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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Beschluss verkündet am 05.03.2002
Aktenzeichen: 4 WF 18/02
Rechtsgebiete: ZPO, FGG


Vorschriften:

ZPO §§ 103 f.
ZPO § 788
FGG § 13a III
FGG § 33
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen BESCHLUSS

Geschäftszeichen: 4 WF 18/02

In Sachen

hat der 4. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen als Senat für Familiensachen unter Mitwirkung der Richter

Dr. Bewersdorf, Wever und Schumann

aufgrund der Beratung vom 5.3.2002 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluß, des Amtsgerichts - Familiengericht - Bremen vom 31.10.2001 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

Der Kindesvater erstrebt die Festsetzung von Kosten, die ihm im Zusammenhang mit der Rückführung des damals achtjährigen Sohnes ... aus Sardinien nach Deutschland im Jahre 1999 entstanden sind. Nachdem dem Vater das Sorgerecht für ... übertragen worden war, hatte die Mutter das Kind anläßlich eines Umgangskontaktes ohne Einverständnis des Vaters mit nach Sardinien genommen. Im vorliegenden Verfahren hat der Kindesvater daraufhin einen Beschluß des Familiengerichts vom 4.10.1999 erwirkt, in dem u.a. die Herausgabe des Kindes von der Mutter an den Vater angeordnet wurde und in dem der Mutter die Kosten des Verfahrens auferlegt wurden. Wenige Tage später reiste der Vater nach Sardinien. Dort gelang es ihm, in Abstimmung mit der örtlichen Polizeibehörde und der Schule, die ... besuchte, das Kind an sich zu nehmen, um es nach Deutschland zurückzubringen.

Den Antrag des Kindesvaters, gemäß §§ 103 f. ZPO die Kosten der Rückführung (10.738,10 DM) und seine Anwaltskosten aus dem ebenfalls eingeleiteten Verfahren nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (788,80 DM) sowie aus einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren (266,80 DM) gegen die Kindesmutter festzusetzen, hat die Rechtspflegerin beim Familiengericht mit dem angefochtenen Beschluß abgelehnt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 13a III FGG, § 104 III S. 1 ZPO), hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Zwar kann der Ansicht des Familiengerichts nicht gefolgt werden, das seine Entscheidung darauf gestützt hat, die Notwendigkeit der vom Kindesvater geltend gemachten Kosten könne im Kostenfestsetzungsverfahren nicht überprüft werden; nur feststehende bzw. unstreitige Kosten könnten im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden. Es gehört vielmehr gerade zu den Aufgaben des Rechtspflegers im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen, ob die verlangten Kosten entstanden sind und ob sie zweckentsprechend und notwendig waren, und zwar gerade auch dann, wenn das Entstehen oder die Notwendigkeit der Kosten bestritten ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 21. Aufl., §§ 103, 104 Rn. 5, 8 und 21 "Verfahren"; Zöller/Stöber, § 788 Rn. 15; Keidel/Kuntze/Zimmermann, FGG, 14. Aufl., § 13a Rn. 57).

Doch ist die Prüfung der Frage nach der Notwendigkeit und der Höhe der dem Kindesvater entstandenen Kosten hier entbehrlich. Denn die geltend gemachten Kosten sind unabhängig davon, ob sie notwendig waren oder nicht, auf der Grundlage der Kostenentscheidung des Familiengerichts vom 4.10.1999 nicht erstattungs- bzw. festsetzungsfähig.

Die hier in Rede stehenden Kosten sind nach Erlaß der Herausgabeanordnung entstanden und könnten daher allenfalls als Kosten der Zwangsvollstreckung festsetzungsfähig sein. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die Kostenentscheidung vom 4.10.1999 auch Kosten der Vollstreckung der Herausgabeanordnung erfaßt. Die Regelung des § 788 ZPO sieht für ihren Anwendungsbereich die Zulässigkeit der Vollstreckung auch der Zwangsvollstreckungskosten auf der Grundlage des Hauptsachetitels vor. Die Regelung findet aber in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, um das es sich hier handelt, keine Anwendung. § 13a III FGG verweist nicht auf § 788 ZPO, sondern nur auf andere Vorschriften der ZPO. Das FGG sieht vielmehr für die Vollstreckung bzw. den Vollzug der gerichtlichen Grundanordnung ein eigenes, in § 33 FGG geregeltes Verfahren vor (vgl. Rahm/Künkel/Schneider, Handbuch des familiengerichtlichen Verfahrens, III B Rn. 1281 ff.), in dem auch eine Kostenentscheidung zu ergehen hat (vgl. BayObLGZ 1991, 45, 49; Keidel/Kuntze/Zimmermann, § 33 Rn. 30, 49; Rahm/Künkel/Schneider, III B Rn. 1344, und Rahm/Künkel/Lappe, IX Rn. 401), die Grundlage für die zwangsweise Durchsetzung von Vollstreckungskosten ist. Von einer Kostenentscheidung in einem Verfahren, dessen Gegenstand allein eine Kindesherausgabe war, sind daher die Vollstreckungskosten grundsätzlich noch nicht erfaßt. Ob dies im vorliegenden Falle deshalb anders ist, weil der Beschluß vom 4.10.1999 über die Herausgabeanordnung hinaus weitere, der Vorbereitung der Vollstreckung in Italien dienende Anordnungen enthält, kann dahinstehen. Denn selbst wenn die Kostenentscheidung auch Kosten der Vollstreckung umfassen würde, wären davon die Kosten, die der Antragsteller geltend macht, nicht umfaßt.

Die Kosten der eigenständigen Rückführung bzw. Rückholung des Kindes können nämlich nicht als Kosten der Vollstreckung der Herausgabeanordnung, insbesondere auch nicht als Kosten der Vorbereitung der Vollstreckung angesehen werden. Auch wenn es aus Sicht des Kindesvaters sinnvoll gewesen sein mag, sich nicht staatlicher Vollstreckungsorgane zu bedienen, sondern - mit legalen Mitteln - die Rückholung des Kindes selbst in die Hand zu nehmen, kann dieses Vorgehen nicht als Maßnahme der Zwangsvollstreckung oder ihrer Vorbereitung angesehen werden.

Ein weites Verständnis dessen, was unter Kosten der Zwangsvollstreckung zu verstehen ist, verbietet sich. Nicht zuletzt die Tatsache, daß bei der prozessualen Kostenfestsetzung in einem summarischen Verfahren entschieden wird, in dem die entstandenen Kosten und ihre Notwendigkeit nur glaubhaft zu machen sind, spricht dagegen, Kosten der hier geltend gemachten Art als von ihr umfaßt anzusehen (vgl. dazu auch Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 21. Aufl., § 788 Rn. 6). Überläßt man deren Durchsetzung dagegen einer auf einen materiellrechtlichen Anspruch - etwa aus unerlaubter Handlung - gestützten Klage (vgl. dazu Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 2. Aufl., Rn. 624 ff.), wird der Sachverhalt umfassend, gegebenenfalls nach Durchführung des Strengbeweisverfahrens geklärt.

Der Kindesvater beruft sich für seine Ansicht, (auch) ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch sei gegeben, auf eine Entscheidung des BGH vom 24.4.1990 (FamRZ 1990, 966). Doch unterscheidet sich der Fall, der dieser Entscheidung zugrunde lag, von dem vorliegenden Sachverhalt in einem entscheidenden Punkt. Dort ging es um Detektivkosten, die die sorgeberechtigte Kindesmutter aufgewendet hatte, um den Aufenthalt der vom Vater versteckten Kinder ausfindig zu machen, nachdem ein erster Vollstreckungsversuch gescheitert war. Solche Kosten können in der Tat als Vorbereitungskosten der Zwangsvollstreckung anzusehen sein (vgl. auch Zöller/Stöber, Rn. 13 "Detektivkosten"; Wever, Rn. 626). Ihnen können aber nicht Kosten gleichgestellt werden, die bei der eigenhändigen Durchsetzung des titulierten Herausgabeanspruchs entstehen. Die dem Kindesvater in anderen Verfahren entstandenen Kosten, die er ebenfalls einbezogen haben will, sind ohnehin keine Kosten der Zwangsvollstreckung (vgl. auch Zöller/Stöber, § 788 Rn. 12).

Bei den hier in Rede stehenden Kosten scheidet somit eine prozessuale Erstattungspflicht aus. In Betracht kommt daher allein die Möglichkeit, die Kindesmutter nach materiellem Recht auf Erstattung in Anspruch zu nehmen (vgl. zum Verhältnis von materiellem und prozessualem Kostenerstattungsanspruch auch Stein/Jonas/Bork, Rn. 14 ff. vor § 91; Zöller/Herget, Rn. 11 ff. vor § 91).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 13a I S. 2 FGG.

Ende der Entscheidung

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