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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 14.10.2004
Aktenzeichen: 13 U 187/04
Rechtsgebiete: UWG, PAngV


Vorschriften:

UWG § 3 nF
UWG § 4 Ziff. 11 nF
PAngV § 1
Die Werbung eines Autohändlers für Kraftfahrzeuge mit einem bestimmten Preise "zzgl. Überführung" verstößt jedenfalls dann gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 PangV, wenn die Überführungskosten mangels eines Angebots an den Kunden, das Fahrzeug selbst beim Hersteller abzuholen, obligatorisch anfallen und wenn die Kosten nicht beziffert sind.

Eine solche Werbung ist regelmäßig geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Verbraucher und Mitbewerber "nicht unerheblich" im Sinn des § 3 UWG zu beeinträchtigen.


13 U 187/04

Verkündet am 14. Oktober 2004

Beschluss

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. K. sowie der Richter am Oberlandesgericht U. und W. aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 5. Oktober 2003 beschlossen:

Tenor:

Die Verfügungsbeklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird für die Zeit bis zur Erklärung der Erledigung der Hauptsache auf 100.000 EUR und für die Folgezeit auf bis zu 19.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben es gehört, darauf zu achten, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Die Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagten) sind zehn Mazda-Vertragshändler im Raum H.. Sie warben am 8. Mai 2004 in der H. Allgemeinen Zeitung für zwei Mazda-Fahrzeuge mit einer näher beschriebenen Ausstattung. Über der jeweiligen Abbildung des Autos ist blickfangmäßig der Preis "ab EUR 14.300" bzw. "ab EUR 21.750" hervorgehoben. Unter dem jeweiligen Preis befindet sich in kleinerer Druckschrift ein Zusatz "zzgl. Metallic-Lackierung und Überführung".

Der Kläger hat die Beklagten im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch genommen. Er hat geltend gemacht, die Werbung verstoße gegen § 1 UWG a. F., § 1 Abs. 1 PAngV, weil der Endpreis nicht angegeben sei. Die Beklagten sind im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entgegen getreten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Vor der mündlichen Berufungsverhandlung haben die Beklagten strafbewehrte Unterlassungserklärungen abgegeben. Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

II.

Über die Kosten des Rechtsstreits ist unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen durch Beschluss zu entscheiden (§ 91 a ZPO). Dies führt dazu, die Kosten den Beklagten aufzuerlegen, weil die Berufung des Klägers voraussichtlich Erfolg gehabt hätte.

1. Für die Prüfung des in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruchs ist das neue UWG in der Fassung vom 3. Juli 2004 anzuwenden (vgl. § 22 UWG n. F.).

2. Der Kläger hat in der Berufungsinstanz dargelegt, dass ihm eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art - hier Kraftfahrzeuge - auf demselben Markt vertreiben (§ 8 Abs. 3 Ziff. 2 UWG n. F.). Zu seinen Mitgliedern gehören die A. AG und mehrere regionale Kraftfahrzeughändler. Die Mitgliedschaft der A. AG ist entgegen der Auffassung der Beklagten zu berücksichtigen. Die Beteiligten müssen nicht derselbe Handelsstufe angehören, insbesondere stehen sich Hersteller und Vertreiber gleich (Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 13 Rdn. 13).

3. Die Werbung der Beklagten in der H. Allgemeinen Zeitung vom 8. Mai 2004 stellt eine unlautere Wettbewerbshandlung gemäß §§ 3, 4 Ziff. 11 UWG n. F. in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV dar.

a) Die Beklagten haben durch die beanstandete Werbung gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV verstoßen.

Nach dieser Vorschrift hat derjenige, der als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer oder sonstiger Preisbestandteile unabhängig von einer Rabattgewährung zu zahlen sind (Endpreise). Zu den "sonstigen Preisbestandteilen" gehören die Überführungskosten für Kraftfahrzeuge jedenfalls dann, wenn sie, wie hier, mangels eines Angebots an den Kunden, das Fahrzeug selbst beim Hersteller abzuholen, obligatorisch anfallen (BGH, NJW 1983, 1558, 1559; Baumbach/Hefermehl/Köhler, 23. Aufl., § 1 PAngV Rdn. 2; Köhler/Piper, § 1 PAngV, Rdnr. 28). Denn der Verkauf des Fahrzeugs erscheint jedenfalls in diesen Fällen aus Sicht der Letztverbraucher als ein einheitliches Leistungsangebot und Gegenstand eines einheitlichen Vertragsschlusses. Die Überführung des Fahrzeugs zum Händler wird nicht etwa dem Kunden als gesonderte Leistung angeboten.

Soweit die Auffassung vertreten wird, dass die Frachtkosten dann nicht Bestandteil des Endpreises im Sinn des § 1 Abs. 1 PAngV seien, wenn der in der konkreten Werbung angegebene Preis sie ausdrücklich nicht erfasst (so wohl OLG Stuttgart, OLGR 1997, 40), kann dem nicht beigetreten werden. Wäre dies richtig, hätte es der Werbende selbst in der Hand, Preisbestandteile, die nach allgemeiner Verkehrsauffassung zu einem einheitlichen Leistungsangebot gehören, entgegen den Zielen der Preisangabenverordnung nicht mit dem Endpreis anzugeben.

b) Der Verstoß gegen die Preisangabenverordnung stellt eine Zuwiderhandlung gegen eine gesetzliche Vorschrift dar, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (§ 4 Ziff. 11 UWG n. F.).

Als Marktverhalten ist jede Tätigkeit auf einem Markt anzusehen, die unmittelbar oder mittelbar der Förderung des Absatzes oder Bezugs eines Unternehmens dient (Köhler, GRUR 2004, 381, 383). Das ist bei Preisangaben in einer Werbung zweifellos der Fall. "Marktteilnehmer" sind sowohl Mitbewerber als auch Verbraucher (§ 2 Abs. 1 Ziff. 2 UWG n. F.). Das Preisangabengesetz regelt das Marktverhalten im Interesse beider (vgl. Köhler/Piper, Einführung PAngV Rdnr. 8; Ullmann GRUR 2003, 817, 823).

c) Daraus folgt, dass die Beklagten unlauter i. S. von § 3 UWG n. F. gehandelt haben.

d) Unlautere Wettbewerbshandlungen sind gemäß § 3 UWG unzulässig, wenn sie geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Diese Einschränkung war bereits im bisherigen UWG enthalten (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UWG a. F.). Allerdings musste nach bisherigem Recht die Handlung geeignet sein, den Wettbewerb auf dem betroffenen Markt "wesentlich" zu beeinträchtigen, während es sich nach § 3 UWG n. F. um die Eignung handeln muss, den Wettbewerb "nicht nur unerheblich" zu beeinträchtigen. Durch diese Regelung soll lediglich die Verfolgung von Bagatellfällen ausgeschlossen werden. Die Schwelle ist nicht zu hoch anzusetzen. Die Werbemaßnahme muss nur von einem gewissen Gericht für das Wettbewerbsgeschehen und die Interessen der geschützten Personenkreise sein (vgl. Begründung Regierungsentwurf, BT-Drucks. 15/1487 S. 17).

Diese Voraussetzung ist hier erfüllt:

aa) Zwar wird ein verständiger Durchschnittsverbraucher durch die Werbung nicht irregeführt, weil "bei einem zweiten Blick" auf die Preisangabe nicht übersehen werden kann, dass den hervorgehobenen Preisen die Überführungskosten hinzuzurechnen sind.

Die Preisangabenverordnung soll den Verbraucher aber nicht nur vor Irreführung schützen. Sie soll auch sicherstellen, dass der Verbraucher sich zutreffend und erschöpfend durch Preisvergleiche über den Preisstand unterrichten kann, ferner soll sie einen sachbezogenen Wettbewerb fördern (vgl. Köhler/Piper, Einführung PAngV Rdnr. 8). Dadurch, dass in der Werbung nur auf zusätzliche Überführungskosten hingewiesen wird, ohne diese zu beziffern, werden diese Schutzzwecke verletzt.

bb) Die in der Werbung nicht mitgeteilten Preisbestandteile sind erheblich.

Nach dem vom Kläger glaubhaft gemachten Sachverhalt kommen bei dem beworbenen PKW Mazda zu dem angegebenen Verkaufspreis von 21.750 EUR Überführungs- und Zulassungskosten in Höhe von 520 EUR hinzu. Eine nur unerheblichen Beeinträchtigung i. S. des § 3 UWG n. F. ließe sich unter diesen Umständen allenfalls dann annehmen, wenn die Überführungskosten zwar entgegen § 1 Abs. 1 PAngV nicht in den Endpreis einbezogen aber betragsmäßig ausgewiesen wären, so dass der Verbraucher die Summe einfach errechnen könnte (zur Angabe von Preisbestandteilen bei Flugreisen: BGH, WRP 2001, 1301 - Fernflugpreise ). Dies ist nicht der Fall.

cc) Soweit das Landgericht eine "wesentliche Beeinträchtigung" i. S. des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG u. a. mit der Begründung verneint hat, dass der Verbraucher bei Werbeanzeigen für Fahrzeuge, die der Käufer beim Hersteller abholen können, einer zulässigen Werbung mit Preisen ohne die Einbeziehung der Überführungskosten gegenüberstehe, folgt der Senat dem nicht. Es kann offen bleiben, ob in Fällen einer nur fakultativen Überführung durch den Händler die Einberechnung der Frachtkosten in den Endpreis nicht erforderlich ist (offen gelassen auch: BGH, NJW 1983, 1558, 1559; verneinend: Landgericht Dresden, WRP 2004, 260). In der Werbung für Fahrzeuge, die der Kunde beim Hersteller abholen kann, werden die Überführungskosten, falls sie nicht in den Endpreis eingerechnet sind, künftig mit dem Betrag gesondert ausgewiesen. Auch im Hinblick auf solche Angebote ist festzustellen, dass die angegriffenen Werbung der Beklagten - die auf zusätzliche Überführungskosten hinweist, ohne deren Höhe mitzuteilen - einen Preisvergleich erschwert.

4. Der Verfügungsgrund wird gemäß § 12 Abs. 2 UWG n. F. vermutet.

Ende der Entscheidung

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