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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 06.02.2003
Aktenzeichen: 11 U 170/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 654
Ein Makler verwirkt wegen schwerwiegender Verletzung der Treuepflicht seinen Provisionsanspruch, wenn er in sein Exposé die Angaben des Verkäufers eines Hauses aufnimmt, dass das Dach vor einem halben Jahr erneuert worden sei, obwohl das Haus nach eigenem Eindruck allenfalls ein repariertes Dach mit der Notwendigkeit weiterer Reparaturen aufweist.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

11 U 170/02

Verkündet am 6. Februar 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und die Richterin am Oberlandesgericht ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 7. Mai 2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Die Beschwer des Klägers übersteigt nicht 20.000 €.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Pflicht der Beklagten zu 1, an den Kläger wegen des Erwerbs eines Mehrfamilienhauses mit 10 Wohneinheiten eine Courtage von gut 17.000 € zu zahlen.

Das Landgericht hat die gegen den Ehemann der Beklagten zu 1 gerichtete Klage abgewiesen. Die Beklagte zu 1 hat es zunächst antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Auf deren Berufung hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Im neuen landgerichtlichen Verfahren hat das Landgericht Beweis erhoben durch Vernehmung des Klägers als Partei sowie des Verkäufers des Hauses. Wegen der Einzelheiten des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16. April 2002 (Bl. 207 ff. d. A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage sodann abgewiesen. Es hat gemeint, der Kläger habe seinen Courtageanspruch verwirkt, da er im bloßen eigenen Courtage-Interesse zum Nachteil der Beklagten im Exposé falsche Angaben hinsichtlich der Eindeckung des Daches gemacht habe. Fälschlich habe der Kläger angegeben, das Dach des Hauses sei vor einem halben Jahr erneuert worden, obwohl er hierüber weder verlässliche Auskünfte bekommen habe, noch aufgrund eigener sachkundiger Prüfung eine Erneuerung habe feststellen können.

Gegen dieses Erkenntnis wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Er meint, das Landgericht habe die festgestellten Tatsachen nicht zutreffend gewürdigt. Eine Verwirkung des Maklerlohnes setze ein schweres Verschulden des Maklers voraus. Hieran fehle es im Streitfall. Die falschen Angaben im Exposé seien nicht ausreichend, um dem Kläger eine Verletzung einer Aufklärungspflicht anzulasten. Die Aussage des Klägers im Exposé, wonach das Dach erneuert worden sei, sei grundsätzlich zutreffend, denn die im Dach durchgeführten Reparaturmaßnahmen seien als "Erneuerungen" zu werten.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 17.199,86 € nebst 6 % Zinsen seit dem 14. April 2000 bis zum 26. November 2001 und nebst 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nach dem Diskontsatzüberleistungsgesetz seit dem 27. November 2001 zu zahlen.

Die Beklagte zu 1 beantragt,

die klägerische Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte zu 1 erweitert und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der Kläger dringt mit seiner nur gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Berufung nicht durch. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, der Kläger habe seinen Provisionsanspruch verwirkt. Über den Wortlaut des § 654 BGB hinaus nimmt die Rechtsprechung stets an, dass der Makler seinen Provisionsanspruch verwirkt, wenn ihm eine schwerwiegende Verletzung der Treuepflicht zur Last fällt, die er vorsätzlich oder in einer dem Vorsatz nahekommenden Weise leichtfertig den Interessen des Auftraggebers zuwider begangen hat. Zu Recht hat das Landgericht diese Voraussetzungen im Streitfall als gegeben angesehen. Der Kläger hatte in seinem Exposé unter dem Stichwort Ausstattung, wo sich insgesamt nur zwei Zeilen finden, als zentralen Satz aufgenommen:

"Das Dach ist vor 1/2 Jahr erneuert worden."

Bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht am 16. April 2002 hat er u. a. gesagt:

"Herr ####### [Anm.: der Verkäufer des Gebäudes] hat zu mir gesagt, das Dach sei vor einem halben Jahr erneuert worden. Selbstverständlich habe ich mir daraufhin das Dach auch angesehen. Ich habe festgestellt, dass es hinsichtlich der Dachhaut erneuert war. Das war so, dass letztendlich die Schindeln erneuert waren, d. h. dort waren Reparaturen durchgeführt und Ausbesserungsarbeiten vorgenommen.

Richtig ist, dass der Dachstuhl nicht neu war.

Wenn ich das noch einmal erläutern soll, dann würde ich dazu sagen, dass es hier keine ebene Dachfläche gab und deshalb ist das nicht so auf den ersten Blick wie ein vollständig erneuertes Dach erkennbar, wie das bei einem glatten Dach wäre. Hier ist die Dachfläche eben nicht ganz gerade und deshalb konnte es durchaus sein, dass das Dach neu war.

Auf Vorhalt:

Ich habe das Dach von innen besichtigt und dabei zwei Leckagen festgestellt, die aber bei einer so großen Dachfläche nichts Ungewöhnliches sind. ..."

Aus den Bekundungen, die der Kläger von seiner eigenen Dachbesichtigung mitteilt, ergibt sich, dass der Kläger allenfalls den Eindruck eines reparierten Daches hatte, wobei er ferner wahrgenommen hatte, dass es zwei Leckagen gab, sodass aktuell Reparaturen nötig waren. Dem unvereinbar steht die Aussage im Exposé gegenüber, wonach das Dach vor einem halben Jahr erneuert worden sei. Eine derartige Aussage wird dahin verstanden, dass zumindest weitgehende sanierende Reparaturen vorgenommen worden sind und ein aktueller Reparaturbedarf nicht besteht, sondern das Dach in einem guten Zustand ist. Der Kläger hat - trotz der besseren Erkenntnis aus seiner eigenen Besichtigung - nichts getan, um bei Hausinteressenten bzw. hier der Beklagten zu 1 als späterer Hauskäuferin, den aus der Formulierung im Exposé herrührenden günstigen Eindruck zu vermeiden.

Dieses Verhalten stellt sich entgegen der Würdigung, die der Kläger ihm in der Berufungsbegründung zu geben sucht, als in gröbster Weise treuwidrig und zumindest als dem Vorsatz gleichkommend dar. Dies hat auch das Landgericht zutreffend so gewürdigt. Ein Makler kann nicht Angaben im Exposé stehen lassen, mag der Verkäufer sie ihm gegenüber auch so gemacht haben, wenn sie sich mit seiner eigenen Wahrnehmung von wesentlichen Tatsachen am Gebäude, die der Kläger im Streitfall hatte, nicht in Übereinstimmung bringen lassen. Lässt er dennoch solche unzutreffenden Angaben unkommentiert, stellt sich dies als zumindest dem Vorsatz gleichstehend dar.

Dass die Beklagte zu 1 bei Unterzeichnung des notariellen Vertrages um eine reparaturbedürftige Schadstelle im Dach ausweislich des Kaufvertrages gewusst hat, steht der vorstehend begründeten Entscheidung des Senats nicht entgegen. Voraussetzung einer Verwirkung des Maklerlohnes ist nicht, dass tatsächlich eine kausale Schädigung aus der fehlerhaften Angabe des Maklers herrühren muss.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 24. Januar, 28. Januar und 29. Januar 2003 haben dem Senat keinen Anlass zum Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung gegeben.

Die prozessualen Nebenentscheidungen gründen sich auf § 97 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens sowie auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit.

Zur Zulassung der Revision hat der Senat keinen Anlass gesehen, da es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, die den Verwirkungstatbestand anhand von

Bekundungen des Beteiligten, insbesondere des beteiligten Maklers, ausfüllt, die nur für den konkreten Sachverhalt von Bedeutung sind, beruhen.

Ende der Entscheidung

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