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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 16.05.2002
Aktenzeichen: 13 U 8/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 765
BGB § 133
BGB § 157
Zum Umfang einer Bürgschaft für die vertragsgemäße Leistung einer in der Bürgschaftsurkunde näher bezeichneten Bauarbeit, wenn die Bürgschaftsurkunde auf den Bauvertrag Bezug nimmt, in dem sich abweichende Vereinbarungen über die Erstreckung der Sicherheit befinden.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

13 U 8/02

Verkündet am 16. Mai 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht #######, des Richters am Oberlandesgericht ####### und des Richters am Landgericht ####### aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. April 2002 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 23. November 2002 geändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. Sicherheitsleistung beider Parteien darf auch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse sein.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert und Beschwer der Klägerin: 48.771,01 € (95.387,80 DM).

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Bürgschaft in Anspruch. Der Bürgschein der Beklagten vom 21. April 1997 lautet:

'Der Auftraggeber ################### ############ ############# (= Rechtsvorgängerin der Klägerin, im folgenden: Klägerin) ... hat dem Unternehmer ####### ... (############## -, ############- ################# ###############) laut Vertrag/Auftragsschreiben vom 04.12.1995 die Bauarbeit (Auftrag) Sanierungsmaßnahme: ######### Abbrucharbeiten übertragen. Für die vertragsgemäße Leistung dieser Lieferung/Bauarbeit verbürgen wir uns ... bis zum Betrag von 95.387,80 DM ... Diese Bürgschaft dient dazu, die vertragsgemäße Ausführung und Gewährleistung sicherzustellen.'

In dem durch den Auftrag vom 4. Dezember 1995 zustande gekommenen Vertrag hatte die Klägerin die ######## mit dem Abbruch der ################## beauftragt. Die ########### übernahm neben den Abbrucharbeiten die Verpflichtung, gemäß § 249 h AFG insgesamt 47 durch das Arbeitsamt zugewiesene Arbeitnehmer bei den Arbeiten einzusetzen. Nach Ziffer 10.1 der Besonderen Vertragsbedingungen zum Auftrag vom 4. Dezember 1995 sollte die ######### für diese Arbeitnehmer die knappschaftlichen Versicherungsbeiträge an die Berufsgenossenschaft zahlen. Für den Fall, dass bei nicht ordnungsgemäßer Zahlung der Versicherungsbeiträge die Bundesknappschaft die Klägerin in Anspruch nehmen würde, sollte die ######### gegenüber der Klägerin haften.

Als die ######### die Versicherungsbeiträge für die Arbeitnehmer nicht leistete, nahm die Bundesknappschaft die Klägerin gemäß § 2 der Verordnung des Reichsarbeitsministers über knappschaftliche Arbeiten vom 11. Februar 1933 in Höhe von 102.424 DM in Anspruch.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei aus der Bürgschaft verpflichtet, für die Zahlung der Versicherungsbeiträge bis zum Betrag von 95.387,80 DM einzustehen. Hilfsweise hat die Klägerin geltend gemacht:

Zur vertragsgemäßen Leistung der ########## habe auch die ordnungsgemäße Erfassung und Abrechnung der Personalkosten gehört. Die ########### habe, wie unstreitig ist, im Jahr 1996 Personalkosten für 47 Arbeitnehmer abgerechnet, obwohl sie nur 45 Arbeitnehmer beschäftigt habe. Aufgrund der unrichtigen Abrechnung habe die Klägerin an die ##########, ebenfalls unstreitig, Zahlungen in Höhe von 70.501,48 DM geleistet, die zurückzuerstatten seien.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 95.387,80 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes hieraus seit dem 5. Februar 2001 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Bürgscheins der Beklagten vom 21. April 1997. Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Voraussetzungen für ihre Inanspruchnahme lägen nicht vor, weil sich die Bürgschaft auf die vertragsgemäße Ausführung der Bauarbeit (Abbrucharbeiten), nicht indes auf die von der Klägerin vorgetragenen Verbindlichkeiten der ####### beziehe.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Bürgschaftsfall sei eingetreten. Die Bürgschaft diene dazu, die vertragsgemäße Ausführung sicherzustellen. Zur vertragsgemäßen Ausführung habe auch die Einhaltung der Verpflichtung gehört, die Arbeitnehmer knappschaftlich zu versichern. Diese Verpflichtung sei offen geblieben, weil die ########## die Versicherungsbeträge nicht gezahlt habe.

Die Beklagte verfolgt mit der Berufung ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet.

I.

Der geltend gemachte Anspruch aus der Bürgschaft vom 21. April 1997 steht der Klägerin nicht zu. Die Klägerin kann die Bürgschaft nicht mit der Begründung in Anspruch nehmen, dass die ########## die Versicherungsbeiträge für die Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß leistete und deshalb der Klägerin Ersatz schuldet. Der geltend gemachte Bürgschaftsanspruch steht der Klägerin auch nicht deshalb zu, weil die ########## der Klägerin wegen nicht ordnungsgemäßer Abrechnung der Personalkosten empfangene Zuvielzahlungen zurückzuerstatten hat. Beide Verbindlichkeiten der ########## sind von der Bürgschaft nicht erfasst.

Für die Bestimmung des Umfangs der Bürgschaft ist der Bürgschaftsvertrag gemäß §§ 133, 157 BGB auszulegen. Maßgebend ist mangels Feststellung eines übereinstimmenden Parteiwillens der Wortlaut der Bürgschaftserklärung.

Nach dem Inhalt der Urkunde vom 21. April 1997 hat die Beklagte nur die Bürgschaft für die vertragsgemäße Ausführung der Werkleistung und für die Gewährleistung übernommen. Dies ergibt sich daraus, dass als Gegenstand der Bürgschaft 'die Bauarbeit (Auftrag) Sanierungsmaßnahme: ########## Abbrucharbeiten' angegeben ist, und die Beklagte sich für die 'vertragsmäßige Leistung dieser Lieferung/Bauarbeit' verbürgt hat. Hiervon nicht erfasst sind Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die ########, weil die ######### gegen ihre vertragliche Verpflichtung zur Versicherung der Arbeitnehmer verstieß oder weil sie aufgrund unkorrekter Angaben über die eingesetzten Arbeitnehmer überhöhte Zahlungen erhielt (zur Erfassung des Überzahlungsrisikos vgl. BGH, NJW 1980, 1459; Heiermann/Riedl/Rusam, 9. Aufl., A § 14 Rdn. 3 b). Die Bürgschaftsurkunde enthält keinen ausreichenden Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte auch dieses, außerhalb der vertragsgemäßen Ausführung der Werkleistung und der Gewährleistung liegende Risiko übernehmen wollte.

Eine andere Auslegung ist entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung nicht deshalb gerechtfertigt, weil es in den Zusätzlichen Vertragsbedingungen des zwischen der Klägerin und der ############# geschlossenen Bauvertrags vom 4. Dezember 1995 heißt, die Sicherheit erstrecke sich auf die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertrag, insbesondere auf die Verpflichtung zur vertrags-gemäßen Ausführung der Leistung einschließlich Abrechnung. Diese im Bauver-trag enthaltene Vereinbarung über den Zweck der zu leistenden Sicherheit ist für die Auslegung der Bürgschaft nicht entscheidend. Zwar nimmt die Bürgschafts-erklärung auf den Bauvertrag vom 4. Dezember 1995 Bezug. Die Bezugnahme kann aber nur dahin verstanden werden, dass dem Bauvertrag die nähere Bestim-mung der geschuldeten Bauleistung entnommen werden soll, deren vertragsge-mäße Ausführung und Gewährleistung mit der Bürgschaft sichergestellt werden sollte. Bezüglich der Bezeichnung der von der Bürgschaft umfassten Verbindlich-keiten enthält die Bürgschaftsurkunde mit hinreichender Bestimmtheit eine hinter der im Bauvertrag zurückbleibende Erklärung. Deshalb kann die im Bauvertrag zwischen der Klägerin und der ########## getroffene Regelung über die beizubringenden Sicherheiten nicht für das von der Beklagten übernommene Risiko maßgeblich sein.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 709, 711, 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO n. F. liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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