Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Bremen
Urteil verkündet am 23.03.2007
Aktenzeichen: 5 U 44/06
Rechtsgebiete: BGB, BBodSchG


Vorschriften:

BGB § 548
BBodSchG § 9 Abs. 2 Satz 1
BBodSchG § 24 Abs. 2
1. Ein Ausgleichsanspruch nach § 24 Abs. 2 BBodSchG besteht unabhängig davon, ob im Falle konkreter Anhaltspunkte für eine schädliche Bodenveränderung oder eine Altlast die zuständige Behörde angeordnet hat, die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchzuführen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG).

2. Ist im Mietvertrag keine Regelung über die Haftung für den Zustand der Mietsache getroffen, so dass insoweit die gesetzlichen Regelungen des Mietrechts anwendbar sind, liegt hierin kein konkludenter Ausschluss des Anspruchs aus § 24 Abs. 2 Satz 2 BBodSchG.

3. Die Verjährungsregelung des § 548 BGB (§ 558 a.F.) gilt nicht für Ansprüche aus § 24 Abs. 2 BBodSchG.


Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftszeichen: 5 U 44/06

Verkündet am: 23. März 2007

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Blome, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Haberland und die Richterin am Landgericht Otterstedt für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen, 7. Zivilkammer, vom 15. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung seinerseits Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

A.

Die Parteien streiten um Ausgleichsansprüche wegen der Sanierung einer Boden- und Grundwasserverunreinigung auf dem Grundstück des Klägers.

Der Kläger und seine Mutter vermieteten aufgrund eines Mietvertrags vom 09./15.06.1958 das Grundstück in der hauser Landstraße 2 in Bremen an die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die D. P. GmbH, zur Errichtung und zum Betrieb einer Tankstelle. Das Mietverhältnis wurde von dem Kläger zum 01.12.1988 gekündigt. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten stellte den Tankstellenbetrieb auf dem Grundstück ein. Mit Schreiben vom 11.11.1988 übernahm sie die Kosten, welche für die Entsorgung der Tankanlage angefallen waren.

Mit Anhörungsschreiben des Senators für Bau, Umwelt und Verkehr der Freien Hansestadt Bremen vom 12.08.2003 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass aufgrund einer orientierenden Untersuchung auf dem Grundstück des Klägers hauser Landstraße 2A neben einer durch Vergaserkraftstoff verursachten Bodenkontamination eine Benzolbelastung des Grundwassers festgestellt worden sei. Es werde beabsichtigt, den Kläger als Grundstückseigentümer zu verpflichten, ein Sachverständigengutachten in Auftrag zu geben, welches sich mit der Untersuchung des Bodens und Grundwassers auseinandersetze und Aufschluss über mögliche Sanierungsmaßnahmen gebe. In dem Schreiben wurde dem Kläger Gelegenheit zur Äußerung bis zum 12.09.2003 gegeben. Mit Schreiben vom 25.08.2003 machte der Kläger Ausgleichsansprüche gegenüber der Beklagten geltend, die diese mit Schreiben vom 29.08.2003 zurückwies und erklärte, dass keine Veranlassung gesehen werde, ein Gespräch über angeblich vorhandene tankstellenspezifische Kontaminationen zu führen.

Daraufhin beauftragte der Kläger den Sachverständigen Dr. E. mit der Erstellung eines Gutachtens über das Vorliegen eines Grundwasserschadens und Schäden des Bodens, wobei im Rahmen einer Besprechung vom 30.09.2003 in der Abteilung für Bodenschutz des Senators für Bau, Umwelt und Verkehr festgelegt wurde, welche Untersuchungen zur Analyse des Bodens und des Grundwassers erforderlich seien. Der Sachverständige Dr. E. stellte in seinem Gutachten vom 17.03.2004 fest, dass sich die eingetretene Grundwasserbelastung als Benzolschaden darstelle und eine Bodenkontamination vorliege. Die Kosten für die Erstellung des Sachverständigengutachtens wurden mit 3.499,93 € in Rechnung gestellt.

Mit der Sanierungsanordnung vom 17.05.2004 des Senators für Bau, Umwelt und Verkehr der Freien Hansestadt Bremen wurde dem Kläger aufgegeben, eine Grundwassersanierung durchzuführen. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Das Verwaltungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Der Kläger hat behauptet, durch den Tankstellenbetrieb von 1958 bis 1988 habe die Rechtsvorgängerin der Beklagten auf dem betroffenen Grundstück eine schädliche Bodenverunreinigung durch Vergaserkraftstoff und eine Benzolbelastung des Grundwassers herbeigeführt. Der Kläger habe nach Beendigung des Mietverhältnisses mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten fachgerecht den Ausbau der Tankanlagen vornehmen lassen. In der Folge sei in den Gebäudeteilen der Tankstelle ein Elektro-, Gasheizungs- und Sanitärbetrieb betrieben worden, nunmehr befinde sich auf diesem Grundstück eine Gaststätte. Das Grundwasser sei sanierungsbedürftig. Im Falle einer Nutzungsänderung des Grundstücks sei darüber hinaus eine Sanierung des betroffenen Bodens erforderlich.

Der Kläger hatte auf die Feststellungswiderklage der Beklagten eine Feststellungsklage erhoben, welche er in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 28.04.2005 zurückgenommen hat.

Er hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.499,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.05.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und widerklagend, festzustellen, dass dem Kläger keine Ansprüche aus dem Mietvertrag vom 09./15.06.1958 insbesondere nach §§ 24 Abs. 2 BBodSchG, 22 WHG mehr zustehen.

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, das Gutachten des Sachverständigen Dr. E. weise erhebliche fachliche und methodische Mängel auf und sei für den Nachweis von bodenschutzrechtlichen Gefahren nicht tauglich. Der Ausbau und die Entsorgung der Tankanlagen sowie die Auskofferung des Bodens seitens des Klägers seien nicht fachmännisch erfolgt, was dazu geführt haben könnte, dass das Erdreich auf dem Grundstück in der hauser Landstraße kontaminiert sei. Die Verunreinigung des Bodens sei schon vor Errichtung der Tankstelle oder nach Beendigung des Mietvertrages mit der Beklagten durch andere Nutzungsverhältnisse entstanden. Sie hat die Auffassung vertreten, durch den Mietvertrag habe der Kläger die vertragsgemäßen Bodenverunreinigungen durch einen Tankstellenbetrieb in Kauf genommen. Im Übrigen hat sich die Beklagte auf die Einrede der Verjährung berufen und insoweit gemeint, dass auf den streitgegenständlichen Anspruch die Verjährungsfrist des § 548 BGB Anwendung finde.

Mit Urteil vom 15.06.2006 hat das Landgericht nach Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen O. B. (Bl. 291 ff d.A.) und mündlicher Anhörung des Sachverständigen (Bl. 345 ff d.A.) der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass dem Kläger der Anspruch auf die Gutachterkosten und die anfallenden Sanierungskosten aus § 24 Abs 2 BBodSchG i.V.m. § 426 BGB zustünde. Nach Durchführung der Beweisaufnahme stehe für das Gericht fest, dass auf dem Grundstück des Klägers im Boden und im Grundwasser schädliche Veränderungen vorhanden seien, eine Ausbreitung der Grundwasserkontamination stattgefunden habe, welche über die Grundstücksgrenze hinausreiche und keine vernünftigen Zweifel daran bestünden, dass die Verunreinigung von der Rechtsvorgängerin der Beklagten verursacht worden sei. Ein Ausgleichsanspruch nach § 24 Abs. 2 BBodSchG bestehe unabhängig davon, ob die zuständige Behörde eine Anordnung im Sinne von § 9 Abs. 2 S. 1 BBodSchG, bei konkreten Anhaltspunkten für eine schädliche Bodenveränderung oder eine Altlast, die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchzuführen, getroffen habe. Im Übrigen sei die Einholung des Gutachtens ohne förmliche Anordnung auch deshalb unbedenklich gewesen, weil der Kläger im Falle einer Entkräftung des Gefahrenverdachts einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Behörde geltend machen könne. Ein Mitverschulden des Klägers gemäß § 254 BGB komme nicht in Betracht. Auch eine vertragliche Vereinbarung, welche die Ausgleichspflicht der Beklagten ausschließe, sei nicht gegeben. Der Anspruch des Klägers sei schließlich nicht nach § 548 BGB verjährt, da nicht die kurze Verjährungsfrist des § 548 BGB greife, sondern die 3-jährige Verjährungsfrist des § 24 Abs. 2 S. 3, 4 BBodSchG.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der Begründung der Entscheidung im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Die Beklagte hat gegen das ihr am 26.06.2006 zugestellte Urteil am 12.07.2006 Berufung eingelegt, die sie - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 25.09.2006 - mit einem am 25.09.2006 beim Hanseatischen Oberlandesgericht in Bremen eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Mit der Berufung wendet sich die Beklagte vollumfänglich gegen die Entscheidung des Landgerichts. Die Feststellungen des Sachverständigen B. werden nicht angegriffen. Die Beklagte rügt aber, dass die Anspruchsvoraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch gemäß § 24 Abs. 2 BBodSchG nicht vorlägen, der Anspruch ausgeschlossen und ein möglicher Erstattungsanspruch verjährt sei.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils

1) die Klage abzuweisen,

2) festzustellen, dass dem Kläger keine Ansprüche aus dem Mietvertrag vom 09./15.06.1958 insbesondere nach §§ 24 Abs. 2 BBodSchG, 22 WHG mehr zustehen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 21.09.2006 (Bl. 433 ff. d.A.) und 30.11.2006 (Bl. 459 f. d.A.) sowie auf die des Klägers vom 15.11.2006 (Bl. 456 ff d.A.) und 08.12.2006 (Bl. 466 f. d.A.) verwiesen.

B.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO). Sie ist in der Sache aber nicht begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Gutachterkosten in Höhe von 3.499,93 € sowie ein Ausgleichsanspruch wegen der anfallenden Sanierungskosten auf seinem Grundstück aus § 24 Abs.2 BBodSchG i.V.m. § 426 BGB zu.

1.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass ein Ausgleichsanspruch nach § 24 Abs. 2 BBodSchG unabhängig davon besteht, ob die zuständige Behörde eine Anordnung im Sinne von § 9 Abs. 2 S. 1 BBodSchG, bei konkreten Anhaltspunkten für eine schädliche Bodenveränderung oder eine Altlast, die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchzuführen, getroffen hat. Der Ausgleichsanspruch setzt lediglich eine Pflichtenstellung nach § 4 BBodSchG voraus, die behördliche Heranziehung eines oder mehrerer Verpflichteter ist dagegen nicht Voraussetzung (Moeser/Wilrich, NZM 2002, 552 ff, 553; Frenz, NVwZ 2000, 647 ff, 648; Schönfeld, NVwZ 2000, 648 ff, 650). Der Auffassung, nach der es sich bei dem Ausgleichsanspruch nach § 24 Abs. 2 BBodSchG um einen der Höhe nach akzessorischen Anspruch aus einem behördlichen Leistungsbescheid handele, der den Umfang der Sanierungsmaßnahme verbindlich festsetze (Knoche, NVwZ 1999, 1198 ff, 1200), schließt sich der Senat nicht an.

Der Kläger und die Beklagte sind Personen, die nach § 4 Abs. 3 BBodSchG zur Durchführung von Sanierungsmaßnahmen verpflichtet sind. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist von einer Kontamination des Bodens und des Grundwassers sowie davon auszugehen, dass die Verunreinigungen von der Rechtsvorgängerin der Beklagten verursacht worden sind. An diese Feststellungen ist der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden, denn die Beklagte hat keine konkreten Anhaltspunkte dargetan, die Zweifel an der Richtigkeit der getroffenen Feststellungen begründen. Sie hat diese Feststellung mit der Berufung nicht angegriffen.

2.

Der Ausgleichsanspruch ist auch fällig. Soweit die Beklagte rügt, der Anspruch auf Erstattung der Gutachterkosten sei nicht fällig, weil im Verfahren über den Widerspruch des Klägers gegen die Sanierungsanordnung noch nicht entschieden sei, ob der Kläger überhaupt im Verhältnis zur Behörde für diese Kosten hafte, oder -falls dieses Verfahren ergebe, dass keine sanierungsbedürftige Bodenveränderung vorliege- er gegenüber der Behörde Erstattung der Kosten verlangen könne, greift dieser Einwand nicht. Der Kläger hat die Kosten des Sachverständigen bezahlt. Damit ist der Ausgleichsanspruch entstanden. Mit der Entstehung des Anspruchs ist er im Zweifel auch fällig geworden.

3.

Dem Ausgleichsanspruch steht keine abweichende Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten i.S.d. § 24 Abs. 2 Satz 2 BBodSchG entgegen.

a.

Eine ausdrückliche Vereinbarung haben der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten unstreitig nicht getroffen. Dies war auch nicht möglich, da es das BBodSchG zum Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses nicht gab.

b.

Auch eine konkludente Vereinbarung dahingehend, dass der Kläger das Risiko einer Kontamination des Bodens bzw. des Gundwassers übernommen hat, lässt sich nicht feststellen.

Eine solche Vereinbarung ergibt sich nicht bereits daraus, dass der Kläger das Grundstück zum Betrieb einer Tankstelle vermietet hat. Dafür, dass die Mietvertragsparteien im Hinblick auf Kontaminationsrisiken einen erhöhten Mietzins vereinbart hätten, hat die Beklagte nichts Konkretes vorgetragen. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung unbestritten vorgetragen, dass der geringe Mietzins in Höhe von 300,--DM monatlich über die gesamte Mietzeit unverändert geblieben sei.

Soweit die Beklagte einen konkludenten Ausschluss daraus ableiten will, dass zwischen den Parteien ein Mietvertrag bestand und nach der gesetzlichen Regelung des Mietrechts der Mieter Veränderungen oder Verschlechterungen der gemieteten Sache, die durch den vertragsmäßigen Gebrauch herbeigeführt werden, nicht zu vertreten braucht (§ 548 BGB a.F.), greift dies auch im Hinblick auf die Entscheidung des BGH vom 28.07.2004 (NZBau 05, 102 ff) nicht. Fraglich ist bereits, ob sich aus der Entscheidung des BGH Aussagen für den vorliegenden Fall ableiten lassen, da der dort entschiedene Fall einen anders gelagerten Sachverhalt betraf. Zum einen hatten die Parteien in dem dort entschiedenen Fall im Mietvertrag ausdrücklich Bezug genommen auf die gesetzlichen Regelungen und damit jedenfalls ein gewisses Regelungsbedürfnis zum Ausdruck gebracht. Zum anderen war im dort entschiedenen Fall -anders als im vorliegenden- die Bodenkontamination durch eine Pflichtverletzung des Vermieters entstanden.

Die Argumentation der Beklagten überzeugt aber auch aus einem anderen Grund nicht: Anders als die Regelungen des Mietrechts, die die Verantwortlichkeit der Mietvertragsparteien für die Mietsache betreffen, regelt das BBodSchG die Pflicht zur Erhaltung des Bodens für das Gemeinwesen. Die Vorschrift des § 548 BGB a.F. (§ 538 BGB) regelt die Unterhaltungspflicht für die Mietsache zwischen den Mietvertragsparteien. Die Vorschrift des § 24 Abs. 2 BBodSchG hat dagegen einen ganz anderen Regelungsgehalt. Der Ausgleichsanspruch knüpft an die öffentlich-rechtliche Inanspruchnahme eines Störers für die Beseitigung von Bodenkontaminationen an und ist unabhängig von der Frage, ob diese Schäden zulässigerweise entstanden sind. Auf einen aus einer vertragsgemäßen Nutzung abzuleitenden vertraglichen Ausschluss könnte sich die Beklagte allenfalls berufen, wenn sie vom Kläger auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Wiederherstellungspflicht des Mieters aus § 556 Abs. 1 BGB a.F. in Anspruch genommen würde (so im Fall BGH NJW 2002, 3234 ff.).

4.

Der Ausgleichsanspruch ist schließlich nicht verjährt. Der Senat schließt sich der Auffassung des Landgerichts an, nach der die mietvertragliche Verjährungsvorschrift des § 558 BGB a.F. bzw. § 548 BGB keine (entsprechende) Anwendung auf Ansprüche aus § 24 Abs. 2 BBodSchG findet.

Der weite Anwendungsbereich des § 548 BGB erfasst zwar auch Ansprüche außerhalb des eigentlichen Mietrechts, jedoch nur wenn und soweit sie auf demselben Sachverhalt beruhen (Müko/Schilling, BGB-Kommentar, 4. Aufl., 2004, § 548 RN 3 m.w.N.). Diese Voraussetzung liegt bei dem bodenschutzrechtlichen Anspruch aus § 24 Abs. 2 BBodSchG nicht vor. Dies folgt -wie das Landgericht bereits ausführlich und zutreffend begründet hat- aus der Rechtsnatur, den Voraussetzungen und den Rechtsfolgen der Anspruchsgrundlagen (Hünnekens, Plogmann, NVwZ 03, 1216 ff). Die Rechtsnatur des bodenschutzrechtlichen Ausgleichsanspruchs unterscheidet sich grundlegend von dem des mietrechtlichen Anspruchs. Der bodenschutzrechtliche Ausgleichsanspruch ist gerade nicht auf den Ersatz eines Schadens gerichtet, der auf einem nicht vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache basiert, sondern vielmehr auf den Ausgleich zwischen einem behördlicherseits zuerst in Anspruch genommenen Störer - regelmäßig dem Zustandsstörer - und einem anderen bodenschutzrechtlich Verpflichteten - regelmäßig dem Verhaltensstörer. Ziel des Ausgleichsanspruches ist es, zu einer gerechten Verteilung von Sanierungsaufwendungen für die im Allgemeininteresse gebotene Beseitigung der schädlichen Bodenverunreinigung zu führen. Er ist unabhängig von der Art des Nutzungsverhältnisses, das der Verursachung der Bodenverunreinigung zu Grunde liegt (Hünnekens, Plogmann, a.a.O., S. 1217). Auch die Anspruchsvoraussetzungen unterscheiden sich. Während Ansprüche wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache auf einer Verschuldenshaftung infolge nicht vertragsgemäßen Mietgebrauchs beruhen, setzt der bodenschutzrechtliche Ausgleichsanspruch eine Sanierungspflichtigkeit i.S. des § 4 Abs. 3 BBodSchG voraus und besteht unabhängig von vertraglichen Regelungen und Verschulden (Hünnekens, Plogmann, a.a.O., S. 1217). Auch die Rechtsfolgen des mietrechtlichen Ersatzanspruchs einerseits und des bodenschutzrechtlichen Ausgleichsanspruchs andererseits sind nicht identisch. Beim Anspruch des Vermieters gegen den Mieter wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache geht es letztlich um die Wiederherstellung des Zustandes, der ohne die während der Mietzeit herbeigeführte nicht vertragsmäßige Veränderung oder Verschlechterung bestünde. Der bodenschutzrechtliche Ausgleichsanspruch bleibt dahinter zurück. Bei der Erfüllung der boden- und altlastenbezogenen Pflichten geht es um die Erstellung eines Sanierungsniveaus, welches sich an der Art der derzeitig bzw. künftig zulässigen Bodennutzung orientiert. § 4 Abs. 4 BBodSchG verfolgt nicht das Ziel der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Grundstücks, wie dies im Kern bei einem Schadensersatzanspruch der Fall ist, sondern der Abwehr schädlicher Bodenveränderungen unter Beachtung der planungsrechtlich zulässigen Nutzung des Grundstücks (Hünnekens, Plogmann, a.a.O., S. 1217).

Soweit die Beklagte ausführt, aus der Entstehungsgeschichte des § 24 Abs. 2 BBodSchG lasse sich ein Vorrang der vertraglichen Verjährungsvorschriften ableiten, überzeugt dies nicht. Dass die Verjährungsregelung im Referentenentwurf zunächst nicht enthalten war und durch ihre spätere Einfügung eine Verkürzung der sonst geltenden 30-jährigen Verjährungsfrist auf 3 Jahre erfolgte, spricht gerade nicht für die entsprechende Anwendung der mietvertraglichen Verjährung. Der Gesetzgeber hat durch die Einfügung einer eigenständigen Verjährungsregelung in § 24 Abs. 2 BBodSchG vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass er diese Frage für regelungsbedürftig hielt. Anderenfalls hätte sich ein Verweis auf § 548 BGB angeboten (vgl. auch Hünnekens, Plogmann, a.a.O., S. 1217). Die Ausgleichsregelung in § 24 Abs. 2 BBodSchG ist somit Ausdruck eines von vertragsbe-zogenen Gesetzesvorschriften unberührten Systems eines bodenschutzrechtlichen Ausgleichsanspruchs (so auch VG Bremen, Urteil vom 29.01.2002 -8 K 2240/01).

Die Anwendung des § 548 BGB ist auch nicht geboten wegen eines anderenfalls vorliegenden Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot. Die Beklagte rügt, dass der Gesetzgeber gehindert wäre, eine Anwendung neuer Bestimmungen über die Verjährung auf solche Ansprüche einzuführen, die vor Inkrafttreten des BBodSchG bereits nach § 548 BGB verjährt waren. Auch in der Literatur wird hierzu teilweise vertreten, dass in zeitlicher Hinsicht die speziellere Regelung des § 24 Abs. 2 Satz 3 bis 5 BBodSchG die allgemeinere Regelung des § 548 BGB nur verdränge, soweit im Zeitpunkt des Bundestags-Beschlusses über das BBodSchG die kurze Verjährungsfrist des damaligen § 558 BGB a.F. noch nicht abgelaufen war (Müko/Schilling, a.a.O., § 548 RN 5). Diese Ansicht wäre jedoch nur dann zutreffend, wenn der Anwendungsbereich des § 548 BGB überhaupt Ansprüche aus § 24 Abs. 2 BBodSchG erfassen würde, denn nur dann könnte insoweit ein Vertrauenstatbestand bestehen. Dass der Anspruch aus § 24 BBodSchG überhaupt nicht vom Anwendungsbereich des § 548 BGB erfasst wird, ist bereits oben ausgeführt worden.

Ferner hat das Landgericht auch zutreffend darauf hingewiesen, dass Sinn und Zweck der bodenschutzrechtlichen Verjährungsfristen gegen eine Anwendung des § 548 BGB sprechen. Der Ausgleichsanspruch soll eine gerechte Lastenverteilung unter den von der Behörde unter Gefahrenabwehrgesichtspunkten ausgewählten Störern herbeiführen und erst die Sanierungspflicht soll den Anspruch begründen. Dieser Hintergrund spricht dafür, dass die Verjährung nicht an die Rückgabe des Grundstücks, sondern an die Feststellung einer Kontaminierung anknüpft. Da neben dem ehemaligen Mieter auch andere Verursacher zum Ausgleich verpflichtet sein können, würde es zu unsachgemäßen Ergebnissen führen, wenn der Ausgleichsanspruch zwischen dem Vermieter und dem Mieter einer kürzen Verjährungsfrist unterliegt als der Anspruch gegenüber weiteren Verursachern (Hünnekens, Plogmann, a.a.O., S. 1217).

Schließlich ist eine Anwendung des § 548 BGB auch nicht im Hinblick auf die Rechtsprechung zu § 22 WHG geboten, da dieser Forderung -wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat- entgegensteht, dass § 24 BBodSchG im Gegensatz zu § 22 WHG eine spezielle Verjährungsregelung enthält (so auch VG Bremen a.a.O.; Hünnekens, Plogmann, a.a.O., S. 1217).

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

D.

Anlass für die Zulassung der Revision war gegeben durch die Frage, ob § 548 ZPO auf Ansprüche aus § 24 Abs. 2 BBodSchG anzuwenden ist, denen ein (beendetes) Mietverhältnis zugrunde liegt (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

Zurück