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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 19.05.2003
Aktenzeichen: 10 W 9/03
Rechtsgebiete: BGB, BVormVG
Vorschriften:
BGB § 1908i | |
BGB § 1836a | |
BVormVG § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 |
10 W 9/03
Beschluss
In der Beschwerdesache
hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die sofortige weitere Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Amtsgericht ####### vom 16. Januar 2003 gegen den Beschluss des Landgerichts Hannover vom 30. Dezember 2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ####### sowie der Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### am 19. Mai 2003 beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Amtsgericht ####### vom 17. Januar 2003 wird der Beschluss des Landgerichts Hannover vom 30. Dezember 2002 geändert.
Die sofortigen Beschwerden der Betreuerin gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Hannover vom 22. März 2002 und vom 11. April 2002 werden zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerdeverfahren hat die Betreuerin zu tragen.
Beschwerdewert: bis 300 ?
Gründe:
I.
Vorliegend geht der Streit um den Stundensatz, der in der Abrechnung einer mit dem Abschluss als Bankfachwirtin qualifizierten Betreuerin anzusetzen ist.
Die Beschwerdegegnerin ist für den mittellosen Betroffenen als Betreuerin unter anderem mit den Aufgabenkreisen 'Vermögenssorge' bestellt und führt die Betreuung berufsmäßig. Die Betreuerin hat nach dem Besuch der Kaufmännischen Berufsschule Abteilung Banken 1976 vor der Industrie- und Handelskammer die Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf Bankkaufmann bestanden. Nach Teilnahme am zweijährigen Bankakademie-Bankfachwirt-Studium der Bankakademie e.V. in ####### hat sie 1981 vor der Industrie- und Handelskammer die Prüfung als Bankfachwirt bestanden und zugleich von der Bankakademie das Diplom Bankakademie-Bankfachwirt verliehen erhalten. 1982 hat sie schließlich die Ausbilderprüfung der Industrie- und Handelskammer bestanden.
Ihre im Laufe des Jahres 2002 gestellten Anträge auf Festsetzung einer Vergütung gem. §§ 1836a, 1836 Abs. 2 BGB für das vierte Quartal 2001 sowie das erste Quartal 2002 hat das Amtsgericht durch Beschlüsse vom 22. März und 11. April 2002 unter Kürzung der beantragten Beträge beschieden; dabei hat das Amtsgericht im Wesentlichen einen Stundensatz von 45 DM/23 ? und nicht wie beantragt von 60 DM/31 ? zu Grunde gelegt, worauf Kürzungen um (100,84 DM =) 51,37 ? bzw. 19,17 ? beruhen. Die allein gegen die auf der Ansetzung des geringeren Stundensatzes beruhende Kürzung gerichteten sofortigen Erinnerungen der Betreuerin hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 10. September 2002 zurückgewiesen. Das Amtsgericht hat die sofortige Beschwerde gegen diese Zurückweisung zugelassen.
Gegen den Beschluss vom 10. September 2002 hat die Betreuerin am 4. November sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie die Zubilligung eines Stundensatzes von 31 ? für ihre Tätigkeit weiterverfolgt und auf die Vergleichbarkeit der Ausbildung zur Bankfachwirtin mit einer Hochschulausbildung abstellen will.
Das Landgericht hat - unter Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist - mit Beschluss vom 30. Dezember 2002 auf die sofortige Beschwerde hin antragsgemäß eine weitere Betreuervergütung in Höhe von 70,54 ? festgesetzt und im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung die sofortige weitere Beschwerde zugelassen. Dabei ist das Landgericht der von der Betreuerin vertretenen Auffassung gefolgt, die Qualifikation als (Bank-) Fachwirtin sei mit einer abgeschlossenen Hochschulausbildung vergleichbar.
Gegen den ihm am 15. Januar 2003 zugestellten Beschluss hat der Bezirksrevisor bei dem Amtsgericht ####### im Namen der Landeskasse noch auf dem Empfangsbekenntnis unter dem Datum des 16. Januar 2003 sofortige weitere Beschwerde eingelegt; dieses Schreiben ist versehentlich ohne Aufbringung eines Eingangsstempels durch das Landgericht dem Amtsgericht zum Vergütungsheft übersandt worden und dort - am 17. Januar 2003 eingehend - auch zunächst abgeheftet worden. Der Bezirksrevisor erstrebt die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Beschlüsse vom 22. März und 11. April 2002.
II.
Die zulässige - insbesondere durch Zulassung gemäß § 56g Abs. 5 Satz 2 FGG statthafte und ausweislich des bereits am 17. Januar 2003 wieder beim Amtsgericht eingegangenen Schreibens auch fristgerecht eingelegte - sofortige weitere Beschwerde der Landeskasse hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen landgerichtlichen Beschlusses und Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Betreuerin zur Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Beschlüsse vom 22. März und 11. April 2002.
Zu Gunsten der Betreuerin einer wie hier mittellosen Betreuten ist nach §§ 1836a, 1908i BGB eine Vergütung aus der Staatskasse festzusetzen, deren Höhe sich nach § 1 BVormVG bestimmt. Danach ist vorliegend bei der Festsetzung der Vergütung der Betreuerin für das vierte Quartal 2001 sowie das erste Quartal 2002 - wie in den Ausgangsbeschlüssen des Amtsgerichts geschehen - ein Stundensatz von 45 DM bzw. 23 ? zu Grunde zu legen, nicht - wie vom Landgericht vertreten -ein Stundensatz von 60 DM bzw. 31 ?.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BVormVG beläuft sich für jede erforderlicherweise aufgewendete Stunde die Vergütung des Berufsbetreuers auf 23 ? (bzw. für 2001 45 DM) wenn er über besondere, für die Führung der Betreuung nutzbare Kenntnisse verfügt, die durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind; diese Voraussetzungen werden durch die Betreuerin ohne Zweifel erfüllt, auch die Nutzbarkeit der durch die Ausbildung zur Bankfachwirtin erworbenen Kenntnisse für die Führung einer Betreuung ist offenkundig.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG erhöht sich die Vergütung pro Stunde auf 31 ? (bzw. für 2001 60 DM), wenn die besonderen Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind. Über eine solche abgeschlossene Ausbildung verfügt die Betreuerin jedoch nicht. Die Qualifikation als Bankfachwirtin hat sie bei der Bankakademie, also nicht an einer Hochschule im Sinne der ersten Alternative erworben. Diese von der Betreuerein abgeschlossene Ausbildung zur Bankfachwirtin ist auch nicht im Sinne der zweiten Alternative mit einer abgeschlossenen Ausbildung an einer Hochschule vergleichbar.
Als Wertungskriterium für die Vergleichbarkeit können herangezogen werden der mit der Ausbildung verbundene zeitliche Aufwand, der Umfang des Lehrstoffes und die Ausgestaltung der Abschlussprüfung , darüber hinaus wesentlich auch die durch diese erworbene Qualifikation, deren Vergleichbarkeit in aller Regel zu bejahen sein wird, wenn sie den Zugang zu beruflichen Tätigkeiten eröffnet, deren Ausübung üblicherweise Hochschulabsolventen vorbehalten ist (vgl. BayObLG, Beschluss vom 6. September 2000 - 3Z BR 214/00 - FamRZ 2001, 188,189). Unter diesen Gesichtspunkten ist eine Vergleichbarkeit des Abschlusses als Bankfachwirt mit einen abgeschlossenen (Fach-) Hochschulstudium nicht gegeben.
Während üblicherweise für dem (Fach-) Hochschulstudium vergleichbare Ausbildungen eine Dauer von mindestens drei bis vier Jahren (vgl. Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1836a BGB Rz. 54) veranschlagt werden, dauert die Ausbildung zum Bankfachwirt nach der Beschreibung der Bankakademie nur 'etwa zwei Jahre', in denen Lehrveranstaltungen 'je nach Studienort entweder überwiegend abends an zwei Wochentagen oder samstags vormittags und an einzelnen Abenden' stattfinden, der Lehrstoff in den angegebenen Fächern allgemeine Bankbetriebslehre, Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, Recht und Wahlfach mithin schon aus zeitlichen Gründen deutlich beschränkt sein muss.
Auch die Zugangsvoraussetzungen zur fraglichen Ausbildung, die nach den Beschreibungen der Bankakademie nicht einmal eine abgeschlossene kaufmännische Berufsausbildung erfordert, wenn eine vierjährige Berufspraxis im Kreditgewerbe nachgewiesen wird (vgl dazu auch Urteil des VG Frankfurt vom 16. März - 1983 - Juris-Dokument MWRE008480100 (LS) und einer damals noch erforderlichen sechsjährigen Tätigkeit), entsprechen in keiner Weise den Anforderungen, wie sie von (Fach-) Hochschulen an Bewerber gestellt werden. Nicht zuletzt hat der Bezirksrevisor bereits im Verfahren vor dem Amtsgericht darauf hingewiesen, dass nach den von der Betreuerin selbst eingereichten Unterlagen bei einem Teil der zum Bankfachwirt ausbildenden Fachschulen 'während der Ausbildung zusätzlich weitere Qualifikationen erworben werden' können und als einziges ausdrücklich erwähntes Beispiel die Fachhochschulreife aufgeführt wird.
Dementsprechend stellt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, zu deren Weiterbildungssystem die Ausbildungen zu den verschiedenen Fachwirten gehören, in seiner Übersicht über den Fortgang 'von der Schulbank zum Betriebswirt IHK' den Fachwirt auf der Stufe eines Fachmeister des Handwerks dar, und beschreibt die Bankakademie als 'Drei Stufen zum Erfolg' das Bankfachwirt-Studium als erste Stufe, denen das Bankbetriebswirt-Studium und das Management-Studium als weitere Stufen folgen. Konsequent werden dem Fachwirt 'die Voraussetzungen zur Übernahme von vielseitig qualifizierten Aufgaben in allen Geschäftsfeldern der Kreditwirtschaft' bescheinigt. Für die tatsächlich nicht weiter belegte Annahme des Landgerichts, den Absolventen der Bankfachwirtweiterbildung werde der Zugang zu üblicherweise Hochschulabsolventen vorbehaltenen beruflichen Tätigkeiten eröffnet, bietet sich mithin nicht einmal in der Selbstdarstellung der Veranstalter eine Grundlage.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.
Ende der Entscheidung
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