Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 27.09.2001
Aktenzeichen: 11 U 265/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 326
Die unter Frist gesetzte Aufforderung zur Anzeige von Leistungsbereitschaft stellt keine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung im Sinne des § 326 BGB dar.
11 U 265/00

Verkündet am 27. September 2001

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und die Richterin am Oberlandesgericht ####### auf die mündliche Verhandlung vom 23. August 2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das am 10. August 2000 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Klägerin 87.543,84 DM nebst 5 % Zinsen auf 80.067,84 DM seit dem 16. Juli 1999 und auf weitere 7.476 DM seit dem 13. April 2001 zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits I. und II. Instanz trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung von 120.000 DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beide Parteien können die Sicherheit auch durch eine schriftliche, selbstschuldnerische, unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse leisten.

Der Wert der Beschwer beträgt für die Beklagte 174.855,83 DM.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt nach fristloser Kündigung des Beklagten restliche Bezahlung abzüglich ersparter Aufwendungen gemäß § 649 BGB aus einem Werklieferungsvertrag mit der Beklagten. Die Klägerin sollte im Auftrag der Beklagten eine SPS-Steuerung mit Prozessvisualisierung zur Überwachung und Ansteuerung eines Großsilos, in dem Zementkomponenten gelagert werden sollten, für die Firma ##################### in den ##################### liefern und aufbauen. Die Beklagte hat mit ihrer Widerklage Schadensersatz wegen Mehraufwendungen infolge des von der Klägerin nicht zu Ende geführten Auftrages verlangt.

Die Parteien streiten darüber, ob die fristlose Kündigung der Beklagten begründet war und dabei darum, zu welchen Zahlungsbedingungen der Vertrag zwischen ihnen zustande gekommen war.

Nach Verhandlungen zwischen den Parteien über Leistungsumfang und Preis übersandte die Klägerin der Beklagten unter dem 8. Mai 1998 eine Auftragsbestätigung (Kopie Bd. I Bl. 28 - 36 d. A.). Darin bestätigte die Klägerin den am

7. Mai 1998 telefonisch erteilten Auftrag des Geschäftsführers der Beklagten und bat um Rücksendung eines unterschriebenen Exemplars der Auftragsbestätigung. Der Gesamtnettopreis sollte sich auf 197.000 DM belaufen. Die Zahlungen sollten nach folgenden Bedingungen erfolgen:

'40 % innerhalb 8 Tagen ohne Abzug nach Auftragsbestätigung gegen Stellung einer Anzahlungsbürgschaft über den Nettobetrag. Diese wird bei Vorabnahme zurückgegeben

30 % innerhalb 8 Tagen ohne Abzug nach Vorlage der Quelltöpfe der SPS, PV und erfolgreicher Vorabnahme

30 % innerhalb 30 Tage nach Auslieferung, spätestens 60 Tage nach Bekanntgabe der Lieferbereitschaft gegen Stellung von 2 Bankbürgschaften über 15 und 5 % des Nettoauftragswertes. Die 15 %-Bürgschaft wird nach der Inbetriebnahme, spätestens jedoch 6 Monate nach Lieferung zurückgegeben; die 5 %-Gewährleistungsbürgschaft wird 12 Monate nach Inbetriebnahme, spätestens jedoch 24 Monate nach Lieferung zurückgegeben.

jeweils Rechnungsstellung vorausgesetzt.'

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindliche Kopie der Auftragsbestätigung vom 8. Mai 1998 verwiesen.

Die erbetene Rücksendung eines unterschriebenen Exemplares unterblieb.

Auf die am 12. Mai 1998 erteilte Anzahlungsrechnung in Höhe von 40 % des Gesamtnettopreises zahlte die Beklagte 91.408 DM (78.800 DM zzgl. 16 % MWSt) am 24. Juli 1998.

Danach verhandelten die Parteien über Auftragserweiterungen und -reduzierungen. In der Folgezeit übersandte die Klägerin der Beklagten so zum Beispiel ein Ergänzungsangebot vom 27. Mai 1998 über 78.300 DM (Kopie Bd. I Bl. 37 d. A.).

Im Hause der Klägerin erfolgte später die Vorabnahme der Anlage, wobei ein Abnahmeprotokoll erstellt wurde, wonach noch geringfügige Mängel zu beseitigen waren und die Lieferung der Schaltschränke für den 11. November 1998 und der endgültige Lieferumfang festgelegt wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindliche Kopie der Anlage zum Abnahmeprotokoll verwiesen (Bd. I Bl. 38 f. d. A.). Die Auslieferung der Schaltschränke erfolgte termingemäß.

Die Änderungen und Ergänzungen des Lieferumfangs arbeitete die Klägerin in ihre Auftragsbestätigung vom 23. Dezember 1998 ein, die hinsichtlich der Position 1 einen Gesamtnettopreis von 257.600 DM enthält. Wegen der Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindliche Kopie der Auftragsbestätigung verwiesen (Bd. I Bl. 40 - 48 d. A.). Anfang Januar 1999 erklärte sich die Klägerin nach erneuter Verhandlung mit der Beklagten mit einen Nettopreis von 255.000 DM einverstanden.

Unter dem 18. Januar 1999 übersandte die Beklagte ihrerseits der Klägerin eine Auftragsbestätigung, in der sie lediglich die Garantie- und Zahlungsmodalitäten abänderte (Bd. I Bl. 113 d. A.). Danach sollte die Restzahlung von 30 % gegen Rechnungslegung nach erfolgreicher Inbetriebnahme dokumentiert durch ein von CEMAG unterzeichnetes Abnahmeprotokoll, spätestens acht Monate nach Lieferung erfolgen. Wegen der Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindliche Kopie des Schreibens, das irrtümlicherweise das Datum vom 18. Januar 1998 trägt, verwiesen.

Die Beklagte bezahlte nach Vorlage der persönlichen Bürgschaft der Geschäftsführerin der Klägerin, die nach Überprüfung der Software bis zur Softwareabnahme durch einen #######-Mitarbeiter ihre Gültigkeit verlieren sollte, der Klägerin die zweite Abschlagsrechnung vom 21. Januar 1999 über 115.652 DM am 1. Februar 1999. Am 3. Juni 1999 erfolgte die Vorabnahme der SPS-Steuerung im Hinblick auf die erfolgte Vorabnahme vom 9. November 1998. In dem Protokoll über die Vorabnahme heißt es u. a.:

'Die Steuerung gilt nunmehr als komplett vorabgenommen. Alles, was hier in Deutschland ohne die Anlage/den Prozeß vorbereitet und getestet werden konnte, ist vollbracht.'

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindliche Kopie des Vorabnahmeprotokolls vom 3. Juni 1999 verwiesen (Bd. I Bl. 57 - 59 d. A.).

Die Geschäftsführer der Klägerin forderten ihre Bürgschaftsurkunde zurück und teilten mit, dass die Zahlungsfrist für die Restzahlung in 60 Tagen beginne, weil nach erfolgreicher Vorabnahme die Anlage lieferbereit sei. Daraufhin erhielt die Klägerin ein Fax der Beklagten vom 10. Juni 1999, in dem die Beklagte die Ansicht äußerte, dass die Klägerin den Auftrag gemäß dem Schreiben der Beklagten vom 18. Januar 1999 akzeptiert habe (Kopie Bd. I Bl. 162 d. A.).

Mit Schreiben vom Freitag, dem 11. Juni 1999, forderte der Bevollmächtigte der Beklagten die Klägerin auf, bis Montag, dem 14. Juni 1999, dem Bevollmächtigten gegenüber schriftlich zu bestätigen, dass die Visualisierung der SPS-Steuerung jederzeit abrufbereit sei bzw. von der Klägerin jederzeit geliefert werden könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindliche Kopie des Faxes verwiesen (Bd. I Bl. 60 f. d. A.).

Mit Fax vom 14. Juni 1999, das am 15. Juni 1999 um 1:13 Uhr bei den Bevollmächtigten der Beklagten eingegangen ist, hielt die Klägerin an ihrer bisher geäußerten Auffassung fest, bot aber einen Kompromiss an und erklärte sich bereit, auf jeden Fall ihre vertraglich vereinbarten Leistungen zu erbringen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindliche Kopie des Faxes verwiesen (Bd. I Bl. 63 ff. d. A.).

Nachdem die Klägerin ihre Abschlussrechnung vom 25. Juni 1999 erteilt hatte, kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 28. Juni 1999 den Auftrag mit der Begründung, dass die Klägerin sich nicht fristgemäß geäußert habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindliche Kopie des Schreibens verwiesen (Bd. I Bl. 66 f. d. A.).

Die Klägerin hat mit ihrer Klage die restliche Vergütung nach Abzug ersparter Aufwendungen verlangt. Mit Schreiben vom 30. Juni 1999 forderte sie von der Beklagten Zahlung.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass dem Auftrag ihre Zahlungsbedingungen vom 8. Mai 1998 zugrunde gelegen hätten. Die Auftragsbestätigung vom 23. Dezember 1998 sei nur eine schriftliche Dokumentation des Lieferumfanges in einer einheitlichen Urkunde. Eine Abänderung der Vertragsbedingungen sei durch Bestätigungsschreiben der Beklagten vom 18. Januar 1999 nicht möglich gewesen. Außerdem fehle es an einer die Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigenden Leistungsverweigerung, es sei nur auf den Beginn der Zahlungspflicht hingewiesen. Die ihr gesetzte Erklärungsfrist sei unangemessen kurz gewesen, zumal sich die Beklagte nicht geäußert habe, wann die Inbetriebnahme hätte erfolgen sollen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 80.067,84 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 3. Juli 1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat eine telefonische Annahme des Angebotes am 7. Mai 1998 bestritten. Dies habe der Geschäftsführer der Beklagten nicht entscheiden können. Bis Ende November 1998 habe die Beklagte noch Verhandlungen mit Mitbewerbern geführt und bewusst keinen Auftrag erteilt. Wegen langjähriger Geschäftsbeziehungen sei die Beklagte bereit gewesen, die gefertigten Schaltschränke abzunehmen, auch ohne den Gesamtauftrag zu erteilen. Die Zahlung der 78.800 DM sei wegen eines finanziellen Engpasses der Klägerin erfolgt. Bei der Auftragsbestätigung vom 23. Dezember 1998 habe es sich um ein umfassendes neues Angebot gehandelt, welches die Beklagte mit Abänderungen am 18. Januar 1999 angenommen habe. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Klägerin habe die Kündigung verschuldet, weil sie am 3. Juni 1999 die Ausführungen des Auftrages zu den Zahlungsbedingungen der Beklagten verweigert habe.

Mit ihrer Widerklage hat die Beklagte Schadensersatz verlangt, der zur Durchführung des Auftrages entstanden sei. Die zunächst in Höhe von 163.811,99 DM erhobene Widerklage hat die Beklagte auf den Einwand der Klägerin wegen Sowieso-Kosten auf 87.311,99 DM reduziert und im Übrigen die Widerklage zurückgenommen.

Die Beklagte hat widerklagend beantragt,

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 87.311,99 DM nebst 4 % Zinsen seit Zustellung der Widerklage zu zahlen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Klägerin hat die Höhe der mit der Widerklage geltend gemachten Mehraufwendungen bestritten.

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 10. März 2000 durch Vernehmung der Zeugen ############## und ####### (Bd. II Bl. 230 d. A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 30. Juni 2000 verwiesen (Bd. II Bl. 244 - 247 d. A.).

Das Landgericht hat der Klage weitüberwiegend stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Es hat die Ansicht vertreten, dass ein Vertrag zwischen den Parteien bereits aufgrund der Auftragsbestätigung der Klägerin vom 8. Mai 1998 zustande gekommen sei, nachdem die Parteien zuvor aufgrund eines Angebotes der Klägerin verhandelt hätten. Die Beklagte habe das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Vertrages zumindestens konkludent angenommen. Die Beklagte habe unstreitig die erste Abschlagsrechnung am 24. Juli 1998 bezahlt, eine Vorabnahme der Anlage am 9. November 1998 vorgenommen und vereinbarungsgemäß am 11. November 1998 die Schaltschränke entgegengenommen. Die Beklagte habe nicht bewiesen, dass die Klägerin einen wichtigen Grund zur Kündigung des Vertrages gegeben habe. Zwar sei das Fax der Klägerin vom 14. Juni 1999 bei den Bevollmächtigten der Beklagten erst um 1:13 Uhr am 15. Juni 1999 eingegangen, diese kurzfristige Überschreitung rechtfertige jedoch keine fristlose Kündigung.

Gegen dieses Urteil, auf das zur näheren Sachdarstellung verwiesen wird, richtet sich die Berufung der Beklagten. Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr Vorbringen erster Instanz. Sie ist der Ansicht, dass das Schreiben des Bevollmächtigten der Beklagten vom 28. Juni 1999 keine Kündigung enthalte. Im Übrigen sei eine Kündigung ausgeschlossen, da nach Ablauf der gesetzten Frist i. S. d. § 326 Abs. 1 BGB der Vertrag mit Ablauf des 14. Juni 1999 'aufgehoben' sei. Die Beklagte behauptet erstmalig in der Berufungsinstanz, in einem Telefonat am 10. Juni 1999 habe der Geschäftsführer der Klägerin erklärt, dass allein die Bedingungen der Klägerin maßgeblich seien.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen sowie die Klägerin auf die Widerklage hin zu verurteilen, an die Beklagte 87.311,99 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 16. Dezember 1999 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Beide Parteien beantragen die besondere Form der Sicherheitsleistung.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr Vorbringen erster Instanz. Sie verteidigt das angefochtene Urteil und bestreitet, dass der Geschäftsführer der Klägerin in einem Gespräch mit dem Mitarbeiter der Beklagten ####### die Erfüllung des Vertrages durch die Klägerin verweigert habe. Sie ist der Ansicht, die Voraussetzungen des § 326 BGB lägen nicht vor. Der Bevollmächtigte der Beklagten habe keine Frist zur Erfüllung gesetzt, sondern lediglich eine Frist zur Erklärung der Leistungsbereitschaft. Die gesetzte Frist sei unangemessen kurz.

Die Klägerin legt Anschlussberufung ein und vertritt die Ansicht, dass ein Betrag von 7.476 DM nicht von der Auftragssumme von 257.600 DM abzuziehen sei, da die Kosten für die nicht erfolgte Montage und Inbetriebnahme ausweislich des Angebots vom 23. Dezember 1998 als Position 2 zusätzlich zu vergüten gewesen wären.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin weitere 7.476 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 13. April 2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass es sich bei der Position 4 der Auftragsbestätigung um zusätzliche sonstige Montagen und Inbetriebnahmen handele.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Die in zulässiger Weise erhobene Anschlussberufung der Beklagten ist dagegen begründet.

1. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin den mit der Klage geltend gemachten Vergütungsanspruch nach erfolgter Kündigung des Vertrages durch die Beklagte gemäß § 649 BGB verlangen kann. Die Beklagte hat den zwischen den Parteien ursprünglich bestandenen Vertrag gekündigt, obwohl ihr die Klägerin dafür keinen wichtigen Grund gegeben hat.

a) Es kann dahinstehen, ob zwischen den Parteien ein Vertrag bereits im Mai 1998 - wie es das Landgericht angenommen hat - geschlossen worden ist. Es spricht alles dafür, dass das Vertragsangebot der Klägerin vom 8. Mai 1998, sofern die Parteien sich nicht bereits, wie von der Klägerin behauptet, am 7. Mai 1998 geeinigt hatten, durch schlüssiges Verhalten der Beklagten angenommen wurde. Die Beklagte hat sowohl die unter Bezugnahme auf die Auftragsbestätigung erteilte Anzahlungsrechnung der Klägerin vom 12. Mai 1998 bezahlt als auch am 9. November 1998 eine Vorabnahme der Anlage durchgeführt sowie am 11. November 1998 die gelieferten Schaltschränke entgegen genommen. Jedenfalls ist nach dem Vortrag der Beklagten ein Vertrag zwischen den Parteien im Januar 1999 durch die Auftragsbestätigung der Beklagten vom 18. Januar 1999 zustande gekommen, nachdem zuvor die Klägerin unter dem 23. Dezember 1998 eine Auftragsbestätigung an die Beklagte übersandt hatte.

b) Entgegen der Ansicht der Beklagten stellt das Schreiben ihres damaligen Bevollmächtigten vom 28. Juni 1999 eine Kündigung des Vertrages dar. Der Bevollmächtigte der Beklagten führt in diesem Schreiben aus, dass seiner Ansicht nach die Klägerin nicht fristgerecht auf sein Schreiben vom 11. Juni 1999 reagiert habe, aus diesem Grunde habe die Beklagte die weitere Auftragsdurchführung durch die Klägerin abgelehnt und die restlichen Arbeiten zur Durchführung des Auftrages anderweitig vergeben. Gleichzeitig hat der Bevollmächtigte der Beklagten die Bezahlung der Rechnung vom 25. Juni 1999 abgelehnt und Schadensersatzansprüche angekündigt. Bei objektiver Betrachtungsweise konnte die Klägerin dieses Schreiben nur als Kündigung des Vertragsverhältnisses verstehen. Zwar ist in dem Schreiben nicht ausdrücklich eine Kündigung des Vertragsverhältnisses erklärt, wenn jedoch die Beklagte mit einer dritten Firma einen Vertrag schließt, um noch restliche Arbeit durch diese Drittfirma durchführen zu lassen, so kann dies nur bedeuten, dass sie gleichzeitig den Vertrag mit der Klägerin als beendet ansieht.

c) Zutreffend ist das Landgericht weiter davon ausgegangen, dass die Beklagte nicht zur Kündigung des bestehenden Vertrages berechtigt war. Ein wichtiger Grund im Sinne dieser Vorschrift ist gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrages für den Kündigenden unzumutbar machen (Palandt, BGB, 59. Aufl., § 649 Rdnr. 2; Einleit. Vor § 241 Rdnr. 19 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch nach dem Vortrag der Beklagten Uneinigkeit zwischen den Parteien lediglich im Hinblick auf die Modalitäten der letzten Zahlung bestanden. Das Bestätigungsschreiben der Beklagten vom 18. Januar 1999 modifizierte die Auftragsbestätigung der Klägerin vom 28. Dezember 1998 lediglich im Hinblick auf die Garantie und die Zahlungsmodalitäten. Angesichts der bereits weit fortgeschrittenen Vertragsdurchführung war die Beklage nicht berechtigt, die fristlose Kündigung auszusprechen, zumal die Klägerin ihre Leistungsbereitschaft mit Fax vom 14. Juni 1999 an den Bevollmächtigten der Beklagten erklärt hatte. Dabei ist vom Senat auch in Betracht gezogen worden, dass die Beklagte sich ihrerseits erheblichen Schadensersatzansprüchen ihres Auftragnehmers ausgesetzt gesehen hätte, wenn der Vertrag nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden wäre. Jedenfalls nach Eingang des Faxes der Klägerin bei dem Bevollmächtigten der Beklagten am 15. Juni 1999 um 01:13 Uhr hatte die Beklagte keinerlei Grund mehr anzunehmen, dass die Klägerin die ihr obliegenden Leistungen nicht fristgerecht erbringen würde.

2. Die Klägerin hat auch nicht ihren Anspruch auf Zahlung ihrer Rechnung vom 25. Juni 1999 verloren, weil die Beklagte wirksam gemäß § 326 Abs. 1 BGB vom Vertrag zurück getreten ist. Die Voraussetzungen des § 326 Abs. 1 BGB liegen nicht vor. Nach § 326 Abs. 1 BGB kann bei einem gegenseitigen Vertrag der eine Vertragsteil, wenn der andere Teil mit der ihm obliegenden Leistung im Verzug ist, dem anderen Teil zur Bewirkung der Leistung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, dass er die Annahme der Leistungen nach dem Ablauf der Frist ablehne.

a) Zweifelhaft ist im vorliegenden Fall bereits, ob die Klägerin mit einer Hauptleistungspflicht im Verzug war. Eine etwaige Mahnung seitens der Beklagten trägt die Beklagte nicht vor. Eine Inverzugsetzung der Klägerin könnte allenfalls dann entbehrlich sein, wenn der Geschäftsführer der Klägerin, wie von der Beklagten behauptet, die Restleistung endgültig verweigert hätte für den Fall, dass die Beklagte das Schreiben vom 23. Dezember 1998 nicht zurücksenden würde. Diese Frage kann letztendlich jedoch dahinstehen, da die weiteren Voraussetzungen des § 326 Abs. 1 BGB nicht erfüllt sind.

b) Mit Schreiben vom 11. Juni 1999 hat der Bevollmächtigte der Beklagten die Klägerin aufgefordert, spätestens bis zum 14. Juni 1999 schriftlich zu bestätigen, dass die SPS-Steuerung bei der Klägerin jederzeit abrufbereit sei bzw. jederzeit geliefert werden könne. Durch dieses Schreiben ist die Klägerin nicht aufgefordert worden, die Leistung zu bewirken, vielmehr ist von der Klägerin lediglich verlangt worden zu erklären, sie werde die Leistung bewirken. Im Hinblick auf den Sinn und Zweck des § 326 BGB sowie die erheblichen Rechtsfolgen, müssen die im Gesetz festgelegten Förmlichkeiten der Erklärung im Sinne des § 326 BGB strikt eingehalten werden. Die Erklärung soll dem Schuldner eine letzte Chance zur ordnungsgemäßen Durchführung des Vertrages eröffnen (Palandt/Heinrichs, a.a.0., § 326 Rdnr. 14 m.w.N.). Im vorliegenden Fall hat der Bevollmächtigte der Beklagten die Klägerin lediglich aufgefordert, ihre Leistungsbereitschaft zu erklären. Eine derartige Erklärung des einen Vertragspartners ist für den anderen Vertragspartner lediglich von geringem Wert. Es bereitet einem Schuldner, der zur Erbringung seiner geschuldeten Leistung nicht willens oder nicht fähig ist, keinerlei Mühe, dennoch die Erklärung abzugeben, dass er seine geschuldete Leistung erbringen werde. Die Beklagte hätte daher um den Voraussetzungen des § 326 Abs. 1 BGB genüge zu tun, der Klägerin eine angemessene Frist zur Bewirkung der Leistung setzen müssen.

c) Die von dem Bevollmächtigten der Beklagten in dem Schreiben vom 11. Juni 1999 gesetzte Frist von knapp zwei Werktagen ist des Weiteren nicht angemessen im Sinne des § 326 Abs. 1 BGB. Für die Beurteilung der Angemessenheit ist auf der einen Seite zu bedenken, dass die Durchführung des Vertrages für die Beklagte von elementarer Bedeutung war. Auf der anderen Seite musste die Klägerin die Möglichkeit haben, wegen der komplexen Materie innerhalb der Frist anwaltlichen Rat einzuholen, zumal sich die Beklagte eines solchen bedient hatte. Daher scheint eine Fristsetzung von weniger als zwei Werktagen (Freitag und Montag) als zu gering. Da die von der Beklagten gesetzte Nachfrist zu kurz war, wurde eine angemessene Nachfrist in Lauf gesetzt. Da das Schreiben der Klägerin vom 14. Juni 1999, mit dem sie ausdrücklich erklärt, dass sie die Leistung erbringen werde, den Bevollmächtigten der Beklagten um 01:13 Uhr am 15. Juni 1999 erreichte, hat die Klägerin jedenfalls die von ihr geforderte Erklärung innerhalb einer angemessen Frist abgegeben.

d) Ergänzend ist aufzuführen, dass, selbst wenn man eine Fristsetzung von weniger als zwei Werktagen für angemessen erachten würde, die Beklagte sich im Hinblick auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) im vorliegenden Fall nicht auf die Versäumung der von ihr gesetzten Frist um 1 Stunde und 13 Minuten berufen könnte. Dabei sind alle Umstände des vorliegenden Falles zu berücksichtigen. Die Klägerin hatte bereits die wesentlichsten Teile ihres Vertrages erfüllt. Es ist weder vorgetragen, noch ersichtlich, dass die Beklagte in der Zeit zwischen 00:00 Uhr und 01:13 Uhr am 15. Juni 1999 irgendwelche Maßnahmen ergriffen hat oder ergreifen musste.

Da die Voraussetzungen des § 326 Abs. 1 BGB nicht vorgelegen haben, ist die Beklagte nicht wirksam von dem Vertrag zurück getreten.

3. Aus dem oben Gesagten folgt, dass die Widerklage der Beklagten unbegründet ist. Die Beklagte hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin.

4. Die Anschlussberufung der Klägerin, bei der es sich um eine zulässige Klageerweiterung handelt, ist begründet. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass in dem Gesamtnettopreis von 247.600 DM, der abschließend unstreitig durch Vereinbarung der Parteien auf 255.000 DM netto erhöht wurde, die Kosten für die Montage und Inbetriebnahme vor Ort nicht enthalten waren. Es handelt sich insoweit um Position 2 der Auftragsbestätigung der Klägerin vom 23. Dezember 1998 (Bd. I Bl. 108, 111 d.A.).

5. Der Zinsanspruch der Klägerin beruht auf § 284, § 286 BGB, § 352 Abs. 1 HGB. Die Beklagte befindet sich mit der Zahlung aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 30. Juni 1999 seit dem 16. Juli 1999 in Verzug. Zinsen im Hinblick auf die Anschlussberufung stehen der Klägerin seit dem 13. April 2001 zu, da der Schriftsatz, mit dem die Anschlussberufung eingelegt worden ist, der Beklagten am 12. April 2001 zugestellt wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erfolgt gemäß §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO. Die Festsetzung der Beschwer erfolgt gemäß § 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück