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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 12.08.2008
Aktenzeichen: 10 UF 77/08
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 1570 Abs. 1 |
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 12. August 2008
In der Familiensache
hat der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 5. August 2008 durch den Richter am Oberlandesgericht B., den Richter am Oberlandesgericht H. sowie die Richterin am Amtsgericht B. für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Antragstellers gegen den Ausspruch zum Unterhalt (III. des Urteilstenors) im Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 7. März 2008 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Berufungsstreitwert: Gebührenstufe bis 7.000 EUR
Entscheidungsgründe:
I.
Die Parteien haben sich nach Heirat am 31. August 1995 und der Geburt zweier Töchter (14. Juli 1999 und 16. September 2000), die im Haushalt der Mutter (Ehefrau und Antragsgegnerin) verblieben sind und seit geraumer Zeit Umgang mit dem Vater (Ehemann und Antragsteller) lediglich einmal wöchentlich für wenige Stunden und stets in Begleitung der Mutter haben, im Mai 2005 getrennt. die Ehe ist durch das vorliegend nur zum Unterhalt angefochtene Verbundurteil, auf das ergänzend Bezug genommen wird, geschieden worden. Rechtskraft der Scheidung ist mit Ablauf des 30. Juni 2008 eingetreten.
Das Amtsgericht hat der zwischenzeitlich wieder gut halbschichtig berufstätigen Ehefrau Unterhalt in Höhe von monatlich 501,92 EUR zugesprochen. diesen will der Ehemann auf monatlich 215 EUR herabgesetzt und bis Ende 2012 befristet sehen.
Er begründet sein Begehren, dem er im übrigen selbst weitgehend die amtsgerichtlich ermittelten Werte unterlegt, wie folgt:
Der Wohnwert des gemeinsamen, von ihm mit seiner neuen Lebensgefährtin bewohnten Reihenendhauses - reine Wohnfläche 104 m². dazu komplett ausgebauter Dachboden und Kellerräume sowie Gartenfläche - sei statt mit 800 EUR "angesichts des Baujahres 1985 und der Ausstattung" nur mit 600 EUR zu bewerten.
Die Ehefrau könne ungeachtet der beiden Kinder, die nach den gegenwärtigen Sommerferien die zweite bzw. dritte Grundschulklasse besuchen werden und deren Betreuung während der wochentäglichen Nachmittage, an denen er stets arbeitsfrei habe, er ausdrücklich zu übernehmen anbiete, vollschichtig arbeiten und daraus mindestens ein relevantes Einkommen von 1.390 EUR erzielen.
Mangels ehebedingter Nachteile sei der Unterhalt auf dieser Grundlage zudem zu befristen, den zusätzlichen Belastungen durch die Kinderbetreuung sei durch einen Unterhalt in der nicht angefochtenen Höhe bis 2012 hinreichend Rechnung getragen.
Die Ehefrau tritt der Berufung unter substantiierter Darlegung zur fehlenden Betreuungsmöglichkeit der Kinder während der Nachmittage entgegen.
II.
Die zulässige Berufung kann in der Sache keinen Erfolg haben. Die amtsgerichtliche Verurteilung des Antragstellers erweist sich auch auf der Grundlage der vom Senat angeforderten aktuellen Einkommensbelege als jedenfalls nicht zu dessen Nachteil unrichtig.
1. Der Antragsteller verfügt aktuell über ein für den nachehelichen Unterhalt maßgebliches Monatseinkommen von rund 2.027 EUR: aus den vorgelegten Gehaltsmitteilungen seines Hauptarbeitgebers von Juni 2007 bis Mai 2008 ergibt sich ein monatliches Nettoeinkommen von 1.714,95 EUR (Auszahlungssumme 20.179,23 EUR entsprechend monatsdurchschnittlich 1.681,60 EUR zuzüglich VWL ohne Arbeitgeberanteil von 33,35 EUR). aus einer Nebentätigkeit erhält er monatlich weitere 300 EUR, zusammen also 2.014,95 EUR bzw. nach Abzug der Pauschale für berufsbedingten Aufwand 1.914,20 EUR. hinzuzusetzen ist die - entsprechend der Vorjahreswerte zu erwartenden - Steuererstattung von umgerechnet 34,33 EUR, so daß sich 1.948,54 EUR ergeben. Davon abzusetzen ist der unstreitige Zahlbetrag des Kindesunterhaltes von 588 EUR, so daß 1.360,54 EUR bzw. nach Abzug des Erwerbstätigenbonus 1.166,18 EUR verbleiben. Hinzuzusetzen sind unstreitige Zinseinkünfte in Höhe von 150 EUR sowie der Wohnvorteil, den der Senat mit dem Amtsgericht mit 800 EUR bemißt (§ 287 ZPO). nach der auf zahlreichen vergleichbaren Verfahren beruhenden Erfahrung des Senates, der auch durch Recherchen von Mietgesuchen und Angeboten im Internet gestützt wird, ist für ein Reihenendhaus der hier vorliegenden Art und Größe in dem betroffenen Stadtteil H. jedenfalls von einem Mietwert von 800 EUR auszugehen. demgegenüber sind auch vom Ehemann weder substantiierte Einwände noch Gesichtspunkte dargelegt worden, die eine förmliche Begutachtung erforderlich machen könnten. Unter Berücksichtigung der wiederum unstreitigen Hauskosten von 89 EUR ergeben sich insgesamt 2.027,18 EUR.
Demgegenüber beläuft sich das (tatsächliche) maßgebliche monatliche Einkommen der Ehefrau auf 932,48 EUR: von dem unstreitigen Nettoeinkommen gemäß den aktuellen Einkommensbelegten mit 1.145,15 EUR verbleiben nach pauschaliertem Abzug für berufsbedingten Aufwand (57,26 EUR) 1.087,89 EUR und nach Abzug des Erwerbstätigenbonus 923,48 EUR. bei den von ihr geltendgemachten weiteren Kosten für die Kinderbetreuung während der Arbeitszeiten der Antragsgegnerin handelt es sich nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes um eigenen Bedarf der Kinder (vgl. BGH, Urt. vom 5. März 2008 - XII ZR 150/05 - FamRZ 2008, 1152).
Auf dieser Grundlage ergeben sich eine Einkommensdifferenz von 1.094,70 EUR und ein rechnerischer Unterhaltsanspruch der Ehefrau von 547,35 EUR, der über die amtsgerichtliche Verurteilung hinausginge. insofern kommt es auch nicht weiter entscheidend darauf an, dass sich durch die zusätzlich zu bedenkende Möglichkeit der Inanspruchnahme des begrenzten steuerlichen Realsplittings noch eine zusätzliche Einkommenserhöhung seitens des Antragstellers darstellen lässt.
2. Der Antragsgegnerin ist auch nicht ein höheres fiktives Einkommen zuzurechnen. Nach der Rechsprechung des Senates zu dem seit Januar 2008 geänderten § 1570 BGB wird ein Elternteil, der allein zwei Kinder im grundschulpflichtigen Alter betreut, mit einer - wie im Streitfall: gut - halbschichtigen Berufstätigkeit regelmäßig der ihm obliegenden Erwerbsobliegenheit genügen. Zudem hat die Antragsgegnerin auch plausibel dargetan, daß sie - gerade auch im Interesse der Kinder - eine persönliche nachmittägliche Betreuung nicht zuletzt bei den zu erledigenden Hausaufgaben für erforderlich hält und alternative Betreuungsmöglichkeiten nicht bestünden. Soweit der Antragsteller dem - abgesehen von einem bloßen "Bestreiten" - im Wesentlichen damit entgegenzutreten sucht, selbst die nachmittägliche Betreuung der beiden Kinder übernehmen zu wollen, kann er damit unter den Umständen des Streitfalles, in denen nämlich seit geraumer Zeit und aktuell fortdauernd nicht einmal ein unbegleiteter Umgang zwischen Vater und Kindern erfolgt, nicht einmal eine beachtliche Betreuungsalternative aufzeigen. Soweit nicht regelmäßig ein unbegleiteter Umgang zwischen Vater und Kindern stattfindet und sich dies als eine verläßliche Betreuung der Kinder erwiesen und bewährt hat, kommt es auf die rein hypothetische Möglichkeit zu einem ungewissen späteren Zeitpunkt für die aktuell zu treffende Entscheidung nicht weiter an. Insofern bedarf es auch nicht des weiteren Eingehens auf von der Mutter vorgetragene erhebliche Vorbehalte beider Kinder gegenüber dem Vater.
3. Besteht nach dem Vorgesagten gegenwärtig für die Antragsgegnerin keine Verpflichtung zur Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit und hat sie jedenfalls einen Betreuungsunterhaltsanspruch entsprechend der amtsgerichtlichen Verurteilung, so können derzeit die Voraussetzungen für eine etwaige spätere Befristung dieses Anspruches nicht mit der hinreichenden Sicherheit beurteilt werden: weder ist jetzt bereits die Dauer eines Betreuungserfordernisses durch die Mutter in einem deren vollschichtiger Erwerbstätigkeit entgegenstehenden Umfang absehbar, noch können ihre sich in der Folge ergebenden Erwerbs und Verdienstmöglichkeiten und damit zugleich der endgültige Eintritt sowie der etwaige Umfang ehe und betreuungsbedingter Nachteile heute bereits festgestellt werden. Daher kann der Antragsteller auch mit seinem - selbst allein auf die Annahme einer bereits heute bestehenden vollschichtigen Arbeitsverpflichtung und -möglichkeit gestützten - Befristungsbegehren keinen Erfolg haben.
4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 712, 713 ZPO.
Ende der Entscheidung
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