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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 24.04.2003
Aktenzeichen: 11 U 285/02
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 434 | |
BGB § 437 | |
BGB § 305 c | |
BGB § 307 |
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 24. April 2003
In dem Rechtsstreit
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Richter am Oberlandesgericht ####### als Einzelrichter auf die mündliche Verhandlung vom 3. April 2003 für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 25. September 2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Stade wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass im Hinblick auf die übereinstimmende Erledigungserklärung der Parteien in Höhe von 250 € der Beklagte lediglich noch 6.951,68 € Zug um Zug gegen Übergabe des im Tenor des erstinstanzlichen Urteils genannten Fahrzeuges zu zahlen braucht.
Der Beklagte trägt die im Verfahren zweiter Instanz entstandenen Kosten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Wert der Beschwer beträgt für den Beklagten bis zu 8.000 €.
Gründe:
I.
Mit Kaufvertrag vom 19. Februar 2002 erwarb der Kläger vom Beklagten einen gebrauchten Pkw Renault Kangoo zum Preis von 7.400 €. In Ziffer 3 des Kaufvertrages ist vor dem Satz 'Der Käufer trägt die Kosten der Wahrnehmung seiner Gewährleistungsrechte' das dort befindliche Kästchen angekreuzt. In den von dem Beklagten verwandten Allgemeinen Geschäftsbedingungen heißt es in § 6 unter anderem: 'Der Käufer ist seinerseits verpflichtet, alle ihm möglichen und zumutbaren Erkundigungen über die Beschaffenheit des Fahrzeuges durch Anfragen bei Vorbesitzern, durch die Überprüfung des Fahrzeuges in einer Fachwerkstatt vor Vertragsabschluß und durch alle anderen ihm zumutbaren Maßnahmen, wie Probefahrten etc. zu ermitteln. Der Verkäufer wird dem Käufer im Rahmen seiner Möglichkeiten und im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen alle Informationen zur Verfügung stellen, welche der Käufer für die Ermittlung der Beschaffenheit des Fahrzeuges benötigt.
Verletzt der Käufer seine Verpflichtung zur Ermittlung der Beschaffenheit, verliert er Gewährleistungsansprüche insoweit, als daß er die Mängel, auf welche sich die Gewährleistungsansprüche beziehen, hätte bei Erfüllung seiner Verpflichtung erkennen können. Die Mängel gelten dann als dem Käufer bei Abschluß des Kaufvertrages bekannt.'
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfange stattgegeben und festgestellt, dass sich der Beklagte hinsichtlich des Kraftfahrzeuges in Annahmeverzug befindet. Das Landgericht hat die Ansicht vertreten, der Kläger sei wirksam gemäß § 437 Ziffer 2 BGB vom Vertrag zurückgetreten. Es läge ein Mangel im Sinne des § 434 BGB vor, weil der Pkw von der vertraglich vorausgesetzten Beschaffenheit abweiche.
Im Berufungsverfahren ist zwischen den Parteien unstreitig geworden, dass der Beklagte das Fahrzeug in verunfalltem Zustande erworben hatte und selbst repariert hatte.
Gegen das landgerichtliche Urteil, auf das zur näheren Sachdarstellung verwiesen wird, richtet sich die Berufung des Beklagten. Der Beklagte wiederholt und vertieft sein Vorbringen in erster Instanz. Er ist der Ansicht, dass im Hinblick auf § 6 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kläger verpflichtet gewesen sei, das Fahrzeug zu untersuchen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft sein Vorbringen erster Instanz.
In der mündlichen Verhandlung am 3. April 2003 haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 250 € für erledigt erklärt.
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat ihn zu Recht zur Zahlung von 7.201,68 € Zug um Zug gegen Übergabe des Kraftfahrzeuges Renault Kangoo verurteilt und zu Recht festgestellt, dass sich der Beklagte in Annahmeverzug befindet.
1. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils, die der Senat teilt und sich zu Eigen macht. Soweit der Beklagte in seiner Berufungsbegründung die Ansicht vertritt, dass kein Mangel im Sinne § 434 BGB vorliege, weil die Kosten für die Beschädigung am Heck im Vergleich zu den Gesamtreparaturkosten nur gering seien, kann dieser Argumentation nicht gefolgt werden. Durch die vom Beklagten handschriftlich eingefügte Formulierung im Kaufvertrag: 'rep. Unfallschaden vorne ohne Airbagauslösung' konnte der Kläger gerade davon ausgehen, dass im Heckbereich des Fahrzeugs kein Unfallschaden vorhanden war. Die erforderliche Erwähnung des Unfallschadens im Kaufvertrag musste vollständig und richtig sein. Da der Beklagte das Fahrzeug in verunfalltem Zustand erworben und selbst repariert hatte, wusste er auch um den gesamten Unfallschaden.
Zutreffend weist das Landgericht im Übrigen darauf hin, dass der Hinweis auf die nicht erfolgte Airbagauslösung dem Käufer suggeriert, dass hier nur ein kleiner Anstoß mit einem verhältnismäßig geringfügigen Schaden erfolgt sei. Es handelt sich um eine verharmlosende Formulierung, die geeignet war, den Käufer des Fahrzeuges arglistig zu täuschen.
2. Soweit der Beklagte sich auf § 6 seiner AGB beruft, handelt es sich um eine überraschende Klausel im Sinne von § 305 c BGB, die demnach nicht Vertragsbestandteil geworden ist. Im Übrigen ist die Klausel auch nach § 307 BGB unwirksam, da sie den Käufer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
Nach § 6 der Allgemeinen Geschäftsbedingung ist der Käufer eines gebrauchten Fahrzeuges verpflichtet, umfangreiche Erkundigungen über die Beschaffenheit des Fahrzeuges einzuholen und das Fahrzeug in einer Fachwerkstatt überprüfen zu lassen, wollte er nicht seiner Gewährleistungsansprüche verlustig gehen. Eine derartige Klausel stellt sich objektiv als ungewöhnlich dar. Die Klausel verstößt gegen das Leitbild eines Kaufvertrags über gebrauchte Fahrzeuge und steht im Widerspruch zum Verlauf der üblichen Kaufvertragsverhandlungen. Mit einer derartigen Klausel braucht ein verständiger Gebrauchtwagenkäufer nicht zu rechnen.
Die Regelung, wonach der Käufer seine gesetzlichen Gewährleistungsansprüche verliert, wenn er das Fahrzeug nicht umfangreich untersucht und Erkundigungen bei Vorbesitzern einholt, benachteiligt den Käufer eines gebrauchten Fahrzeuges außerdem unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB. Eine derartige Regelung ist mit den Grundsätzen des gesetzlichen Gewährleistungsrechts nicht zu vereinbaren. Das Gewährleistungsrecht soll dem Käufer ermöglichen, auf Grund von Mängeln, die er nach Abschluss des Kaufertrages entdeckt, seine Rechte (Rücktritt, Minderung) geltend zu machen.
3. Entgegen der Ansicht des Beklagten befindet er sich in Annahmeverzug. Gemäß § 295 BGB reicht es aus, dass der Kläger dem Beklagten die Übergabe des Fahrzeuges angeboten hatte. Der Beklagte hatte mit Schriftsatz vom 21. März 2002 unmissverständlich erklärt, dass er das Fahrzeug weder zurücknehmen noch den Kaufpreis erstatten werde.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 a Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Der Beklagte hatte auch die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit die Parteien die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt hatten. Wie sich aus dem oben Gesagten ergibt, war die Berufung des Beklagten von vornherein unbegründet. Soweit der Beklagte meint, dass der Kläger die Kosten des Rechtsstreits deswegen zu tragen hat, weil in dem Kaufvertrag vereinbart worden sei, dass der Käufer die Kosten der Wahrnehmung seiner Gewährleistungsrechte zu tragen habe, verstößt diese Klausel ebenfalls gegen § 307 BGB. Grundsatz der Kostentragungspflicht des deutschen Zivilprozessrechtes ist es, dass die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Eine abweichende Vereinbarung hiervon in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verstößt gegen die Grundsätze von Treu und Glauben.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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