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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 22.01.2001
Aktenzeichen: 12 UF 205/00
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 1610 Abs. 2 |
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil
12 UF 205/00 16a F 6026/98 AG Hameln
Verkündet am 22. Januar 2001
#######, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Familiensache
#######
Beklagter, Berufungskläger und Anschlussberufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigter: #######
gegen
#######
Kläger, Berufungsbeklagter und Anschlussberufungskläger,
Prozessbevollmächtigte: #######
wegen Unterhalt
hat der 12. Zivilsenat Senat für Familiensachen durch die Richter am Oberlandesgericht #######, ####### und ####### auf die mündliche Verhandlung vom 8. Januar 2001 für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Familiengericht Hameln wird zurückgewiesen. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Familiengericht Hameln vom 11. August 2000 teilweise geändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Zeit vom 1. April 1998 bis zum 30. Juni 1999 monatlichen Unterhalt in Höhe von 550 DM zu zahlen.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in I. Instanz trägt der Kläger 1/5 und der Beklagte 4/5. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 1/20 und der Beklagte 19/20.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird für die Zeit bis zur mündlichen Verhandlung festgesetzt auf 9.450 DM und für die Zeit danach auf 8.250 DM.
Entscheidungsgründe
(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen).
Die Berufung des Klägers, mit der er die Zahlung von Unterhalt auch für die Zeit vom 1. April 1998 bis Juni 1998 erstrebt, ist begründet. Dagegen ist die Berufung des Beklagten, mit der er eine Abweisung der Klage auf Zahlung von Unterhalt erstrebt, unbegründet.
Der Beklagte ist gem. §§ 1601 ff, 1610 BGB verpflichtet, an den Kläger für die Zeit eines Studiums Unterhalt zu zahlen. Grundsätzlich sind die Eltern verpflichtet, ihren Kindern eine Berufsausbildung zu finanzieren, § 1610 Abs. 2 BGB. Dazu gehört i.d.R. ein Studium, wenn das Kind zuvor die allgemeine Hochschulreife mit dem Abitur erworben hat. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nicht in der Lage sei, das Studium erfolgreich abzuschließen, sind weder ersichtlich noch konkret dargetan. Der Kläger hat in diesem Verfahren Nachweise vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass er zur Diplomprüfung im Studiengang Psychologie zulassen worden ist. Damit hat er gezeigt, dass er die Zwischenprüfungen für dieses Studium erfolgreich abgeschlossen hat.
Der Beklagte ist auch verpflichtet, dem Kläger Unterhalt für die Zeit von Februar 1998 bis einschließlich Juni 1998 zu zahlen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger den Beklagten auch vor Beginn dieses Rechtsstreits hinreichend über seinen Ausbildungsweg informiert hat. Die Verpflichtung der Eltern, eine Ausbildung ihrer volljährigen Kinder durch Unterhaltszahlungen zu finanzieren, steht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis. Das Kind ist seinerseits verpflichtet, die Ausbildung zielstrebig und fleißig zu absolvieren. Insoweit steht den Eltern ein gewisses Kontrollrecht zu. Sie sind über den Fortgang der Berufsausbildung durch Vorlage entsprechender Belege (Zeugnisses, Scheine der Universität etc.) zu informieren (Palandt/Diederichsen, 60. Aufl., § 1610 Rdnr. 23). Kommt ein Kind dieser Verpflichtung nicht nach, so ist der Anspruch jedoch nicht verwirkt. Den Eltern steht nur ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Unterhaltszahlungen zu, bis die entsprechenden Informationen erteilt sind (OLG Hamm, FamRZ 1996, 49; Wendl/Staudigl/Scholz, Unterhaltsrecht, § 2 Rdnr. 72). Nachdem der Kläger die Nachweise in diesem Verfahren vorgelegt hat, ist das Zurückbehaltungsrecht erloschen.
Dem Kläger steht Unterhalt auch bis zum April 1999 zu. Ein Abschluss zu diesem Zeitpunkt, wie er nach dem Vortrag des Klägers in der I. Instanz auch geplant war, entspricht noch einer angemessenen Ausbildungsdauer, für die der Beklagte Unterhalt schuldet. In der Regel sind die Eltern verpflichtet, mindestens Unterhalt für die Zeit des Regelstudiums zu zahlen. Da jedoch allgemein bekannt ist, dass nur eine geringe Zahl der Studenten das Studium nach Ablauf der Regelstudiendauer erfolgreich abschließt, ist es angemessen, die Studiendauer um ca. 1 Jahr, also zwei Semester zu verlängern. Hinzu kommt die Zeit der Diplomprüfung bzw. des Staatsexamens. Diese Prüfungszeit ist von der Regelstudienzeit nicht erfasst. Erst nach Ende der Prüfung kann von einer abgeschlossenen Berufsausbildung gesprochen werden. Hier hat der Kläger zum Wintersemester 1992/93 das Studium aufgenommen. Er hat zunächst ein Semester lang Rechtswissenschaft studiert. Nachdem er festgestellt hatte, dass diese Berufswahl nicht die richtige war, hat er zum Sommersemester 1993 das Studium der Psychologie aufgenommen. Es ist allgemein anerkannt, dass ein Wechsel des Studienfaches nach einem Semester möglich und den Eltern auch zuzumuten ist (vgl. Wendl/Staudigl/Scholz, Unterhaltsrecht § 2 Rdnr. 71). Daher ist hier das erste Semester als so genannte Orientierungsphase außer Betracht zu lassen. Die Regelstudiendauer für Psychologie beträgt neun Semester. Sie wäre bei dem Kläger nach dem Wintersemester 1996/97 abgeschlossen gewesen. Bei einer angemessenen Verlängerung des Studiums um zwei Semester und der Zeit von einem Jahr für die Diplomprüfung entspricht ein Ausbildungsende im April 1999 noch einer angemessenen Studiendauer. Über die Frage, ob der Beklagte verpflichtet ist, für ein Studium über den darüber hinaus gehenden Zeitraum Unterhalt zu zahlen, braucht der Senat nicht zu entscheiden, nachdem der Kläger seine diesbezügliche Berufung zurückgenommen hat.
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Unterhaltsanspruch in Höhe des geltend gemachten Betrages von 550 DM monatlich. Sein Bedarf als auswärts untergebrachter Student beträgt bis zum Juni 1998 monatlich 1.100 DM und für die Zeit danach 1.120 DM. Bedarfserhöhend sind die Kosten der Krankenversicherung zu berücksichtigen.
Der Bedarf des Kindes ist von den Eltern im Verhältnis ihrer Einkünfte zu erbringen.
Beim Beklagten sind das Renteneinkommen von 4.663,81 DM, Zinseinkünfte in Höhe von 1.000 DM monatlich (diese sind nicht substantiiert bestritten) sowie der Wohnwert für das Haus zu berücksichtigen. Das Haus hat ein Wohnfläche von 150 m²; der Senat schätzt den Nettowohnwert (unter Berücksichtigung der Nebenabgaben) auf 1.000 DM monatlich. Von den Gesamteinkünften des Beklagten in Höhe von 6.663,81 DM sind die Kosten der Krankenversicherung in Höhe von 620 DM abzusetzen, sodass bei dem Beklagten ein anrechenbares Einkommen von 6.043,81 DM verbleibt.
Die Mutter des Klägers verfügt über Einkünfte in Höhe von 5.384,04 DM.
Zur Errechnung der Quote, die jeder Elternteil an Unterhalt zu zahlen hat, ist zunächst der Selbstbehalt von jeweils 1.800 DM abzuziehen. Es ergibt sich eine Quote von 57,57 % zu Lasten des Beklagten. Selbst für den Zeitraum von Februar 1998 bis einschließlich September 1998, in dem das Kindergeld bedarfsdeckend anzurechnen ist, ergibt sich mindestens der geltend gemachte Unterhaltsanspruch von 550 DM. Auch für die Zeit danach, in der kein Kindergeld mehr anzurechnen ist, ist der geltend gemachte Unterhalt gerechtfertigt. Dies wird im Übrigen von dem Beklagten nicht bestritten.
Die Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 92, 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Ende der Entscheidung
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