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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 10.01.2002
Aktenzeichen: 11 U 108/01
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 459 | |
BGB § 462 | |
BGB § 463 | |
BGB § 467 | |
BGB § 433 |
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 10. Januar 2002
In dem Rechtsstreit
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und die Richterin am Oberlandesgericht ####### auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2001 für Recht erkannt:
Tenor:
Unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels auf die Berufung des Klägers das am 22. März 2001 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Verden teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.089,03 DM nebst 9,26 % Zinsen seit dem 15. Dezember 2000, und an die ####### Bank, #######, zur Darlehensnummer 15.435.01.001/003 9.566,21 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszins gemäß § 1 DÜG seit dem 5. Dezember 2000 Zug um Zug gegen Übergabe des Pkw VW Multivan mit der Fahrzeugidentitätsnummer WV2ZZZ70ZRH123972BA690619 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte in Annahmeverzug hinsichtlich des VW Multivan befindet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 10 % und der Beklagte 90 %.
Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen der Kläger zu 3 % und der Beklagte zu 97 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer beträgt für den Kläger 684,76 DM und für den Beklagten 20.155,24 DM.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist teilweise begründet. Die zulässige Berufung des Beklagten ist dagegen unbegründet.
Zu Recht hat das Landgericht den Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises an den Kläger Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeuges gemäß § 459, § 462, § 463, § 467, § 433 BGB verurteilt. Unstreitig hatte der Wagen vor dem Verkauf einen schweren Unfall gehabt, bei dem er mit der gesamten linken Fahrzeugseite am 6. Dezember 1998 auf einer Autobahn in eine Leitplanke fuhr. Ein Gebrauchtwagen, der einen Unfallschaden aufweist, ist fehlerhaft im Sinne der Gewährleistungsansprüche des Kaufrechts, es sei denn, es handelt sich um einen reinen Bagatellschaden. Angesichts des Umfanges der Beschädigung liegt im vorliegenden Fall kein Bagatellschaden vor.
Der Anspruch des Klägers auf Wandlung des Kaufvertrages ist nicht aufgrund des von den Parteien vereinbarten Gewährleistungsausschlusses ausgeschlossen. Der von den Parteien in dem Formularvertrag vereinbarte Gewährleistungsausschluss ist unwirksam, weil der Beklagte dem Kläger den Fehler des Wagens arglistig verschwiegen hatte. Arglist im Sinne des Gesetzes ist dann gegeben, wenn der Verkäufer einer Sache auf einen nicht nur unerheblichen Fehler, der ihm bekannt ist oder den er für möglich hält, nicht hinweist, obwohl der Verkäufer weiß oder es für möglich hält, dass der Käufer diesen Fehler nicht kennt. Des Weiteren muss der Verkäufer wissen oder es für möglich halten, dass die Annahme des Käufers, die Sache sei fehlerfrei, für den Entschluss des Käufers zum Kauf erheblich ist. Dabei bedeutet Arglist im Sinne des Gewährleistungsrechtes nicht, dass der Verkäufer auch betrügerisch im Sinne des Strafgesetzbuches gehandelt hat. Für die Annahme einer Arglist reicht bedingter Vorsatz aus, der insbesondere dann gegeben sein kann, wenn der Handelnde vertragswesentliche Erklärungen ohne hinreichende Erkenntnisgrundlage "ins Blaue hinein" abgibt. Hat der Vertragspartner in einem bedeutsamen Punkt die Unwahrheit gesagt, wird man von ihm erwarten können, dass er eine Erklärung dafür gibt, wie es hierzu gekommen ist. Ist der Vertragsgegner nicht in der Lage, Entschuldigungsgründe vorzubringen, oder sind diese nicht plausibel, kann davon ausgegangen werden, dass er bewusst die Unwahrheit gesagt hat (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2000, VIII ZR 36/00 m. w. N.).
Im vorliegenden Fall hat der Beklagte bei Erwerb des Fahrzeuges keine Information darüber erhalten, dass es sich bei dem Fahrzeug um einen so genannten Unfallwagen handelte. In der von dem Kläger vorgelegten "verbindlichen Bestellung" für den Erwerb des Fahrzeuges ist in der dort vorgesehenen Rubrik keine Eintragung über Unfallschäden des Vorbesitzers enthalten. Auf der anderen Seite hat der Beklagte bei der Weiterveräußerung des Fahrzeuges an den Kläger in der entsprechenden Rubrik eingetragen, dass das Seitenteil links erneuert worden ist. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass die Erklärung des Beklagten, ihm sei aufgefallen, dass mit dem Fahrzeug "irgend etwas vorgefallen sein müsse", nicht ausreichend ist. Diese Erklärung erscheint nicht plausibel dafür, dass dem Beklagten als Kfz-Fachmann der Umfang der Beschädigung verborgen geblieben ist. Der Beklagte ist Fordhändler und betreibt selbst eine Kraftfahrzeugwerkstatt. Im Hinblick auf diese besonderen Kenntnisse des Beklagten erscheint seine Erklärung nicht plausibel, dass er den Unfallschaden in seinem tatsächlichen Umfange nicht erkannt hat. Unter den gegebenen Umständen wäre der Beklagte gehalten gewesen, entweder das Fahrzeug einer eingehenden Überprüfung zu unterziehen oder aber den Kläger darüber aufzuklären, dass für ihn - den Beklagten - der Verdacht eines ernsthaften Unfallschadens bestand und das Fahrzeug gerade nicht einer genauen Überprüfung unterzogen worden sei.
Auch die weiter erforderliche Voraussetzung der Ursächlichkeit zwischen dem Verschweigen und dem Abschluss des Vertrages ist gegeben, da der Kläger bei Offenbarung des tatsächlichen Schadensumfanges den Vertrag nicht oder zumindestens so nicht geschlossen hätte.
Die im Übrigen zutreffende Berechnung des Schadensersatzanspruchs ist vom Beklagten in der Berufung nicht angefochten worden. Auszugehen ist daher von einer Gesamtforderung des Klägers in Höhe von 14.383,79 DM.
Von dieser Forderung des Klägers hat das Landgericht im Hinblick auf die vom Kläger zum damaligen Zeitpunkt gefahrenen 19.000 km 7.600 DM als Gebrauchsvorteil abgezogen. Dieser Betrag ist überhöht. Die Bemessung des Gebrauchsvorteils erfolgt durch zeitanteilige lineare Wertminderung im Vergleich zwischen tatsächlichem Gebrauch und voraussichtlicher Gesamtnutzungsdauer ausgehend vom Bruttokaufpreis im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO. Dabei wird bei Kraftfahrzeugen die Nutzungsdauer in Kilometern bemessen. Bei gebrauchten Kraftfahrzeugen ist der konkrete Altwagenpreis mit der voraussichtlichen Restfahrleistung ins Verhältnis zu setzen und mit der tatsächlichen Fahrleistung des Käufers zu multiplizieren (BGH, NJW 1995, 2159, 2161). Bei einer anzunehmenden Gesamtlaufleistung des Fahrzeuges von 200.000 km ergibt sich bei einem Anschaffungspreis des Fahrzeugs von 23.800 DM und einer zu erwartenden Restlaufleistung von 125.000 km eine Nutzungsvergütung von 0,19 DM pro Kilometer. Der Kläger ist bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat mit dem Wagen 22.604 Kilometer gefahren. Der Kläger muss sich somit einen Betrag von 4.294,76 DM anrechnen lassen.
Demgemäß war die Berufung des Beklagten zurückzuweisen und auf die Berufung des Klägers das landgerichtliche Urteil abzuändern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die übrigen Nebenentscheidungen finden ihre Stütze in § 708 Ziff. 10, § 713, § 546 Abs. 2 ZPO.
Ende der Entscheidung
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