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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 24.10.2002
Aktenzeichen: 11 U 281/00
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 660
HGB § 459
HGB § 452
Zur Frage, wann beim multimodalen Transport die Seestrecke endet.
11 U 281/00

Verkündet am 24. Oktober 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 24. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, die Richterin am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Oberlandesgericht ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover vom 18. Oktober 2000 teilweise abgeändert und insgesamt zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 22.144,50 € (=43.310,88 DM) nebst 4% Zinsen seit dem 23. Dezember 1999 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten erster Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin hat die Beklagte 17 % zu tragen. Die Klägerin hat 83 % der Gerichtskosten, 83 % ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten und 83 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu tragen. Die Streithelferin der Klägerin hat in Höhe von 83 % ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Die Kosten der Berufungsinstanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin werden der Beklagten zu 63 % auferlegt. Im Übrigen hat die Klägerin 37 % der Gerichtskosten der Berufungsinstanz, 37% der außergerichtlichen Kosten der Beklagten und haben die Klägerin und ihre Streithelferin je 37 % ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten der Berufungsinstanz zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Allen Beteiligten wird gestattet, die Vollstreckung des jeweiligen Gegners durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 115 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei ihrerseits jeweils vor der Vollstreckung Sicherheit in nämlicher Höhe leistet.

Jeder Partei wird gestattet, eine von ihr zu erbringende Sicherheit in der Form des § 108 Abs. 1 ZPO n. F. zu leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Die Beschwer der Klägerin und ihrer Streithelferin übersteigt 20.000 €.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Ersatzansprüche wegen eines Transportschadens an einem geophysikalischen Feldlabor.

Die Klägerin, ein deutsches Versicherungsunternehmen, klagt aus abgetretenem und übergegangenem Recht eines Unternehmens in #######, das die Beklagte, ein deutsches Speditionsunternehmen, beauftragt hatte, den Transport eines in einen 30-Fuß Container eingebauten Feldlabors nach Tunis zu fixen Kosten zu organisieren. Der Container wurde am 5. Oktober 1998 von der Streithelferin im Auftrag der Beklagten in ####### abgeholt und von ihr nach ####### verbracht. Er wurde dort mit Hilfe eines Flats am 7. Oktober 1998 nach ####### verschifft, wo er im Freihafen im Flat verblieb, weil aus zolltechnischen Gründen, die nicht in den Bereich der Beklagten fallen, eine Übergabe an den Empfänger scheiterte.

Am 30. November 1998 gab die Beklagte auf Anfrage der Versenderfirma in ####### ein Angebot zu fixen Kosten für den Rücktransport ab, das die Versenderin, die Rechtsvorgängerin der Klägerin, am 1. Dezember 1998 annahm. Am 2. Dezember 1998 wurde der im Flat verbliebene Container geladen und kam am 9. Dezember 1998 in ####### an. Dort nahm ihn am 11. Dezember 1998 die Streithelferin der Klägerin durch den Fahrer Linß in Empfang. Für den Straßenteil des Rücktransports wurde ein CMR-Frachtbrief ausgestellt, welcher die Streithelferin der Klägerin als Frachtführer ausweist, deren Stempel und Unterschrift aber ebenso wenig enthält, wie unter Ziffer 18 einen Vorbehalt hinsichtlich des Zustands des Gutes; wegen der Einzelheiten des Frachtbriefes wird auf die Ablichtung Bl. 7 Bezug genommen.

Am 14. Dezember 1998 erreichte der Transport wieder das Betriebsgelände der Versenderin. Der Container wies bereits äußerlich gut sichtbare Schäden auf. Die Inneneinrichtung war weitgehend zerstört.

Die Klägerin hat behauptet, der Schadensort sei unbekannt, weshalb ihr die Beklagte nach dem ihr günstigsten Haftungsregime einzustehen habe. Auf Haftungsbegrenzungen könne die Beklagte sich nicht berufen, weil angesichts der Vielfalt denkbarer Geschehensabläufe keine zureichenden Anknüpfungspunkte zur Prüfung des Verschuldensgrades des konkreten Haftungsfalles vorlägen.

Die Höhe des Schadens beziffert die Klägerin mit dem von einem Havariekommissar ermittelten Zeitwert des Containers von 255.562,00 DM zuzüglich der Kosten der Begutachtung in Höhe von 2.944,01 DM.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 258.506,01 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 23. Dezember 1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Auch die Beklagte hat behauptet, der Schadensort sei unbekannt. Es komme sogar in Betracht, dass der Schaden im Freihafen Tunis nach Beendigung des Hin- und vor Beauftragung hinsichtlich des Rücktransports entstanden sei.

Sie hat der Frachtführerin, die den Straßentransport von ####### zurück zur Rechtsvorgängerin der Klägerin vorgenommen hat, den Streit verkündet mit der Begründung, diese habe möglicherweise einen Regress der Beklagten dadurch vereitelt, dass sie in ####### den beschädigten Container übernommen habe, ohne dies auf den Frachtpapieren zu vermerken und Schadensfeststellungen vor Ort zu ermöglichen. Die Frachtführerin ist dem Rechtsstreit sodann auf Seiten der Klägerin beigetreten.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.

Es hat gemeint, es sei von einem unbekannten Schadensort auszugehen, wofür die Beklagte gemäß §§ 452 a, 425 ff. HGB einzustehen habe. Haftungsbeschränkungen auf einen Höchstbetrag kämen nicht in Betracht. Diese seien nicht anwendbar, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen sei, die der Frachtführer leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen habe. Davon sei im Streitfall auszugehen, obwohl grundsätzlich insoweit dem Geschädigten Darlegung und Beweisführung oblägen. Schon die Tatsache, dass der Container nach dem objektiven Schadensbild eine äußerst starke Gewalteinwirkung erlitten haben müsse, spreche für ein massives Fehlverhalten in Zusammenhang mit der Bewegung des Containers. Diesen Anschein habe die Beklagte weder widerlegt noch irgend welche Tatsachen vorgetragen, die den Schaden plausibel erklärten. Dazu sei sie aber als verantwortlicher Spediteur am ehesten tatsächlich in der Lage und auch gegenüber der Auftraggeberin gehalten gewesen, die Schadensursache mitzuteilen.

Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingereichten Berufung.

Die Beklagte behauptet nunmehr, es sei zum Schaden gekommen, als in ####### das Flat vom Schiff entladen worden sei oder in ####### der Container aus dem Flat genommen worden sei. Ein späterer Schadenszeitpunkt , beispielsweise beim Beladen des LKW oder während des Straßentransports auf dem LKW sei auszuschließen. Sie beruft sich für diesen Vortrag auf das Zeugnis des LKW-Fahrers ####### und trägt in Übereinstimmung mit der Streithelferin der Klägerin vor, dass der LKW-Fahrer die Streithelferin der Klägerin bereits am 11. Dezember 1998, dem Tag der Übernahme des Containers in #######, telefonisch davon unterrichtet habe, dass das Gut stark beschädigt sei. Hiervon habe die Streithelferin der Klägerin der Beklagten - unstreitig - noch am 11. Dezember 1998 per Telefax Mitteilung gemacht

Die Beklagte meint deshalb, es stehe fest, dass der Schadensfall auf der Seestrecke eingetreten sei, weshalb sie nur nach Seefrachtrecht einzustehen habe und demgemäß ihre Haftung auf 2 Sonderziehungsrechte pro Kilo des Frachtstückes begrenzt sei. In dieser Höhe, die sie auf DM 43.310,88 errechnet, greift sie die landgerichtliche Verurteilung nicht an.

Die Beklagte beantragt,

das landgerichtliche Urteil aufzuheben, soweit die Beklagte verurteilt ist, mehr als 43.310,88 DM nebst 4% Zinsen seit dem 23. Dezember 1999 an die Klägerin zu zahlen.

Die Klägerin und ihre Streithelferin beantragen,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin behauptet weiter, der Schadensort sei unbekannt. Deshalb hafte die Beklagte nach dem der Klägerin günstigsten Haftungsregime, d. h. hier HGB bzw. CMR, jedenfalls nicht nach Seefrachtrecht. Auch nach diesem Haftungsregime könne die Beklagte sich nicht auf Haftungsbegrenzungstatbestände berufen, weil ihr grobes Verschulden zur Last falle, was sich schon daraus ergebe, dass die Beklagte den Schadensort und das Schadensgeschehen nicht genau recherchiert und der Klägerin benannt habe.

Die Streithelferin der Klägerin behauptet, der Schaden sei nicht auf der Straßentransportstrecke durch sie entstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Sie führt im Umfang der Berufungsangriffe zur Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und zur Klagabweisung in diesem Umfang.

Der Klägerin steht über den unangegriffen gebliebenen Teil der landgerichtlichen Entscheidung, der (wie die Parteien nicht in Zweifel ziehen) die begrenzte Haftung nach Seefrachtrecht ausfüllt, ein weiterer Anspruch nicht zu.

1. Auf den Rechtsstreit, der sich an einem Güterbeförderungsvertrag entzündet, findet - ohne ausdrückliche Vereinbarung der Parteien - das deutsche materielle Recht Anwendung, nachdem die Beklagte den Hauptsitz ihrer beauftragten deutschen GmbH unstreitig im Inland hat, der Entladeort des Containers für den in Rede stehenden Rücktransport in ####### lag und somit aufgrund der Vermutung des Art. 28 Abs. 4 EGBGB die engsten Verbindungen zum deutschen Recht bestehen dürften. Enger erscheinen die Verbindungen zu einem anderen Staat nicht allein dadurch, dass das Gut im Hafen von ####### gelagert hat und in ####### auf der Rückstrecke (wie zuvor auf der Hinstrecke umgekehrt) auszuschiffen, zu lagern und auf den LKW zu verladen war (Art. 28 Abs. 5 EGBGB); die tatsächliche Berührung insb. mit dem italienischen Recht durch die Ladevorgänge in ####### erscheinen nicht geeignet angesichts von Sitz, Sprache und gemeinsamer Rechtsbindungen der Vertragsparteien zu Deutschland eine engere Bindung zum italienischen Recht zu knüpfen, als sie zum deutschen Recht besteht.

2. Anwendbar ist auf den Streitfall das neue Transportrecht, da der durchgeführte Transport nach dem 1. Juli 1998 in Auftrag gegeben und durchgeführt wurde.

3. Die Beklagte haftet im Grundsatz als Spediteur zu fixen Kosten der Versenderin und Rechtsvorgängerin der Klägerin gemäß §§ 453 ff. HGB, insb. nach §§ 454 Abs. 2, 461, 462 HGB für ihr speditionelles Verschulden. Zusätzlich hat die Beklagte der Klägerin gemäß den Vorschriften für die Haftung des Frachtführers (insb. §§ 425ff. HGB) einzustehen, weil die Beklagte entsprechend § 459 HGB die Besorgung des Transports zu fixen Kosten übernommen hat. Dafür reicht es nämlich aus, wenn - wie hier ausweislich des Angebots vom 30. November 1998 - jedenfalls für nicht unerhebliche Teilstrecken feste Preise angeboten und vereinbart werden (vgl. Koller, Transportrecht, 4. Aufl., § 459 HGB Rdn. 20).

Überlagert wird diese Haftungsverteilung im Streitfall allerdings durch § 452 HGB, da der vorzunehmende Transport ein multimodaler Transport (See und Straße) war. Dementsprechend haftet die Beklagte bei bekanntem Schadensort anstelle der Frachtführerhaftung nach HGB nach denjenigen Regeln, die für den Frachtführer auf der Teilstrecke gelten, auf der das Schadensereignis eingetreten ist. Nur bei unbekanntem Schadensort würde die Beklagte nach dem strengsten Haftungssystem einzustehen haben.

Die Beweislast dafür, dass das Schadensereignis auf einer bestimmten Teilstrecke eingetreten ist, obliegt demjenigen, der dies behauptet (§ 452 a Satz 2 HGB; vgl. auch BGH v. 22. 2. 2001, I ZR 282/98, Seite 8 f.

4. Für den Streitfall folgt hieraus im Ergebnis, dass die Beklagte nach Seehandelsrecht haftet.

a) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Container unbeschädigt war, als er auf dem Hintransport auf die Seestrecke gelangte.

Bis zur Verladung auf den Lkw im Hafen von ####### im Zuge des Rücktransports am 11. Dezember 1998 endete die Seetransportstrecke nicht. Zwar regelt das deutsche Recht nicht, wann im Rahmen eines multimodalen Transports mit Seestrecke diese beginnt und endet. Der Senat erachtet es jedoch als sachgerecht zum Seetransport auch etwaige Ein- und Umlagerungen im Hafenbereich zu zählen und zur Seestrecke - ähnlich wie in Art. 18 des Warschauer Abkommens für internationale Luftbeförderung geregelt - zu rechnen. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangte man wohl auch, wenn man mit Koller, (Transportrecht, 4. Aufl., § 452 Rz 15 f.) die Zwischenlagerung (etwa im Hafen) jedenfalls dann einer Teilstrecke zuschlägt, wenn sie - wie hier auf dem Rücktransport in ####### - von kurzer Dauer ist oder wenn man zur Beurteilung die Verkehrsanschauung heranzöge. Der letztgenannte Maßstab führt nämlich im Streitfall dazu, dass das Ausladen vom Schiff sowie die Verwahrung und etwaige Umlagerungen im Hafengelände gerade charakteristisch für einen Seetransport mit/in Containern sind und deshalb eine so enge Verbindung zur Seestrecke aufweisen, dass sie ihr zuzurechnen sind.

b) Die Beklagte hat bewiesen, dass der Schaden an dem Container schon vor dem Verladen auf den Lkw im Rahmen des Rücktransports eingetreten war, sodass feststeht, dass das Schadensereignis sich im vorgenannten Sinne auf der Seestrecke ereignete. Die Unversehrtheitsvermutung des CMR-Frachtbriefes ist widerlegt.

Zu diesem Ergebnis ist der Senat aufgrund der durchgeführten Vernehmung des Fahrers #######, der für die Streithelferin der Klägerin als alleiniger Fahrer des Lkw den Rücktransport durchführte, unter Hinzunahme weiterer Indizien gelangt. Der Fahrer hat glaubhaft und überzeugend bekundet, dass der Schaden am Container bereits vorhanden war, ehe im Hafengelände mit der Verladung des Containers auf den von ihm geführten Lkw mit dem Kennzeichen ESW - ZM 55 begonnen wurde. Der Fahrer hat ferner erläutert, wie es zu seiner Unterschrift auf der Urkunde, die in Kopie Bl. 83 zu den Akten gelangt ist, gekommen ist. Der Senat hat keinen Anlass daran zu zweifeln, dass der Fahrer dieses Papier unterzeichnet hatte, ehe er den Container in Augenschein nahm und mithin mit seiner Unterschrift über den ordnungsgemäßen Zustand des Containers noch nichts bekunden konnte. Dafür, dass es sich anders zugetragen hätte, sprach im Streitfall nichts. Insbesondere sprach für die Aussage des Lkw-Fahrers, wonach der Container bereits die starken Beschädigungen, die später auch durch einen Havariekommissar festgestellt wurden, bereits vor dem Verladen auf seinen Lkw im Rahmen des Rücktransports erlitten hatte, auch das Telefonat, das der Zeuge ####### mit seiner Zentrale geführt hatte und in dem er dort die Beschädigung noch vor der aus dem Tachoschein ersichtlichen Abfahrt am Abholtage mitteilte. Dieses Telefonat, das zwischen den Parteien unstreitig ist, und dazu führte, dass die Streithelferin der Klägerin den Schadensfall an die Beklagte ebenfalls bereits am 11. Dezember 1998 nachmittags weitermeldete, schließt es im Zusammenwirken mit der Aussage des Zeugen ####### aus, dass der Schaden erst auf der Straßenstrecke des Rücktransports eingetreten sein könnte. Hierfür sprach aus Sicht des Senats auch nicht die Feststellung des Havariekommissariats ####### vom 15. März 1999. Wenn dort davon die Rede ist, der Container habe an der oberen Längskante Oberflächenverschmutzungen aufgewiesen, so lässt sich daraus nicht zwingend schließen, dass der Container außerhalb eines Hafengeländes beschädigt worden sein muss. Auch wenn das Gutachten sodann weiter einen Aufschlag auf Erdreich vermutet, so lässt dies keine Feststellung zu, die die Aussage des Lkw-Fahrers, wonach der Schaden bereits vor dem Aufladen auf seinen LKW eingetreten war, widerlegte. Vielmehr kann dies in Einklang damit stehen, dass der Container bei einem Umladevorgang im Hafengelände mit Erdreich in Kontakt gekommen sein mag. Hinzu kommt, dass der Begutachtung durch das Havariekommissariat eine Besichtigung am 18. Januar 1999 zu Grunde lag (GA 10), also mehr als 1 Monat seit Feststellung des Schadens vergangen war, sodass etwaige Erdanhaftungen auch nachträglich, wie auch immer, an den Container geraten sein können.

Ebenso wenig wurde die Aussage des Lkw-Fahrers dadurch entwertet, dass auf den Ablichtungen der Tachoscheibe vom Tage seiner Schadensmeldung nicht der Name des Zeugen, sondern der Name ####### zu lesen ist. Der Zeuge hat insoweit freimütig eingeräumt, die Eintragungen stammten von ihm, er sei auch gefahren, er habe nur für den italienischen Teil der Fahrtstrecke mit der Tachoscheibe gemogelt, um die für Deutschland vorgeschriebenen Pausen und Ruhezeiten scheinbar einzuhalten.

Nachdem somit der Schadenseintritt auf der Seestrecke, zu der jedenfalls die Lagerung des Containers bis zu Verladung auf den LKW noch gehört, fest steht, hatte die Berufung der Beklagten, die ihre Verurteilung innerhalb der Haftungsgrenzen für die Seestrecke nicht angegriffen hat, in vollem Umfang Erfolg.

5. Dass die Beklagte der Klägerin gegenüber der begrenzten Haftung nach Seefrachtrecht in vollem Umfang einzustehen hätte, dafür hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin nichts Zureichendes dargetan.

a) Insbesondere erscheint es - entgegen der Darstellung in der Klage - nicht als Voraussetzung für die Berufung auf die Haftungsbegrenzung aus § 660 HGB, dass ein Konossement ausgestellt sein müsste; vielmehr vermag der Senat aus § 660 HGB nur zu entnehmen, dass die Berufung auf die Haftungsgrenzen ausgeschlossen ist, wenn Art und Wert des Gutes in einem Konossement aufgeführt ist. So lag es im Streitfall, in dem ein Konossement nach dem Vorbringen beider Parteien nicht ausgestellt war, jedoch nicht.

b) Die Klägerin hat auch nichts dafür dargetan, dass die Beklagte im Rahmen ihres Selbsteintritts zu fixen Kosten unbegrenzt haftete, weil die erhöhten subjektiven Anforderungen des § 660 Abs. 3 HGB erfüllt wären. Eine derartige unbeschränkte Haftung lässt sich nicht - wie das Landgericht gemeint hat - aus der Schwere des eingetretenen Schadens folgern. Die Schwere des Schadens gibt vielmehr keinen Anhaltspunkt auf den Sorgfaltsmangel beim auslösenden Ereignis. Da nicht vorgetragen ist, wie der Schaden im einzelnen eintrat, lässt sich über den Sorgfaltsverstoß des Herganges auch nichts feststellen.

c) Eine verschärfte Haftung der Beklagten käme demnach nur in Betracht, wollte man die verschärfte sekundäre Darlegungs- und Beweislast, die der Bundesgerichtshof vielfach zu Lasten des Spediteurs angenommen hat, auch auf den Streitfall anwenden und die Beklagte verpflichten, darzulegen, welche ineinandergreifenden organisatorischen Maßnahmen sie eingerichtet hat, um Beschädigungen - wie diejenige des Feldlabors im Streitfall, die am wahrscheinlichsten auf Absturz über eine Teilhöhe beim Laden/Verladen zurückgehen wird - auszuschließen. Insoweit ist aber schon zweifelhaft, ob eine solche Übertragung der sekundären Darlegungslast grundsätzlich erfolgen könnte. Im Inland möchte eine derartige Darlegungslast und die damit verbundene Einwirkungspflicht auf Beauftragte noch denkbar sein; ein solcher Fall ist hier jedoch nicht zu entscheiden. Für die hier in Rede stehenden Ladevorgänge im Ausland verneint der Senat eine solche verschärfte Mitwirkungs-/Darlegungspflicht der Beklagten. Es dürfte regelmäßig bei derartigen Ladevorgängen nicht in der Macht eines deutschen Spediteurs liegen, die örtlichen Ladeunternehmen mit Sorgfaltsvorschriften von ihren üblichen und gewohnten Vorgehensweisen abzubringen und auf sie auch hinsichtlich eines Informationsflusses Einfluss zu nehmen, was aber dazu gehören würde, wollte man dem Spediteur/Frachtführer organisatorische Vorkehrungen und Vortrag dazu abverlangen.

Für ein grob fahrlässiges Handeln der Beklagten selbst jenseits eines Organisationsverschuldens, soweit sie Frachtführerpflichten übernommen hat, ergibt sich auf Grund des vorgetragenen Geschehens keinerlei Anhaltspunkt.

6. Soweit die Beklagte als Spediteurin auch speditionelle Pflichten gegenüber der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin einzuhalten hatte, vermag der Senat auch insoweit nicht zu einer verschärften Haftung der Beklagten zu gelangen.

Soweit es Anlass zu einer Haftungsverschärfung bieten könnte, dass - nach der Aussage des Zeugen ####### - ein Beauftragter der Beklagten am Hafeneingang in ####### bei der dortigen Verwaltungsstelle zunächst noch zugegen war und veranlasst hat, dass der Zeuge ####### hinsichtlich des Containers die Urkunde Bl. 73 d. A. unterzeichnete, fehlt insoweit jeglicher Vortrag der Parteien.

Weder haben sich die Klägerin oder ihre Streithelferin die Aussage des Zeugen insoweit zu eigen gemacht, noch haben sie ergänzende Tatsachen vorgetragen, beispielsweise, dazu, ob der Spediteur üblicherweise einen Mitarbeiter ins Büro beim Hafenausgang entsendet, welche Pflichtenstellung eine so eingesetzte Person üblicherweise hat und ob das Verhalten des vom Zeugen beschriebenen Mitarbeiters der Beklagten von den hiernach zu erwartenden Standards abwich.

Tatsächliche Anhaltspunkte für ein weiteres speditionelles schadensursächliches Verhalten der Beklagten hat weder die Klägerin aufgezeigt noch deren Streithelferin. Beide Prozessparteien haben, obwohl insoweit für die Üblichkeit der speditionellen Vorgänge sachkundig, nichts dafür vorgetragen, wie die Beklagte als Spediteurin bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt anders hätte vorgehen sollen, als im Streitfall geschehen. Nachdem die klagende Partei insoweit einen subsumtionsfähigen Sachvortrag nicht gehalten hat, hatte der Senat, der auf diese mögliche Quelle einer Ersatzpflicht auch hingewiesen hatte, keinen Ansatzpunkt für weitere Feststellungen.

7. Die prozessualen Nebenentscheidungen gründen sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit.

Die Kostenentscheidung für die erste Instanz beruht auf §§ 92 Abs. 1, 101 ZPO.

Die Kostenentscheidung zweiter Instanz beruht auf §§ 97 Abs. 2, 101 ZPO. Die Beklagte hat mit ihrer Berufung teilweise deshalb Erfolg gehabt, weil sie in der Berufungsinstanz erstmals vorgetragen hat, der Schadensort liege auf der Seestrecke. Mit diesem neuen Berufungsvorbringen, welches sie zu beweisen vermochte, hat sie es vermieden, nach einem strengeren Haftungssystem, beispielsweise aus der CMR bzw. dem Frachtführerrecht des HGB einstehen zu müssen. Sie hätte dieses Vorbringen bereits in erster Instanz geltend machen können. Allerdings beruht der Berufungserfolg nur in Höhe von ca. 136.000,- DM auf dem neuen Berufungsvorbringen, weil die Beklagte schon in erster Instanz wegen der begrenzten CMR-Haftung nur zu ca. 180.000,- DM Schadensersatz hätte verurteilt werden dürfen, da auch bezüglich des Landweges ein leichtfertiges Verhalten der Beklagten durch das Landgericht nicht durch den Rückschluss vom Schadensumfang auf den Verschuldensmaßstab hätte begründet werden dürfen.

Zur Zulassung der Revision hat der Senat keinen Anlass gesehen. Auch die Parteien haben insoweit nichts vorgetragen, das darauf hätte schließen lassen, dass die Sache von grundsätzlicher Bedeutung wäre.

Ende der Entscheidung

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