Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 03.05.2005
Aktenzeichen: 13 U 230/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 36 Abs. 1
ZPO § 857
Zur Pfändbarkeit einer Milchreferenzmenge.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

13 U 230/04

Verkündet am 3. Mai 2005

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. K. sowie der Richter am Oberlandesgericht B. und W. aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. April 2005 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 28. Juli 2004 geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 144.000 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 5. November 2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu zahlen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Streitwert und Beschwer der Beklagten: 144.000 EUR

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Landwirts E. H. (im Folgenden: Schuldner). Die Beklagte ist die Mutter des Schuldners.

Der Schuldner hatte mit Vertrag vom 27. Mai 1985 von seinen Eltern deren landwirtschaftlichen Hof in H. für die Zeit bis zum 30. Juni 1990 gepachtet. Der Pachtvertrag wurde durch Vereinbarung vom 24. August 1987 bis zum 30. Juni 1997, durch handschriftliche Änderung dieser Vereinbarung bis zum 30. September 1999 und nach Vortrag der Beklagten mündlich über diesen Zeitpunkt hinaus verlängert. Anfang der neunziger Jahre bis März 2001 führte der Schuldner einen landwirtschaftlichen Betrieb in S.A.. Er erwarb dort als Wiedereinrichter ein Milchkontingent von 360.000 kg, das er im Jahr 2001 mit zum Betrieb in H. brachte. Ab dem Jahr 2001 führte der Schuldner den Betrieb in H. weiter.

Unter dem 22. März 2003 vereinbarten der Schuldner und die Beklagte, dass der Pachtvertrag vom 27. Juni 1985 zum 31. März 2003 aufgehoben werde. In der Vereinbarung heißt es u. a.:

"Sämtliche bestehenden Kartoffel, Zuckerrüben und Milchlieferrechte (Quoten) werden, soweit sie nicht ohnehin mit Rückgabe des Hofes an den Verpächter übergehen, hiermit an diesen übertragen".

Eine gleichlautende Vereinbarung unterzeichneten die Parteien unter dem Datum 25. März 2003 mit der Maßgabe, dass als Zeitpunkt der Aufhebung des Pachtvertrags der 1. April 2003 genannt ist.

Aufgrund dieser Vereinbarungen übertrug der Schuldner an die Beklagte eine ihm insgesamt zugeordnete Referenzmenge von 738.175 kg, darin enthalten das Milchkontingent von 360.000 kg.

Am 1. Juli 2003 beantragte ein Gläubiger die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Das Insolvenzverfahren wurde am 4. September 2003 wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet.

Der Kläger hat mit der am 4. Dezember 2003 eingereichten Klage geltend gemacht, dass die Übertragung des Milchkontingents von 360.000 kg an die Beklagte sowohl nach § 132 Abs. 1 Nr. 1 InsO als auch nach § 133 Abs. 1 InsO, § 133 Abs. 2 Satz 1 InsO und nach § 134 InsO anfechtbar sei. Er hat behauptet, der Schuldner sei im Zeitpunkt der Übertragung an die Beklagte zahlungsunfähig gewesen, wovon die Beklagte Kenntnis gehabt habe. An der gemäß § 8 der Zusatzabgabenverordnung vom 12. Januar 2000 eingerichteten Verkaufsstelle sei am 30. Oktober 2003 ein Gleichgewichtspreis in Höhe von 0,40 EUR/kg erzielt worden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 144.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 5. November 2003 zu zahlen,

hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an ihn die Milchreferenzmenge im Umfang von 360.000 kg, die der Schuldner als Wiedereinrichter seines ehemaligen Betriebes in W. (S.A.) erworben und sodann im Jahre 2001 mit zu seinem Betrieb nach H. gebracht hatte, um sie dann am 1. April/2. April 2003 auf die Beklagte zu übertragen, zurück zu übertragen,

weiter hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, den Verkauf der Milchreferenzmenge im Umfang von 360.000 kg, die der Schuldner als Wiedereinrichter seines ehemaligen Betriebes in W. (S.A.) erworben und sodann im Jahre 2001 mit zu seinem Betrieb nach H. gebracht hat, um sie dann am 1. April/2. April 2003 auf die Beklagte zu übertragen, an der Quotenbörse zu dulden und für jeden Fall der Zuwiderhandlung ihr Ordnungsmittel anzudrohen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat bestritten, dass der Schuldner zum Zeitpunkt der Übertragung des Milchkontingents zahlungsunfähig gewesen sei. Jedenfalls sei ihr, der Beklagten, eine Zahlungsunfähigkeit nicht bekannt gewesen. Eine Insolvenzanfechtung sei im Übrigen schon deshalb nicht möglich, weil die Übertragung des Milchkontingents an die Beklagte nicht durch eine Rechtshandlung sondern kraft Gesetzes erfolgt sei. Außerdem sei das Milchkontingent nicht pfändbar gewesen, weil es sich um eine öffentlichrechtliche Befugnis handele und weil die Beklagte zur Sicherung ihres Unterhalts auf die Nutzung des Milchkontingents angewiesen sei (§ 36 Abs. 1 Satz 1 InsO, § 811 Abs. 1 Nr. 4 ZPO). Schließlich liege keine Gläubigerbenachteiligung vor, weil der Schuldner die Milchquote über 360.000 kg bzw. einen entsprechenden Veräußerungserlös der Beklagten schon Anfang Mai 2002 zur Sicherung mündlich an die Beklagte übertragen habe.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Milch-Referenzmenge nicht pfändbar sei und daher nicht zur Insolvenzmasse gehöre.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge weiter.

II.

Die Berufung ist begründet.

1. Der Schuldner hat der Beklagten das Milchkontingent von 360.000 kg durch eine Rechtshandlung i. S. des § 129 Abs. 1 InsO übertragen. Die Übertragung ist anders als in dem vom BGH entschiedenen in NJW 1991, 3280 veröffentlichten Fall - nicht automatisch kraft Gesetzes erfolgt.

Als Rechtsgrund für einen Übergang kraft Gesetzes kommt nur § 12 Abs. 2 Zusatzabgabenverordnung in Betracht. Nach dieser Vorschrift gehen bei Pachtverträgen, die vor dem 1. April 2000 geschlossen worden sind und nach dem 31. März 2000 beendet worden sind, die (dem Betrieb) entsprechenden Anlieferungs-Referenzmengen nach § 7 Abs. 1 bis 2 a, Abs. 4 Satz 1 bis 3, Abs. 5 und 6 der Milch-Garantiemengen-Verordnung auf den Verpächter mit der in § 12 Abs. 2 Zusatzabgabenverordnung genannten Maßgabe über. Es mag sein, dass der durch Vereinbarung vom März 2003 beendete Pachtvertrag AnlieferungsReferenzmengen nach § 7 der Milch-Garantiemengen-Verordnung betraf, soweit es um die dem Betrieb in H. zugeordnete Menge ging. Hinsichtlich der vom Schuldner als Wiedereinrichter des Betriebs in S.A. erworbenen Menge von 360.000 kg war dies jedenfalls nicht der Fall. Diese Referenzmenge war zu keinem Zeitpunkt eine dem Betrieb in H. "entsprechende" Menge i. S. des § 7 Abs. 1 der Milch-Garantie-Mengen-Verordnung in der Fassung vom 21. März 1994, also eine an die Flächen des Betriebs gebundene Menge. Die Flächenbindung für Milchkontingente wurde durch die Zusatzabgabenverordnung mit Wirkung vom 1. April 2000 abgeschafft. Deshalb kommt für die im Jahr 2001 vom Schuldner zu dem Betrieb "mitgebrachten" Menge eine Zuordnung zu diesem Betrieb nicht in Betracht.

Vielmehr ging die Referenzmenge aufgrund der im März 2003 getroffenen Vereinbarung gemäß § 7 Abs. 1, 2 Zusatzabgabenverordnung unmittelbar aus dem Vermögen des Schuldners an die Beklagte über.

2. In der dadurch eingetretenen Verkürzung des Schuldnervermögens ohne ausgleichende Gegenleistung der Beklagten liegt eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung.

a) Eine Gläubigerbenachteiligung lässt sich entgegen der vom Landgericht vertretenen Meinung nicht mit der Begründung verneinen, dass das Milchkontingent von 360.000 kg nicht pfändbar gewesen sei und deshalb ohnehin nicht in die Insolvenzmasse gefallen wäre (§ 36 Abs. 1 InsO).

Das Milchkontingent unterliegt entgegen einer verbreiteten Auffassung (LG Aurich, Rpfl 1997, 268; Nils, AgrarR 2001, 4, 9; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 61. Aufl., § 857 Rdnr. 38) der Zwangsvollstreckung in andere Vermögensrechte nach § 857 ZPO. Als Vermögensrecht nach § 857 ZPO pfändbar sind Rechte aller Art, die nicht Geldforderungen oder Herausgabeansprüche sind und einen Vermögenswert der Art verkörpern, dass die Pfandverwertung zur Befriedigung des Geldanspruchs des Gläubigers führen kann (Zöller/Stöber, 25. Aufl., § 857 Rdnr. 2). Das ist bei der Milch-Referenzmenge der Fall. Sie ist weder eine Geldforderung noch ein Herausgabeanspruch, sondern das Recht eines Milcherzeugers, im Rahmen der ihm zugeteilten Anlieferungs-Referenzmenge Milch abgabenfrei anzuliefern (BGH, NJW 1991, 3280, 3281). Milchkontingente stellen einen Vermögenswert dar. Sie werden an sogenannten Verkaufsstellen, börsenähnlichen Einrichtungen der Länder, zu regelmäßig ermittelten "Gleichgewichtspreisen" gehandelt (§§ 8 ff. Zusatzabgabenverordnung). Die Pfandverwertung bei Milchkontingenten kann auch zur Befriedigung des Geldanspruchs der Gläubiger führen, indem auf Antrag des Gläubigers das Vollstreckungsgericht gemäß § 857 Abs. 5 ZPO den Verkauf des Kontingents an der Verkaufsstelle anordnet und nach Durchführung des Verkaufs der Erlös an den Gläubiger ausgekehrt wird (Schnekenburger, Agrar und Umweltrecht 2003, 133, 136).

Einer Pfändbarkeit steht auch nicht entgegen, dass Referenzmengen nicht frei übertragbar i. S. der §§ 398 ff. BGB sind (vgl. zur Pfändung einer Bundesliga-Spielelizenz: BGH ZIP 2001, 389).

b) Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, dass sie zur Sicherung ihres Unterhalts auf die streitbefangene Referenzquote angewiesen sei, sodass diese gemäß § 811 Abs. 1 Nr. 4 ZPO unpfändbar sei und nicht dem Insolvenzbeschlag unterfalle. Es kann offen bleiben, ob die Milch-Referenzmenge unter § 811 Abs. 1 Nr. 4 ZPO fiel. Selbst wenn dies der Fall wäre, hätte die Milch-Referenzmenge ohne die anfechtbare Handlung zur Insolvenzmasse gehört (§ 36 Abs. 2. Nr. 2 InsO).

c) Die Beklagte ist der Ansicht, eine Gläubigerbenachteiligung sei auch deshalb nicht gegeben, weil das Milchkontingent mangels Milcherzeugereigenschaft des Schuldners nach Betriebsübergabe ohne die Übertragung an die Beklagte gemäß § 13 Abs. 2 Zusatzabgabenverordnung ersatzlos in die Reserve des Landes eingezogen worden wäre. Auch dieser Einwand greift nicht durch.

In § 13 Abs. 2 Zusatzabgabenverordnung heißt es: "Soweit Anlieferungs-Referenzmengen nach den in § 2 genannten Rechtsakten deshalb zu Gunsten des Landes ... eingezogen werden, weil der Inhaber der Anlieferungs-Referenzmenge weder Milch oder Milcherzeugnisse an einen Käufer geliefert oder unmittelbar an den Verbraucher verkauft hat, ... erteilt das zuständige Hauptzollamt dem Erzeuger über die Einziehung einen Bescheid". § 2 der Zusatzabgabenverordnung nimmt auf Rechtsakte des Rates und der Kommission der EG hinsichtlich der Milcherzeuger-Abgaben Bezug. Ein Rechtsakt der EG, der die Einziehung des Milchkontingents sofort nach Beendigung der Milcherzeugertätigkeit vorschreibt, ist nicht ersichtlich. In der Verordnung Nr. 1256/1999 des Rates ist nur geregelt, dass in Fällen, in denen ein Erzeuger während mindestens eines 12MonatsZeitraums nicht mindestens 70 % der ihm zur Verfügung stehenden einzelbetrieblichen Referenzmenge in Anspruch nimmt, die Mitgliedstaaten entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen die nicht in Anspruch genommene Referenzmenge ganz oder teilweise der einzelstaatlichen Reserve zuzuschlagen ist. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Kläger ohne die angefochtene Handlung in der Lage gewesen wäre, die Referenzmengen gemäß § 8 Zusatzabgabenverordnung zu verkaufen.

3. Nach § 134 InsO ist anfechtbar eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahren vorgenommen worden. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

a) Die Übertragung des Milchkontingents erfolgte innerhalb von vier Jahren vor dem 1. Juli 2003 beim Amtsgericht eingegangenen Insolvenzantrag, nämlich aufgrund der Vereinbarung vom 22. bzw. 25. März 2003 zum 31. März bzw. 1. April 2003.

b) Es handelte sich um eine unentgeltliche Leistung des Schuldners.

aa) Der Vereinbarung vom 22. bzw. 25. März 2003 ist eine Abrede über eine Entgeltlichkeit nicht zu entnehmen. Die Beklagte hat in der Klageerwiderung selbst vorgetragen, dass der Schuldner für die Übertragung der Referenzmenge keine Gegenleistung beansprucht habe. Eine Gegenleistung für die Referenzmenge kann auch nicht dem Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 17. Mai 2004, Seite 8 f., entnommen werden, die Parteien hätten gemäß Nr. 2 Abs. 2 der Vereinbarung vom 22. bzw. 25. März 2003 zur Beendigung des Pachtvertrags Mehr oder Minderwerte sowie daraus resultierende Ausgleichsansprüche erfasst und in einer gesonderten Vereinbarung (Anlage B 5) einen Minderwert des Betriebs in Höhe von 82.055,14 EUR, den die Beklagte vom Schuldner zu beanspruchen habe. Dieser Vortrag ist nicht erheblich, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Übertragung der Milchquoten an die Beklagte zur Erfüllung eines etwaigen Ausgleichsanspruchs der Beklagten bei der Rückgabe des Hofes erfolgen sollte. Die Vereinbarung des Schuldners und der Beklagten Vereinbarung vom 22. bzw. 25. März 2003 zur Beendigung des Pachtvertrags - dort Ziff. 3, 2. Absatz - spricht für das Gegenteil.

bb) Eine unentgeltliche Leistung wäre zu verneinen, wenn die Behauptung der Beklagten richtig wäre, der Schuldner habe ihr bereits im Jahr 2002 "Ansprüche aus Milchlieferungen einschließlich einem etwaigen Verkauf oder einer Übertragung der Milchreferenzmenge" zur Sicherheit für im Gegenzug hingegebene Grundschulden und einer teilweisen Landveräußerung abgetreten.

Hierzu hat die Beklagte vorgetragen: Der Schuldner habe im Jahr 1998 während seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit in W. seine Ansprüche aus Milchlieferungen sowie einem Verkauf oder einer Übertragung der Referenzmenge von 360.000 kg Milch zur Besicherung von Darlehen an die N. LB abgetreten. Nach der Auseinandersetzung des landwirtschaftlichen Betriebs in W. habe der Schuldner gegenüber der N. LB noch Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von rd. 233.000 DM gehabt. Im Mai 2002 habe eine Umschuldung dieser Verbindlichkeiten durch ein neues Darlehen bei der N. LB in Höhe von 120.000 DM stattgefunden. Die N. LB habe bei den Verhandlungen für dieses Darlehen die Besicherung durch Grundschulden auf dem landwirtschaftlichen Betrieb in H. gegen Freigabe der Referenzmenge verlangt. In einem Gespräch am 7. Mai 2002, an dem der Schuldner, die Beklagte und für die N. LB die Herren E. und S. teilgenommen hätten, habe man Einigkeit darüber erzielt, dass der Beklagten, sobald sie die N. LB durch Grundschulden abgesichert habe, alle Rechte hinsichtlich der Referenzmengen zustehen solle. In Vollzug dieser Vereinbarung habe die Beklagte der N. LB 73.114,74 EUR Grundschulden bewilligt, und die N. LB habe die Rechte an der Referenzmenge mit Schreiben vom 27. Mai 2002 zurückabgetreten. Bis zum 30. Juli 2002 sei eine Teilrückzahlung in Höhe von 45.000 EUR an die N. LB vereinbart gewesen. Um diese Rückzahlung leisten zu können, habe die Beklagte dem Verkauf von 9 ha Land zugestimmt. Dabei habe der Schuldner mit ihr vereinbart, dass die Sicherung aus der Milchquote auch insoweit fortbestehe.

Diese Darstellung ist zwar im Wesentlichen zutreffend, soweit es um die Darlehen und das Verlangen der N. LB im Frühjahr 2002 geht, das neu zu gewährende Darlehen über 120.000 DM durch eine Grundschuld an dem Grundstück des landwirtschaftlichen Betriebs in Hohne abzusichern. In dem hier entscheidenden Punkt, nämlich der Vereinbarung einer Sicherheitsgewährung an die Beklagte durch Abtretung der Rechte an der Milchreferenzmenge, trifft der Vortrag aber nicht zu. Die Mitarbeiter der N. LB S. und E. haben glaubhaft bekundet, dass bei dem mit dem Schuldner und der Beklagten geführten Gespräch nicht darüber gesprochen worden sei, dass die Beklagte für die Bewilligung der Grundschuld eine Sicherheit bekommen solle. Soweit der Schuldner ausgesagt hat, es sei auch besprochen worden, dass seine Mutter für ihr weiteres Engagement, "die Milchquoten" aus S.A. bekommen solle, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Hiergegen spricht außer den Angaben der Zeugen E. und S., dass die Rückabtretung der Ansprüche aus dem Verkauf oder der Übertragung der Milchreferenzmenge am 27. Mai 2002 nicht an die Beklagte, sondern an den Schuldner erfolgte (Bl. 74 d. A), und dass der Schuldner einen Teil der Milchreferenzmenge (300.000 kg) am 31. Juli 2002 an die Sparkasse C. abtrat (Bl. 305 d. A.). Die Aussage des Zeugen H. ist im Übrigen widersprüchlich, weil er selbst davon ausgegangen sein will, dass die Beklagte die Rechte "automatisch" bekomme, sobald die Rechte von der N. LB freigegeben seien. Dann aber ist eine besondere Vereinbarung über die Abtretung nicht notwendig gewesen.

4. Die Klage ist mit dem auf Zahlung von Wertersatz gerichteten Hauptantrag begründet.

Die Rückgewähr des Milchkontingents zur Insolvenzmasse ist nicht möglich. Gemäß § 7 Abs. 5 Zusatzabgabenverordnung kann Übernehmer von Anlieferungs-Referenzmengen nur sein, wer entweder selbst oder durch seinen Ehegatten Milch oder Milcherzeugnisse an einen Käufer liefert oder damit beginnt. Es ist in der mündlichen Verhandlung unstreitig gewesen, dass der Schuldner seit April 2003 nicht mehr als Milchproduzenten und Lieferanten tätig ist. Die Beklagte hat daher Wertersatz zu leisten (vgl. MünchKomm-InsO-Kirchhof, § 143 Rdnr. 74 ff.).

Der Höhe nach kann der Kläger die von ihm in Ansatz gebrachten 0,40 EUR/kg verlagen. Zwar hat der Gleichgewichtspreis in N. zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nur 0,39 EUR/kg betragen. Maßgeblich ist aber, dass - wie in der letzten mündlichen Verhandlung unstreitig gewesen ist - der Preis im Zeitpunkt der Geltendmachung des Rückgewähranspruchs bei 0,40 EUR/kg lag und während des Prozesses auf bis 0,51 EUR/kg gestiegen ist. Für das Absinken des Werts während der Dauer des Anfechtungsprozesses hat die Beklagte einzustehen (vgl. MünchKomm-InsO-Kirchhof, § 143 Rdn. 85).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf die Frage der Pfändbarkeit eines Milchkontingents grundsätzlich Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

Zurück