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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 23.04.2009
Aktenzeichen: 11 U 238/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 280
BGB § 283
ZPO § 287
ZPO § 529
1. a) Beschreibt der Käufer anlässlich seiner Annahmeerklärung den Kaufgegenstand näher und weicht die Beschreibung vom tatsächlichen Zustand der Sache nicht ab, so liegt in einer solchen Präzisierung nicht die mit einem neuen Angebot verbundene Ablehnung des vorherigen Kaufvertragsangebots.

b) Hingegen liegt in der vom Kaufvertragsangebot abweichenden Beschreibung des Kaufgegenstandes durch den Käufer dann ein von ihm erklärtes neues Angebot, wenn die Eigenschaften nicht vorhanden sind und im Falle der Annahme durch den Verkäufer zu dessen Gewährleistungshaftung führen würden.

c) Offenkundige Schreibfehler bei der Bezeichnung des Kaufgegenstandes sind unschädlich.

2. Zu den Voraussetzungen, unter denen in der Berufungsinstanz neuer Sachvortrag zulässig ist.

3. Zur Schadensschätzung nach § 287 ZPO zwecks Vermeidung der Einholung eines Sachverständigengutachtens


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

11 U 238/08

Verkündet am 23. April 2009

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Landgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 17. November 2008 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27. Oktober 2008 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger 83% und der Beklagte 17%.

Von den Kosten der zweiten Instanz tragen der Kläger 75 % und der Beklagte 25 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Berufung ist teilweise begründet.

1. Zu Unrecht hat das Landgericht Ansprüche des Klägers gegenüber dem Beklagten mit der Begründung verneint, ein Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug sei nicht zustande gekommen. Der Senat vermag diese auch vom Beklagten vertretene Auffassung nicht zu teilen.

Der Beklagte hat dem Kläger am 3. Mai 2008 um 23:34 Uhr eine E-Mailgeschickt (A2, Bl. 8 d.A.). In der Anlage zu dieser E-Mailbefand sich der Kaufvertrag über das Fahrzeug. In der E-Mailheißt es: "Bitte unterschreiben und an die Verkäuferadresse schicken. Nach Zahlung von 5.000 ist der Vertrag rechtgültig". Der Kläger unterschrieb, sandte den Vertrag zurück und überwies die geforderten 5.000 EUR auf das angegebene Konto.

Der Abschluss eines Kaufvertrages über das Fahrzeug kann daher nur dann verneint werden, wenn der Kläger am Verkaufsangebot des Beklagten Änderungen vornahm, die als Ablehnung des übersandten Kaufvertragsentwurfs und Vornahme eines neuen, anderen Angebots anzusehen sind. Dies wäre dann der Fall, wenn der Kläger durch die vorgenommenen Änderungen den Leistungsgegenstand unrichtig beschrieben hätte. Dann hätte der Beklagte im Falle der Annahme dieses abändernden Angebots den Kaufvertrag nicht ordnungsgemäß erfüllen können und wäre der Gewährleistungshaftung ausgesetzt gewesen. Beschreibt hingegen der Kläger im Rahmen seiner Annahmeerklärung lediglich das Fahrzeug näher und entsprechen diese im Kaufvertragsangebot des Beklagten nicht enthaltenen genaueren Angaben den Tatsachen, so handelt es sich bei der vom Kläger vorgenommenen bloßen Präzisierung des Kaufgegenstandes nicht um die Ablehnung des alten und Vornahme eines neuen Kaufvertragsangebots.

Bei den hier vom Kläger vorgenommenen Änderungen handelt es sich lediglich um eine unschädliche genauere Beschreibung des Kaufgegenstandes, nicht hingegen um ein über das vom Beklagten abgegebene Angebot hinausgehendes Leistungsverlangen.

a) In der durch den Kläger verursachten unrichtigen Bezeichnung des Erstzulassungsdatums liegt kein Angebot auf Abschluss eines neuen Kaufvertrags.

Das Landgericht sieht in der Übersendung des Angebots mit einem abweichenden Erstzulassungsdatum eine Ablehnung des vorangegangenen Kaufvertragsangebots. Dieses veränderte Angebot sei vom Beklagten nicht angenommen worden. Dazu sei er auch nicht verpflichtet gewesen, weil sich der Beklagte im Falle der Annahme dieses veränderten Angebots wegen des dann unrichtig bezeichneten Erstzulassungsdatums Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt gesehen hätte.

Diese Auffassung vermag nicht zu überzeugen. Bei der unrichtigen Übertragung des Erstzulassungsdatums handelt es sich um einen offenkundigen Tippfehler. Das Objekt selbst wurde vom Beklagten beschrieben. Ein Angebot zum Verkauf eines Fahrzeuges mit dem Erstzulassungsdatum 2002 ist nicht erfolgt. In der Übersendung eines Vertrages, in welchem der Kläger dieses unrichtige Erstzulassungsdatum erwähnte, liegt daher kein neues Angebot zum Abschluss eines Vertrages.

Die Erwähnung des Erstzulassungsdatums hat hier auch deshalb keine Bedeutung, weil dieses Datum im Vertrag zweimal erwähnt wird, und zwar einmal richtig - Erstzulassungsdatum 2001 - unter der Rubrik "Das Fahrzeug", einmal unrichtig - Erstzulassungsdatum 2002 - unter der Rubrik "Daten des Fahrzeuges" (Bl. 14 d.A.). Ist die Kaufvertragsurkunde hinsichtlich des Erstzulassungsdatums in sich widersprüchlich, kann sich der Käufer auf dieses Datum nicht berufen. Die unrichtige Bezeichnung des Erstzulassungsdatums durch den Kläger beinhaltet deshalb keine unrichtige Beschreibung des Kaufgegenstandes mit der Folge, dass er daraus Gewährleistungsrechte gegen den Beklagten herleiten könnte, weshalb darin ein neues Kaufvertragsangebot zu sehen wäre.

b) Etwas anderes würde allerdings dann gelten, wenn der Kläger unrichtige technische Details in den Vertragsentwurf eingefügt hätte, die ihm vom Beklagten zuvor nicht genannt worden sind und die auch nicht den Tatsachen entsprechen. Dann hätte der Kläger - wie vom Landgericht angenommen - das Angebot des Beklagten abgelehnt und ihm gegenüber gleichzeitig ein neues Angebot gemacht. Zu dessen Annahme wäre der Beklagte nicht gehalten gewesen, weil das beschriebene und das tatsächlich veräußerte Fahrzeug im Falle der Annahme des veränderten Angebots voneinander abweichen würden und der Beklagte dann Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt gewesen wäre.

Eine solche Ablehnung verbunden mit einem neuen, abweichenden Angebot hat der Kläger hier jedoch nicht erklärt. Zwar hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat behauptet, der Kläger habe unrichtige technische Details in den Kaufvertrag eingefügt, die er sich ausgedacht habe. Bei dieser Behauptung des Beklagten handelt es sich jedoch um neuen Sachvortrag, der vom Berufungsgericht nicht berücksichtigt werden kann. In der ersten Instanz hat der Beklagte ausschließlich auf die Unrichtigkeit des Erstzulassungsdatums abgestellt. Das Einfügen unrichtiger technischer Details in den Kaufvertrag durch den Kläger hat der Beklagte in erster Instanz dagegen nicht behauptet. Neuer Sachvortrag kann in der Berufungsinstanz aber nur dann berücksichtigt werden, wenn er unstreitig bleibt. Der Kläger hat bestritten, dass die technischen Details unrichtig gewesen sind. Er hat im nachgelassenen Schriftsatz vom 2. April 2009 behauptet, die von ihm in den Kaufvertrag eingefügten technischen Details hätten denjenigen entsprochen, die ihm der Beklagte zuvor übermittelt gehabt habe. Damit handelt es sich bei dem Vortrag des Beklagten, der Kläger habe tatsächlich nicht zutreffende technische Details in den Kaufvertrag eingefügt, um neuen, streitigen Vortrag. Dieser Vortrag kann aber gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht berücksichtigt werden.

Damit ist von einem wirksamen Kaufvertragsschluss der Parteien auszugehen.

2. Die Parteien haben in der Berufungsinstanz unstreitig gestellt, dass dem Beklagten die Herausgabe des Fahrzeugs infolge anderweitiger Veräußerung unmöglich geworden ist. Wegen dieser Unmöglichkeit, seine Leistungspflicht zu erfüllen, ist der Beklagte dem Kläger gegenüber gemäß §§ 283 S. 1, 280 Abs. 1 BGB zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet.

3. Der Senat hat unter Zuhilfenahme des vom Beklagten mit einem Dritten abgeschlossenen (zweiten) Kaufvertrages den Schaden des Klägers gemäß § 287 Abs. 1 ZPO auf 2.000 EUR geschätzt. Dem Beklagten ist es kurz nach dem mit dem Kläger geschlossenen Kaufvertrag gelungen, den Wagen anderweitig zu veräußern. Der in dem zweiten Vertrag vereinbarte Kaufpreis übersteigt denjenigen, auf den sich die Parteien dieses Rechtsstreits verständigt hatten, um 2.000 EUR.

Einen höheren Schaden vermochte der Senat nicht festzustellen. Der Kläger selbst vertritt die Auffassung, das Fahrzeug sei 3.000 EUR mehr Wert gewesen. Obsiegt der Kläger mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.000 EUR und behauptet er einen Schaden in Höhe von 3.000 EUR, so wären die Kosten für ein einzuholendes Sachverständigengutachten wegen der Differenz von 1.000 EUR unverhältnismäßig im Sinne des § 287 Abs. 1 ZPO. Die Einholung eines nach § 287 Abs. 1 ZPO entbehrlichen Sachverständigengutachtens wäre auch deshalb wenig hilfreich gewesen, weil der Wert eines Fahrzeugs durch seinen konkreten Zustand bestimmt wird, zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sich das Fahrzeug jedoch bereits seit fast einem Jahr im Besitz des neuen Käufers befindet, so dass Feststellungen hinsichtlich des tatsächlichen Zustandes zum Zeitpunkt der Veräußerung an den Kläger nicht mehr getroffen werden können. Schließlich hat der Kläger auch keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergibt, warum er einen Schaden in Höhe von 3.000 EUR erlitten haben will. Diese Behauptung beruht offenkundig auf einer Schätzung. Da der Beklagte einen höheren Kaufpreis nicht hat erzielen können, geht der Senat daher lediglich von einem Schaden in Höhe von 2.000 EUR aus.

Der Antrag auf Zahlung von Schadensersatz ist am 27. Oktober 2008 rechtshängig geworden (Bl. 57 d.A.), weshalb der Kläger Zinsen ab diesem Zeitpunkt beanspruchen kann, §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 92 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der Rechtsstreit hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Parteien haben insoweit auch keine Anhaltspunkte, die zu einer anderen Entscheidung Anlass geben könnten, aufgezeigt.

Ende der Entscheidung

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