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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 17.01.2002
Aktenzeichen: 11 U 129/01
Rechtsgebiete: BGB, AGBG


Vorschriften:

BGB § 433
AGBG § 1
AGBG § 4
Zur Frage der Wirksamkeit einer mündlich zugesagten Ankaufoption in einem Leasingvertrag über ein Spezial-KFZ.
Oberlandesgericht Celle

Im Namen des Volkes

Urteil

Verkündet am

17. Januar 2002

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, die Richterin am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Amtsgericht ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 20. März 2001 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Verden wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Beklagten beträgt 16.606,76 EURO (32.480,00 DM).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht antragsgemäß verurteilt.

I.

Der Kläger hat gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an dem Leasingfahrzeug.

1. Die Parteien haben eine Ankaufoption für den Kläger vereinbart, wonach dieser durch eine entsprechende Willenserklärung das Leasingfahrzeug nach Ablauf des Leasingzeitraumes käuflich erwerben kann. Diese Ankaufoption hat der Kläger durch das anwaltliche Schreiben vom 3. Juli 2000 (Anlage K 2) auch gegenüber der Beklagten ausgeübt.

a) Auf Grund der Bekundungen des in erster Instanz vernommenen Verkäufers der Beklagten, des Zeugen #######, steht fest, dass dieser dem Kläger anlässlich der Entgegennahme der Leasingbestellung (Anlage K 1) in einem Café in ####### eine solche Ankaufoption zu einem verbindlichen Restwert von 28.000,00 DM zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer zugesichert hat.

Der Senat hatte keinen Anlass, von der Beweiswürdigung des Landgerichts, das die Aussage des Zeugen ####### seinen Feststellungen zu Grunde gelegt hat, abzuweichen und den Zeugen ####### erneut zu vernehmen. Die Beklagte bestreitet zwar auch weiterhin, dass der Zeuge ####### eine entsprechende Zusicherung getätigt habe. Sie bezieht sich aber - im Gegensatz zur ersten Instanz - nicht mehr gegenbeweislich auf diesen Zeugen. Die Beklagte trägt auch nicht vor, dass der Zeuge in einer erneuten Vernehmung etwas Anderes bekunden würde als zuvor.

Der Senat geht auch davon aus, dass die Beklagte den in der Klagerwiderung erhobenen und vom Landgericht übergangenen Gegenbeweisantritt auf Parteivernehmung des Klägers in der Berufungsinstanz nicht mehr weiterverfolgt. Ein ausdrücklicher Beweistritt der Beklagten auf Parteivernehmung des Klägers ist in der Berufungsinstanz nicht erfolgt. Die pauschale Bezugnahme auf sämtliche Beweisantritte in erster Instanz auf S. 6 der Berufungsbegründung nötigt jedenfalls für den Fall, dass der einvernommene Zeuge den Tatsachenvortrag der Gegenpartei bereits bestätigt hat, auch nicht zu der Folgerung, dass der Gegenbeweis noch mit einer Parteivernehmung geführt werden solle. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass sich die Beklagte ausdrücklich auch in der Berufungsinstanz auf die Vernehmung des Klägers als Partei berufen hätte, wenn sie diesen erstinstanzlichen Beweisantritt weiterhin hätte aufrechterhalten wollen.

b) Der Zeuge ####### war auch von der Beklagten bevollmächtigt worden, den Kunden und damit auch dem Kläger die Ankaufoption anzubieten. Der Zeuge hat insoweit ausdrücklich bekundet, vom Geschäftsführer der Beklagten persönlich die 'Information und Zusage' erhalten zu haben, die Fahrzeuge den Kunden mit einer Ankaufoption anbieten zu können; dieses sei bis Ende Februar 1996 auch gängige Praxis bei der Beklagten gewesen.

Diese Innen- und Außenvollmacht wird auch nicht dadurch infrage gestellt, dass die von der Beklagten vorgelegten Vertriebsinformationen für Leasing-Verträge vom 19. Januar 1994 (Bl. 140 ff. d. A.) den Hinweis enthielten, dass die Beklagte die Fahrzeuge nach Beendigung des Leasingzeitraumes nicht an die Leasingnehmer verkaufen dürfe und diese sich bei einem Ankaufwunsch an die Fa. ####### wenden müssten. Gerade vor dem Hintergrund des Wunsches der Kunden, die geleasten Spezialfahrzeuge - hier ein Verkaufsanhänger für Fisch - auch nach Ablauf des Leasingzeitraumes nutzen zu können, macht es Sinn, wenn die Geschäftsführung den Verkäufern freie Hand zum Angebot von Ankaufoptionen ließ, um die potenziellen Kunden zum Abschluss von Leasingverträgen zu motivieren.

Auch dem Beweisantritt der Beklagten auf Vernehmung des Zeugen ####### war nicht nachzugehen. Die Beklagte hat in das Wissen dieses Zeugen gestellt, dass der Zeuge ####### im Jahre 1996 geäußert haben soll, den Kunden verbotswidrig Ankaufoptionen angeboten zu haben. Diesem Vorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass sich diese Äußerung auch auf das Jahr 1995, den Zeitpunkt des hier in Rede stehenden Vertragsschlusses, bezogen haben soll. Der Zeuge ####### hat bekundet, dass es bis Ende Februar 1996 gängige Geschäftspraxis gewesen sei, den Kunden mit Zustimmung des Geschäftsführers der Beklagten Ankaufoptionen anzubieten. Daher kann sich die in das Wissen des Zeugen ####### gestellte Äußerung auch auf weisungswidrige Angebote ab diesem Zeitpunkt bezogen haben.

Darauf, ob die Vollmachtsfiktion des § 56 HGB hier eingreifen kann - das Angebot der Ankaufoption erfolgte nach den Bekundungen des Zeugen ####### in einem Café in ####### - kommt es daher nicht an.

2. Gemäß § 4 AGBG geht das mündliche Angebot einer Ankaufoption der Ziffer 16.5. der Leasing-Bedingungen (i. F. AGB) der Beklagten, die gemäß § 1 Abs. 1 AGBG als Allgemeine Geschäftbedingungen anzusehen sind, vor.

a) Es unterliegt keinen Zweifeln, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten gemäß § 2 Abs. 2 AGBG wirksam in den Leasingvertrag zwischen den den Parteien einbezogen worden sind. Zwar besteht hier insoweit eine Besonderheit, als unstreitig die AGB bereits Bestandteil des Bestellformulars waren, das der Kläger und der Zeuge ####### am 22. Juni 1995 ausgefüllt und unterschrieben haben. Die Bestellung des Klägers ist als Antrag auf Abschluss eines Leasing-Vertrages an die Beklagte im Sinne von § 145 BGB anzusehen. Der wirksamen Einbeziehung von AGB steht jedoch nicht entgegen, dass diese bereits in den vorformulierten Bestellformularen des Verwenders enthalten sind (vgl. Ulmer u. a. Ulmer: AGBG, 9. Aufl., § 2, Rdnr. 32; § 4, Rdnr. 10 a).

Gemäß Ziff. 1.1. der AGB kam der Leasingvertrag zwischen den Parteien erst durch die schriftliche Bestätigung der Beklagten vom 31. Juli 1995 zustande (Bl. 124 d. A.). Der zum Angebot einer Ankaufoption bevollmächtigte Zeuge ####### ist deshalb nicht als Abschlussvertreter, sondern insoweit als Empfangsvertreter anzusehen. Diese Empfangsvertretungsmacht umfasste nicht nur die Annahme der Bestellung der Klägers, sondern auch - als Innen- und Außenvollmacht - ergänzende mündliche Erklärungen als Teil der Vertragsofferte (vgl. dazu Wolf u. a. - Lindacher: AGBG, 4. Aufl., § 4, Rdnr. 44; Ulmer u. a. - Ulmer, § 4 Rdnr. 42).

Im Rahmen der ihm erteilten Vollmacht sicherte der Zeuge ####### dem Kläger die Ankaufoption zu, was wiederum zur Folge hat, dass die Individualabrede gemäß § 4 AGBG Vorrang vor Ziff. 16.5. der AGB hat.

b) Soweit die Beklagte das Vertragsangebot durch ihr Schreiben vom 31. Juli 1995 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf ihre AGB angenommen hat, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Aus den Bekundungen des Zeugen ####### folgt, dass er Ankaufoptionen nicht nur mit Wissen, sondern darüber hinaus auch auf Wunsch der Geschäftsführung der Beklagten anbot. Der Kläger durfte deshalb im Einklang mit der gesetzlichen Regelung in § 4 AGBG ohne Weiteres, zumal angesichts des im Bestellformular verbindlich festgelegten Restwertes, davon ausgehen, die von dem Zeugen ####### mündlich zugesicherte Ankaufoption habe Vorrang vor etwaigen entgegenstehenden AGB der Beklagten. Entgegen der Ansicht der Beklagten stellte das Annahmeschreiben der Beklagten vom 31. Juli 1995 auch keinen neuen Antrag auf Abschluss eines Leasingvertrages gemäß § 150 Abs. 2 BGB dar, denn aufgrund der dem Zeugen ####### erteilten Vollmacht deckten sich die Willenserklärungen der Parteien einschließlich des beiderseits gewollten Vorranges der Individualabrede.

Das von der Beklagten mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 26. Dezember 2001 nachgereichte Urteil des LG Stuttgart (8 O 329/01) vom 30. Oktober 2001 gibt dem Senat keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und würde auch aus Rechtsgründen im hier zu entscheidenden Fall nicht zu einem anderen Ergebnis führen.

Wenn die Beklagte sich von der Individualabrede hätte lösen wollen, so hätte sie sich nicht auf einen pauschalen Hinweis auf ihre im AGB im Annahmeschreiben vom 31. Juli 1995 beschränken dürfen, sondern dem Kläger ein unmissverständliches neues Angebot unter Ausschluss einer Ankaufoption unterbreiten oder ganz von dem in Aussicht genommenen Vertrag Abstand nehmen müssen.

c) Etwas anderes folgt auch nicht aus Ziff 1.2 der AGB, wonach sämtliche Vereinbarungen schriftlich niederzulegen sind. Es handelt sich dabei um eine Schriftformklausel ohne Bestätigungsvorbehalt. Es mag dahinstehen, ob eine solche Klausel der Inhaltskontrolle des § 9 AGBG standhält, denn der mündlichen Abrede des Klägers mit dem bevollmächtigten Zeugen ####### kommt auch diesbezüglich der Vorrang zu (vgl. zum Vorrang der mündlichen Abrede mit einem bevollmächtigten Vertreter gegenüber einer einfachen Schriftformklausel: Ulmer u. a. - Ulmer, § 4 AGBG, Rdnrn. 33 f.).

d) Im Übrigen verweist der Senat darauf, dass weder das Bestellformular noch Ziff. 1.2. der AGB ihrem Wortlaut und Sinngehalt nach zweifelsfrei die Wirksamkeit mündlicher Nebenabreden der Kunden mit den Vertretern der Beklagten an die Schriftform knüpfen oder gar die Wirksamkeit mündlicher Abreden der Kunden mit den Vertretern der Beklagten von einer Bestätigung der Beklagten abhängig machten. Die Formulierung in Ziff 1.2. lässt auch die Auslegung zu, die Schriftform sei nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit einer mündlichen Abrede, sondern sie diene im Interesse beider Vertragspartner lediglich zu Beweiszwecken. Diese Unklarheit geht gemäß § 5 AGBG zu Lasten der Beklagten.

3. Aber auch, wenn man die Rechtsansicht der Beklagten teilte, hätte ihre Berufung keinen Erfolg, denn sie würde sich treuwidrig (§ 242 BGB) verhalten, einerseits den Zeugen ####### bevollmächtigt zu haben, dem Kläger die Ankaufoption zuzusichern und sich andererseits zum Ablauf des Leasingzeitraumes der Wahrnehmung der Option zu widersetzen.

II.

Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf die erklärte außerordentliche fristlose Kündigung des Leasingvertrages berufen. Entgegen den Feststellungen des Landgerichts war die Kündigung allerdings noch während des laufenden Leasingvertrages erklärt worden, wie bereits in erster Instanz unstreitig war.

Der Kläger war zwar verpflichtet, das Fahrzeug zu versichern. Offenbar hat er tatsächlich das Fahrzeug durch einen Dritten, nämlich durch eine Frau ####### versichern lassen. Es kann dahinstehen, ob dieser Sachverhalt, sofern er nicht nur auf einer Verwechselung im Geschäftsbereich der Versicherung, sondern auch auf dem Verhalten des Klägers beruhte, die Beklagte zur Kündigung berechtigte oder ob daraus sogar, wie von der Beklagten behauptet, auf eine unzulässige Untervermietung geschlossen werden kann. Die Beklagte hat selbst eine Abmahnung für notwendig erachtet, die mit Schreiben vom 8. August 2000 erfolgt ist. Bereits mit Schreiben vom 14. August 2000 hat der Kläger der Beklagten durch seine späteren Prozessbevollmächtigten mitteilen lassen, es habe eine Verwechselung bei der Versicherung gegeben und ab sofort werde das hier in Rede stehende Fahrzeug über den Kläger versichert. Die Beklagte konnte damit ihre Kündigung vom 16. August 2000 nicht mehr darauf stützen, der Kläger sei im Hinblick auf die Abmahnung untätig geblieben. Der Kläger hat im Gegenteil unverzüglich auf die Abmahnung den vertragsgemäßen Zustand hergestellt.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO.



Ende der Entscheidung

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