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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 01.02.2008
Aktenzeichen: 1 Ws 32/08
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 172 Abs. 1 |
Oberlandesgericht Celle Beschluss
In dem Ermittlungsverfahren
gegen Priv.-Doz. Dr. med. U. H.
wegen Betruges u. a.
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts sowie den Antrag auf gerichtliche Entscheidung über den Bescheid des Generalstaatsanwalts in C. vom 14. Dezember 2007 nach dessen Anhörung durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Landgericht ####### am 1. Februar 2008 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und der Antrag auf gerichtliche Entscheidung werden als unzulässig verworfen.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wurde bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt. Sein Sohn macht deshalb vor dem Landgericht H. aus abgetretenem Recht Schmerzensgeld gegenüber der A. Versicherung geltend. Das Landgericht hat bei dem Beschuldigten ein Gutachten über den Gesundheitszustand des Antragstellers eingeholt, welches der Beschuldigte unter dem 23. Oktober 2007 schriftlich erstattet hat. Der Antragsteller hält das Gutachten für "inhaltlich grob falsch" und wirft dem Beschuldigten vor, er habe das Gutachten vorsätzlich falsch und inhaltlich einseitig zu Gunsten der Versicherung erstattet. Er stellt die Vermutung auf, dass der Beschuldigte von der Versicherung hierfür Zuwendungen erhalten habe. Ob dies so sei, habe die Staatsanwaltschaft versäumt zu ermitteln. Der Beschuldigte habe sich dadurch wegen Betruges sowie der Beihilfe zum Prozessbetrug strafbar gemacht.
Die Staatsanwaltschaft H. hat das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hat der Generalstaatsanwalt mit Bescheid vom 14. Dezember 2007 als unbegründet zurückgewiesen. Am 15. Januar 2008 hat der Anzeigeerstatter Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.
II.
Die Anträge sind unzulässig.
1. Dem Antragsteller fehlt es bereits an der notwendigen Antragsbefugnis, weil er nicht Verletzter der dem Beschuldigten zur Last gelegten Straftat ist.
Nach § 172 Abs. 1 Satz 1 StPO kann das Klageerzwingungsverfahren nur von dem durch die behauptete Straftat Verletzten betrieben werden. Verletzter ist, wer durch die Straftat - bei Unterstellung ihrer tatsächlichen Begehung - unmittelbar in seinen Rechten, Rechtsgütern oder rechtlich anerkannten Interessen beeinträchtigt ist (vgl. KK-Schmid, StPO, 5. Aufl., § 172 Rn. 18; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 172 Rn. 9; jew. m. w. N.). Beim Betrug können Verletzte demnach der Geschädigte und der Getäuschte sein, beim Prozessbetrug danach die jeweilige Gegenpartei des Prozessbetrügers (vgl. OLG Bamberg NStZ 1982, 247; LR-Graalmann-Scheerer, StPO, 25. Aufl., § 172 Rn. 91; KK-Schmid a. a. O. Rn. 27). Nach dem Antragsvorbringen ist Kläger in dem Verfahren, in dem das angeblich falsche Gutachten erstattet wurde, der Sohn des Antragstellers. Der Antragsteller selbst ist nach Abtretung nur Zeuge in diesem Verfahren. Er ist danach weder Geschädigter noch Getäuschter, weil er nicht Prozesspartei ist.
Zwar könnte nach dem tatsächlichen Vorbringen des Antragstellers auch eine Strafbarkeit wegen Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse nach § 278 StGB in Betracht kommen. Auch insoweit fehlt es dem Antragsteller jedoch an der notwendigen Verletzteneigenschaft. Geschütztes Rechtsgut des § 278 StGB ist unmittelbar nur das Vertrauen der in dieser Bestimmung ausdrücklich genannten Behörden und Versicherungsgesellschaften in die Richtigkeit des Gesundheitszeugnisses (vgl. OLG Stuttgart NStE Nr. 17 zu § 172 StPO). Der Antragsteller ist hiernach also nicht unmittelbar betroffen. Allerdings ist der Begriff des Verletzten weit auszulegen, weil der Schutz des Legalitätsprinzips umfassend sein soll (vgl. KK-Schmid, a.a.O. Rn. 19; Meyer-Goßner, a.a.O. Rn. 10; LR-Graalmann-Scheerer, a.a.O. Rn. 50, alle m.w.N.). Gleichwohl besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass eine nur irgendwie geartete Betroffenheit nicht ausreichen kann, um eine vom Gesetz nicht gewollte Popularklage zu verhindern. Deshalb kommen etwa als Verletzte der Aussagedelikte, deren unmittelbar geschütztes Rechtsgut nur die staatliche Rechtspflege ist, auch die Personen in Betracht, deren Stellung im Prozess durch einen falschen Eid oder eine falsche Aussage verschlechtert wurde (vgl. Meyer-Goßner a. a. O. Rn. 11). Dazu gehören aber nicht schon andere Zeugen in dem Prozess, selbst wenn sie durch die Falschaussage eines anderen Zeugen selbst in den Verdacht geraten, ihrerseits eine Falschaussage gemacht zu haben (vgl. OLG Düsseldorf StraFo 2000, 21). Denn diese allenfalls mittelbare Beeinträchtigung genügt nicht, um als Verletzter im Sinne des § 172 Abs. 1 StPO zu gelten. Die vorstehend beschriebene Konstellation ist mit der hier gegeben Sachlage vergleichbar. Das Gutachten bestätigt zwar nicht die vom Antragsteller vorgetragenen Gesundheitsbeschwerden. Da er in dem Prozess, in dem das Gutachten erstattet worden ist, aber nur Zeuge ist, kann seine Stellung in diesem Prozess durch das Gutachten nicht beeinträchtigt werden. Er ist also auch unter diesem Aspekt durch die behauptete Straftat nicht unmittelbar in einem Recht, Rechtsgut oder rechtlich anerkannten Interesse beeinträchtigt und damit nicht Verletzter im Sinne des § 172 Abs. 1 StPO. 2. Des Weiteren genügt der Antrag auch nicht den Anforderungen gemäß § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO. Danach muss der Antrag die Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die Beweismittel angeben. Erforderlich ist dazu eine aus sich selbst heraus verständliche, in sich geschlossene Sachdarstellung. Diese muss so umfassend und vollständig sein, dass sie es dem Oberlandesgericht ermöglicht, allein aufgrund ihres Inhalts ohne Bezugnahmen und Verweisungen auf Anlagen, auf die Ermittlungsakten oder Beiakten eine Schlüssigkeitsprüfung dahin vorzunehmen, ob nach dem Vorbringen des Anzeigeerstatters ein für die Erhebung der öffentlichen Klage hinreichender Tatverdacht in Betracht kommt (vgl. Meyer-Goßner, a. a. O. Rn. 27 m. w. N.). Diesen Anforderungen wird der vorliegende Antrag nicht gerecht. Der Antragsteller legt insbesondere den Sach- und Streitstand des Zivilprozesses nicht dar. So ist dem Antrag nicht zu entnehmen, ob der Beschuldigte sein Gutachten bereits mündlich erstattet hat und ob und ggfs. wie das Gericht entschieden hat. Für den Vorwurf des Betruges ließe sich also nicht einmal beurteilen, ob überhaupt ein Schaden eingetreten ist, der Betrug also als Versuch oder vollendetes Delikt anzuklagen wäre. Außerdem gibt der Antrag die von der Staatsanwaltschaft angeführten Gründe für die Einstellung nicht wieder und setzt sich mit diesen nicht auseinander. Das ist aber in Fällen, in denen es - wie hier - auf die Beweiswürdigung ankommt, erforderlich. Schließlich genügt nicht die bloße Benennung von Zeugen und Sachverständigen, sondern es ist darzulegen, was diese ausgesagt haben bzw. aussagen werden, damit das Oberlandesgericht beurteilen kann, ob im Falle einer Hauptverhandlung die Verurteilung des Beschuldigten wahrscheinlich ist.
3. Die vorstehenden Ausführungen gelten gleichermaßen für den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 304 Abs. 4 StPO).
Ende der Entscheidung
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