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Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Beschluss verkündet am 24.01.2005
Aktenzeichen: 4 W 1/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 535
BGB § 547
BGB § 812 Abs. 1 Satz 2
Wird zum Zwecke des Ausbaus eines Dachgeschosses dem Grundstückseigentümer Geld zugewandt und bezieht der Zuwendende das ausgebaute Geschoss für die Dauer von fast einem Jahr, so muss er sich auf einen nach dem Auszug geltend gemachten Rückforderungsanspruch die ihm entstandenen Nutzungsvorteile anrechnen lassen.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IN BREMEN Beschluss

Az.: 4 W 01/05

Bremen, den 24.01.2005

In Sachen

hat der 4. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen durch Richter am Amtsgericht Schmedes als Einzelrichter beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Bremen - 6. Zivilkammer - vom 17. November 2004 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Antragstellerin begehrt von dem Antragsgegner die Rückzahlung von Euro 6.000,00.

Die Antragstellerin war mit der Tochter des Antragsgegners befreundet. Sie zog im Dezember 2001 in das Haus des Antragsgegners in der B. Straße in Bremerhaven ein und wohnte mit der Tochter des Antragsgegners im ersten Stock des Hauses. Im Januar 2002 zahlte sie an den Antragsgegner einen Betrag in Höhe von Euro 6.000,00. Mit diesem Betrag sollte der Antragsgegner das Dachgeschoss ausbauen und nach Fertigstellung der Antragstellerin zur Nutzung überlassen. Nach der Fertigstellung wohnte die Antragstellerin 10 Monate in der ausgebauten Dachgeschosswohnung und zahlte monatlich die anteilig auf die Dachgeschosswohnung anfallenden Betriebskosten an den Antragsgegner. Sie zog sodann aus Gründen, die zwischen den Parteien streitig sind, aus dem Haus des Antragsgegners aus. Die Antragstellerin verlangt mit der beabsichtigten Klage, für die sie Prozesskostenhilfe begehrt, von dem Antragsgegner die Rückzahlung von Euro 6.000,00.

Das Landgericht Bremen hat der Antragstellerin mit am 23.11.2004 zugestellten Beschluss vom 17.11.2004 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe verweigert. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Landgerichts Bremen vom 17.11.2004 Bezug genommen (vgl. Bl. 29 ff. d.A.). Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 23.12.2004 eingegangenen sofortigen Beschwerde vom 22.12.2004, der das Landgericht Bremen mit Beschluss vom 30.12.2004 nicht abgeholfen hat.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig (§§ 569, 127 Abs.2 ZPO), jedoch unbegründet.

Die beabsichtigte Klage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO), weil der geltend gemachte Anspruch der Antragstellerin der Höhe nach nicht substantiiert dargetan ist. Es kann dahinstehen, ob dem Rückforderungsanspruch der Antragstellerin ein stillschweigend geschlossener Mietvertrag oder ein stillschweigend geschlossener Leihvertrag zwischen den Parteien hinsichtlich des teilweise mit Mitteln der Antragstellerin ausgebauten Dachgeschosses vorliegt. Denn in dem einen wie in dem anderen Falle muss sich die Antragstellerin auf den geltend gemachten Rückforderungsbetrag den Vorteil anrechnen lassen, den sie durch die unstreitige zehnmonatige Nutzung des ausgebauten Dachgeschosses erlangt hat. Trotz Hinweises des Landgerichts hat die Antragstellerin diesen Vorteil nicht in ihrer Berechnung zur Schadenshöhe berücksichtigt.

Die zwischen den Parteien stillschweigend getroffene Vereinbarung hinsichtlich der Nutzung des ausgebauten Dachgeschosses könnte einen Mietvertrag zum Inhalt haben, wofür die unstreitige monatliche Zahlung der anteiligen Betriebskosten durch die Antragstellerin an den Antragsgegner spricht. Dass die Parteien die Höhe des monatlichen Entgelts offen gelassen haben, stünde der Vereinbarung einer Entgeltlichkeit nicht entgegen. Die Lücke wäre bei Annahme eines Rechtsbindungswillen hinsichtlich einer entgeltlichen Gebrauchsüberlassung gegebenenfalls durch eine ergänzende Vertragsauslegung oder über die analoge Anwendung der §§ 612 Abs.2, 632 Abs.2 BGB zu schließen; dies würde zum angemessenen oder ortsüblichen Mietzins führen (vgl. zum Vorstehenden BGH NZM 2003, 314, 315). Der Rückforderungsanspruch würde sich in diesem Fall gemäß § 547 BGB ergeben, wobei die Antragstellerin sich die ortsübliche Miete für den abgewohnten Zeitraum anrechnen lassen müsste. Diesen Vorteil hat die Antragstellerin bislang nicht dargetan, so dass ihre beabsichtigte Klage insgesamt unschlüssig ist. Selbst wenn die Antragstellerin den Anspruch der Höhe nach schlüssig darlegen würde, wäre für diesen Anspruch nicht das Landgericht Bremen, sondern das Amtsgericht Bremerhaven aufgrund der Regelungen des § 23 Ziffer 2 a GVG sachlich zuständig, unabhängig davon, dass die Schadenshöhe die Streitwertgrenze des § 23 Ziffer 1 GVG nicht erreichen dürfte.

Sollte der Abschluss eines Mietvertrages verneint werden, so läge dem Bewohnen der dem Antragsgegner gehörenden Dachgeschosswohnung ein stillschweigend geschlossener Leihvertrag zugrunde (vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 3. Auflage, Rn. 422). Wird der Leihvertrag vorzeitig beendet, kommt dem Zuwendenden ein Rückzahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs.1 Satz 2 Alt. 1 BGB wegen Wegfalls des rechtlichen Grundes für die finanziellen Investitionen in Betracht. Denn das Leihverhältnis ist der Rechtsgrund für die Investitionen gewesen. Der Bereicherungsanspruch richtet sich nach den Grundsätzen, die der Bundesgerichtshof für den Ausgleich von Mieterleistungen bei vorzeitiger Beendigung langfristiger Mietverträge entwickelt hat (vgl. Wever a.a.O. m.w.N.). Danach ist der Gegenstand der Bereicherung nicht der erlangte Zuschuss selbst oder die geschaffene Wertsteigerung, sondern der Ertragswert der Wohnung, soweit dieser durch die Investitionen der Antragstellerin gesteigert ist (vgl. BGH FamRZ 1990, 843; OLG Düsseldorf NZM 2001, 1093 m.w.N.; OLG Hamm FamRZ 1997, 1474, 1476; Wever a.a.O.). Bei der Berechnung der Bereicherung müsste allerdings ebenfalls berücksichtigt werden, dass die Antragstellerin zur Zeit des Auszuges die getätigten Investitionen teilweise abgewohnt hat (vgl. OLG Hamm FamRZ 1997, 1474, 1475 f.), wobei wegen des leihweisen Charakters der Überlassung der Dachgeschosswohnung zu problematisieren wäre, ob sich die Antragsstellerin den vollen Wohnwert der genutzten Räume oder nur einen geringeren Wert anrechnen lassen müsste (vgl. Wever a.a.O. Rn. 425). Auch diesen Vorteil hat die Antragstellerin nicht substantiiert der Berechnung ihres Rückforderungsanspruchs zugrunde gelegt (vgl. dazu Palandt/Sprau, BGB, 61. Auflage § 818 Rn. 50), so dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insgesamt wegen der mangelnden Schlüssigkeit der beabsichtigten Klage zu verweigern war. Im übrigen wird der Wohnwert für die 57 qm große Dachgeschosswohnung für den Nutzungszeitraum von 10 Monaten nach Aktenlage selbst dann, wenn nicht der volle Wohnwert angesetzt werden würde, ohne weiteres Euro 1.000,00 übersteigen. Dies bedeutet, dass das Landgericht Bremen wegen der Streitwertgrenze des § 23 Ziffer 1 GVG in Höhe von Euro 5.000,00 auch in diesem Fall sachlich nicht zuständig wäre.

Ende der Entscheidung

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