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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 22.03.2001
Aktenzeichen: 11 U 22/99
Rechtsgebiete: KVO


Vorschriften:

KVO § 29
Die verschuldensunabhängige Haftung nach § 29 KVO greift nur solange, bis das Gut ausgeliefert ist. Bei Flüssigkeitstransporten ist die Auslieferung vollzogen, wenn der Wagen mit einem Schlauch des Empfängers an den Behälter des Empfängers angeschlossen und das Ablassventil geöffnet ist.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

11 U 22/99 7 O 76/98 LG Verden

Verkündet am 22. März 2001

#######, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

#######,

Klägerin und Berufungsklägerin,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ####### -

gegen

1. #######,

2. #######,

Beklagte und Berufungsbeklagte,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ####### -

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Amtsgericht ####### auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 19. November 1998 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Verden wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer beträgt für die Klägerin 41.491,04 DM.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Klägerin könnte von den Beklagten Schadensersatz gemäß §§ 29 KVO verlangen, wenn der Breezer in einwandfreiem Zustand von der Beklagten zu 1 übernommen worden wäre und bis zum Beginn der Auslieferung der Breezer beschädigt worden wäre.

Im vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob die erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragene Behauptung der Beklagten, der Breezer sei bereits bei Übernahme durch die Beklagte zu 1 nicht mehr in einwandfreiem Zustand gewesen, zutreffend ist. Zweifel an der Unversehrtheit des Breezers könnten sich daraus ergeben, dass ausweislich des von der Klägerin übergebenen Analyseberichtes (Kopie Bl. 127 d. A.) die Charge Nr. 34 am 6. Mai 1997 hergestellt worden ist. Der Zeuge #######, der Destillateurmeister bei der ####### GmbH ist, hat bekundet, dass der Breezer binnen 96 Stunden nach Herstellung in ####### hätte abgefüllt sein müssen. Die Zeitspanne von 96 Stunden hätte überschritten werden können, wenn das Material unter 0° Celsius heruntergekühlt worden wäre. Der Zeuge ####### hat weiter bekundet, dass die ####### GmbH damals ein Kühlaggregat für die Lagerung des Breezer angemietet gehabt hatte, sodass das Konzentrat auf 0° bis 2° gekühlt worden sei. Da der Transport des Breezer erst am 13. Mai 1997 erfolgte, war der vom Zeugen ####### genannte Zeitraum von 96 Stunden zwischen Produktion und Abfüllung in Flaschen zum Zeitpunkt des Transportes bereits überschritten. Auf der anderen Seite hat der sachverständige Zeuge ####### in seiner schriftlichen Aussage vom 25. Mai 2000 (Bl. 216 f. d. A.) bekundet, dass die im Breezer aufgetretenen Trübstoffe nicht dadurch entstanden sein können, dass der Transport länger gedauert habe als vorgesehen.

Die verschuldensunabhängige Haftung der Beklagten nach § 29 KVO greift jedoch nur so lange, bis das Gut ausgeliefert wird. Ist streitig, ob der Schaden an der transportierten Ware in der Zeit zwischen Übernahme und Ablieferung des Gutes durch den Frachtführer eingetreten ist, so trägt die Beweislast der Anspruchsteller und nicht der Frachtführer (BGH, Transportrecht 1988, 370 ff.). Die Klägerin hatte daher zu beweisen, dass der Schaden am Breezer vor Ablieferung der Ware entstanden ist. Der Senat teilt die Ansicht, dass bei Flüssigkeitstransporten die Auslieferung der Ware vollzogen ist, wenn der Kesselwagen mit einem Schlauch an den Flüssigkeitsbehälter des Empfängers angeschlossen und das Ablassventil des Tankwagens geöffnet ist (Andresen, KVO, 5. Auflage, S. 255). Das Frachtgut ist nämlich von diesem Moment an dem jederzeitigen Zugriff des Empfängers zur Erlangung der Sachherrschaft ausgesetzt. Von diesem Moment an besteht kein Anlass mehr, den Frachtführer mit einer verschuldensunabhängigen Haftung zu belasten. Etwas anderes mag gelten, wenn der Schlauch, mit dem die Flüssigkeit abgeleitet wird, Bestandteil des Tanklastwagens ist. Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die Schlauchanlage einschließlich Schauglas dem Abfüllbetrieb ####### in ####### gehörte. Entsprechendes hat auch der Zeuge ####### vor dem Senat bekundet. Die Klägerin hat behauptet, dass die Trübstoffe bereits aufgrund der ersten Probe, die aus dem Domdeckel des Tanklastzuges entnommen worden war, entdeckt worden waren und zu diesem Zeitpunkt der Schlauch noch nicht angeschlossen gewesen war. Diese Behauptung hat die Klägerin jedoch nicht bewiesen. Zwar hat der Zeuge ####### vor dem Senat bekundet, dass der Schlauch noch nicht angeschlossen gewesen war. Der Zeuge hat jedoch erst auf Nachfrage des Senats eingeräumt, dass er zum Zeitpunkt der Probeentnahme nicht bei dem Transporter gewesen ist. Der Zeuge ####### ist erst von dem Labor der Firma ####### GmbH informiert worden, dass die Probe nicht in Ordnung sei. Daraufhin hat der Zeuge sich zunächst in das Labor begeben und erst danach zum Tanklastzug. Zu diesem Zeitpunkt soll nach der Bekundung des Zeugen der Schlauch nicht angeschlossen gewesen sein. Gegen diese Aussage des Zeugen spricht die Aussage des Zeugen #######. Dieser Zeuge hat bekundet, dass zunächst eine Probe aus dem Domdeckel mittels einer Flasche gezogen worden sei. Dann sei der Schlauch angeschlossen worden und das Ablassventil geöffnet worden. Erst in diesem Moment hätten sich weiße Partikel gezeigt. Danach sei eine zweite Probe genommen worden. Aufgrund dieser widerstreitenden Zeugenaussagen ist der Senat nicht davon überzeugt, dass der Schlauch zum Zeitpunkt des Eintritts des Schadens noch nicht angeschlossen war. Bei der Würdigung von Beweisen muss der Richter "nach freier Überzeugung" (so § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO) davon überzeugt, also zu der persönlichen Gewissheit gelangt sein, dass auf der Grundlage eines Beweisergebnisses eine Tatsache mit derart hoher Wahrscheinlichkeit festzustellen ist, dass Zweifeln Schweigen geboten ist, ohne sie in Anbetracht der allgemeinen Grenzen menschlicher Erkenntnisfähigkeit völlig auszuschließen (vgl. z. B. BGHZ 53, 245/256; BGHZ 61, 165/169). Angesichts der unvereinbaren Zeugenaussagen konnte der Senat sich nicht davon überzeugen, dass die Auslieferung des Breezers noch nicht vollzogen war und somit der Schaden während des Zeitraumes im Sinne des § 29 KVO eingetreten ist.

Die Klägerin hat auch nicht bewiesen, dass der Schaden von der Beklagten zu 1 herbeigeführt worden ist. Der sachverständige Zeuge ####### hat in seiner schriftlichen Aussage vom 25. Mai 2000 ausdrücklich die Frage verneint, dass Stärke in Reinigungsmitteln für Tanklastzüge enthalten ist. Somit kann nicht davon ausgegangen werden, dass Rückstände von Reinigungsmitteln im Hinblick auf die vor dem Transport erfolgte Reinigung des Tanklastzuges zum Schaden geführt haben. Aus dem vorprozessual eingeholten Parteigutachten ergibt sich weiter, dass die Stärke auch nicht dadurch aufgetreten sein kann, dass zuvor Milchprodukte transportiert worden sind.

Demgemäß war die Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die übrigen Nebenentscheidungen finden ihre Stütze in § 708 Ziffer 10, § 713 ZPO. Die Festsetzung der Beschwer erfolgte gemäß § 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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