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Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Beschluss verkündet am 23.02.2004
Aktenzeichen: 4 WF 20/04
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 90 | |
ZPO § 157 |
Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen BESCHLUSS
Geschäftszeichen: 4 WF 20/04
In Sachen
hat der 4. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen als Senat für Familiensachen durch die Richter Wever, Schumann und Behrens aufgrund der Beratung vom 23.2.2004 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bremerhaven vom 2.2.2004 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf € 3000 festgesetzt.
Gründe:
Die Kindeseltern streiten um die elterliche Sorge für ihre Tochter S. geb. 16.11.1998. Nachdem zunächst die Mutter die elterliche Sorge allein erhalten hatte, übertrug das Familiengericht mit Beschluss vom 22.10.2002 (AZ: 153 F 0200/02) das Sorgerecht den Eltern gemeinsam. S. lebte in der Folgezeit beim Vater. Mit Beschluss vom 16.12.2003 entzog das Familiengericht dem Kindesvater im Wege der Einstweiligen Anordnung die Personensorge und übertrug sie auf die Kindesmutter. S. wurde in einer Notaufnahmepflegestelle untergebracht. Das Familiengericht beraumte sodann Termin zur Anhörung der Eltern für den 2.2.2004 an. Zu diesem Termin erschien der Kindesvater in Begleitung dreier Beistände, nämlich: H. S. , R. H. und H. H. . Herr S. hatte bereits in einem am 16.1.2004 bei Gericht eingegangenen Schreiben eine Stellungnahme unter der Anschrift "Vater - Mutter - Kind - Haus" abgegeben. Unter dem gleichen Briefkopf reichte er mit Schreiben vom 22.1.2002 (richtig 22.1.2004), den Antrag ein, die Herausgabe des Kindes an den Vater anzuordnen. Der Antrag trägt seine Unterschrift. Beigefügt war eine "Generalvollmacht", mit der der Kindesvater Herrn S. "zur Erledigung von Rechtshandlungen für meine Tochter S. ... und für mich" bevollmächtigte. Nach Anhörung zu seinem Tätigkeitsbereich schloss das Familiengericht Herrn S. mit dem angefochtenen Beschluss "als Beistand in der mündlichen Verhandlung" aus. Noch im Termin legte der Kindesvater Beschwerde gegen den Ausschluss seines Beistandes ein und begründete sie damit, er fühle sich ohne Herrn S. - trotz der beiden anderen Beistände - nicht hinreichend vertreten. Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die zulässige (§ 621 a Abs.1 S. 1 ZPO, § 19 FGG) Beschwerde des Kindesvaters ist nicht begründet. Das Familiengericht hat zu Recht Herrn S. als Beistand gemäß §§ 90, 157 ZPO von der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen.
Die Ausschließung eines Beistandes im isolierten Sorgerechtsverfahren richtet sich gemäß § 621 a Abs.1 ZPO nach den Vorschriften der §§ 90, 157 ZPO (vgl. KG, FamRZ 2001, 1619; Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 621 a Rn.18). Gemäß § 157 Abs. 1 ZPO sind Personen, die die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten vor Gericht geschäftsmäßig betreiben, in der Verhandlung ausgeschlossen, es sei denn, sie sind als Rechtsanwälte oder Rechtsbeistände zugelassen. Da Herr S. eine solche Zulassung unstreitig nicht hat, kommt es darauf an, ob er vor Gericht geschäftsmäßig auftritt. Das ist nach Ansicht des Senats der Fall.
Geschäftsmäßig ist ein selbständiges auf eine gewisse Häufigkeit abgestelltes Tätigwerden (BGH NJW 86, 1051). Die geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ist daher dann anzunehmen, wenn der Berater die Absicht hat, eine rechtsberatende oder rechtsbesorgende Tätigkeit in gleicher Weise zu wiederholen und sie dadurch zu einem dauernden und wiederkehrenden Bestandteil seiner Beschäftigung zu machen. Da die Wiederholungsabsicht als innere Tatsache in der Regel einem direkten Beweis nicht zugänglich ist, muss sich der Richter mit äußeren Anzeichen dieser Absicht begnügen (BGH a.a.O.). Gegen eine geschäftsmäßige Tätigkeit des hier ausgeschlossenen Beistandes spricht dabei nicht, dass er - wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht erklärt hat -, ein Honorar für seine Tätigkeit nicht erhält. Eine entgeltliche Tätigkeit ist für das Merkmal der Geschäftsmäßigkeit nicht erforderlich (OLG Hamm NJW 98, 92, 93). Entscheidend ist auch nicht, ob Herr S. seine Tätigkeit im Vater-Mutter-Kind-Haus und/oder die als Vorstand des Vereins Väteraufbruch für Kinder e.V. nach seinen Erklärungen im Termin vom 2.2.2004 ausgeübte rechtliche Betreuung betroffener Väter haupt- oder nur nebenberuflich ausübt. Es ist nicht einmal erforderlich, dass die Tätigkeit bereits mehrmals ausgeübt worden ist. Denn schon aus der einmaligen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten kann sich auf Grund besonderer Umstände die Absicht ergeben, die Tätigkeit bei sich bietender Gelegenheit in gleicher Weise zu wiederholen (BVerwG AnwBl. 88, 302; OLG Karlsruhe AnwBl. 89, 244; OLG Hamm a.a.O.). Gerade das ist hier der Fall.
Aus der in einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg (AZ 11 K 895/01) von Herrn S. gefertigten Beschwerdebegründung, die sich bei den Akten befindet, ergibt sich, dass er sich aufgerufen sieht, auch in anderen Fällen für die Rechte von Vätern einzutreten, die durch gerichtliche Entscheidungen in ihrer Vaterposition betroffen sind. In diesem Zusammenhang ist auch seine Tätigkeit im Verein Väteraufbruch für Kinder e.V. zu sehen. Hierbei betreut er Vereinsmitglieder im Rahmen meist familiengerichtlicher Verfahren nicht nur in pädagogischer oder psychologischer, sondern auch in rechtlicher Hinsicht. Er stellt einem großen Kreis von interessierten Vätern seine Kenntnisse und Fähigkeiten in Sorge- und Umgangsverfahren zur Verfügung, sammelt einschlägige gerichtliche Entscheidungen und reicht sie bei Fachzeitschriften ein (vgl. FamRZ 2004, 53 [OLG Karlsruhe], FamRZ 2004, 54 [OLG Rostock], FamRZ 2003, 54 [Kammergericht], FamRZ 2003,1955 [Amtsgericht Potsdam], FamRZ 2001, 1619 [Kammergericht]). Seine Tätigkeit in dieser Sache ist daher keine Tätigkeit "im Gelegenheitsfall" oder "aus Gefälligkeit" (vgl. BVerwG a.a.O.), sie ist vielmehr auf Wiederholung in ähnlich gelagerten Fällen angelegt. Herr S. beabsichtigt offenkundig, in ähnlicher Weise bei sich bietender Gelegenheit auch in anderen Verfahren vor den Familiengerichten oder anderen Gerichten tätig zu werden, in denen Väterrechte betroffen sein können. Diese Tätigkeit soll sich auch nicht auf die Mithilfe bei der Abfassung von Schriftsätzen beschränken.
Im vorliegenden Fall ist Herr S. auch nicht zum ersten Mal in einem Termin vor dem Familiengericht als Beistand tätig gewesen. Er ist bereits im Verfahren 4 UF 77/02 = 154 F 62/02 (Familiengericht Bremerhaven) vor dem erkennenden Senat in der mündlichen Anhörung der Eltern am 6.12.2002 als Beistand des dort beteiligten Kindesvaters aufgetreten. Darüber hinaus ist dem Senat bekannt, dass er auch vor Berliner Familiengerichten als Beistand betroffener Väter erschienen ist. Zudem ist er, wie das Familiengericht ermittelt hat, in dem oben genannten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg, in dem es um die Regelung des Umgangsrechts der Kindeseltern (durch das Jugendamt) ging, als Beistand der Eltern tätig geworden und hat sich dort ausdrücklich gegen seine Nichtzulassung im Verfahren gewandt. Im Übrigen hat er bei seiner Befragung durch den Familienrichter eingeräumt, er sei "in Verfahren involviert" gewesen, "und zwar in Familiengerichtsverfahren".
Soweit der Kindesvater mit der Beschwerde geltend macht, die Tätigkeit des Herrn S. sei nicht als selbständige Tätigkeit anzusehen, weil er nur die mit ihm abgesprochenen Schriftsätze bei Gericht einreiche, die er als Legastheniker nicht selbst verfassen könne, ist diese Ansicht unzutreffend. Abgesehen davon, dass es im vorliegenden Fall um den Ausschluss von der mündlichen Verhandlung, nicht aber darum geht, ob er auch künftig den Kindesvater bei der Abfassung von Schriftsätzen unterstützen darf, geht die Tätigkeit des Beistandes hier um eine den Kindesvater in Wort und Schrift lediglich unterstützende hinaus. Er stellt vielmehr selbst Anträge (vgl. Schriftsatz vom 22.1.2002, gemeint ist 22.1.2004: Antrag auf Herausgabe des Kindes an den Kindesvater), die er offenkundig selbständig formuliert und unterschreibt. Umfang und Fassung der "Generalvollmacht", die der Kindesvater ihm erteilt hat, zeigen, dass er - soweit dies rechtlich zulässig ist -, weitgehend selbständig handeln können soll. Auch der Umstand, dass der Kindesvater nicht bereit war, an dem Anhörungstermin vor dem Familiengericht weiter teilzunehmen, nachdem Herr S. - nicht aber die beiden anderen Beistände - von der Teilnahme ausgeschlossen worden war, sondern betont hat, dass er sich nur durch ihn ordnungsgemäß vertreten sehe, spricht für eine Tätigkeit, die nahezu so selbständig ist wie die eines Rechtsanwalts. Denn auch dieser hat die Vorgehensweise mit seinem Mandanten abzustimmen und sich mit ihm zu beraten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 S.2 FGG.
Ende der Entscheidung
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