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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 09.12.2004
Aktenzeichen: 11 U 170/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 651e
BGB § 651f Abs. 2
1. Jeder Reiseveranstalter, der seine Angebote griffig durch ein zahlenmäßiges symbolhaftes Klassierungsmerkmal beschreibt, seien es nun Sterne, Seesterne, NŽs oder ähnliches, muss sich insoweit zwar nicht am Maßstab deutscher Hotelsterne messen lassen, wohl aber an dem selbstbeschriebenen Standard, den er den Merkmalen in seinen Katalogen üblicherweise zuordnet.

2. Dabei darf er wegen des Charakters der Pauschalreisen als einheitliches Massengeschäft mit seinen einer bestimmten Anzahl der Merkmale zugeordneten Standards nicht ohne deutlichen Hinweis von den üblicherweise von den Reiseveranstaltern einer solchen Kennzeichnung zugeordneten Standards abweichen.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

11 U 170/03

Verkündet am 9. Dezember 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 16. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das Teilanerkenntnis und Schlussurteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 3. Juli 2003 aufgehoben und abgeändert, soweit es nicht auf dem Anerkenntnis der Beklagten beruht, und in diesem Umfang und hinsichtlich des Kostenpunktes wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu 1) bis 4) jeweils 1.011, Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20. August 2002 abzüglich am 30. Juli 2003 gezahlter je 202,20 Euro zu zahlen.

Die wegen des materiellen Schadens geringfügig weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Kläger zu 1 und 2) jeweils 1.000, und an die Klägerinnen zu 2) und 3) je 400, Euro Entschädigung für vertane Urlaubszeit nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20. August 2002 zu zahlen, die insoweit weitergehende Klage der Klägerinnen zu 2) und 3) wird abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Die Beschwer keiner der Parteien übersteigt 20.000, Euro.

Gründe:

Die Parteien streiten um Mängel einer Ferienreise, deren vermeintliches Vorliegen die Kläger zum Anlass zu einer vorzeitigen Abreise genommen haben.

I.

Die Kläger (zwei Erwachsene und die damals 16 und 17jährigen Töchter der Klägerin zu 2) buchten bei der beklagten Reiseveranstalterin für die Zeit vom 2. bis zum 14. August 2002 einen Allinclusive-Urlaub in dem Ferienclub A. auf K,. Sie traten die Reise am 2. August 2002 um 6:05 Uhr mit dem Abflug in S. an, rügten am 3. August 2002 erstmals Mängel bei der örtlichen Reiseleitung, bemühten sich anschließend mit der örtlichen Reiseleitung um den Umzug in ein anderes Hotel, was aber wegen unterschiedlicher Vorstellungen über die Frage, ob die Kläger für eine andere Vier-Sterne-Anlage zuzahlen müssten und von wem die Kosten des Transfers zu tragen seien, nicht gelang. Am 5. August 2002 flogen die Kläger zurück.

Die Kläger haben gemeint, zur Kündigung der angetretenen Reise berechtigt gewesen zu sein, weil die Reise mit schweren Mängeln behaftet gewesen sei. Die den Klägern zugewiesenen Zimmer seien stark verschmutzt gewesen, insbesondere auch die Schränke, Nachttische und andere Möbel. Dies hatten die Kläger jedoch bereits vor der ersten Rüge beseitigt. Im Fitness-Raum der Anlage hätten sich nur fünf oder sechs Fitness-Geräte befunden, die so stark verschmutzt und vernachlässigt gewesen seien, dass ein Training an den Geräten kaum in Betracht gekommen sei. Außerdem hätten alte und gebrauchte Handtücher auf den Stühlen herumgelegen und gebrauchte Papiertaschentücher sowie zahlreiche Zigarettenkippen; insoweit wird auf ein von den Klägern zu den Akten gereichtes Lichtbild Bl. 54 d. A. Bezug genommen.

Der Swimmingpool sei nahezu nicht gereinigt gewesen, es habe sich eine Schmutzschicht am Beckenrand gebildet gehabt, die so rutschig war, dass ein ständiges Verletzungsrisiko gegeben gewesen sei. Ferner habe es zahlreiche abgebrochene und scharfkantige Fliesen gegeben. Anstatt einer Reinigung des Wassers und dessen Austausch sei die Brühe so stark gechlort worden, dass ätzende Chlordämpfe aufgestiegen seien.

Die Versorgung mit Getränken sei unzureichend gewesen. Kaffee habe es nur zum Frühstück und für kurze Zeit nachmittags gegeben. Ab 20:30 Uhr seien Getränke in Gläsern gar nicht mehr erhältlich gewesen, weil nur die Poolbar, wo es einfachste Plastikbecher gegeben habe, noch geöffnet gewesen sei.

Die Speisen seien unzureichend gewesen, zum Frühstück habe es nur trockenes Brot gegeben. Als Obst habe es nur Melonen gegeben, ansonsten Trockenobst. Die Melonen seien schon am Vortage aufgeschnitten gewesen und hätten eingetrocknete Ränder aufgewiesen. Die Mahlzeiten seien nicht in der vorhandenen Hotelküche hergestellt, sondern angeliefert worden. Sie seien nicht zureichend warm gewesen. Sie seien lieblos hergerichtet gewesen, es seien Reste vom Vortrag wieder verarbeitet worden. Es habe nicht ein einziges Mal frischen Fisch oder frisch gegrilltes Fleisch gegeben, obwohl dies in einer Vier-Sterne-Anlage zu erwarten gewesen wäre.

Die hygienischen Verhältnisse seien unzureichend gewesen. Für die Beseitigung von Säcken mit gebrauchter Wäsche habe sich niemand zuständig gefühlt. Das Besteck sei vom Personal, das die Plastiktischdecken mit einem Putzlappen oder schwamm und schäumendem Wasser abgewischt habe, unter Anfassen der Besteckteile an dem zum Nahrungskontakt bestimmten Ende auf das noch nasse Tischtuch gelegt worden. Auf den Boden gefallene Besteckteile seien vom Personal wieder aufgehoben und ohne Reinigung zur Benutzung für die Gäste auf die Tische gelegt worden. Verstreute Popcornbrösel seien vom Personal mit den Händen zusammengekratzt und wieder in die Schüssel zur allgemeinen Bedienung gegeben worden. Wegen der Einzelheiten des Vortrages zu den Mängeln wird auf Bl. 4 - 7 der Klageschrift Bezug genommen; die Kläger haben Zeugenbeweis angetreten.

Die Beklagte ist den gerügten Missständen im Wesentlichen unter Bezugnahme auf das gegenbeweisliche Zeugnis der Reiseleiterin E. St. entgegengetreten. Auf Bl. 5 der Klageerwiderung hat sie gemeint, den Vortrag zur Reinigung der Plastiktischdecken und dem entstehenden Schaum zunächst unkommentiert lassen zu wollen. Die Kläger möchten konkret vortragen, wann dies der Fall gewesen sei und inwiefern sie konkret dadurch beeinträchtigt gewesen seien.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat der Beklagtenvertreter die Klageforderung in Höhe von 202,20 EUR pro Person anerkannt, was einem Minderungsbetrag in Höhe von 20 % entspricht.

Das Landgericht hat die Beklagte in Höhe des Teilanerkenntnisses verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat den Vortrag der Kläger insbesondere zu den hygienischen Verhältnissen im Hotel als wahr unterstellt (Bl. 7 2. Absatz der Leseabschrift des Urteils) und gemeint, dass diese Zustände zwar zu einer Minderung berechtigten, diese aber nicht mehr als die anerkannten 20 % des Reisepreises ausmachten, weshalb die Kündigung der Kläger unberechtigt gewesen sei und die Kläger auch keinen Anspruch auf Ersatz wegen vertaner Urlaubszeit hätten.

Gegen dieses Erkenntnis wenden sich die Kläger mit ihrer form- und fristgerecht eingereichten Berufung.

Mit ihr machen die Kläger im Wesentlichen geltend, das Landgericht habe hinsichtlich der wahr unterstellten Mängel diese zu Unrecht als nur zu einer Minderung bis zu 20 % führend gewürdigt.

Zudem habe das Landgericht hinsichtlich der Anforderungen an den Vortrag der Mängel der Speisen der Getränke und der Fliesen am Pool die Substantiierungslast, denen die Reisenden unterlägen, überspannt; das Gleiche gelte hinsichtlich des Fäkaliengeruchs im Bereich des Kinderspielplatzes und der Poolbar.

Die Kläger beantragen,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger zu 1 - 4 je 1.055,50 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20. August 2002 abzüglich am 30. Juli 2003 gezahlter 808,80 EUR (202,20 EUR an jeden Kläger) zu bezahlen.

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger zu 1 - 4 jeweils eine angemessene Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit, mindestens jeweils den Betrag von 600 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20. August 2002 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen der Kläger zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Erweiterung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages das landgerichtliche Urteil. Sie verweist insbesondere - allerdings ohne Einlegung eines eigenen Rechtsmittels - darauf, dass die vom Landgericht als wahr unterstellten Mängel auch erstinstanzlich streitig gewesen seien.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M., L., S., Eheleute N. und H.. Vier weitere ursprünglich von Klägerseite benannte Zeugen waren wegen Krankheit und aus beruflichen Gründen am Erscheinen im Beweisaufnahmetermin des Senats gehindert. Ebenfalls am Erscheinen gehindert dürfte die gegenbeweislich von der Beklagten benannte Zeugin St., die damals zuständige Reiseleiterin, gewesen sein. Sie hat eine schriftliche Aussage zu den Akten gereicht, wegen deren Inhalt nebst Anlagen auf Bl. 151 ff. der Akten Bezug genommen wird; deren beweismäßiger Verwertung hatte die Beklagte mit Schriftsatz vom 23. April 2004 zugestimmt.

Nach Vernehmung der erschienenen Zeugen in der Senatssitzung vom 16. November 2004 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten demgegenüber die persönliche Vernehmung der Zeugin St. begehrt und sich ferner gegenbeweislich auf das Zeugnis derjenigen ursprünglich vom Kläger benannten Zeugen bezogen, die zum Termin nicht erschienen waren.

II.

Die Berufung der Kläger hat weitgehend Erfolg; nur zu einem geringen Teil hinsichtlich der Erstattung des Reisepreises bleibt sie ohne Erfolg. Des weiteren ist der Senat in der Bemessung der immateriellen Entschädigung hinsichtlich vertaner Urlaubszeit von den Vorstellungen der Kläger teils nach oben, teils nach unten abgewichen.

1. Die Kläger haben aus § 651e Abs. 3 BGB Anspruch auf Erstattung des für die Urlaubsreise gezahlten Reisepreises, mit Ausnahme der jeweils anteilig auf sie entfallenden Kosten des Reiseversicherungspakets von je 19,50 Euro. Diese Kosten sind überwiegend für eine den Klägern vollständig zugeflossene Leistung aufgebracht, soweit nämlich im Vorfeld der Reiserücktritt und möglicherweise auch Krankheitskosten abgesichert waren; im Übrigen entsprachen sie einem Absicherungsbedürfnis, das individuell bei jedem Reisenden verschieden ist und seiner persönlichen Risikobereitschaft entspricht, aber nicht den Veranstalter treffen kann.

Im Übrigen ist den Klägern der Reisepreis jedoch inklusive Flughafenzuschlag (vgl. insoweit Senatsurteil v. 26. September 2002 - 11 U 337/01, OLG-Report Celle 2003, S. 53 f. = RRa 2003, S. 12 f.) abzüglich der anerkannten und gezahlten Beträge zu erstatten.

Ferner war von dem Erstattungsbetrag für jeden Kläger ein Abzug für ersparte Aufwendungen vorzunehmen, soweit die Kläger den Erwerb von Lebensmitteln erspart haben. Diesen Betrag hat der Senat auf je 25,00 Euro geschätzt.

Damit entfällt auf jeden Kläger ein Erstattungsbetrag von 1.011 Euro, auf welchen der anerkannte und am 30. Juli 2003 gezahlte Betrag in Höhe von je 202,20 Euro anzurechnen war.

2. Die Kläger haben - im Gegensatz zur landgerichtlichen Beurteilung des Sachverhalts - den Reisevertrag berechtigt gekündigt, weil die Reiseleistung, wie aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme unter Verwertung der schriftlichen Aussage der Reiseleiterin St. und teilweise auch aufgrund unstreitigen Vorbringens feststeht, mit erheblichen Mängeln behaftet war, die nicht nur eine Minderung von 20 % rechtfertigen.

a) Dabei konnte die vorstehende Gesamtwürdigung und konnten die nachstehenden Feststellungen, soweit die Mängel nicht unstreitig waren, getroffen werden, ohne dass die im Beweistermin des Senats verhinderten vom Kläger benannten Zeugen sowie die Zeugin St. noch hätten persönlich gehört werden müssen. Zum Beweise der Behauptungen des Klägers bedurfte es der Anhörung weiterer Zeugen nicht; insoweit bot sich dem Senat bereits aus den Bekundungen der Vernommenen ein überzeugendes Bild. Soweit Zeugen bei Bekundungen einzelner Mängel nicht aufgeführt sind, hatten sie darauf vielfach ihr Augenmerk nicht gelegt oder keine Erinnerung mehr. Positive Schilderungen bezüglich der in Rede stehenden Reiseleistungen haben sie jedoch in keinem Fall abzugeben vermocht. Bei ihrer Gesamtbewertung, die der Senat auch erfragt hat, lagen sie vielmehr bei Vorgabe einer Schulnotenskala, bei einer Bewertung im "mangelhaft"Bereich. Das Ehepaar N., das etwas glimpflicher wertete, hatte bekundet, dass sie als "Lastminute-Gäste" viel weniger als die übrigen gezahlt hatten, ein Auto gemietet hätten und deshalb auf die Anlage und ihr Angebot kaum zurückgegriffen hätten.

Der Vernehmung der 4 verhinderten ursprünglich von den Klägern benannten Zeugen bedurfte es auch auf den Beweisantritt durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Termin vom 16. November 2004 nicht. Die gegenbeweisliche Berufung auf diese Zeugen war nicht zuzulassen, weil sie den Rechtsstreit verzögern würde. Zur Überzeugungsbildung des Senats bedurfte es dieser Zeugen nicht, so dass die Beweisaufnahme im Termin vom 16. November abgeschlossen werden konnte, zumal die Beklagte die Verwertung der schriftlichen Aussage der Zeugin St. gestattet hatte. Das Zurückziehen der einmal gegebenen Zustimmung durch den Beklagtenvertreter war nicht berechtigt. Es war allein dadurch motiviert, dass nach dem Verlauf der Aussagen der erschienen Zeugen die Beklagte befürchten musste, zu unterliegen. Die Gefahr, den Prozess zu verlieren, rechtfertigt die Abkehr von der Gestattung der Beweisverwertung einer schriftlichen Aussage jedoch nicht. Zudem sprach gegen weitere Versuche, diese Zeugin persönlich zu vernehmen, dass sie schon dem ersten Termin wegen persönlicher und beruflicher Gründe ferngeblieben ist und nach den schweren Sturzverletzungen, die sie sich im Sommer 2004 zugezogen haben will, auf absehbare Zeit nicht zur Verfügung stehen dürfte; dies erschien der klagenden Partei nicht zumutbar.

b) Die Mängel im Einzelnen:

Zwar ist der Beklagten einzuräumen, dass das Landgericht tatsächliche Feststellungen über Mängel nicht getroffen hat, sondern dessen Würdigung nur auf der Wahrunterstellung von Vorbringen beruht.

Dennoch waren hygienische Mängel bei der Säuberung der Tische bereits in erster Instanz von der Beklagten nur unzureichend bestritten (Schriftsatz vom 6. März 2003 Blatt 3; GA 36) und deshalb unstreitig. Zudem haben diese Mängel auch die vorsorglich auf sie erstreckte Beweisaufnahme, insbesondere die Zeugen H., J. und A. N. bestätigt. Auch weitere vom Landgericht wahr unterstellte Mängel hat die Beweisaufnahme bestätigt, z. B. den desolaten Zustand des Fitnessraumes durch unzureichende und ungepflegte Geräte, Zigarettenkippen und gebrauchte Papiertaschentücher, das lange Herumstehen von Säcken mit Schmutzwäsche und das mit bloßen Händen erfolgende Zurückfüllen herausgefallenen Pop-Corns durch das Personal in die Schale zur allgemeinen Bedienung.

aa) Bei der Bewertung dieser und der unten noch zu schildernden weiteren Mängel teilt der Senat allerdings nicht die Wertung des Landgerichts, mit der es gemeint hat, wer bei der beklagten Reiseveranstalterin buche, wisse schon, dass er bei Wahl der gleichen Kategorie ein Weniger an Leistung zu erwarten habe, als wenn er bei deren Muttergesellschaft oder anderen Reiseveranstaltern eine Reise buche. Jeder Reiseveranstalter, der seine Angebote griffig durch ein zahlenmäßiges symbolhaftes Klassierungsmerkmal beschreibt, seien es nun Sterne, Seesterne, NŽs oder ähnliches, muss sich insoweit zwar nicht am Maßstab deutscher Hotelsterne messen lassen, wohl aber an dem selbstbeschriebenen Standard, den er den Merkmalen in seinen Katalogen üblicherweise zuordnet. Dabei dürfte er wegen des Charakters der Pauschalreisen als einheitliches Massengeschäft mit seinen einer bestimmten Anzahl der Merkmale zugeordneten Standards zudem nicht einmal ohne deutlichen Hinweis von den üblicherweise von den Reiseveranstaltern einer solchen Kennzeichnung zugeordneten Standards abweichen. Auf Letzteres kam es im Streitfall allerdings nicht einmal an.

Die Beklagte hatte nämlich im Streitfall ihrem Katalog zufolge "Vier-Merkmale"Standard zu leisten, der nach ihrer eigenen Definition "Häuser der gehobenen Mittelklasse mit entsprechenden Einrichtungen und Service" ausweist. Dem ist sie nicht gerecht geworden, denn neben den bereits angesprochenen Mängeln hat sich der Senat aufgrund der Beweisaufnahme noch vom Vorliegen weiterer Mängel zu überzeugen vermocht und ist in einer Gesamtschau zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise gelangt.

bb) Die den Gästen gebotene Verpflegung war mangelhaft. Dabei fällt es allerdings nicht ins Gewicht, ob die Speisen im Hotel zubereitet wurden oder von außerhalb herbeigeschafft. Auch von Catering-Unternehmen bereitgestellte Speisen können schmackhaft und abwechselungsreich sein. Die Zeugen, insb. die Zeugen H., S., M., haben aber übereinstimmend bekundet, dass die Speisen zu den Hauptmahlzeiten zerkocht, nicht schmackhaft gewürzt, nicht temperiert waren und sich vielfach wiederholten; dass zudem vielfach nicht nachgelegt wurde, und eigentlich nur die Nudeln mit Sauce regelmäßig einen gut essbaren Eindruck machten. Ein solcher Zustand wird jedoch einem 4MerkmaleStandard in keinem Fall gerecht; in einem Haus der gehobenen Mittelklasse ist grundsätzlich auch ein appetitliches Aussehen und ein Herrichten der Speisen geschuldet, dem verkochte, unschmackhafte Speisen nicht gerecht werden. Den Bekundungen der Zeugen, die Mängel in diesem Bereich bekundet haben, stehen nicht die Ausführungen der Zeugin St. entgegen, die umfangreich Speisepläne des Hotels eingereicht und übersetzt hat. Zum einen besagen diese Auflistungen nichts über das Aussehen und die Zubereitung der Speisen und darüber ob alles Aufgelistete auch bereitgestellt wurde; zum anderen wird auch aus dem in den Listen enthaltenen Angebot deutlich, dass gehobene Mittelklasse nicht erreicht wird; betrachtet man zum Beispiel allein die Auswahl des Abendessens Nr. 2 bei den Hauptspeisen, findet man dort neben Beilagen "Huhn mit Sauce und Gemüse", "Kalamaris" und "Blätterteig mit Zuccini und Feta" als Hauptbestandteile. Das reicht für ein Angebot der gehobenen Mittelklasse im Rahmen der abendlichen Hauptmahlzeit bei einem Hotel mit 142 Wohneinheiten in der Hauptsaison bei hoher Auslastung nicht aus; weder Zusammengekochtes auf der Basis von Hühnerfleisch noch Kalamaris stellen Hauptspeisen dar, bei denen man davon ausgehen könnte, dass sie eigentlich jedermann mag. Der Speiseplan untermauert somit die Bekundungen der Zeugen bezüglich der Dürftigkeit des Essensangebotes bei den warmen Mahlzeiten. Demgegenüber bleiben die Angaben der Zeugin St., die das Essensangebot als abwechselungsreich, schmackhaft und sauber angerichtet darstellt (Blatt 7 ihrer handschriftlichen Ausführungen), ohne wirkliche Aussagekraft.

Zudem hat keiner der Zeugen bekundet, anderes frisches Obst als Melonen sei regelmäßig im Angebot gewesen. Auch die Reiseleiterin äußert derartiges nicht. Auch insoweit wird ein gehobener Mittelklassestandard verfehlt.

Bedenkt man, dass die angebotene Reiseleistung eine "allinclusive-Reise" war, in der Essen und Trinken einerseits gegenüber den Leistungen Flug, Unterkunft, Transfers etc. andererseits einen besonders großen Leistungs- und dementsprechend auch Preisanteil einnehmen (anders z. B. als bei Frühstück oder Halbpension), wiegen die Mängel der Essenshygiene neben denjenigen des Essensangebotes sehr schwer. Wer Vollverpflegung zu beanspruchen hat und diese schon wegen ekelerregenden Umgangs des Personals mit der Tischhygiene und dem Besteck nicht genießen kann und zudem eine bescheidene Auswahl bei den Hauptmahlzeiten hinnehmen muss, ist von gravierenden Mängeln der Reise betroffen.

Diese Mängel setzen sich im Streitfall noch dadurch fort, dass, obwohl allinclusive-Leistungen geschuldet waren, die Beklagte ab 20:30 Uhr den Gästen Getränke in Gläsern nicht mehr zukommen ließ, sondern sie nur noch an der Poolbar in Plastikbechern anbot. Dies stellt sich - anders als die Beklagte meint - nicht als Notwendigkeit dar, weil die Ausgabe von Gläsern in einer Barfußzone sich verbiete, sondern als Mangel. Die Beklagte musste in dieser Lage eine andere Ausgabestelle für die Getränke wählen als die Poolbar. Es entspricht keinesfalls gehobener Mittelklasse, Gästen ab 20:30 Uhr jegliches Getränk in Plastikbechern aufzunötigen. Besonderes weiteres Gewicht erhält dieser Umstand noch dadurch, dass insoweit (nach den Bekundungen insb. der Zeugen M. und H., die durch die Angabe der Reiseleiterin bei ihrer Kommentierung der Gästerügen indirekt bestätigt wird, wenn es dort heißt, alle All-Inclusive Getränke seien an der Poolbar nur in Plastikbechern ausgeschenkt worden, in der Hotelanlage mit zweierlei Maß gemessen wurde. Trotz der Ausgabe an der Poolbar haben nämlich nicht nur der Hotelmanager sein Getränk stets im Glas erhalten sondern auch alle diejenigen Personen, die Getränke oder Cocktails (auch Kindercocktails bei deren Verzehr die Gefahr des Glasbruchs besonders hoch war) bestellten, die extra zu bezahlen waren. Derartige sachfremde Unterscheidungen in angeblichen Sicherheitsbereichen stellen auch für sich genommen einen Mangel der Reiseleistung dar.

Zudem litten die Unterbringung der Kläger und die Gemeinschaftsanlagen an Mängeln. Die Mängel der Unterkunft lagen in beim Duschen aus dem Abfluss austretendem Schaum und lediglich kaltem Wasser. Wenn die Reiseleiterin insoweit nur anmerkt, es sei bei ihr nicht reklamiert worden, aber nicht mitteilt, dass die Mängel nicht vorgelegen oder unverzüglich behoben worden seien, ist damit deren Nichtvorliegen nicht bewiesen. Vielmehr sind sie bei ihr gerügt worden, wie die Mängelauflistung Bl. 163 d. A., die sie selbst einreicht, ausweist. Dass der Beklagten keine Möglichkeit zur Abhilfe vor der Abreise gegeben gewesen sein mag, fällt angesichts der Schwere insb. der hygienischen Mängel und der Summe der sonstigen Mängel nicht weiter ins Gewicht.

Die für lange Zeit am Tag herumstehenden Säcke mit Schmutzwäsche (Bekundung der Zeugen L., M. und H.) und der schon vom Landgericht als unterstellt hygienisch mangelhaft bewertete Fitnessraum, was die Beweisaufnahme bestätigt hat, soweit vom Landgericht nur unterstellt (Zeugen M. und H.) stellen Mängel der Gemeinschaftsanlagen dar. Hinsichtlich des Fitnessraumes vermag der Senat nicht nur die vom Landgericht unterstellten Mängel nach Beweisaufnahme festzustellen, vielmehr ist aufgrund der Zeugenbekundungen als weiterer Mangel festzustellen, dass der Raum, was die schriftlichen Angaben der Reiseleiterin noch weiter untermauern, wonach die Geräte aus dem wegen Wasserschäden unbrauchbar gewordenen eigentlichen Raum in einen nicht genutzten Diskotheken-Raum verbracht worden waren, der wegen seiner Düsternis abweisend war, anstatt zur Benutzung einzuladen (insb. Zeuge H.).

Ein zusätzlicher Mangel lag in den Geruchsbelästigungen durch Fäkalgeruch, wie sie die Zeugen A. und J. N. am intensivsten, die übrigen abgeschwächt insb. auch weitere Zeugen für den Bereich der Poolbar bekundet haben, auf deren Nutzung die Gäste für Getränkewünsche, soweit sie nicht zur Selbstversorgung schritten, ab 20:30 Uhr angewiesen waren. Insoweit ist, da Gerüche sich nur schwer quantifizieren und beschreiben lassen, entgegen dem Landgericht der Klägervortrag auch nicht unsubstantiiert gewesen. Dass Belästigungen durch die Kläranlage gegeben waren, folgt dabei nicht nur aus den Angaben der vorerwähnten vom Kläger benannten Zeugen. Mittelbar lässt sich dies auch aus den schriftlichen Bekundungen der Reiseleiterin St. entnehmen, wenn sie einräumt, im Eröffnungsjahr habe es Probleme gegeben, ab Saison 2001 seien sie nur ganz, ganz selten aufgetreten, nur bei starken Westwinden. Sie seien nicht extrem stark gewesen und alle Hotels hätten Geruchsbelästigungen durch Kläranlagen. Dem lässt sich entnehmen, dass es solche Beeinträchtigungen gab; sie mögen auf Fehlern bei der Planung und dem Bau der Anlage beruhen (unzureichender Abstand zu den Wohn und Gemeinschaftsräumen oder falsche Himmelsrichtung); die Gäste, auch nicht die Kläger, mussten sie deshalb nicht als vertragsgemäße Reiseleistung hinnehmen.

Mangelhaft war ferner die Wasserqualität im Hauptpool. Die gleichgerichteten Schilderungen der Zeugen L., M., S., A. und J. N. sowie H. die, obwohl die Zeugen keineswegs überkandidelt oder besonders pingelig wirkten, alle bekundet haben, das Wasser sei ekelig gewesen, sie seien wegen einer Dreck/Fettschicht an Rand und Oberfläche und seiner Trübung nicht hineingegangen, waren sehr überzeugend. Dagegen bleiben die Bekundungen der Reiseleiterin blass und haben einen Gegenbeweis nicht erbracht. Die Reiseleiterin hatte offenbar eigene Eindrücke nicht, sondern hat nur bekundet, ihre Tochter und die Kinder des Hotelmanagers hätten fast täglich im Pool gebadet, ohne erkrankt zu sein. Dass nach ihren Angaben wegen des Vorhandenseins einer Umwälzanlage ein Wasseraustausch nicht vorgenommen zu werden brauchte, besagt nicht, dass dieser Mechanismus auch funktioniert hätte oder ausreichend dimensioniert für eine Hauptsaisonbenutzung des Pools war. Dass Chlor und PHMessungen stattfanden, besagt nichts über deren Ergebnisse und deshalb nichts über die erforderliche Chlormenge, die der Senat mit den Bekundungen der Zeugen als beträchtlich annimmt.

Als Mangel stellen sich ferner die Katalogangabe über die Küstenstraße und die Strandentfernung der Hotelanlage in ihrem Zusammenwirken dar. Zwar mag die Strandentfernung in der Luftlinie wie angegeben 250 Meter betragen haben. Dies ist aber insofern irreführend, als die "Küstenstraße" nicht eine kleine zweispurige Straße ist, wie der unbefangene, nicht ortskundige Leser bei Kataloglektüre denken mag, sondern - wie Teile des Senats aus eigener Anschauung wissen - und die Reiseleiterin auch einräumt, dass es sich um eine stark frequentierte Nationalstraße handelt, über die die Hauptverkehrsströme der Insel fließen und die dementsprechend schwer zu überqueren ist. Unter Benutzung des Fußgängertunnels betrug die Strandentfernung keinesfalls 250 Meter, sondern war um das Doppelte weiter, was sich aus der Angabe der Reiseleiterin mittelbar erschließt und die Zeugen J. N., H. und S. besonders nachdrücklich geschildert haben.

c) Bei einer Gesamtwürdigung der so festgestellten Mängel litt die angebotene Leistung gegenüber der Geschuldeten unter ganz erheblichen Mängeln, weshalb der Senat eine Minderungsquote von über 50 % für berechtigt erachtet. Bei einer derart mangelhaften Leistung waren die Kläger berechtigt, den Reisevertrag zu kündigen und abzureisen.

d) Die Kläger müssen sich auf den rückzuerstattenden Reisepreis über die oben bereits erwähnten je 25 Euro für ersparten Nahrungsmittelerwerb auch nicht gemäß §§ 651e Abs. 3, 638 BGB ein Entgelt für erhaltene Leistungen im Übrigen anrechnen lassen. Der Flug und die für 2 - 3 Tage empfangenen Teilleistungen waren für sie ohne Interesse. Zudem entspräche eine solche Entschädigung nicht der Billigkeit, nachdem die Kläger es zusätzlich zu dem Zurückbleiben des Geleisteten hinter dem Geschuldeten noch hinnehmen mussten, dass ein von dem Kläger zu 1) gegen Hotelaufpreis akzeptierter Umzug in ein anderes Hotel letztlich daran scheiterte, dass die Reiseleiterin der Beklagten gemeint hat, die Kläger sollten auch noch eine Umbuchungsgebühr von je 25 Euro zahlen, zudem sollten die Reisenden auch noch Teile von Transfer-Kosten aufbringen.

3. Bei der Bemessung der Entschädigung für vertane Urlaubszeit ist der Senat von den Begehrensvorstellungen der Kläger, die im Kern nicht übersetzt waren, jedoch geringfügig - nämlich in der Verteilung - abgewichen. Er hat dabei insb. in Rechnung gestellt, dass die beiden Töchter die Reise nicht finanziert haben und als Schülerinnen mehr Urlaub zur Verfügung hatten und ferner von den Auseinandersetzungen mit der Beklagten geringer betroffen waren als die Erwachsenen. Der Senat hat deshalb gemeint, sie seien mit je 400 Euro ausreichend abgefunden. Bei den Erwachsenen hat der Senat umgekehrt gemeint, ihnen gerade auch wegen der unerquicklichen Auseinandersetzung mit der Beklagten und im Hinblick darauf, dass die Beklagte eine Zahlungspflicht in erster Instanz überhaupt erst in der mündlichen Verhandlung anerkannt und dann noch mehr als zwei Monate gebraucht hat, um die Zahlung zu erbringen, obwohl sie an andere Gäste - und zwar in kaum erklärlich abgestufter Höhe , wie die Zeugen bekundet haben, bereits auf vorgerichtliche Schreiben Zahlungen erbracht hat, einen etwas über deren Begehrensvorstellung hinausgehenden Betrag zuerkennen zu sollen.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen gründen sich auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit sowie auf § 92 Abs. 2 ZPO hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits. Der Senat hat das Unterliegen der Kläger im Rahmen der materiellen Entschädigung als geringfügig angesehen. Die teilweisen Abweichungen des Tenors hinsichtlich des immateriellen Ersatzanspruches gegenüber den Begehrensvorstellungen hat der Senat in der Gesamtschau nicht für gravierend und deshalb kostenmäßig als nicht zu Gunsten der Beklagten zu Buche schlagend angesehen.

IV.

Zur Zulassung der Revision hat der Senat keinen Anlass gesehen. Auch die Parteien haben insoweit nichts vorgetragen, das zu anderer Beurteilung Anlass gegeben hätte. Es ging um die Würdigung der tatsächlichen Umstände eines Einzelfalles.

Ende der Entscheidung

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