.3 BGB zu laufen (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1997, 1114).
Nach diesen Grundsätzen war die zehnjährige Frist des § 2325 Abs.3 BGB zur Zeit des Erbfalls am 19.10.2001 verstrichen, nachdem die Eintragung des Beklagten ins Grundbuch nunmehr unstreitig am 16.11.1990 erfolgt war. Soweit der Kläger geltend macht, dass sich an den Nutzungsverhältnissen vor und nach der Eigentumsübertragung des Grundstückes faktisch nichts geändert habe, und daher die von dem Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung entwickelten Grundsätze auch für den vorliegenden Fall anzuwenden seien, übersieht der Kläger, dass sich die Eltern der Parteien von dem Beklagten nicht ein uneingeschränktes Nießbrauchsrecht an dem Grundstück einräumen ließen, sondern lediglich ein ausschließliches Wohnrecht an nur zwei Zimmern im Obergeschoss des Hauses sowie ein Mitbenutzungsrecht an weiteren Räumen des Erdgeschosses und an allen gemeinschaftlichen Einrichtungen des Hauses und des Grundstückes erhielten. Aus der maßgeblichen ex-ante-Betrachtung hatte sich die Rechtsstellung des Erblassers mit dem Vollzug der Schenkung des Grundstückes damit deutlich verschlechtert. Denn der Beklagte hatte vor der Grundstücksübertragung keinerlei eigene Besitz- bzw. Nutzungsrechte am Grundstück und am Haus. Vor der Übertragung des Grundstückes hätte der Erblasser daher den Beklagten und dessen Familie im Streitfalle von der Nutzung des Grundstückes und des Hauses ausschließen können. Dies war nach der Grundstücksübertragung nur noch möglich hinsichtlich der ihm vom Beklagten ausschließlich zur eigenen Nutzung überlassenen Zimmer im Obergeschoss. Der Beklagte hingegen erhielt durch die Eigentumsübertragung nicht nur an einem Zimmer im Obergeschoss und an dem Zimmer im Dachgeschoss das alleinige Nutzungsrecht, sondern auch hinsichtlich der weiteren Räume des Erdgeschosses und an allen gemeinschaftlichen Einrichtungen des Hauses und des Grundstückes ein Mitbenutzungsrecht, Nutzungsrechte also, die er zuvor nicht besaß, und die es zukünftig verhinderten, dass er von dem Erblasser von der Nutzung ausgeschlossen werden konnte. Angesichts dieses spürbaren Vermögensverlustes des Erblassers wird auch dem von § 2325 Abs.1 BGB verfolgten Zweck, zu verhindern, dass einerseits Pflichtteilsergänzungsansprüche eines missliebigen Angehörigen vereitelt werden und andererseits faktisch alles beim Alten belassen bleibt, ausreichend Rechnung getragen.
Für eine Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB bleibt kein Raum. Das Landgericht weist zu Recht darauf hin, dass die Erwartung des Klägers, das Haus seiner Eltern übernehmen zu können, rechtlich nicht geschützt war, so dass es auch nicht treuwidrig sein konnte, diese Erwartung nicht zu erfüllen. Dass dem Beklagten die Berufung auf den Ablauf der Zehnjahresfrist durch § 242 BGB verwehrt sein soll, kann der Senat nicht erkennen. Abgesehen von einem hier nicht vorliegenden krassen Ausnahmefall, in dem die §§ 138, 826 BGB eingreifen können, stellen die §§ 2325 ff. BGB den einzigen Schutz der nächsten Angehörigen hinsichtlich ihrer Pflichtteilsergänzungsansprüche dar (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB, 63. Auflage, § 2325 Rn.1). Ein Rückgriff auf die allgemeinen Grundsätze des § 242 BGB kommt daneben zumindest nicht im vorliegenden Fall in Betracht, zumal zum einen weder ausreichend vorgetragen noch ersichtlich ist, wodurch der Beklagte einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand gesetzt haben soll, den der Kläger in Anspruch genommen hat und zum anderen die Regelung des § 2325 BGB gerade dem Gedanken von Treu und Glauben Rechnung trägt.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr.10, 713 ZPO. Es besteht kein Anlass zur Zulassung der Revision. Die Voraussetzungen des § 543 Abs.2 ZPO liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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