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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 20.06.2002
Aktenzeichen: 11 U 251/01
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 241 | |
BGB § 242 | |
BGB § 305 | |
BGB § 459 |
11 U 251/01
Verkündet am 20. Juni 2002
In dem Rechtsstreit
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, die Richterin am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Oberlandesgericht ####### auf die mündliche Verhandlung vom 2. Mai 2002
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 5. Juli 2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung abzuwenden, die 115 % der jeweils zu vollstreckenden Summe erreichen muss, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in nämlicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beschwer der Beklagten übersteigt 20.000 €.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um das Recht der Klägerin, von der Beklagten das Entgelt für einen Metzgerei-Verkaufsanhänger, den die Beklagte an die Klägerin veräußert hatte, unter Absetzung einer Nutzungsentschädigung zurückzuverlangen.
Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen und das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten.
Die Beklagte bestreitet ein Wandlungsrecht der Klägerin. Mängelrechte aus dem ursprünglichen Vertrage aus dem Jahre 1996 seien verjährt. Aus der Abrede vom 16. Dezember 1998, falls man in ihr nicht eine bloße Kulanzanregung sehen wolle, könne die Klägerin ein Wandlungsrecht nicht herleiten. Allenfalls stehe der Klägerin insoweit möglicherweise ein Recht auf ergänzende Nachbesserungsarbeiten zu. Zudem bestreitet die Beklagte, etwaige Mängel an dem Anhänger zu vertreten zu haben. Ein etwa verbliebener Riss, falls er vorhanden gewesen sei, stelle eine Ermüdungserscheinung des Materials dar, die darauf zurückzuführen sein, dass das erforderliche Festschrauben der Verbindungen zwischen Aufbau und Fahrgestell nicht vorgenommen worden sei (Beweisangebot: Sachverständigengutachten).
Zudem sei der Riss durch die übrigen Reparaturmaßnahmen, die die Beklagte ausgeführt habe, unerheblich geworden.
Schließlich habe das Landgericht auch nicht auf die Überschreitung des zulässigen Gesamtgewichts abstellen dürfen. Zum einen habe ein Nachwiegen bei der Beklagten ergeben, dass das Leergewicht nicht 3.650 kg, sondern nur 2.830 kg betrage; die Beklagte beruft sich insoweit auf das Zeugnis ihres Mitarbeiters ####### und ein neues Sachverständigengutachten. Hinzu komme, dass die Beklagte schon in erster Instanz darauf hingewiesen habe, dass etwaige Gewichtsüberschreitungen auf das Eindringen von Regenwasser zurückzuführen seien, das sie nicht zu vertreten habe. Soweit der Sachverständige dies und die Frage des Risses durch eine ergänzende Materialprüfung durch Röntgenaufnahme habe nachweisen wollen, habe das Gericht nicht davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte die insoweit erforderliche Beweisaufnahme vereitelt habe. Vielmehr habe im März 2001, als der Sachverständige einen Termin für die Untersuchung anberaumt gehabt habe, die Klägerin das Fahrzeug in ihrem Besitz gehabt, wie sich mittelbar daraus erschließe, dass der Ehemann der Klägerin dem Zeugen ####### von der Beklagten am Telefon erklärt habe 'sie' (wohl die Klägerseite) hätten das Fahrzeug im August 2001 wieder vor dem Grundstück der Beklagten abgestellt.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie bestreitet, das Fahrzeug vor der vom Sachverständigen beabsichtigten Röntgenuntersuchung in ihrem Besitz gehabt zu haben. Im Übrigen erweitert und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Ob der Klägerin noch Mängelgewährleistungsrechte aus dem ursprünglichen Kaufvertrag zustehen könnten oder ob diese zwischenzeitlich verjährt sind, kann offen bleiben.
Das Klagebegehren der Klägerin ist nämlich jedenfalls aus dem Vertrag, den die Beklagte mit den Rechtsanwälten der Klägerin am 16. Dezember 1998 über die Mängelbehebung geschlossen hat, begründet. Dies ergibt die im Streitfall erforderliche ergänzende Vertragsauslegung des Übereinkommens.
Mit Schreiben vom 16. Dezember 1998 (GA 14 f) unterbreitete die Beklagte den Rechtsanwälten der Klägerin ein Angebot, demzufolge die Beklagte das Fahrzeug bei der Klägerin abholen und am Fahrzeug eine Prüfung der behaupteten Mängel vornehmen wollte. Sodann sah das Schreiben für das weitere Vorgehen vor, dass wenn die Fahrzeugprüfung ergab, dass an Fahrgestell oder Aufbau des Fahrzeuges von der Beklagten verschuldete Fehler vorhanden seien, die Beklagte den Anwälten der Klägerin ihre Vorschläge zur dauerhaften und sachgerechten Fehlerbeseitigung mitteilen und sofern Einverständnis bestehe, diese Fehler auf ihre Kosten beheben und der Mandantschaft der Rechtsanwälte das Fahrzeug wieder in ####### zur Verfügung stellen wollte. Unter diesem Vorschlag, wegen dessen weiterer Einzelheiten auf die zu den Akten gelangte Kopie GA 14 f Bezug genommen wird, hat der Rechtsanwalt der Klägerin seine Annahme des Vergleichs schriftlich ergänzt. Unstreitig ist der Beklagten die Annahme noch am 16. Dezember 1998 zugegangen.
In dieser Vereinbarung sieht der Senat nicht lediglich ein Kulanzangebot der Beklagten, aus welchem der Klägerin durchsetzbare Ansprüche nicht hätten erwachsen können, sondern er sieht darin eine vertragliche Vereinbarung, derzufolge die Klägerin Rechte erwerben sollte, unabhängig davon, ob etwaige Mängelgewährleistungsrechte aus dem ursprünglichen Kaufvertrag verjährt sein würden. Diese Auslegung liegt insbesondere deshalb nahe, weil die Beklagte selbst sich bereit erklärt, etwaige von ihr verschuldete Fehler auf eigene Kosten zu beseitigen, was einer Verpflichtungserklärung näher steht als einem bloßen Kulanzangebot. Hierfür spricht auch, dass der Anwalt der Klägerin ausdrücklich die 'Annahme des Vergleichs' erklärt, was darauf hindeutet, dass er den Inhalt des Schreibens als verbindliche Erklärung angesehen hat. Dem ist die Beklagte nach Erklärung der Annahme durch den Rechtsanwalt der Klägerin auch nicht entgegengetreten.
An die in der geschilderten Weise verbindlichen vertraglichen Abreden aus der Vereinbarung vom 16. Dezember 1998 hat die Beklagte sich in der Folgezeit nicht gehalten. Entgegen der Ankündigung in der Vereinbarung, den Anwälten der Klägerin in der Folgezeit Vorschläge zur dauerhaften und sachgerechten Fehlerbeseitigung unterbreiten zu wollen, will die Beklagte nach eigenem Vortrag lediglich durch ihren Werkstattmeister den Ehemann der Klägerin telefonisch konsultiert haben, der sich mit mündlich unterbreiteten Vorschlägen einverstanden erklärt habe. Dies stellt, jedenfalls im Streitfall, eine grobe Verletzung des vertraglich Vereinbarten dar. Zwar kann im Regelfall, selbst wenn eine Partei Anwälte eingeschaltet hat, nicht zweifelhaft sein, dass die Partei dennoch sachbefugt bleibt und endgültige Entscheidungen über das Schicksal eines Vertragsgegenstandes bzw. einer vertraglichen Vereinbarung treffen kann. Abweichend von diesem Grundsatz muss im Streitfall jedoch beachtet werden, dass die konsultierte Person nicht etwa die Erwerberin des Fahrzeuges war, sondern deren Ehemann, der der Beklagten insbesondere nach Einschaltung von Anwälten durch die Erwerberseite keinesfalls mehr als der allein entscheidungsberechtigte Ansprechpartner erscheinen konnte und durfte. Durch die Telefonate, die von Seiten der Beklagten allein mit dem Ehemann der Klägerin geführt worden sein sollen, hat die Beklagte eine erhebliche Abweichung vom selbst vorgegebenen Pflichtenprogramm vorgenommen.
Hierdurch hat die Beklagte letztlich eine reibungslose Abwicklung entsprechend der Einigung vom 16. Dezember 1998 vereitelt.
Als Rechtsfolge hieraus ergibt sich ein Schadensersatzanspruch, wie er im Ergebnis vom Landgericht in dessen Tenor ausgeurteilt worden ist.
Die Parteien haben in der Vereinbarung vom 16. Dezember 1998 keine allgemeinen Regelungen für den Fall von Vertragsverstößen getroffen, sondern nur eine Regelung vorgesehen, die dann eingreifen sollte, wenn über die Fahrzeugprüfung und die Abwendungsmaßnahmen bei etwa festgestellten Fehlern keine Einigung erzielt werden konnte. Diese Regelung greift im Streitfall nicht, nachdem schon keine Einigung über etwa festgestellte Fehler stattfinden konnte, weil die Beklagte das vereinbarte Fehlerfeststellungsverfahren nicht eingehalten hat. Über das Nichteingreifen dieser Regelung waren die Parteien auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat einig.
Was aber in dem Fall geschehen sollte, in dem die Beklagte sich an die eigenen Vorgaben aus der Vereinbarung vom 16. Dezember 1998 nicht halten würde, enthält der Vertrag auch nicht andeutungsweise. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung hat der Senat gemeint, insoweit auch unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 242 BGB feststellen zu können, dass die Parteien redlicherweise die Klägerin in diesem Fall so gestellt hätten, als habe sie noch die Mängelgewährleistungsrechte aus dem ursprünglichen Vertrag. Dies folgt daraus, dass es unzumutbar erscheint, die Klägerin darauf zu verweisen, zunächst auf Erfüllung der Vereinbarung vom 16. Dezember 1998 zu klagen. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Zeitablauf und der Vereitelung der Durchführung des Vereinbarten durch die Beklagte. Dass der Verkaufsanhänger durch die inzwischen vergangene Zeit, zu deren Verstreichen die Beklagte durch Nichteinhaltung des eigenen Vorschlages nicht unerheblich beigetragen hat, eine Entwertung erfahren haben dürfte, fällt nicht in den Risikobereich der Klägerin, die hierzu jedenfalls im Ansatz nichts beigetragen hat. Dementsprechend war die Klägerin so zu stellen, als habe sie ihre ursprünglichen Mängelgewährleistungsrechte nicht verloren.
Hätte die Klägerin diese Rechte jedoch noch gehabt, würde der landgerichtliche Tenor zutreffend sein. Durch das Sachverständigengutachten erster Instanz steht fest, welches Gewicht das Fahrzeug beim Verwiegen durch den Sachverständigen hatte. Bei diesem Vorgang waren Vertreter der Beklagten zugegen. Dass das Wiegeergebnis falsch abgelesen worden sein könnte, erscheint damit ausgeschlossen. Der Senat geht von diesem Wiegeergebnis aus. Welche Ursache es haben mag, dass angeblich ein nachträgliches Verwiegen bei der Beklagten zu einem niedrigeren Ergebnis geführt haben soll, erscheint nicht nachvollziehbar. Der Senat sieht auch keinen Anlass, insoweit die landgerichtliche Beweisaufnahme, gegen deren Ergebnis die Beklagte erstinstanzlich den Protest auch aufgegeben hatte (GA 194), zu wiederholen.
Der Gewichtsmangel allein, der nach dem Dafürhalten des Senats feststeht, hätte die Klägerin zur Wandlung berechtigt. Sollte er auf dem Eindringen von Regenwasser beruhen, würde das ebenso gelten, denn die Beklagte hatte einen Anhänger zu liefern, in den Regenwasser in nennenswerter Menge nicht eindringen konnte. Näheren Feststellungen hierzu bedurfte es mithin nicht. Dementsprechend kommt es auf die weiteren zwischen den Parteien streitigen Mängel nicht an.
Im Hinblick auf die oben vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung der Vereinbarung vom 16. Dezember 1998 erschien es dem Senat auch nicht als der Klägerin noch zumutbar, etwa auf Erfüllung der getroffenen Vereinbarung zu klagen. Eine Prüfung und etwa weitere Bearbeitung des Verkaufsanhängers durch die Beklagte ist der Klägerin nach dem bisherigen Verhalten der Beklagten und der Qualität des von ihr gelieferten Verkaufsanhängers nicht zumutbar.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 97 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens und aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit.
Die Revision war im Streitfall nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat, sondern einen Einzelfall darstellt, der in vergleichbarer Weise kaum einmal wiederkehren wird. Die Parteienvertreter haben insoweit auch weder Anregungen gegeben noch Gesichtspunkte aufgezeigt, die zu einer anderen Entscheidung Anlass gegeben hätten.
Ende der Entscheidung
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