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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 31.01.2002
Aktenzeichen: 14 U 114/01
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 276 | |
BGB § 278 | |
BGB § 633 |
Oberlandesgericht Celle
Im Namen des Volkes
Urteil
Verkündet am
31. Januar 2002
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ####### und der Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### auf die mündliche Verhandlung vom 18. Dezember 2001 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Kläger wird das am 31. Januar 2001 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Hannover geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 22.784,08 Euro (= 44.561,79 DM) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskont-Überleitungs-Gesetzes auf den Betrag von 22.526,24 Euro seit dem 6. Juni 2000 sowie auf weitere 257,84 Euro ab dem 30. Oktober 2000 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger gesamtschuldnerisch zu 5 % und die Beklagte zu 95 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer der Kläger beträgt 1.175,97 Euro (= 2.300 DM),
die Beschwer der Beklagten beträgt 22.784,08 Euro (= 44.561,79 DM).
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat Erfolg.
I.
Nach den vertraglichen Unterlagen und ihrem objektiven Erklärungswert haben die Kläger mit der Beklagten lediglich einen Kaufvertrag über die Lieferung des zur vollflächigen Verkleidung ihres Wohnhauses erforderlichen Isolierklinkermaterials abgeschlossen. Den Vertrag über die Montage des Materials haben die Kläger hingegen mit der Firma #######, vertreten durch den Geschäftsführer der Beklagten (Anl. K 3) geschlossen. Dies ergibt sich aus dem objektiven Erklärungswert der dem Montageauftrag vom 7. Februar 2000 zugrunde liegenden Erklärungen. Das Vertragsformular weist - im Gegensatz zum Lieferauftrag - nicht die Beklagte, sondern '#######' als Auftragnehmer aus, während der Geschäftsführer der Beklagten lediglich als 'Fachberater' das Formular unterzeichnet hat. Die Trennung von Liefer- und Montageauftrag folgt darüber hinaus auch daraus, dass am selben Tag unter der Überschrift 'Lieferauftrag' ausdrücklich ein Vertrag geschlossen worden ist, der sich allein über die Art und Menge des zu liefernden Materials verhält und im Kopf der Vertragsurkunde die Firma der Beklagten aufführt (GA 17).
II.
Gleichwohl haftet die Beklagte auch für die Erfüllung der durch den Montagevertrag zwischen den Klägern und der Fa. ####### entstandenen und fortbestehenden vertraglichen Verpflichtungen aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss.
1. Werden Vertragsverhandlungen von einem Vertreter (§ 164 BGB) geführt, so richten sich Schadensersatzansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen grundsätzlich nach § 278 BGB gegen den Vertretenen und nicht gegen den Vertreter. Ausnahmsweise haftet jedoch ein Vertreter aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen persönlich, wenn er entweder dem Vertragsgegenstand besonders nahe steht und bei wirtschaftlicher Betrachtung gleichsam in eigener Sache handelt oder wenn er gegenüber dem Verhandlungspartner in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen beeinflusst hat. Eine die persönliche Haftung des Vertreters begründende Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens liegt nicht schon dann vor, wenn dieser über die für seine Tätigkeit erforderliche Sachkunde verfügt und darauf hinweist. Erforderlich ist vielmehr, dass er dem Kunden zusätzlich in zurechenbarer Weise den Eindruck vermittelt, er werde persönlich mit seiner Sachkunde die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäfts selbst dann gewährleisten, wenn der Kunde dem Geschäft nicht oder nur wenig vertraut (vgl. zu Vorstehendem insgesamt BGH VersR 1990, 753, 754 f. m. w. N. zur ständigen Rechtsprechung; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 276 Rdn. 93). Dieser Fall ist hier gegeben.
Soweit der Geschäftsführer der Beklagten auch den Montagevertrag vermittelt und als Vertreter der Fa. ####### geschlossen hat, hat die Beklagte ein besonderes Vertrauen der Kläger in Anspruch genommen und hierdurch die Vertragsverhandlungen maßgeblich im vorgenannten Sinn beeinflusst. Die Kläger, die aufgrund von Werbematerial der Herstellerfirma #######, die von der Beklagten vertrieben werden, auf diese aufmerksam wurden, ließen sich nach entsprechender Anfrage ein Angebot von der Beklagten unterbreiten. Diese übersandte den Klägern ihr 'Festpreisangebot/Isolierklinkerfassade' vom 2. Februar 2000. In diesem Angebot hieß es bereits eingangs des Schreibens: 'Eine termingerechte Lieferung sowie korrekte fachliche Montage sichern wir Ihnen schon heute zu.' In dem Angebot wurden zwar zunächst die Preise für die Lieferung des Materials und für die Montage getrennt ausgewiesen, um sodann jedoch für beides einen um rd. 2.000 DM herabgesetzten Gesamtfestpreis zu unterbreiten, ohne dass eine Aufteilung des Festpreises auf beide Leistungen vorgenommen worden ist. Bereits hierdurch konnte für die Kläger der Eindruck entstehen, die Beklagte bestimme die Vergütung für Material und Montage und erbringe auch beide Leistungen selbst. Dem steht nicht entgegen, dass in dem Schreiben auch erwähnt wird, dass die Beklagte den Klägern einen Fachbetrieb für die Montage vermitteln würde, der nach den vorgegebenen Richtlinien die Fassade 'korrekt' montieren werde. Nach den gewählten Formulierungen eingangs des Schreibens und der Mitteilung des Montagepreises durch die Beklagte selbst konnte der Hinweis auf die Vermittlung eines Fachbetriebes für die Montage auch so verstanden werden, dass die Beklagte lediglich versichern wolle, dass die erforderlichen Arbeiten von zuverlässigen Subunternehmen ausgeführt werden würden. Eine solche Interpretation lag für die Kläger auch deshalb nahe, weil in dem gleichen Schreiben auch bereits die Gewährleistungsfrist nicht nur für das Material, sondern auch für die Montage angegeben worden ist. Diese Formulierungen erweckten in ihrer Gesamtschau den Eindruck, dass die Gesamtleistungen aus einer Hand von der Beklagten erbracht werden würden.
Hinzu kommt, dass der Geschäftsführer der Beklagten, nachdem sich die Kläger zum Vertragsschluss entschieden hatten, nicht nur den Lieferauftrag, sondern auch den Montageauftrag jeweils als 'Fachberater' unterzeichnete und für die Kläger sich der Eindruck verfestigen musste, dass die Beklagte für die Gesamtleistungen verantwortlich sei. Die Unterzeichnung beider Verträge erfolgte in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang, sodass bei nur flüchtiger Betrachtung der Vertragsformulare, auf denen jeweils das Zeichen der Herstellerfirma ####### oben rechts eingedruckt war, die Kläger davon ausgehen konnten, dass die Vertragsformulare nur einen Auftrag zum Gegenstand hatten. Sowohl das Festpreisangebot als auch die Durchführung der Vertragsunterzeichnung war dabei so angelegt, entsprechende Unklarheiten im Hinblick auf die Vertragspartner der unterschiedlichen Verträge hervorzurufen. Dies gilt umso mehr, als der Geschäftsführer der Beklagten für die Vertragsdurchführung insgesamt maßgeblich aufgetreten ist. Er unterzeichnete im Zuge der Vertragsabschlüsse auch federführend die Aufmaßblätter vom 7. Februar 2000 und überließ den Klägern eine Kalkulation über Lieferung und Montage, die allein die Firma der Beklagten ausweist (beides Anl. K 1).
Noch mit der Auftragsbestätigung vom 8. Februar 2000 (Anl. K 2) erklärte die Beklagte, dass sie immer bemüht sei, die Lieferung korrekt zu gestalten, was sich in jedem Fall auch auf die Montage ihres bestellten Isolierklinkersystems beziehe. Bei Mängeln sollten die Kläger ihr, der Beklagten, unverzüglich Mitteilung machen. In diesem Schreiben weist die Beklagte immer noch in aller Deutlichkeit darauf hin, dass sie gerade auch für die Montage um eine korrekte Gestaltung bemüht sei. Die Berechnung von Kaufpreis und Montagepreis erfolgt wiederum allein unter dem Briefkopf der Beklagten. Erst am Schluss des Schreibens hieß es, dass die Montage durch die Firma ####### durchgeführt werde. Diesem Schreiben, das nach Vertragsschluss den Klägern übersandt worden ist, kommt insofern Indizwert für die vom Geschäftsführer der Beklagten zuvor geführten Vertragsverhandlungen zu. Selbst in der Auftragsbestätigung forderte die Beklagte die Kläger auf, sich auch bei Montagemängeln an sie und nicht etwa unmittelbar an die im Schreiben namentlich aufgeführte Montagefirma zu wenden.
Durch die allein vom Geschäftsführer der Beklagten geführten Vertragsverhandlungen für die Beklagte und für die Montagefirma stellte sich die Beklagte als alleiniger Ansprechpartner für die Gesamtausführung der Leistung, also Lieferung und Montage, dar. Durch das Prospektmaterial und insbesondere das dem Vertragsschluss vorangegangene Festpreisangebot erweckte die Beklagte den Eindruck, selbst die Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung auch des Montagevertrages zu übernehmen. Bereits im Angebotsschreiben hob die Beklagte ihre Zusicherung für eine 'korrekte fachliche Montage' hervor. Hierdurch vermittelte sie zurechenbar den Eindruck, sie werde mit ihrer Sachkunde die ordnungsgemäße Abwicklung des gesamten Geschäfts selbst gewährleisten.
2. Die Beklagte hat für den von ihr zurechenbar erweckten Eindruck einzustehen. Sie war bereits aufgrund ihres vorvertraglichen Verhaltens verpflichtet, die Kläger deutlich darauf hinzuweisen, dass sie nur bei Mängeln des gelieferten Materials und nicht etwa auch bei Mängeln der Montageleistung haften werde. Die Unterlassung der gebotenen Aufklärung hat die Beklagte gemäß § 276 i. V. m. § 278 BGB zu vertreten, weil bereits das Festpreisangebot und die Gestaltung der von ihr vorgelegten Vertragsformulare eine Irreführung der Kläger veranlasst haben. Bei der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt war für die Beklagte erkennbar, dass es für die Kläger darauf ankam, nur einen Vertragspartner zu haben, und dieser Umstand von wesentlicher Bedeutung gewesen ist.
3. Die Pflichtverletzung der Beklagten war auch für den Abschluss des Montagevertrages der Kläger mit der Firma ####### ursächlich. Die Kläger haben insoweit unbestritten vorgetragen, dass sie diesen Vertrag nicht geschlossen hätten, wenn die Beklagte sie pflichtgemäß darüber belehrt hätte, dass es sich um einen selbständigen Vertrag über die Montageleistung mit einer Drittfirma handelte.
Angesichts des bewusst auf zweideutige Erklärungen angelegten Geschäftsgebarens der Beklagten tritt ein etwaiges Mitverschulden der Kläger, die bei gehörigen Sorgfalt hätten erkennen können, dass es sich um unterschiedliche Vertragspartner handelt, zurück.
4. Die Kläger sind unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss so zu stellen, wie sie ohne das schädigende Verhalten des anderen Teils gestanden hätten. Anerkannt ist insoweit, dass sich der Anspruch nicht nur auf das Erfüllungsinteresse erstreckt, wenn das Geschäft ohne die Pflichtverletzung mit dem vom Geschädigten erstrebten Inhalt wirksam zustande gekommen wäre, sondern auch wenn es der Schutzzweck der verletzten Pflicht gebietet (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 276 Rdn. 101). Letzteres ist im Streitfall gegeben. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob bei pflichtgemäßer Aufklärung die Kläger einen einheitlichen Werklieferungsvertrag mit der Beklagten geschlossen hätten. Die Verletzung der Aufklärungspflicht und das damit gleichzeitig verbundene Erwecken des Eindrucks, auch die persönliche Gewähr für die Erfüllung des Montagevertrags zu übernehmen, führt im Streitfall dazu, dass die Kläger die Erfüllung ihres Mangelbeseitigungsinteresses auch gegenüber der Beklagten durchsetzen können.
a) Der geltend gemachte Vorschussanspruch gemäß § 633 Abs. 3 BGB ist nach Grund und Höhe gerechtfertigt.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Die Beklagte hatte auf Vorlage des Mangelgutachtens des Privatsachverständigen Dipl. Ing. #######, mit dem sie zur Mangelbeseitigung aufgefordert worden war, unstreitig eine Mangelbeseitigungspflicht bereits dem Grunde nach ernsthaft und endgültig verweigert und befand sich deshalb mit der Mangelbeseitigung in Verzug.
b) Die Kläger haben bereits vorprozessual die Mängel an der Fassade unter Vorlage des von ihnen eingeholten Privatgutachtens des Dipl. Ing. ####### gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Die im Einzelnen von den Klägern substantiiert vorgetragenen Mängel hat die Beklagte, eine Fachfirma, unzulässig und pauschal bestritten, was einem unbeachtlichen Bestreiten mit Nichtwissen gleich kommt. Gleiches gilt für das pauschale Bestreiten der durch das Privatgutachten im Einzelnen errechneten Mangelbeseitigungskosten. Insofern ist davon auszugehen, dass die mit Gutachten des Dipl. Ing. ####### vorgetragenen Mängel bestehen und die Gesamtmangelbeseitigungskosten von 44.057,49 DM nachgewiesen sind, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die Klagschrift (S. 4) insoweit einen offensichtlichen Schreibfehler enthält. In Abzug zu bringen ist jedoch der unstreitige Einbehalt der Kläger von 2.300 DM auf die Montagerechnung, die die Kläger für die Mangelbeseitigung einzusetzen haben, sodass ein Gesamtbetrag von 41.757,49 DM verbleibt.
Darüber hinaus haben die Kläger auch einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Einholung des Privatgutachtens zur Mangelfeststellung in Höhe von 2.804,30 DM brutto. Die Kosten des Gutachtens stellen erforderliche Aufwendungen im Sinne von § 633 Abs. 3 BGB zur Mangelfeststellung dar und sind erstattungsfähig.
Die Kläger können insofern einen Gesamtbetrag von 44.561,79 DM (= 22.784,08 €) verlangen.
III.
Die Zinsforderung ist gemäß §§ 284, 286, 288 BGB gerechtfertigt. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 29. Mai 2000 (Anl. K 9) den mit Schreiben der Kläger vom 23. Mai 2000 (Anl. K 7) geltend gemachten Kostenvorschussanspruch in Höhe von 44.057,49 DM ernsthaft und endgültig zurückgewiesen, sodass sie sich mit Zugang des Schreibens in Verzug befunden hat. Im Hinblick auf den Betrag von 44.057,49 DM schuldet die Beklagte Verzugszinsen - wie geltend gemacht - ab dem 6. Juni 2000, wegen des darüber hinausgehenden Betrages von 504,30 DM dagegen erst ab Zustellung der Klage am 30. Oktober 2000. Gemäß § 288 Abs. 1 in der Fassung des Gesetzes vom 30. März 2000 (BGBl. I, S. 330) haben die Kläger Anspruch auf die gesetzlichen Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskont-Überleitungs-Gesetz vom 9. Juni 1998.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713. Den Wert der Beschwer hat der Senat gemäß § 546 Abs. 2 S. 1 festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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