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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 28.10.1999
Aktenzeichen: 11 U 128/96
Rechtsgebiete: AGBG, BGB, ZPO


Vorschriften:

AGBG § 9
BGB § 138
BGB § 31
BGB § 831
BGB § 242
BGB § 675
BGB § 667
BGB § 254
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 134
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

11 U 128/96 13 O 410/95 LG Hannover

Verkündet am 28. Oktober 1999

Justizsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 27. Juli 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht , den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 27. März 1996 unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 91.000 DM nebst 4 % Zinsen auf 70.000 DM seit dem 13. Januar 1993 und auf weitere 21.000 DM seit dem 6. Mai 1993 zu zahlen. Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 70 % und der Kläger 30 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 135.000 abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in der nämlichen Höhe leistet.

Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 8.000 abzuwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in der nämlichen Höhe leistet.

Beiden Parteien wird nachgelassen, eine von ihnen zu erbringende Sicherheit in Form einer unbedingten, unwiderruflichen, unbefristeten, selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank zu leisten.

Die Beschwer der Beklagten beträgt 91.000 DM. Die Beschwer des Klägers beträgt 39.000 DM.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten Zahlung von 130.OOO DM aus einem gescheiterten Kapitalanlagegeschäft.

Die Beklagte, die unter der Abkürzung am Markt tätig ist, ist ein in ganz Deutschland tätiges Wirtschaftsberatungs- und Finanzierungsbetreuungsunternehmen, das Kapitalanlagen, Bauspar- und Versicherungsverträge vermittelt. Sie unterhält mit Hilfe selbstständiger Handelsvertreter eine Außendienstorganisation. Ihre Außendienstmitarbeiter werden je nach ihrer Position in der Hierarchie als Geschäftsstellenleiter, Direktionsassistenten, Direktionsmanager, Direktoren oder Landesdirektoren usw. bezeichnet. Die Mitarbeiter sind berechtigt, das Firmenzeichen der Beklagten in Briefbögen und an den Geschäftsstellengebäuden zu benutzen sowie die Geschäftsräume nach außen als Geschäftsstelle der Beklagten zu bezeichnen. Sie dürfen grundsätzlich nur solche Verträge vermitteln, die von der Beklagten und ihren Partnergesellschaften angeboten werden und indem jeweils gültigen Produktplan enthalten sind. Produkte, die von den selbstständigen Handelsvertretern der Beklagten im Rahmen ihrer Beratertätigkeit an Kunden vermittelt werden sollen, werden zuvor von der Beklagten einer Überprüfung unterzogen. Fällt diese Überprüfung negativ aus, ist es den selbstständigen Handelsvertretern der Beklagten nicht gestattet, diese Produkte an die jeweiligen Kunden zu vermitteln.

Zu den Handelsvertretern der Beklagten zählte spätestens von September 1989 an bis Juli 1993 . übte seine Handelsvertretertätigkeit zunächst in Geschäftsräumen in der in aus. Diese Geschäftsräume waren von der Handelsvertreterin angemietet. Im 4. Quartal des Jahres 1992 mietete Geschäftsräume in der in an. Die Räumlichkeiten waren zumindest mit einem Türschild versehen, das den Namen und das Emblem der Beklagten trug. Innerhalb der Hierarchie der Beklagten fungierte zuletzt als Direktionsmanager und Geschäftsstellenleiter. Grundlage der Tätigkeit war ein zwischen und der Beklagten geschlossener Mitarbeitervertrag. In dem Mitarbeitervertrag ist u. a. Folgendes bestimmt:

Ziff. 6.7.:

"Der Mitarbeiter ist nur zur Vermittlung, nicht auch zum Abschluss von Geschäften für die Partnergesellschaften bzw. für den berechtigt. Er ist auch nicht berechtigt, den und dessen Partnergesellschaften rechtsgeschäftlich zu vertreten, insbesondere sie zu berechtigen oder zu verpflichten. Der Mitarbeiter ist auch nicht zur Abgabe von schriftlichen oder mündlichen Erklärungen berechtigt, die für den oder dessen Partnergesellschaften verbindlich sein könnten. Der Mitarbeiter ist grundsätzlich nicht berechtigt, Zahlungsmittel, gleich welcher Art, für Rechnung des und/oder dessen Partnergesellschaften entgegenzunehmen, soweit dem Mitarbeiter nicht von dem und/oder dessen Partnergesellschaften eine gegenständlich beschränkte Inkassovollmacht schriftlich oder per Geschäftsanweisung erteilt ist."

Ziff. 7.2.:

"Der Mitarbeiter ist nicht berechtigt, für Wettbewerber des in oder der Partnergesellschaften tätig zu werden oder sich an einem Konkurrenzunternehmen direkt oder indirekt, mittelbar oder unmittelbar zu beteiligen oder es sonst in irgendeiner Weise zu unterstützen. Dem Mitarbeiter ist jede weitere gleichartige gewerbliche Tätigkeit ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung des untersagt. Gleiches gilt hinsichtlich der Vermittlung von Verträgen, die nicht von dem bzw. einer Partnergesellschaft angeboten werden und nicht in dem jeweils gültigen Produktplan enthalten sind. Für den Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs ist der Mitarbeiter zur Zahlung einer Konventionalstrafe von DM 5.000,00 an den verpflichtet. Schadensersatzansprüche des bleiben davon unberührt."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindliche Kopie des Mitarbeitervertrages verwiesen (Anlage 6 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 eingereichten Anlagenkonvoluts).

Am 14. Dezember 1989/26. Februar 1990 schlossen die Beklagte und einen Zusatzvertrag für Führungskräfte. Danach sollte als selbstständiger Handelsvertreter ebenfalls ausschließlich für den tätig sein. Er hatte das Recht und die Pflicht, geeignete Mitarbeiter anzuwerben, auszubilden und deren Tätigkeit zu überwachen. Zusätzlich sollte er die angeworbenen und unterstellten Mitarbeiter fachlich und praktisch einarbeiten sowie diese bei ihren Tätigkeiten unterstützen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Zusatzvertrages für Führungskräfte wird auf die bei den Akten befindliche Kopie des Zusatzvertrages verwiesen (Anlage 7 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 eingereichten Anlagenkonvoluts).

Unter dem 10. Februar 1992 beantragte schriftlich eine Nebentätigkeitsgenehmigung (Anlagehefter B 3 bzw. Anlage 8 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 eingereichten Anlagenkonvoluts). Gegenstand der Nebentätigkeit sollte der Handel mit Bankgarantien, sog. Geschäfte sein. Mit Schreiben vom 17. Februar 1992 (Anlage 9 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 eingereichten Anlagenkonvoluts) wurde von der Beklagten eine entsprechende Genehmigung erteilt. Allerdings verpflichtete die Beklagte ihn, bei Kontaktaufnahme mit Kunden im Rahmen der privaten Nebentätigkeit eindeutig klarzustellen, dass die Nebentätigkeit nicht im Zusammenhang mit den Beratungsleistungen, die für die Beklagte erbracht wurden, stehe.

Unter dem 7. Mai 1992 mahnte die Beklagte ab (Anlage 13 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 eingereichten Anlagenkonvoluts). Die Beklagte wies darauf hin, dass die Nebentätigkeit in keinem Zusammenhang mit dem stehen dürfe. dürfe im Zusammenhang mit seiner Nebentätigkeit auch keine Aussagen auf -Briefbögen machen. Da er gegen diese Abmachungen verstoßen habe, werde er abgemahnt.

gelang es, zahlreiche Anleger zu veranlassen, Beträge auf sein eigenes Konto oder andere Privatkonten zu überweisen. Den Anlegern wurde von erläutert, dass es sich bei den -Geschäften um sichere Geldanlagen mit hoher Rendite handele. Es seien Renditen von 20 % bis 100 % pro Jahr möglich.

Die von den für die Beklagte tätigen Handelsvertretern getätigten Geschäfte wurden nach einem bestimmten Schlüssel in sog. "Einheiten" umgerechnet. Die jeweiligen Einheiten wurden an die Zentrale der Beklagten gemeldet. Die Beklagte verließ sich bei den gemeldeten Einheiten auf die Angaben der Handelsvertreterbüros. Ob die Geschäfte, denen die gemeldeten Einheiten tatsächlich zu Grunde lagen, später zur Durchführung kamen, war nur den jeweiligen Provisionsabrechnungen der einzelnen Handelsvertreter zu entnehmen. Erst aus der jeweiligen Provisionsabrechnung und der Stornoquote ließ sich der wirkliche Erfolg des einzelnen Handelsvertreters ablesen. Nachdem den Zeugen, der als Landesdirektor in der Hierarchie über stand, über den Umfang der "Geschäfte" informiert hatte, meldete eine sehr große Zahl von Einheiten an die Zentrale der Beklagten. In der Juni-Ausgabe 1992 der hauseigenen und von der Zentraldirektion der Beklagten in herausgegebenen Zeitschrift wurde den Geschäftserfolgen unter der Rubrik "Geschäft des Monats" ein eigener Artikel gewidmet. In der ebenfalls dort abgedruckten Rangliste für Mai 1992 führte bezogen auf den Geschäftserfolg die Reihe der Direktionsmanager mit weitem Abstand an. Die Zeitschrift ist an die Mitarbeiter und Freunde des Allgemeinen Wirtschaftsdienstes gerichtet. Mit an alle dem Zeugen untergeordneten Mitarbeiter des gerichtetem Schreiben vom 3. Juli 1992 (Kopie Bd. I Bl. 16 ) stellte der Landesdirektor die hohe Zahl von Einheiten heraus.

In der Folgezeit wurden die für die SLC-Geschäfte zunächst berücksichtigten Einheiten aus den Ranglisten wieder gestrichen. Die Beklagte erstellte unter dem 22. Juni 1992 eine Abmahnung für (Kopie als Anlage 17 des mit Schriftsatz vom 15.2.1999 zu den Akten gelangten Anlagenkonvoluts), die dieser nach der Behauptung der Beklagten auch erhalten hat, deren Erhalt der Zeuge jedoch in Abrede nimmt.

Unter dem 15. Februar 1993 unterzeichnete eine unterlassungsverpflichtungserklärung. Darin verpflichtete sich es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe in Höhe von 25.000 DM zu unterlassen, Produkte, die nicht von der Beklagten zum Vertrieb freigegeben worden waren, zu vermitteln oder zu vertreiben sowie für die Firma tätig zu werden oder Produkte dieser Gesellschaft zu vermitteln. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindliche Kopie der Unterlassungsverpflichtungserklärung (Anlage 22 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 eingereichten Anlagenkonvoluts) verwiesen.

Mit Schreiben vom 16. März 1993 wurde von der Beklagten angewiesen, Transaktionen gemäß einer Aufstellung vom 8. März 1993 rückabzuwickeln. Ausweislich des Schreibens der Beklagten war zuvor ein Gespräch geführt worden, in dem die Beklagte sich vorbehalten hatte, über Genehmigung oder Ablehnung der Sondergeschäfte zu entscheiden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindliche Kopie des Schreibens vom 16. März 1993 (Anlage 25 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 zu den Akten gereichten Anlagenkonvoluts) verwiesen. Mit Schreiben vom 2. April 1993 (Kopie Anlage 32 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 zu den Akten gereichten Anlagenkonvoluts) wurde mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben als Führungskraft entbunden. Mit Schreiben vom 16. Juli 1993 (Anlage 36 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 überreichten Hefters) kündigte die Beklagte fristlos.

wurde wegen seines Verhaltens im Zusammenhang mit den -Geschäften mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts vom 26. Juli 1995 - wegen Betruges in 60 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt.

Neben den vor dem Senat anhängigen Rechtsstreitigkeiten sieht sich die Beklagte weiteren Forderungen in Höhe von ca. 44 Mio. DM ausgesetzt, die im Zusammenhang mit den Geschäften stehen sollen.

Der Kläger hatte bereits im Jahre 1991 durch Vermittlung der Handelsvertreterin , die bei der Beklagten tätig war, einen Betrag von 500.000 DM über die Beklagte angelegt. Im Jahre 1992 erfuhr der Kläger von der Möglichkeit, Kapital im Geschäft anzulegen. Nach einer von durchgeführten Informationsveranstaltung im Dezember 1992 in der Geschäftsstelle überwies der Kläger den Betrag von 130.000 DM in Teilbeträgen von 100.000 DM am 30. Dezember 1992 und von 30.000 DM am 22. April 1993 auf das ihm von genannte Konto bei einer Berliner Bank ein. Der Kläger hat keine Rückzahlung der von ihm angelegten Beträge erhalten.

Mit Schreiben vom 6. Mai 1994 (Kopie Bd. I Bl. 35 f. d. A.) bot die Beklagte dem Kläger an, seinerseits einem inzwischen gegründeten Gläubigerpool beizutreten. Aufgabe des Gläubigerpools sollte es u. a. sein, den von geschädigten Personen bei der Durchsetzung ihrer Rückforderungs- bzw. Schadensersatzansprüche behilflich zu sein. Um Mitglied des Gläubigerpools zu werden, musste der Kläger allerdings auf die Durchsetzung etwa bestehender Ansprüche aus dem -Geschäft gegenüber der Beklagten verzichten. Mit Abschluss der genannten Vereinbarung sollten alle Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte, ganz gleich aus welchem Rechtsgrund, endgültig abgegolten und erledigt sein. Unter dem 24. Mai 1994 schlossen die Parteien die entsprechende Vereinbarung (Kopie Bd. I Bl. 37 - 40 d. A.). Der Kläger unterzeichnete einen Aufnahmevertrag zum Gläubigerpool. Er erklärte jedoch mit Schreiben vom 10. Oktober 1994 seinen Austritt, nachdem für ihn absehbar war, dass die Bemühungen des Gläubigerpools erfolglos bleiben würden. Darüber hinaus focht er mit Schriftsatz vom 31. Oktober 1995 seine Verzichtserklärung wegen arglistiger Täuschung an. Dem Gläubigerpool lag eine Vereinbarung vom 18. Mai 1994 zwischen der Beklagten und den Poolverwaltern Prof. und Prof. zu Grunde. Wegen der Einzelheiten dieser Vereinbarung wird auf die bei den Akten befindliche Kopie (Bd. I Bl. 47 - 58 d. A.) verwiesen.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe das von angebotene Geschäft gekannt. Sämtliche in und Umgebung eingesetzten Führungskräfte und Mitarbeiter der Beklagten seien sowohl durch hausinterne Schreiben als auch durch persönliche Empfehlungen des Landesdirektors darauf aufmerksam gemacht worden. Es sei darauf hingewiesen worden, dass sämtliche Anleger durch entsprechende Bankgarantien der "TOP 30 Europäischen Banken" besonders abgesichert seien. Bei mehreren von der Beklagten in Hotels im Sommer 1992 veranstalteten Gesamtmeetings sei als erfolgreiche Führungskraft genannt worden. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass er von der Beklagten die Rückzahlung des Anlagebetrages verlangen könne. Die Beklagte hafte zumindest nach den Grundsätzen der Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht. Diesem Anspruch stehe nicht die Erlassvereinbarung vom 24. Mai 1994 entgegen. Diese Vereinbarung sei sittenwidrig, da die von der Beklagten angebotene Leistung in einem krassen Missverhältnis zur Gegenleistung der Pool-Mitglieder stünde. Der Beklagten sei es in Wirklichkeit lediglich darum gegangen, drohende Regressansprüche der Anleger durch die Gründung des Gläubigerpools von vornherein abzuwehren.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 130.000 DM nebst 4 % Zinsen auf 100.000 DM seit dem 6. Januar 1993 und auf 30.000 DM seit dem 29. April 1993 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass mit ihr ein Vertrag nicht zu Stande gekommen sei. Sie hat behauptet, dass das Geschäft nicht namens der Beklagten, sondern ausschließlich im eigenen Namen getätigt habe. Es sei den Mitarbeitern verboten gewesen, Geschäfte, die nicht zur Produktpalette der Beklagten gehört hätten, zu vertreiben. Aus den Einheiten, die in der Rangliste veröffentlicht wurden, hätten die Mitarbeiter keine Schlüsse ziehen können, da diese auf Eigenangaben der Vertreter beruhten und zu den Einheiten auch prognitive Einheiten gehört hätten. Die Veröffentlichung der Einheiten sei aus Motivationsgründen erfolgt. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass der vom Kläger ausgesprochene Forderungsverzicht wirksam sei. Die Austrittserklärung des Klägers sei unwirksam, da eine Kündigung der Mitgliedschaft gemäß Pool-Vereinbarung vom 10. Mai 1994 nur aus wichtigem Grunde, der dem Kläger nicht zur Seite stehe, zulässig sei. Auch die von ihm erklärte Anfechtung der Beitrittserklärung entfalte keine rechtliche Wirkung, da der Kläger nicht getäuscht worden sei. Anfechtungsgründe würden dem Kläger nicht zur Seite stehen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe durch die zwischen den Parteien geschlossene Vereinbarung vom 24. Mai 1994 der Beklagten jegliche Rückzahlungs- oder Schadensersatzansprüche erlassen. Der Erlassvertrag sei wirksam, insbesondere sei der Erlassvertrag nicht gemäß § 138 BGB sittenwidrig. Auch unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG sei der Erlassvertrag nicht unwirksam.

Gegen dieses Urteil, auf das zur näheren Sachdarstellung verwiesen wird, richtet sich die Berufung des Klägers. Der Kläger vertritt die Ansicht, dass der Erlassvertrag im Zusammenhang mit dem Pool-Vertrag zu sehen sei. Dieser Pool-Vertrag sei wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig. Im Übrigen sei der Erlassvertrag auch sittenwidrig. Eine Haftung der Beklagten ergebe sich aus den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht. Der Kläger behauptet, dass die beabsichtigten Sondergeschäfte im Februar 1992 in der Zentrale der Beklagten vorgestellt habe. Dabei sei ihm eine Art Sondergenehmigung erteilt worden. Bei einer Konferenz der Geschäftsleitung der Beklagten im Frühjahr 1992 seien die Geschäfte ausdrücklich genehmigt worden. Im Mai 1992 sei dem Landesdirektor mitgeteilt worden, dass die Beklagte das Sondergeschäft von als Einzelgeschäft genehmigt und als -Geschäft übernommen habe. Eine Haftung der Beklagten ergebe sich auch aus § 31 BGB sowie aus § 831 BGB. Für ein etwaiges Mitverschulden des Klägers gebe es keine Anhaltspunkte.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil teilweise zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 130.000 DM nebst 4 % Zinsen auf 100.000 DM seit dem 6. Januar 1993 und auf weitere 30.000 DM seit dem 29. April 1993 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Beide Parteien beantragen die besondere Form der Sicherheitsleistung.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus der ersten Instanz. Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Erlassvertrag wirksam sei. Vertragliche Ansprüche gegenüber der Beklagten seien nicht ersichtlich. Da es sich bei den Außendienstmitarbeitern der Beklagten ausschließlich um selbstständige Handelsvertreter handele, ergäben sich keine vertraglichen Beziehungen zur Beklagten. Dies sei auch durch entsprechende Vermerke auf dem Geschäftspapier, das die einzelnen Handelsvertreter benutzen dürften, deutlich gemacht. Die von der Beklagten vergebenen Titel (z. B. Landesdirektor und Direktionsmanager) kennzeichneten keine Stellung innerhalb der Verwaltungsorganisation der Beklagten, sondern seien lediglich als Anreiz gedacht, um zu erreichen, dass die Mitarbeiter höhere Leistungen erbringen. Dementsprechend habe auch die Veröffentlichung von Einheiten und Ranglisten in der Zeitschrift , bei der es sich im Übrigen nur um eine interne Zeitschrift handele, nur den Zweck, die Handelsvertreter zu motivieren. Zwar habe sich die Nebentätigkeitsgenehmigung vom 17. Februar 1992 auf die Vermittlung von Handelsgeschäften mit Bankgarantien bezogen, einen derartigen Handel habe es jedoch zu keiner Zeit gegeben. Den jeweiligen Anlegern sei ein erhebliches Mitverschulden anzulasten. Die Anleger hätten sich durch die völlig überzogenen Renditeversprechungen zur Geldanlage verleiten lassen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 6. Mai 1999 (Bd. III Bl. 425 f. d. A.) und vom 27. Juli 1999 (Bd. IV Bl. 699, 709 d. A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 8. Juni 1999 (Bd. III Bl. 534 ff. d. A.) und vom 27. Juli 1999 (Bd. IV Bl. 699 ff. d. A.) verwiesen. Nachdem die Vernehmung des Zeugen Dr. wegen gesundheitlicher Probleme des Zeugen unterbrochen werden musste, verzichtete der Kläger auf die Vernehmung dieses Zeugen und auf die Verwertung der bislang von dem Zeugen gemachten aber noch nicht genehmigten Aussagen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die in zulässiger Weise erhobene Berufung des Klägers hat nur in Höhe von 70 % des Schadens Erfolg. In Höhe von 30 % fällt dem Kläger ein Mitverschulden zur Last.

I.

Die Beklagte hat dem Kläger dem Grunde nach wegen positiver Vertragsverletzung eines Beratungsvertrages über Kapitalanlagen einzustehen.

1. Ein solcher Beratungsvertrag ist zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits zustandegekommen.

a) Dass ein Anlageberatungsvertrag geschlossen wird, ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn ein Anlageinteressent deutlich macht, dass er auf bestimmte für ihn wesentliche Anlageentscheidungen bezogen die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des anderen in Anspruch nehmen will und der Anlageberater bzw. -vermittler in der Kenntnis dieses Kundenwunsches die Beratung beginnt (vgl. BGHZ 74, l03, 106; OLG Celle OLGReport 99, 162). So liegt es hier zwischen der Beklagten und dem Kläger.

b) Die Beklagte befasst sich, wie sich aus dem Vorspann des mit dem Mitarbeiter geschlossenen und allen anderen Mitarbeiterverträgen ergibt, mit Wirtschaftsberatung und Finanzbetreuung. Sie übt ausweislich Punkt 1.1 der Mitarbeiterverträge ihre Tätigkeit als Handelsvertreterin aus. Sie tritt allerdings grundsätzlich nicht selbst mit Kunden in Kontakt, sondern durch ihr wiederum als selbstständige Handelsvertreter verbundene Mitarbeiter. Dabei macht sie es gemäß Punkt 7.1. des Vertrages ihren Mitarbeitern zur Pflicht, die Kunden sachgemäß aufzuklären und zu beraten, wobei sie es gemäß Punkt 6.5. des Mitarbeitervertrages übernimmt, den Mitarbeiter durch diesem übergeordnete Führungskräfte fachlich zu unterstützen. Sodann verpflichtet sie die Mitarbeiter, ihnen schriftlich oder mündlich erteilte geschäftliche Weisungen einzuhalten (Punkt 7.7 des Vertragswerkes).

Aus diesen in den Mitarbeiterverträgen angelegten organisatorischen Grundstrukturen ergibt sich, dass die Beklagte durch ihre Mitarbeiter gegenüber von diesen zu akquirierenden Kunden Beratungsleistungen hinsichtlich Finanzanlagen insb. den Abschluss von Bauspar- und Versicherungsverträgen, wie sich aus der Produktpalette ergibt, aber auch hinsichtlich Fondsanlagen etc. anbietet. Dabei folgt aus der Art und Weise des Angebots, wie es sich dem einzelnen Kunden darstellt, dass der jeweilige Mitarbeiter im Regelfall als Vertreter der Beklagten einen Beratungsvertrag zwischen dem Kunden und der Beklagten abschließt. Der Kunde hat nämlich kein Interesse, mit dem jeweiligen Mitarbeiter der Beklagten persönlich in vertragliche Beziehungen hinsichtlich der Beratung zu treten. Er weiß über dessen Ausbildung und Sachkunde regelmäßig nichts. Das Interesse, sich von einem Mitarbeiter gerade der Beklagten über Finanzanlagen beraten zu lassen, rührt vielmehr aus der Größe und dem Marktauftreten der Beklagten her. Aus diesen Faktoren schließt der Kunde darauf, es würden ihm Anlagen angeboten und vermittelt, die die Beklagte hinsichtlich Solidität und Sicherheit kompetent geprüft habe und dies geschehe durch Mitarbeiter, die die Beklagte hinsichtlich der Anlage kompetent schule und unterweise. In dieser Weise angesprochen, gibt der Kunde, der sich wegen einer Kapitalanlage an einen Mitarbeiter der Beklagten wendet oder durch einen solchen für eine Anlage interessiert wird, zu erkennen, den Abschluss eines diesbezüglichen allgemeinen Beratungsverhältnisses zur Beklagten zu wünschen. Geht der Mitarbeiter darauf ein, kommt ein allgemeines Beratungsverhältnis zur Beklagten zu Stande. Aus diesem ist die Beklagte verpflichtet, über ihre Mitarbeiter nur von ihr geprüfte Kapitalanlagen und Versicherungen den Kunden anbieten zu lassen, sowie die Kunden nur von solchen Mitarbeitern betreuen und beraten zu lassen, die - soweit sie beraten- auch ausreichend geschult sind oder aber bei Erreichen der Grenzen ihrer Sachkompetenz denn Kunden an eine fachkundigere Person aus dem übrigen Mitarbeiterstab verweisen.

Dem kann die Beklagte weder mit Erfolg entgegen halten, dass ihre Mitarbeiter gemäß Punkt 6.5. der Mitarbeiterverträge nicht berechtigt seien, Geschäfte für den oder dessen Produktpartner abzuschließen, noch dass - für den Kunden eher sichtbar - sich ein Hinweis hierauf auch in der Fußzeile eines jeden Briefbogens befinde. Dort heißt es wörtlich:

"Erklärungen in diesem Schreiben sind keine der

GmbH, sondern des obigen Absenders. Rechtsverbindliche Erklärungen für den bedürften der zusätzlichen Bestätigung durch die Geschäftsführung der GmbH."

Zum einen ist nicht sichergestellt, dass der Kunde vor einem ersten Geschäftsabschluss einen solchen Hinweis der Beklagten auf die mangelnde Vertretungsmacht der Vertreter wahrnehmen kann. Sodann wirbt die Beklagte gerade mit der Größe und Einheitlichkeit ihrer Organisation, indem sie ihr einheitliches Logo für Geschäftsstellen, Briefpapier, Visitenkarten etc. ihren Untervertretern zur Verfügung stellt. Bei diesem dem einzelnen Kunden erkennbar werdenden Verhalten stellte es eine Widersprüchlichkeit in sich dar, auf die sich die Beklagte gemäß § 242 BGB nicht berufen könnte, wollte sie sich dem ihr entgegen gebrachten Vertrauen des Kunden insoweit entziehen, als sie jegliche rechtsgeschäftliche Bindung im Kontakt zu diesem ablehnte. Es ist vielmehr so und entspricht, wie die Mitglieder des Senats, die den angesprochenen Verkehrskreisen angehören, selbst beurteilen können, auch dem natürlichen Verständnis, dass der Kunde, selbst wenn er den ihm auf dem Briefpapier entgegen tretenden Hinweis wahrnimmt, diesen enger versteht und auch verstehen darf. Dahin nämlich, dass der einzelne Mitarbeiter die Beklagte nicht rechtsgeschäftlich binden kann und darf, dem Kunden also beispielsweise keinen Erfolg zusagen darf, in dem Sinne, ihm einen Versicherungsvertrag bestimmten Inhalts oder dergleichen zu verschaffen oder ihm ggfs. selbst ein Darlehen oder dergleichen zu gewähren, falls eine Finanzierung am Markt nicht gelingt. Dass damit die Kompetenz des einzelnen Mitarbeiters überschritten wäre, leuchtet jedem Kunden sofort ein. Diese Erwägungen gelten jedoch nicht hinsichtlich der Bindung der Beklagten in einem allgemeinen Beratungsverhältnis zum Kunden.

Vielmehr spricht weiter dafür, dass ein allgemeines Beratungsverhältnis im oben beschriebenen Sinne durch den Mitarbeiter namens der Beklagten mit dem Kunden zu Stande kommt, dass, wie sich auch aus dem im Zusammenhang mit diesem Verfahren entstandenen Schriftverkehr ergibt, die Beklagte selbst von einem solchen Vertragsschluss ausgeht. So stellt sie im letzten Absatz der vom 17.2.1992 datierenden erteilten Nebentätigkeitsgenehmigung klar, dass neben der in Rede stehenden Nebentätigkeit "Beratungsleistungen für die Beklagte durchführe".

Aus den Zusatzverträgen für Führungskräfte ergibt sich sodann (Punkt 2.3), dass die Führungskraft im Rahmen des Vertriebssystems der Beklagten das Recht und die Pflicht übernimmt, "geeignete Mitarbeiter ... anzuwerben, auszubilden und die Durchführung der diesen obliegenden Aufgaben der Kundengewinnung, Beratung und Betreuung sicherzustellen und in ihrer Tätigkeit zu überwachen". Dieser Passus setzt voraus, dass es ein Verantwortungssystem gibt, welchem die Beklagte nicht entzogen ist, sondern in dem sie oberstes Glied einer Kette einander hierarchisch unterstützender Mitarbeiter ist.

Schließlich enthält ein von der Beklagten zum Verfahren 11 U 270/98 beispielhaft eingereichter Produktprüfungsbericht, auf den die Beklagte sich in den anderen Verfahren bezogen hat (weißer Ordner Nr. 12 des grauen Plastikeinlagensystems), unter Ziffer 4.8 auch die Frage nach einer Prognose für die etwaige Beraterhaftung im Regressfall. Auch dies deutet darauf hin, dass die Beklagte damit rechnet, ihren Kunden aus einem allgemeinen Beratungsverhältnis verantwortlich zu sein.

Schließlich spricht als Indiz für das Zustandekommen solcher Beratungsverhältnisse, dass die Beklagte die Risiken, die ihr aus dieser vertraglichen Bindung erwachsen, nicht unentgeltlich auf sich lädt. Aus dem Verhältnis wird sie, wenn es zur erfolgreichen Vermittlung von Verträgen zwischen den Kunden und einem Partnerunternehmen kommt, entlohnt, indem sie einen erheblichen Teil der vom Partnerunternehmen zunächst an sie fließenden Provision einbehält.

c) Im Einzelnen erfolgte dieser Vertragsschluss hinsichtlich des Klägers dadurch, dass der Anleger im Sommer 1992 durch die -Mitarbeiterin zu der Beklagten in Kontakt kam und über diese Mitarbeiterin An den Direktionsmanager weitervermittelt wurde. Der Kläger nahm an einem von in den Räumen der von diesem unterhaltenen Geschäftsstelle in der abgehaltenen Informationsabend über die Anlageform teil.

2. Die Beklagte hat ihr gegenüber den klagenden Anlageinteressenten obliegende Pflichten zur sachgerechten Beratung aus dem - wie vorstehend geschildert zustandegekommenen allgemeinen Anlageberatungs- oder vermittlungsvertrag verletzt. Wie bereits oben angesprochen, oblag es der Beklagten aus dem Vertrag, über ihre Mitarbeiter den Kunden nur von ihr geprüfte Kapitalanlagen und Versicherungen anbieten und empfehlen zu lassen. Gegen diese Pflicht hat die Beklagte in zu rechenbarer Weise verstoßen. Ein erster Pflichtverstoß der Beklagten lag schon in der am 17. Februar 1992 erteilten Nebentätigkeitsgenehmigung (Anlage 9 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 eingereichten Anlagenkonvoluts).

beabsichtigte, wie sich aus dem Nebentätigkeitsantrag (Anlage 8 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 eingereichten Anlagenkonvoluts) ergab, die Vermittlung von Handelsgeschäften mit Bankgarantien vorzunehmen, wollte also Kapitalanlagen vermitteln. Er trat damit in unmittelbare Konkurrenz zu den Kapitalanlageangeboten der Beklagten. Die Beklagte musste an dieser Stelle damit rechnen, dass für Kunden, die zwecks Kapitalanlage den Mitarbeiter aufsuchten, Risiken daraus entstanden, dass sie nicht in jedem Fall verstehen würden, worin genau der Unterschied lag, wenn darauf hinweisen würde, dass es sich bei den Sondergeschäften nicht um solche handele, die namens der Beklagten vermittelt würden sondern die er im eigenen Namen vermittele. Deshalb gereicht der Beklagten die Erteilung der Nebentätigkeitsgenehmigung, mit der sie eine Konkurrenztätig keit im Rahmen ihrer eigenen Angebotspalette gestattete, zur Verletzung des Beratungsvertrages, obwohl die Beklagte in der Nebentätigkeitsgenehmigung aufgegeben hatte, den Kunden gegenüber klarzustellen, dass es sich dabei nicht um eine Tätigkeit für den handele. Diese Auflage allein war nicht geeignet, für den Kunden missverständliche Situationen zu vermeiden, in denen der Interessent letztlich nicht wusste, dass er sich angeblich auf Privatgeschäfte mit einließ. Insofern hätte es allenfalls ausreichen können, wenn die Beklagte jeweils eine schriftliche Belehrung des Kunden über Privatgeschäfte und deren Risiken mit Durchschlag für sich abverlangt hätte, was aber nicht geschehen ist.

Bei dieser einen in der Nebentätigkeitsgenehmigung angelegten Pflichtverletzung gegenüber den Kunden ist es jedoch nicht geblieben. Die Beklagte hat auch in der Folgezeit hinreichende Schutzmaßnahmen gegen die in der Nebentätigkeitsgenehmigung angelegten Gefahren nicht ergriffen. So hätte es bei einem Großunternehmen, das eine echte Konkurrenztätigkeit im lukrativsten Bereich, nämlich dem der Geldanlagen durch vermögende Kunden, gestattet, nahe gelegen, gelegentlich einen "Testkunden" zu zu schicken, um zu überprüfen, ob dieser in geeigneter Weise seine Nebengeschäfte als von den geprüften Geschäften der Beklagten verschieden kennzeichnet.

Sodann hat die Beklagte es durch den Landesdirektor ermöglicht und auch zunächst von der Zentrale aus nicht korrigiert, dass für die - später als betrügerisch erkannten Anlagegeschäfte Einheiten in ihre die Tätigkeit der Mitarbeiter darstellenden und beurteilenden Ranking-Listen im Mai und Juni 1992 einflossen. Hieraus konnten die übrigen Mitarbeiter nur schließen, dass hier ein Geschäft mit großem finanziellen Volumen mit Kenntnis der ihnen vorgesetzten und weisungsberechtigten Führungskräfte zumindest geduldet werde, auf Grund dessen man in der Hierarchie, die die Beklagte zu ihrem Geschäftsprinzip gemacht hat, glänzend dastehen konnte. Deshalb musste es den Mitarbeitern als nicht nur geduldet, sondern auch von der Beklagten als erstrebenswert angesehen erscheinen, wenn auch sie solche Geschäfte vermittelten.

Als die Beklagte schließlich nach mehreren Wochen, (der Zeuge hat bekundet noch im Juli 1992, vgl. Bl. 5 unten seiner Vernehmung) die Streichung der Punkte aus diesen Geschäften aus den Tages- und Monatsrankinglisten anordnete, weil keine Provision geflossen war, genügte sie auch damit ihren Pflichten gegenüber den außenstehenden Kunden aus dem allgemeinen Beratungsvertrag nicht. Diese Maßnahme war nämlich nicht geeignet, die Mitarbeiter von der Förderung solcher Geschäfte abzubringen und den zuvor entstandenen positiven Eindruck gänzlich auszumerzen. Die schlichte Streichung der Einheiten aus den Ranking-Listen bedeutete nur, dass eine Bewertung erst erfolgen würde, wenn Provision aus den Geschäften fließen würde. Aus dieser Maßnahme musste der einzelne Mitarbeiter aber nicht schließen, dass eine Beteiligung an der Vermittlung derartiger Geschäfte durch Zuarbeit zu Gunsten von nunmehr im Interesse der beratenen Kunden unterbleiben müsse. Derartig strikte Formen der Untersagung bestimmter Geschäfte, wie sie auch hier nötig gewesen wäre, existierten bei der Beklagten zwar, wie das Beispiel des an alle Mitarbeiter gesandten Schreibens betreffend Geschäfte mit der zeigt. Etwas Vergleichbares, den Kundenschutz effektiv sicherstellendes hat die Beklagte wegen der Nebengeschäfte jedoch nicht unternommen. Sie hat somit die publikumswirksame weitere Beratung und Empfehlung im Hinblick auf den Abschluss von Sondergeschäften durch immer mehr Mitarbeiter zu Lasten der Kunden, denen sie vertraglich verpflichtet war, in Kauf genommen.

In gleicher Weise wirkte die Erwähnung der Geschäfte durch den Landesdirektor im Gesamtmeeting vom 21. Juni 1992, die auf Grund der Erfolge in den Ranking-Listen, wie auf Grund der Aussage zur Überzeugung des Senats feststeht, erfolgte. Die Erwähnung war, selbst wenn deutlich gewesen sein sollte, dass es sich noch nicht um ein geprüftes Geschäft handelte, in keiner Weise warnend ausgefallen, obwohl die Beklagte zu Gunsten ihrer Anleger zu solchen Warnungen sei es über ihren Landesdirektor oder einen zu entsendenden Mitarbeiter der Zentrale verpflichtet gewesen wäre.

Auch das Abmahnschreiben an den Landesdirektor vom 22. Juni 1992 (Anlage 17 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 eingereichten Anlagenkonvoluts), also dem Tag nach dem Gesamtmeeting, bei dem die Geschäfte angesprochen worden waren, war ungeeignet, den zum Kundenschutz gebotenen Handlungsbedarf auszufüllen. Mit dem Abmahnschreiben wurde lediglich der Landesdirektor gemahnt, durch besseres Controlling sicherzustellen, dass die Geschäfte nicht mit dem in Verbindung gebracht würden. Ein derartiges Schreiben war aber nicht geeignet, die bei den Mitarbeitern auf dem Gesamtmeeting entstandenen positiven, eher zu einer Werbung für die Geschäfte anreizenden Eindrücke, auszuräumen und somit als Reaktion, wie sie zum Kundenschutz geboten war, unzureichend.

3. An allen vorstehend geschilderten Pflichtverletzungen trifft die Beklagte ein zumindest als fahrlässig anzusehendes Verschulden. Nachdem sie es zunächst unterlassen hatte, sich über den Charakter der Nebengeschäfte im Einzelnen zu informieren und organisatorisch deren kundensichere Kennzeichnung als Privatgeschäfte sicherzustellen und dies zu überwachen, hat sie es schließlich durch einen Mitarbeiter höherer Stufen (Landesdirektor auf dem Gesamtmeeting) und durch eigene Unterlassung versäumt, alle ihre Mitarbeiter vor der Förderung dieser Geschäfte in der Kundenberatung in geeignet drastischer Weise zu warnen bzw. diese zu untersagen. Sie hat damit in keiner dieser Phasen alles unternommen, was erdenklich möglich war, Kunden vor den Nebengeschäften des zu warnen. Dies hätte ihr aber umso mehr oblegen, als weder die Beklagte noch der Zeuge noch nach dessen Bekunden selbst genaue Vorstellungen über den Ablauf der Anlagegeschäfte dieser Art hatten noch über aussagekräftige Unterlagen verfügten, aus denen dieser sich hätte erschließen lassen.

Diese nachlässige, die Kunden gefährdende Verhaltensweise der Beklagten ist nur mit einer Motivation zu erklären, wie sie aus der Aussage des vormaligen Landesdirektors erkennbar geworden ist und durch ein Schreiben der Beklagten auch untermauert wird. Die Beklagte hatte offensichtlich gehofft, nach einiger Zeit die lukrativen Nebengeschäfte zu eigenen Produkten machen zu können. Das ergibt sich daraus, dass der Zeuge bekundet hat, sei einerseits bereit gewesen, das Interbankengeschäft zum -Geschäft werden zu lassen und sei deshalb immer wieder aufgefordert worden, prüffähige Unterlagen darüber beizubringen. Dies lässt darauf schließen, dass die Beklagte hoffte, hier eine eigene Geschäftsquelle erschließen zu können. Das steht auch in Einklang mit dem Schreiben der Beklagten vom 16. März 1993 (Anlage 25 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 eingereichten Anlagenkonvoluts), in dem es heißt, "man habe sich nun geeinigt, über die Genehmigung oder Ablehnung der Sondergeschäfte nach Aktenlage zu entscheiden". Dieser Text macht deutlich, dass die Beklagte versucht hatte, die Sondergeschäfte quasi als Testphase als dessen private Nebengeschäfte laufen zu lassen, um sie dann eventuell als eigene Geschäfte zu genehmigen. Derartige Testphasen mit riskanten Kapitalanlagen durfte die Beklagte im Rahmen des allgemeinen Beratungsvertrages im Hinblick auf die Interessen ihrer Kunden nicht dulden und erst recht nicht in der von ihr praktizierten Weise durch Gewährung von Nebentätigkeitsgenehmigungen fördern und unterstützen. Vielmehr wäre pflichtgemäß und frei von Verschulden nur ein insoweit eindeutiges Verhalten der Beklagten gewesen, an dem sie es aber hat fehlen lassen.

4. Der Senat hat bei den vorstehenden Feststellungen zur Pflichtverletzung und zum Verschulden die Aussagen des früheren Landesdirektors der Beklagten zugrundegelegt. Dieser Zeuge hat sich freimütig und ohne erkennbare Zeichen von Angst geäußert, hat sich bemüht, die Dinge zeitlich, so gut es noch ging, einzuordnen und hat auch freimütig eingeräumt, dass er auch ein großes Eigeninteresse an der Berücksichtigung der Einheiten aus den Sondergeschäften in den Ranking-Listen gehabt habe, weil das auch für ihn die Möglichkeit gewesen sei, gut dazustehen. Zudem ließen sich seine Aussagen weitgehend auch mit zeitnah entstandenem Schriftwechsel in Einklang bringen, was ebenfalls für ihre Richtigkeit sprach.

Soweit die Aussagen des Zeugen mit denen des Zeugen nicht in Einklang standen, ist der Senat ihnen trotzdem gefolgt. Gegen den Zeugen sprach, dass sich dessen Aussageverhalten zwischen den Instanzen zu Gunsten der Anleger deutlich verändert hat, ohne dass dies hinreichend zu erklären vermocht hätte.

5. Die Pflichtverletzungen der Beklagten waren auch für den den Anlegern entstandenen Schaden kausal. Hätte die Beklagte Verhalten in der von ihm unterhaltenen Geschäftsstelle und unter Einsatz ihrer Briefbögen unterbunden und sich von diesem distanziert, würde aller Wahrscheinlichkeit nach keiner der Anleger sein Geld in eine derartige private Anlage Sellners investiert haben.

II.

Nachdem die Klage unter dem unter I. abgehandelten Gesichtspunkt begründet ist, weist der Senat nur der Vollständigkeit halber noch darauf hin, dass die Anleger die eingezahlten Beträge von der Beklagten auch aus §§ 675, 667 BGB zurückverlangen könnten. Den dazu erforderlichen Geschäftsbesorgungsvertrag hinsichtlich der Weiterreichung des Geldes hat der Direktionsmanager der Beklagten als deren Vertreter zustandegebracht. Er hat dabei die Beklagte im Wege der Anscheinsvollmacht vertraglich gebunden. Dem Anspruch steht auch nicht entgegen, dass das Geld unstreitig nicht in die Einflusssphäre der Beklagten gelangt ist. Es reicht insoweit vielmehr aus, dass die Einzahlung auf ein von so bezeichnetes Treuhandkonto erfolgte (vgl. BGH, NJW 98, 1854, 1856 unter II. 2 e).

Da jedoch auch dieser Anspruch der Höhe nach dem Einwand des Mitverschuldens aus § 254 BGB unterliegt (BGHR BGB § 242 Rechtsausübung unzulässige 23; BGH in BGHR § 254 Abs. 1 Auszahlungsauftrag 1), braucht auf ihn auch nicht etwa deshalb näher eingegangen zu werden, weil er für die Anleger zu höheren Ansprüchen führen könnte.

III.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts steht dem Anspruch des Klägers nicht die zwischen den Parteien am 24. Mai 1994 geschlossene Vereinbarung (Erlassvertrag) entgegen. Zwar haben die Parteien in Ziffer 5 dieses Vertrages geregelt, dass mit Abschluss der Vereinbarung jegliche Ansprüche des Klägers gegen, den gleich aus welchem Rechtsgrund, endgültig abgegolten und erledigt sein sollen. Diese Vereinbarung ist jedoch gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Ein Rechtsgeschäft verstößt gegen die guten Sitten, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäftes ist nach dessen Gesamtcharakter festzustellen. Es ist eine zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Zweck und Beweggrund des Geschäftes vorzunehmen. Zu berücksichtigen ist nicht nur der objektive Gehalt des Geschäftes, sondern es sind auch die Umstände zu bewerten, die zu der Vornahme des Rechtsgeschäftes geführt haben, sowie die Absichten und Motive der Parteien. Eine Schädigungsabsicht und das Bewusstsein der Sittenwidrigkeit sind allerdings nicht erforderlich. Es genügt, wenn der jeweils Handelnde die Tatsachen kennt, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergibt (Palandt/Heinrichs, BGB, 56. Aufl., § 138 Rnr. 7 f. m. w. N.; Soergel/Hefermehl, BGB, 12. Aufl., § 138 Rnr. 19). Die vorzunehmende Gesamtwürdigung aller Umstände ergibt, dass der zwischen den Partien geschlossene Erlassvertrag im Zusammenhang mit der Aufnahme des Beklagten in den Gläubigerpool zu sehen ist. Ohne den Abschluss des Erlassvertrages bestand für den Kläger keine Möglichkeit, dem Gläubigerpool beizutreten. Beide Vereinbarungen (Erlassvertrag und Aufnahme in den Gläubigerpool) stellen sich als eine wirtschaftliche Einheit dar. Der Poolvertrag verstößt seinerseits gegen die guten Sitten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass seitens der Beklagten im Zusammenhang mit der Poolvereinbarung keine wirkliche Aufklärung über die Möglichkeit, dass die Beklagte für den von angerichteten Schaden haftet, erfolgte. Die Beklagte erfolgte mit dem Abschluss des Poolvertrages erkennbar insbesondere den Zweck, sich Forderungen von Anlegern in erheblicher Millionen-Höhe dadurch zu entziehen, dass sie dem Pool einen Betrag von bis zu ca. 2 Mio. DM dem Pool zur Verfügung stellte. Die Beklagte sieht sich Ansprüchen in Höhe von ca. 45 Mio. DM ausgesetzt. Wäre die Poolvereinbarung wirksam, könnte die Beklagte einen Forderungsverzicht von bis zu 45 Mio. DM durch Zahlung von bis zu 2 Mio. DM erreichen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass in dem gemäß Ziffer V der Poolvereinbarung bestehenden Poolbeirat als Mitglied der Geschäftsführer Lange des als auch Rechtsanwalt Dr. , der Rechtsberater der Beklagten ist und war, vertreten sind. Nach Ziffer VI 1. haben die Poolmitglieder, die nicht Gründungsmitglieder sind, kein Stimmrecht bei den Versammlungen der Poolmitglieder. Wie sich aus der vorgelegten Poolvereinbarung ergibt, waren neben dem noch zwei Poolverwalter Gründungsmitglieder. Auf Grund der Bestimmungen der Poolvereinbarung waren alle Geschädigten, die sich entschlossen, dem Gläubigerpool beizutreten, stimmrechtslos. Unter Berücksichtigung dieser Gesamtumstände ergibt sich, dass der Poolvertrag wegen Verstoßes gegen § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist. Der zwischen den Parteien geschlossene Erlassvertrag erfolgte lediglich im Hinblick auf Ziffer VI 2. des Poolvertrages, wonach es Voraussetzung für die Aufnahme in den Gläubigerpool war, dass der Geschädigte zuvor auf evtl. Ersatzansprüche gegen den Beklagten verzichtete. Beide Vereinbarungen stellten sich als wirtschaftliche Einheit dar, wobei es keine Rolle spielt, dass der Erlassvertrag zeitlich vor dem Aufnahmeantrag bezüglich des Gläubigerpools lag. Die Beklagte hatte auch Kenntnis von den objektiven Umständen, die zur Sittenwidrigkeit führen.

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob die Vereinbarung betreffend den Gläubigerpool auch gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 1 Rechtsberatungsgesetz nichtig ist.

IV.

Der Anspruch der Anleger ist jedoch gemäß § 254 BGB wegen deren Mitverschuldens gemindert. Im Ergebnis hat der Kläger sich im Streitfall ein Mitverschulden in Höhe von 30 % seiner verlorenen Einlagesumme anrechnen zu lassen.

1. Dabei steht der Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Anleger hier nicht entgegen, dass sie betrügerisch um ihr Geld gebracht worden sind. Die betrügerische Schädigung mag im Verhältnis zwischen Anleger und Betrüger regelmäßig ein solches Gewicht haben, dass sie die Berücksichtigung eines Mitverschuldens ausschließt. Diese Erwägung lässt sich jedoch nicht auf das Verhältnis der hier streitenden Parteien übertragen. Hier steht auf der einen Seite ein Anleger, dem es nicht gelungen ist, sein hemmungsloses Streben nach einem unrealistischen und undurchschaubaren Anlageangebot mit phantastischen Gewinnerwartungen zu bezähmen und auf der anderen Seite ein Unternehmen, das diese Anlage nicht selbst in sein Anlageprogramm aufgenommen hatte, sich diese Möglichkeit aber auch in der Zeit, in der die hier umstrittenen Geldanlagen getätigt wurden, nicht vollends verschließen mochte und es in dieser Situation zugelassen und nicht unterbunden hat, dass einer seiner Handelsvertreter mit einem solchen Angebot Nebengeschäfte vornahm. Zwischen in dieser Art involvierten Parteien kann eine Mitverschuldensabwägung stattfinden. Hier schlägt kein Verantwortlichkeitsgesichtspunkt so durch, dass daneben Mitverschuldenserwägungen nicht zum Zuge kommen könnten und dürften.

2. Insbesondere ist, wie die Beweisaufnahme ergeben hat, nicht davon auszugehen, dass der Geschäftsführer oder ein anderes Mitglied der Geschäftsführung zurzeit der hier in Rede stehenden Geldanlagen positive Kenntnis von der Art und dem Umfang der von dem Zeugen vorgenommenen Privatgeschäfte hatte. So war die Beweisaufnahme zu einer der Geschäftsleitung der Beklagten angeblich im 1. Halbjahr 1992 zugegangenen Warnung eines deutschen Großunternehmens bzw. einer deutschen Großbank unergiebig. Insbesondere vor dem Hintergrund einer solchen Kenntnis der Beklagten wäre ein Mitverursachungsanteil des Anlegers in den Hintergrund getreten; da positive Kenntnis jedoch nicht festgestellt werden kann, war der Weg für eine Einzelabwägung hinsichtlich der schadensursächlichen Umstände frei. Auch andere Anhaltspunkte, aus denen sich positive Kenntnis ergeben hätte, sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich.

3. Bei Abwägung aller Umstände gereicht im Rahmen der durch die mangelhafte Überwachung und die ihm gestattete Durchführung von Privatgeschäften erst ermöglichte Schädigung den Anlegern auch eigenes Verhalten zum Nachteil. So hätten die Anleger angesichts der in Aussicht gestellten immens hohen Rendite von 20 bis 40 % in 6 Monaten, die für andere marktgängige Anlagen 1992 nicht zu erzielen war, die Anlage besonders kritischer eigener Prüfung unterziehen müssen. Das gilt umso mehr, als ihnen keine erklärenden schriftlichen Unterlagen über das Projekt vorgelegt wurden und auch die Herren und wie beide vor dem Senat bekundet haben, die Anlageform nicht einmal mündlich in nachvollziehbarer Weise darstellen konnten. Bei dieser Ausgangslage hätte es jedem Anleger oblegen, nur Vertragswerke zu unterzeichnen, deren Text im Einzelnen verständlich und nachvollziehbar war, woran es bei den unterzeichneten Unterlagen fehlt. Sodann hätte es sich jeder Anleger zur Warnung gereichen lassen müssen, dass das Geld auf Privatkonten der Initiatoren oder zu überweisen war und dass Sicherheiten für die Gelder auf diesen Konten nicht in Aussicht gestellt waren. Alle diese Umstände ließen auf eine nicht professionelle Abwicklung schließen, die vor der Wahrnehmung der Anlagechance hätte warnen müssen.

Eine Berücksichtigung dieser Mitverschuldenselemente hatte auch nicht deshalb zu unterbleiben, weil die Anleger sich mit der Beklagten an Fachleute gewandt hatten, zu denen sie Vertrauen haben durften. Wenn auch bei der Beratung durch Fachleute die Gesamtumstände und insbesondere die entscheidend nach oben von der bestenfalls marktüblichen Rendite abweichenden Gewinnaussichten (hier mehrere 100 % über dem Marktzins für Anlagen) Anlass zu Bedenken geben, darf der Anleger die Augen vor diesen Gesichtspunkten nicht verschließen. Vielmehr muss er sich im Falle mangelnder Rücksicht auf diese aus dem Eigeninteresse gebotenen Erwägungen ein - wenn auch nicht dem der Beklagten gleichwertiges - zumindest nicht unbeträchtliches Mitverschulden entgegen halten lassen, das der Senat mit 30 % bewertet.

4. Im vorliegenden Rechtsstreit ist nicht deshalb zu Gunsten des Klägers eine niedrigere Mitverschuidensqoute anzunehmen, weil der Kläger bereits durch Vermittlung des im Jahr 1991 einen Geldbetrag von 500.000 DM angelegt hatte. Dieser Betrag ist zwar nicht verloren gegangen, auf der anderen Seite war der Kläger auch mit dieser Anlage nicht zufrieden. Schließlich war die Rendite, die der Kläger mit dieser Anlage erzielen konnte, weit geringer als die von versprochene Rendite.

V.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der Kosten, auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit sowie auf § 546 Abs. 2 ZPO hinsichtlich des Wertes der Beschwer.

Ende der Entscheidung

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