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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 14.08.2003
Aktenzeichen: 11 W 64/03
Rechtsgebiete: ArbGG, HGB


Vorschriften:

ArbGG § 5 Abs. 2
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3a
HGB § 84 Abs. 2
Zur Zuständigkeit der Zivilgerichte in Abgrenzung zur Zuständigkeit der Arbeitsgerichte bei einer Klage auf Vergütung für erfolgte Vertragsvermittlungen.
11 W 64/03

Beschluss

In der Beschwerdesache

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### sowie die Richterin am Oberlandesgericht ####### am 14. August 2003 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 15. Juli 2003 wird der Beschluß der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 8. Juli 2003 aufgehoben. Für den Rechtsstreit ist der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Wert des Beschwerdeverfahrens: bis zu 15.000 Euro.

Gründe:

I.

Der Kläger, ein amerikanischer Staatsbürger mit Wohnsitz in den USA, nimmt die Beklagte, die ihren Sitz in Hannover hat, auf Zahlung vermeintlich für das Jahr 2001, das einzige Jahr der Zusammenarbeit der Parteien, ausstehender Bezüge in Anspruch. Er hat die Klage im September 2002 beim Landgericht Hannover einreichen lassen und hat in der Klage vorgetragen, er sei als unabhängiger Vertragsvermittler für die Beklagte tätig gewesen, wofür ihm eine monatliche Grundvergütung von 10.450 USDollar geschuldet gewesen sei. Er stützt sich dabei im wesentlichen auf eine Bestätigung eines Zeugen namens ####### vom 8. Januar 2002, Anlage K 14 (GA 224), von der der Kläger allerdings vorträgt, sie datiere vom 8. Januar 2003 (GA 208, 335).

Die Beklagte hat behauptet, der Kläger sei freier Mitarbeiter gewesen und habe 450 USDollar pro Tag und Auslagenersatz erhalten sollen; Voraussetzung dafür sei allerdings jeweils ein Tätigkeitsnachweis, den der Kläger schuldig geblieben sei.

Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2003 hat der Kläger schließlich Verweisung an das Arbeitsgericht Hannover beantragt und insoweit vorgetragen, die Bestätigung des Zeugen ####### spreche für eine weisungsgebundene Tätigkeit unter Zahlung eines regelmäßigen Gehalts.

Das Landgericht hat den Rechtsstreit zuständigkeitshalber an das Arbeitsgericht Hannover verwiesen. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde.

II.

Der in zulässiger Weise eingelegte Rechtsbehelf der Beklagten hat Erfolg.

1. Für die Frage, in welchem Rechtsweg über einen Rechtsstreit zu entscheiden ist, kommt es allein auf den Klägervortrag ggfs. unter Hinzunahme des unstreitigen Parteivortrages an (vgl. BGHZ 133, 240 ff.; ferner BGH v. 3. April 1998, NJW 1998, 2057 f.). Aus diesem Grunde ist dem Landgericht im Streitfall im Ergebnis darin zuzustimmen, dass es keinesfalls einer Beweisaufnahme über die Abreden, die der Kläger mit dem Zeugen ####### getroffen haben will, zur Klärung der Zuständigkeitsfrage bedurfte.

Für Rechtsstreitigkeiten, die ein Mitarbeiter, dessen Aufgabe in Vertragsvermittlungen bestand, gegen einen vermeintlichen Zahlungspflichtigen führen will, führt dies zur Zuweisung des Rechtsstreits zu den Arbeitsgerichten nur, wenn entweder die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 ArbGG gegeben sind, was im Streitfall angesichts der Entgelthöhe nach dem Vortrag beider Parteien nicht in Rede steht, oder aus dem Klägervortrag folgt, dass er Arbeitnehmerstatus hatte, d. h. nicht selbständig war und mithin nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen konnte (§§ 5 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG, 84 Abs. 2 HGB).

Im Streitfall fehlt es nach dem Klägervortrag und dem unstreitigen Parteivorbringen an den letztgenannten Voraussetzungen. In der Klageschrift und auch noch im Schriftsatz vom 21. Oktober 2002 (GA 163) hat der Kläger selbst vorgetragen, unabhängiger Vertragsvermittler gewesen zu sein; dies spricht für eine Tätigkeit als Handelvertreter oder in vergleichbarer Stellung. In die gleiche Richtung weist die Höhe des vereinbarten Entgelts mit - nach Klägerdarstellung - einem Sockel von 10.450 USDollar.

Eine schriftliche Vertragsgrundlage, die die gegenseitigen Rechte und Pflichten regelt und zur Auslegung herangezogen werden könnte, legt der Kläger nicht vor. Dass der Kläger schon nach dem Klagevortrag meint, ein Grundgehalt und Ersatz bestimmter Auslagen beanspruchen zu können, steht der Einordnung des Rechtsstreits als vor den ordentlichen Gerichten zu behandelnde Sache nicht entgegen. Es steht den Parteien eines Handelsvertreterverhältnisses oder eines einem solchen Vertragsverhältnis verwandten Rechtsgeschäfts frei und geschieht nicht selten, dass die Entlohnung als Fixum mit oder ohne variablen Bestandteile geregelt wird. Dafür, dass der Kläger diese Einordnung ursprünglich geteilt hat, spricht auch die Einreichung der Klage beim Landgericht.

Soweit der Kläger mit seinem späteren Schriftsatz meint, gestützt auf die Anlage K 14, doch eher als Arbeitnehmer anzusehen zu sein und Verweisungsantrag stellt, greift dies gegenüber dem Vorbringen aus der Klage nicht durch. Zwar ist nicht grundsätzlich nur das Vorbringen der Klage für die Bestimmung des Rechtsweges heranzuziehen; vielmehr ist eine Partei, auch nicht die klagende Partei, ehe über die Rechtswegzuständigkeit abschließend entschieden ist, nicht gehindert ihren Vortrag zu ändern. Voraussetzung für die Beachtlichkeit des neuen Vortrages ist jedoch zumindest, dass dieser Tatsachen enthalten muß, die die im neuen Vorbringen geäußerte Rechtsmeinung stützen. Der Kläger trägt jedoch im Schriftsatz vom 20. Juni 2003 keine Tatsachen vor, die darauf schließen lassen, dass er nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen konnte, was für eine Arbeitnehmereigenschaft zentral wäre. Über seine Tätigkeit der Vertragsvermittlung selbst und ob er Anweisungen erhalten hat, wann er die Tätigkeit durchzuführen hatte, an welche potentiellen Vertragspartner sich zu wenden hatte und an welche nicht und wie im einzelnen die Tätigkeit auszuüben war, trägt der Kläger nichts vor. Auch in der Anlage K 14, aus deren Text die Gerichte im übrigen nicht verpflichtet sind, sich schriftsätzlich nicht vorgetragene Einzelheiten herauszusuchen, findet sich insoweit nichts, was auf der Hand läge.

2. Neben dem Vorstehenden kommt es in der derzeitigen Lage des Verfahrens auf weitere Merkwürdigkeiten des Klägervortrages noch nicht an, insb. nicht auf die Frage, welchen Inhalt im einzelnen der mit dem Kläger wann genau und durch welche Person abgeschlossene Vertrag gehabt haben soll. Insoweit bleibt der Klägervortrag, demzufolge ein ihm von dem Zeugen ####### übermitteltes Angebot modifiziert (GA 163) (wie?) und vom Kläger danach angenommen worden sein soll (GA 163) (wodurch?) nach wie vor dunkel.

Ebensowenig kam es für die Frage der Rechtswegzuständigkeit und die hiesige Entscheidung auf die Frage an, ob der Kläger weiter vortragen will bzw. mit welchem Vortrag er von dem Vortrag von Bl. 2 des Schriftsatzes vom 28. März 2003 Abstand nehmen will (GA 297), wonach der Zeuge ####### Vizepräsident nicht der Beklagten, sondern von deren Tochterunternehmen gewesen sein soll.

III.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, nachdem die Entscheidung nicht im Gegensatz zu höchstrichterlichen Entscheidungen aus jüngerer Zeit steht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO

Die Festsetzung des Wertes des Beschwerdeverfahrens erfolgte in Anlehnung an BGH NJW 1998, 2057 f. auf etwa 1/5 des Streitwerts der Hauptsache.

Ende der Entscheidung

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