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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 01.11.2001
Aktenzeichen: 13 U 198/01
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 1
Eine vermeidbare Herkunftstäuschung durch Nachahmung setzt eine wettbewerbliche Eigenart in dem Sinne voraus, dass die besondere originelle Gestaltung eines Modeerzeugnisses dem Verkehr als Hinweis auf die betriebliche Herkunft dient (BGH, GRUR 1998, 477, 478). Dabei darf der Schutz allerdings nicht so weit gehen, dass bloße Modetrends - mögen sie auch von der Anspruchstellerin gesetzt worden sein - monopolisiert werden. Geschützt sein können nur solche Gestaltungen, die in ihrer Kennzeichnungskraft über einen solchen Trend hinausgehen, also innerhalb desselben Modetrends auf unterschiedliche Hersteller hinweisen.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

13 U 198/01

Verkündet am 1. November 2001

In dem Rechtsstreit

pp.

gegen

pp.

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #########, den Richter am Oberlandesgericht ######### und den Richter am Landgericht ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Verfügungsklägerinnen gegen das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 26. Juni 2001 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Verfügungsklägerinnen zur Last.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

I.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig, auch wenn die Verfügungsklägerinnen (künftig: Klägerinnen) einen Titel gegen die ##################### erworben haben, mit dem dieser untersagt wurde, die '#########' vertreiben zu lassen. Selbst wenn die Verfügungsbeklagte (künftig: Beklagte) die Hose für die ####### vertreiben sollte, stünde das der Zulässigkeit des hiesigen Verfahrens nicht entgegen. Auch dann hätten die Klägerinnen ein rechtliches Interesse daran, der Beklagten den Verkauf der Hose zu unterbinden. Denn eine mögliche Bestrafung der ####### vor dem Kammergericht in ####### hat auf das Verhältnis zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits keinen Einfluss. Sofern die materiell-rechtlichen Voraussetzungen vorliegen, ist auch der Beklagten der Vertrieb der Hose zu untersagen. Das aber kann in dem in ###### anhängigen Bestrafungsverfahren der Klägerinnen gegen die ####### auch dann nicht erreicht werden, wenn die hiesige Beklagte den Vertrieb für die ######## durchführt. Hinsichtlich der Hose '##########' stellt sich dieses Problem ohnehin nicht.

II.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

1. Ein Anspruch aus § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG steht den Klägerinnen nicht zu.

Die Hose '#######' genießt keinen urheberrechtlichen Schutz. Zwar können auch Konfektionsmodelle unter Urheberrechtschutz stehen. Voraussetzung dafür ist allerdings eine eigentümliche Gestaltung von so hohem ästhetischem Gehalt, dass es sich nach den im Leben herrschenden Anschauungen um eine künstlerische Schöpfung handelt (BGH, GRUP 1984, 453 - Hemdblusenkleid). Die in diesem Zusammenhang erforderliche besondere Gestaltungshöhe liegt nicht vor. Die Hose weist lediglich einige modische Eigenheiten auf, die nur in der Kombination und der Verwendung bei ####### neu sind. Besondere künstlerische Merkmale weist die Hose nicht auf (vgl. auch BGH, GRUR 1993, 478, 479; Baumbach/Hefermehl, 22. Aufl., § 1 UWG Rdn. 112).

2. Ein Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG steht den Klägerinnen ebenfalls nicht zu.

a) Dass sich die Beklagte die Leistungen der Klägerinnen sklavisch nachgeahmt hat, lässt sich nicht feststellen. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils (I. 2.) Bezug.

b) Aus dem Schutz der Modeneuheit können die Klägerinnen nichts herleiten. Modeneuheiten können geschützt werden, wenn die entsprechenden Erzeugnisse dadurch eine wettbewerbliche Eigenart haben, dass sie überdurchschnittliche ästhetische individuelle Besonderheiten aufweisen. Auf die betriebliche Herkunft der Ware muss diese wettbewerbliche Eigenart nicht hinweisen. Die Wettbewerbswidrigkeit bei Nachahmungen im ästhetischen Bereich liegt nämlich in der Regel nicht in einer Herkunftstäuschung, sondern in der Behinderung des Modeschöpfers, der um die Früchte seiner Arbeit gebracht wird. Um das zu verhindern ist ein zeitlich begrenzter Schutz vor identischen Nachahmungen (s. o.) erforderlich, aber auch ausreichend (vgl. BGH, GRUR 1998, 477, 479; OLG München, WRP, 1994, 637, 639; BGH, GRUR 1984, 453, 454). Danach kommt selbst bei Moden, deren Gestaltungsmerkmale keinem raschen Wandel unterworfen sind, eine längere Schutzdauer als 2 Jahre nicht in Betracht. Hier ist unstreitig, dass die fraglichen ####### bereits seit 1996 von den Klägerinnen vertrieben werden.

c) Auf eine vermeidbare Herkunftstäuschung durch Nachahmung können die Klägerinnen sich nicht berufen. Sie setzt eine wettbewerbliche Eigenart in dem Sinne voraus, dass die besondere originelle Gestaltung eines Modeerzeugnisses dem Verkehr als Hinweis auf die betriebliche Herkunft dient (BGH, GRUR 1998, 477, 478). Dabei darf der Schutz allerdings nicht so weit gehen, dass bloße Modetrends - mögen sie auch von der Klägerin zu 1 gesetzt worden sein - monopolisiert werden. Geschützt sein können nur solche Gestaltungen, die in ihrer Kennzeichnungskraft über einen solchen Trend hinausgehen, also innerhalb desselben Modetrends auf unterschiedliche Hersteller hinweisen. Für eine wettbewerbliche Eigenart in diesem Sinne reicht es danach nicht aus, wenn die angesprochenen Verkehrskreise die streitgegenständlichen Hosen nur deshalb der Klägerin zu 1 als Herstellerin zuordnen, weil sie wissen, dass diese den Modetrend geschaffen hat, dem die Hosen folgen.

Der Senat hat schon Schwierigkeiten, aus dem Vortrag der Klägerinnen nachzuvollziehen, dass ihre Hosen eine wettbewerbliche Eigenart in diesem Sinne aufweisen. Das Charakteristische der von den Klägerinnen angeführten Merkmale, an denen sie die wettbewerbliche Eigenart festmachen will, besteht darin, dass die Hosen optisch mit Funktions- und Gestaltungselementen versehen sind, wie sie von Kleidung für bestimmte Sport- und Trendsportarten bekannt sind (Kniepolster, Sattelverstärkungen, zusätzliche Nähte und Aufsätze). Damit ist aber nur der Modetrend als solcher beschrieben; was darüber hinaus gerade auf die Herstellerin hinweisen soll, wird nicht deutlich. Auf eine besondere individuelle Linienführung und Gestaltung einzelner Merkmale, z. B. der vielleicht besonders auffälligen 'Kniepolster', stellt sie nicht ab. So hält sie die Hose der Beklagten '###########' für wettbewerbswidrig, obwohl die Knieapplikationen dieser Hose eine ganz andere Form aufweisen. Andererseits wird auch nicht erkennbar, dass eine bestimmte und ggf. welche besondere - über den Modetrend hinausgehende - Kombination der Einzelmerkmale gerade auf die Herstellerin hinweisen soll. Als 'Funktionselement' ist außer den Kniepolstern vor allem die Sattelverstärkung von Bedeutung. Nicht aber auf eine Kombination dieser beiden Elemente soll es ankommen, wie daraus deutlich wird, dass die Klägerinnen auch den Vertrieb von Hosen ohne Sattelnaht verbieten lassen wollen.

Unterstellt man, dass die von der Klägerin angeführten Merkmale aus rechtlicher Sicht geeignet sein können, eine wettbewerbliche Eigenart der Hosen der Klägerin als Hinweis auf die betriebliche Herkunft zu begründen, so ist weder hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie diese Eigenart tatsächlich haben, noch dass - dieses unterstellt - sie mit den von der Beklagten vertriebenen Hosen verwechselt werden.

Die vorgelegte Untersuchung der GdK ist zur Glaubhaftmachung nicht ausreichend. Ihr Ergebnis ist durch das von der Beklagten vorgelegte Gutachten der USUMA erschüttert. Beide Umfragen haben - bei nahezu identischer Fragestellung - zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen geführt. Die Basis der Meinungsumfrage der USUMA war größer (144 gegenüber 100 Befragten), was ihr im Vergleich eine erhöhte Aussagekraft sichert. Damit fehlt es an einer Glaubhaftmachung der für den geltend gemachten Anspruch erforderlichen Tatsachen selbst dann, wenn das Gutachten der GdK - isoliert betrachtet - zur Glaubhaftmachung geeignet wäre.

Nach der Kundenbefragung durch die USUMA haben nur 15 von 144 befragten Personen die vorgelegte '#######'-####### als solche oder auch nur deren Hersteller richtig erkannt. Dieser Anteil ist unbedeutend. Denn immerhin 129 von 144 (also 89,6 %) der befragten Personen verbinden mit der Hose weder den Hersteller noch die '#######'. Sie haben mithin keine Vorstellung über deren Herkunft, die durch eine ähnlich aufgemachte Hose getäuscht werden könnte.

Angesichts des Verkaufserfolges der '#######' legt dieses Ergebnis die Annahme nahe, dass die Hose gerade von den Personen wieder erkannt worden ist, die eine solche Hose auch tatsächlich tragen. Das aber ist nicht völlig ungewöhnlich.

Hinzu kommt, dass weitere 13 befragte Personen die vorgelegte Hose sogar einem anderen Hersteller zugeordnet haben.

Schließlich spricht gegen die Glaubhaftmachung der Voraussetzungen für eine vermeidbare Herkunftstäuschung, dass nach dem Gutachten der USUMA nicht einmal die Hälfte der Befragten, die die Marke '#######' kennen, sogleich erkannt haben, dass es sich hier um eine Hose dieser Firma handelt. Denn 39 von 144 Befragten kennen die Marke, aber nur 15 konnten die vorgelegte '#######' dem Hersteller '#######' zuordnen.

Dem Umstand, dass immerhin knapp die Hälfte aller Befragten - aber auch nicht mehr - eine Hose wie die '#######' schon einmal gesehen haben wollen, kommt demgegenüber keine entscheidende Bedeutung zu. Es ist nämlich völlig offen, ob die Befragten die '#######-#######' der Klägerinnen oder Hosen anderer Hersteller mit ähnlichen Merkmalen gesehen haben. So haben die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung ähnliche, aber nicht gleich aussehende Hosen von Konkurrenten vorgelegt, in denen beispielsweise am Knie - anders gestaltete - Applikationen eingearbeitet waren. Es ist naheliegend, dass auch derartige Hosen als 'wiedererkannt' einbezogen worden sind. Beide Gutachten sagen hierüber nichts aus.

Dazu, ob die Hosen der Beklagten mit denen der Klägerin verwechselt werden können verhalten sich beide Gutachten nicht. Nur wenn die '#######'-Hosen der Beklagten beim Publikum den Eindruck erwecken würde, es handele sich um ein 'Original', könnte überhaupt von einer Herkunftstäuschung ausgegangen werden. Das aber ist nicht Gegenstand der Untersuchungen gewesen. Gerade modebewusste Personen achten aber auf Einzelheiten. So erscheint es naheliegend, dass der Kundenkreis gerade auf die Sattelnaht abstellt, an der ja ein erheblicher Teil der Befragten die Hose der Klägerinnen erkannt hat, und sogleich erkennt, dass es sich bei der vorgelegten Hose nicht um ein 'Original' handelt, was die Herkunftstäuschung ausschlösse. Zur Glaubhaftmachung gehört, dass diese Möglichkeit als unwahrscheinlich anzusehen ist.

Auch die von den Klägerinnen vorgelegten Auszüge aus Zeitschriften ändern nichts, zumal die vorgelegten Artikel sich zwar auch, aber nicht vorrangig mit der hier allein interessierenden Hose '#######' beschäftigen. Regelmäßig geht es um die Darstellung einer Kollektion oder der Marke '#######', die über ein umfangreiches Sortiment verfügt.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die Hose '##############' ohnehin nicht mit der '#######'-####### verwechselt werden kann. Deren wesentlichen Merkmale sind entweder optisch abweichend gestaltet (Knieapplikation) oder fehlen ganz (Sattelnaht).

d) Unter den dargelegten Umständen können die Klägerinnen sich auch nicht darauf berufen, die Beklagte sei unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung zur Unterlassung verpflichtet.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist entbehrlich, weil das Urteil rechtskräftig ist.

Ende der Entscheidung

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