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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 31.08.2000
Aktenzeichen: 13 U 86/00
Rechtsgebiete: AGBG, VOB/B


Vorschriften:

AGBG § 9
VOB/B § 17 Nr. 5 S. 2
Zur Frage der Wirksamkeit eines Sicherheitseinbehalts von fünf Jahren ab Nutzfertigkeit des Gesamtprojekts und Nachweis der Mangelfreiheit durch den Auftragnehmer.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

13 U 86/00 19 O 4093/99 LG Hannover

Verkündet am 31. August 2000

#######, Justizsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

#######,

Beklagte, Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ####### -

gegen

1. #######,

2. #######,

Kläger, Berufungsbeklagte und Anschlussberufungskläger,

- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ####### -

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht #######, des Richters am Oberlandesgericht ####### und des Richters am Landgericht ####### auf die mündliche Verhandlung vom 15. August 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Anschlussberufung der Kläger wird unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten der Zinsausspruch des Urteils des Landgerichts Hannover vom 3. Februar 2000 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt,

an die Kläger 32.426,04 DM zu zahlen nebst 11,5 % Zinsen auf 25.422,18 DM vom 24. Februar 1999 bis zum 25. April 1999 sowie 8,75 % Zinsen vom 26. April 1999 bis zum 26. August 1999, 4 % Zinsen auf 7.003,86 DM vom 24. Februar 1999 bis zum 26. August 1999 und 8,75 % Zinsen auf 32.426,04 DM vom 27. August 1999 bis zum 15. Mai 2000 sowie 9,25 % Zinsen hierauf ab 16. Mai 2000.

Die Kosten der Berufungsinstanz tragen die Kläger zu 19 %, die Beklagte zu 81 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert und Beschwer der Beklagten: bis 10.000 DM.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist unbegründet, die Anschlussberufung hat hingegen Erfolg.

I. Sicherheitseinbehalt

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, soweit sie einen Sicherheitseinbehalt gemäß Ziffer 17 der Vertragsbedingungen geltend macht. Die Regelung in Ziffer 17 der Vertragsbedingungen ist gemäß § 9 AGB-Gesetz unwirksam, weil sie den Auftragnehmer unangemessen benachteiligt.

Der Fristbeginn für den 5-jährigen Sicherheitseinbehalt beginnt nach der Regelung erst ab 'Nutzfertigkeit des Gesamtprojekts und Nachweis der Mangelfreiheit durch den Auftragnehmer'. Durch diese Regelung wird der Fristbeginn für den Einbehalt zu Lasten des Auftragnehmers unzumutbar weit hinausgeschoben. Es steht nach dem Wortlaut der Regelung bereits nicht in der Macht des Auftragnehmers den Beginn der Einbehaltsfrist selbst herbeizuführen. Diese beginnt erst ab 'Nutzfertigkeit des Gesamtprojekts'. Was Nutzfertigkeit bedeutet, bedarf der Auslegung. Der Begriff 'Nutzfertigkeit' legt nahe, dass das Bauvorhaben derart fertig gestellt sein muss, dass die ihm zugedachte endgültige Nutzung erfolgen kann. Da die Klausel ausdrücklich auf die Nutzfertigkeit des Gesamtprojekts abstellt, ist der Fristbeginn für den Sicherheitseinbehalt auch erst die Fertigstellung des Gesamtprojekts, wobei unklar ist, ob unter 'Gesamtprojekt' nicht nur ein einzelnes Bauvorhaben verstanden werden muss, sondern möglicherweise verschiedene Bauvorhaben, die miteinander in Zusammenhang stehen. Dies kann letztlich dahinstehen. Eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers ist bereits zu bejahen, wenn lediglich auf ein Bauvorhaben abzustellen ist. Je nach Größe des Bauvorhabens kann es zu erheblichen Verzögerungen bei der Fertigstellung kommen. Die Gründe hierfür können ebenfalls unterschiedlicher Art sein. Die Fertigstellung kann etwa durch verzögerliche Arbeiten anderer am Gesamtprojekt beteiligter Unternehmen oder gar verschuldete Verzögerungen des Auftraggebers wie etwa mangelhafte Koordination der Einzelgewerke und Vorarbeiten entstehen. Gleichfalls ist denkbar, dass aufgrund ausbleibender Abschlagszahlungen durch den Auftraggeber einzelne Unternehmen ihre Arbeiten nicht fortführen und so das Gesamtprojekt nicht fertig gestellt wird. Auf diese Faktoren hat der einzelne Unternehmer keinerlei Einfluss. Es erscheint deshalb unbillig, dem einzelnen Auftragnehmer dieses Risiko aufzubürden mit der Folge, dass die Frist für den Beginn des 5-jährigen Gewährleistungseinbehalts auf einen Zeitpunkt, der lange nach der Fertigstellung der beauftragten Arbeiten liegt, hinausgeschoben wird. Hierdurch würde die 5-jährige Einbehaltsfrist, die im Rahmen der VOB/B schon eine erhebliche Fristverlängerung für einen Einbehalt darstellt, im Ergebnis noch weiter verlängert werden. Das Interesse des Auftragnehmers, den verdienten Werklohn zu erhalten, wird hingegen ungerechtfertigt benachteiligt. Hinzu kommt ferner, dass der Einbehalt entgegen § 17 Nr. 5 Satz 2 VOB/B zudem auch noch zinslos erfolgt. Dies bedeutet, dass der Auftraggeber einen Teil des geschuldeten Werklohns nicht nur über einen Zeitraum von über 5 Jahren einbehalten kann, sondern zudem auch noch die auf diesen Betrag entfallenden Zinsen erhält. Bei einer Gesamtschau unter Abwägung der beiderseitigen Interessen wird der vorleistungspflichtige Auftragnehmer durch diese Vertragsbedingungen einseitig und unangemessen benachteiligt.

II. Schadensersatzanspruch wegen Erweiterungsarbeiten an der Feuerwehrzufahrt

Soweit die Beklagte nunmehr in der Berufungsinstanz einen Betrag von 6.000 DM für Erweiterungsarbeiten an der Feuerwehrzufahrt des Bauvorhabens geltend macht, handelt es sich nicht um eine Minderleistung der Kläger, sondern um einen Schadensersatzanspruch. Dieser Anspruch ist unbegründet. Er ist sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nicht hinreichend dargetan. Die Beklagte hat weder eine entsprechende Mangelbeseitigungsaufforderung noch eine endgültige und ernsthafte Weigerung der Kläger im Hinblick auf eine Nachbesserung schlüssig vorgetragen. Hinzu kommt, dass eine Abrechnung des von der Beklagten beauftragten Drittunternehmens bislang nicht vorgelegt worden und ein Schaden der Höhe nach nicht nachvollziehbar dargetan ist.

III. Zinsforderung der Kläger

Nachdem nunmehr die Kläger die Zinsbescheinigung der ####### vom 15. Juni 2000 vorgelegt haben, ist ihre Zinsforderung belegt. Die mit der Anschlussberufung geforderten Zinsen stehen den Klägern zu. Die gegen die Zinsentscheidung des Landgerichts gerichtete Berufung der Beklagten ist hingegen unbegründet.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 und 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 546, 713 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus einer Addition des Betrages für den Sicherheitseinbehalt, der gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 GKG streitwerterhöhenden Aufrechnungsforderung der Beklagten sowie der im Wege der Anschlussberufung selbständig geltend gemachten Zinsforderung.

####### ####### #######

13 U 86/00

Beschluss

In dem Rechtsstreit

#######...gegen #######

Der Urteilstenor des am 31. August 2000 verkündeten Senatsurteils wird in der Kostenentscheidung wegen offenbarer Unrichtigkeit gem. § 319 ZPO dahin berichtigt, dass die Beklagte sämtliche Kosten des Berufungsverfahrens trägt.

Celle, 17. Oktober 2000

Oberlandesgericht, 13. Zivilsenat

Ende der Entscheidung

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